Jeremy McGrath Supercross World08.03.2002, Jens Bischoff
Jeremy McGrath Supercross World

Im Test:

"The King is Back”, behauptet Acclaim frech auf dem Cover von Supercross World, dem jüngsten Ableger der schon seit Jahren immer wieder aufs Neue enttäuschenden Moto- und Supercross-Serie mit Jeremy McGrath als leidlichem Namenspatron. Daher kann mit "King" wohl nur der zehnfache Supercross-Weltmeister McGrath selbst gemeint sein. Ob dieser auf der PS2 nun endlich auch mal mit einer königlichen Versoftung bedacht wurde oder Acclaim weiterhin den lizenzierten Namen missbraucht, um ahnungslose Cross-Fans abzuschröpfen, klärt unsere staubige Testfahrt...

Gelungene Erweiterungen

Was Jeremys virtuellen Arbeitsplatz betrifft, hat Acclaim jedenfalls einige interessante neue Features zu bieten. Neben Supercross-, Motocross- und Freestyle-Wettbewerben sind bei Supercross World erstmals auch so genannte Baja-Rennen im Angebot. Hier dürft Ihr Euch querfeldein durch die Pampa schlagen ohne einer festen Streckenführung folgen zu müssen. Lediglich einige Checkpoints gilt es zu passieren - ansonsten entscheidet Ihr jedoch selbst, ob Ihr lieber einen kleinen Umweg in Kauf nehmt, um eine lästige Steigung zu umgehen oder doch einfach den direkten Weg mit allen Vor- und Nachteilen bevorzugt.

Neben fünf Baja-Kursen warten aber auch je acht In- und Outdoor-Parcours sowie fünf Freestyle-Arenen auf Euch und gegebenenfalls einen weiteren Mitspieler. Starten dürft Ihr als einer von insgesamt zwölf Profis wie Travis Pastrana, Nathan Ramsey oder Jeremy McGrath persönlich. Diese haben übrigens wie auch die 13 zur Verfügung stehenden Bikes teils ganz unterschiedliche Eigenschaften, die es auf den insgesamt 25 abwechslungsreichen Strecken gekonnt einzusetzen gilt.

Als Spielmodi klingen Einzelrennen, Kopf-an-Kopf-Duelle und Karriere-Modus eher wie eine Sparnummer, aber dafür bietet jede Strecke eigene Mini-Challenges wie man sie von Tony Hawk, Dave Mirra, Shaun Palmer & Co. kennt. So gilt es entweder eine gewisse Anzahl an Stunts vorzuführen, Zeit- oder Punktevorgaben zu überbieten, versteckte Gegenstände zu finden oder bestimmte Hindernisse zu überwinden. Als Belohnung winken dann nicht nur entsprechende Trophäen, sondern auch neue Strecken, Motorräder und Fahrer, die man im Karrieremodus sogar Rollenspiel-mäßig aufleveln darf. Auf realistische Tuning- oder Setup-Möglichkeiten muss man hingegen verzichten.

Erdrückende Altlast

Spielerisch hat sich im Gegensatz zu den Vorgängern allerdings reichlich wenig getan - leider. Wer auf Arcade-lastiges Gameplay steht, wird das unrealistische Fahr- und Kollisionsverhalten vielleicht anfangs noch akzeptieren, aber auf Dauer wird wohl kaum jemand damit zufrieden sein, dass die Bikes wie Butterstücke auf der Herdplatte herumflutschen und bei Sprüngen die Erdanziehungskraft Schluckauf zu haben scheint.

Wenigsten fahren die CPU-Rivalen jetzt nicht mehr wie hirnamputierte Lokführer. Je nach gewähltem Schwierigkeitsgrad sorgt die deutlich verbesserte KI für motivierende Positionskämpfe, bei denen auch mal ein computergesteuerter Konkurrent auszureißen versucht oder bei einem Gerangel mit einem Kollegen die Kontrolle über sein Bike verliert. Dadurch zieht sich das Fahrerfeld teils weit auseinander, so dass man selbst nach einem Sturz nicht gleich den Anschluss verliert.

Die Handhabung der Motorräder ist aber sowieso äußerst simpel - nicht einmal Gas und Bremse funktionieren analog und eine Unterscheidung zwischen Vorder- und Hinterradbremse gibt es ebenfalls keine. Dafür aktiviert Ihr auf Knopfdruck Powerslides, Turboboosts oder holt Schwung, wodurch höhere Sprünge möglich werden, bei denen man mehr oder weniger spektakuläre Trickmanöver ausführen kann. Schafft man auch noch eine saubere Landung, winken je nach Spielmodus Punkte oder kurzzeitige Power-Ups wie höhere Geschwindigkeit.

Technischer Stillstand

Bei Präsentation und Technik gibt sich Jeremy McGrath auch auf der PS2 gewohnt minimalistisch. Die Grafik bleibt zwar trotz hoher Sichtweite stets flüssig - Ausnahme: Splitscreen-Duelle mit zusätzlichen CPU-Fahrern. Aber ansonsten hat die polygon- und texturarme Optik kaum etwas für`s Auge zu bieten. Streckendetails sind rar und der Rest wirkt verwaschen und blass. Zudem sorgen teils heftige Kameraprobleme, bei denen der eigene Fahrer zeitweise komplett vom Bildschirm verschwindet, gerade bei Sprüngen oftmals für folgenschwere Orientierungslosigkeit.

Schade auch, dass es weder eine Ego-Perspektive noch Replays gibt - eine das Geschehen einfrierende manuelle Stunt-Kamera ist das höchste der Gefühle. Akustisch wird ebenfalls nicht viel geboten. Die Motorengeräusche klingen trotz Dolby Surround nicht sonderlich authentisch, Ambient-FX sind rar und Sprachausgabe fehlt komplett. Der Gitarren-lastige Crossover-Soundtrack mit Beiträgen von den Supersuckers, Mudhoney, Lunatic Calm, Vision of Disorder u. a. ist hingegen Geschmackssache. Zumindest die Ladezeiten sind aber erfreulich kurz - bei der spartanischen Aufmachung allerdings kein Wunder.

Pro:

  • gute Weitsicht
  • einfache Handhabung
  • unterhaltsame Herausforderungen
  • abwechslungsreiches Streckenangebot
  • Kontra:

  • magere Präsentation
  • schwache Soundkulisse
  • eklatante Kameraprobleme
  • verwaschene und detailarme Optik
  • keine Tuning- oder Setup-Möglichkeiten
  • unrealistisches Fahr- und Kollisionsverhalten
  • Vergleichbar mit:

    MX Rider, MX 2002, ATV Offroad, Paris-Dakar Rally

    Fazit

    Leider hat es Acclaim auch auf der PS2 nicht geschafft, McGrath-Fans endlich ein angemessenes Cross-Vergnügen zu präsentieren. Verbesserungen wie zusätzliche Baja-Rennen, fordernde Mini-Challenges, abwechslungsreicheres Streckendesign oder ausgefeiltere KI-Routinen sind zwar lobenswert, aber keine Entschuldigung für das nach wie vor lachhafte Fahrverhalten oder die gerade einmal N64-Niveau erreichende Grafik. Stimmt bei Einzelrennen wenigstens noch der Spielfluss, sollten Multiplayer-Fans von Splitscreen-Duellen mit zusätzlichen CPU-Fahrern lieber ganz Abstand nehmen, da die Bildrate hier gewaltig in die Knie geht. Lohnenswerte Mehrspieler-Features gibt es aber sowieso keine, weshalb der Titel wirklich niemandem zu empfehlen ist - deutlich bessere Alternativen gibt es mittlerweile ja genug.

    Wertung

    PlayStation2

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    Kommentare

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