The Italian Job24.10.2003, Jens Bischoff
The Italian Job

Im Test:

Wie der gleichnamige Film bekommt auch das Spiel The Italian Job (ab 4,95€ bei kaufen) ein zeitgemäßes Remake spendiert. Während das hierzulande als "Charlie staubt Millionen ab" bekannte Original mit Michael Caine noch im Turin der späten 60er Jahre spielte, geht es in der Hollywood-Fortsetzung ab ins heutige Los Angeles. Gleiches gilt natürlich auch für die virtuelle Fortsetzung auf der PS2, die das zwei Jahre alte PSone-Original zeitlich und örtlich hinter sich lässt. Ob das auch auf den Spielspaß zutrifft, könnt Ihr in unserem Testbericht nachlesen.

Rache statt Goldraub

Wie im gleichnamigen PSone-Original geht es auch in der Neuauflage um einen Goldraub und heiße Verfolgungsjagden, die es missionsbasiert nachzuspielen gilt. Doch statt Turin und London ist dieses Mal Los Angeles der Schauplatz und anstelle des eigentlichen Raubes geht es einzig um den Racheplan geprellter Komplizen. Ihr schlüpft nämlich in die Rolle von Charlie Croker, der mit seinen Kumpanen einen ehemaligen Kollegen aufspüren will, der beim letzten Coup einfach alleine mit der Beute abgehauen ist und sich nach Los Angeles abgesetzt hat. Doch bevor Ihr ihm einen Denkzettel verpassen und das geklaute Gold zurückerobern könnt, müssen zahlreiche Vorbereitungen getroffen werden.

Menschenleeres LA

Für Euch bedeutet das aber lediglich stets rechtzeitig am richtigen Ort zu sein, denn alles andere erledigen Eure fiktiven Kumpels, die Ihr trotz Erwähnung in den stimmungsvoll gesprochenen Story-Sequenzen nie zu Gesicht bekommt. Doch das ist nicht weiter verwunderlich, schließlich bekommt Ihr im Spiel überhaupt keine Menschen zu sehen - weder Komplizen, Gesetzeshüter, Euren Gegenspieler noch Passanten. Alles dreht sich nur ums Fahren. Trotzdem hätte man bei einem Story-Modus schon etwas mehr erwartet als stupides Rasen von A nach B. Okay hin und wieder muss man auch mal der Polizei entwischen, ein Rennen gewinnen oder einen Wagen beschatten, aber das war`s dann auch schon.__NEWCOL__Frustrierter Stuntman

Neben dem erwähnten Story-Modus wartet The Italian Job aber auch noch mit anderen Spielmodi auf. So kann man sich im Modus Stadtrallye mit drei CPU-Rivalen bzw. zwei CPU-Rivalen und einem menschlichen Mitstreiter heiße Checkpoint-Rennen durch LA liefern, im Modus Zeitrennen die gleichen Rennen gegen die Uhr fahren oder im Modus Spritztour völlig ungezwungen durch Hollywood und Downtown Los Angeles heizen. Zudem gibt es auch noch eine Handvoll vertrackter Stunt-Parcours, die es unter Zeit- und Punktedruck zu bewältigen gilt, was sich allerdings schon bei der ersten Strecke aufgrund geradezu utopischer Vorgaben als Frustmarathon aller erster Güte erweist.

Spritztour oder Extrajagd

Da halten wir uns also doch lieber an die 15 Missionen des Story-Modus´, die mit entsprechender Streckenkenntnis keine allzu große Herausforderung darstellen und schon nach kurzer Zeit gemeistert sind. Zwar kann man durch bessere Einsatz-Rankings noch zusätzliche Fahrzeuge wie Jeep, Muscle-Car, Streifenwagen oder Geldtransporter freispielen, aber die Motivation dazu tendiert nach einmaligem Durchspielen trotz separater Missionsanwahl fast gegen Null. Dann eher noch ein paar Stadtrallyes gewinnen, um weitere Streckenführungen frei zu schalten. Aber auch das ist nicht wirklich nötig, kann man sich bei einer Spritztour doch von Beginn an im gesamten Straßennetz austoben.

Kompaktes Werbepflaster

Allerdings gestaltet sich das virtuelle Los Angeles sehr kompakt und nicht sonderlich authentisch. Trotzdem erkennt man ein paar Hotspots wieder und die Umgebungen wirken bis auf das teilweise geradezu erdrückende Product Placement via Reklametafeln größtenteils glaubhaft. Zudem setzen sich die wenigen Quadratkilometer recht abwechslungsreich zusammen und bieten neben normalen Straßenfahrten auch Ausflüge in die Kanalisation, Einkaufszentren, Parkhäuser und U-Bahn-Schächte der Metropole. Auch die Ladezeiten sind angenehm kurz und Bremsspuren erinnern dauerhaft an Fahrfehler, Powerslides und Kavalierstarts. Lediglich an das Fehlen von Tacho und Drehzahlmesser muss man sich als Rennspielfan erst gewöhnen.

Elegant durch die Rushhour

Überhaupt ist das Fahrverhalten sehr arcadelastig. Schon nach kurzer Zeit zirkelt man gekonnt mit Bleifuß und Handbremse durch die Stadt, fährt angeberisch auf zwei Rädern und schanzt elegant über jede Rampe. Selbst Fußgängerzonen, Baustellen und Hausdächer sind nicht vor uns sicher und der rege Stadtverkehr sorgt dafür, dass die Rennen so schnell nicht langweilig werden. Allerdings scheinen nicht alle Verkehrsteilnehmer LAs einen Führerschein zu besitzen und selbst Busfahrer erlauben sich hin und wieder folgenschwere Ausflüge in den Gegenverkehr. Hinzu kommt, dass das Kollisionsverhalten teils recht merkwürdige Ergebnisse liefert und man sich das plumpe Schadensmodell lieber ganz hätte sparen sollen.__NEWCOL__Augen zu und durch

Etwas plump wirken übrigens auch die polygonarmen und nur mit mäßigem Environment-Mapping überzogenen Fahrzeugmodelle. Auch die Umgebungen sind nur mäßig texturiert und die Licht- und Crash-Effekte von der Stange. Dafür bekommt Ihr jedoch eine 1A-Sichtweite und eine superflüssige Darstellung geboten, die wahlweise sogar in 16:9 erfolgt - auf der Xbox sogar in 60Hz. Ansonsten gleichen sich technisch beide Versionen bis auf die auf der PS2 fehlende Kantenglättung wie ein Ei dem anderen - sogar die Ladezeiten sind weitestgehend identisch. Sowohl technisch als auch bei der Präsentation wäre aber auf beiden Systemen eindeutig mehr drin gewesen und auch die Soundkulisse ist alles andere als herausragend.

Wer brummt besser?

Komischerweise sind die Motorengeräusche auf der Sony-Konsole deutlich besser gesampelt als auf der Xbox. Dadurch klingen die Ausflüge - vor allem mit PS-starken Motoren - dort wesentlich authentischer, was auch die Atmosphäre aufwertet. Die übrigen Sound-FX und der Soundtrack sind hingegen auf beiden Konsolen weitestgehend belanglos. Der deutsche Synchronsprecher macht hingegen einen guten Job, hat aber nur wenige Einsätze. Das freispielbare Bonusmaterial ist wiederum eher unspektakulär und bietet neben Leinwandfotos nur ein paar Skizzen, Modellentwürfe und Blicke hinter die Kulissen. Wer ein Making-Of, Interviews oder umfangreiches Videomaterial erwartet hat, wird daher wohl eher enttäuscht sein.

Fazit


Ein Gangsterspiel ganz ohne Waffen? Das konnte ja nicht gut gehen. Doch weit schwerer wiegt die Tatsache, dass man während des gesamten Spiels keine einzige Person zu Gesicht bekommt - weder Fahrer, Passanten, noch Story-Charaktere. Alles dreht sich nur um Autos, die möglichst schnell und unversehrt von A nach B gefahren werden müssen. Mit der Kinovorlage hat das natürlich reichlich wenig zu tun, auch wenn manche Szenen, Fahrzeuge und Locations halbwegs authentisch wirken und man ein paar Videoschnipsel und Bilder aus dem Film zu sehen bekommt. Doch abgesehen von der sterilen Präsentation ist der Story-Modus auch viel zu kurz, der Stunt-Modus viel zu schwer und der Mehrspieler-Modus viel zu öde, um aus The Italian Job mehr als einen Driver-Klon für Arme zu machen. Da hatte selbst das PSone-Pendant mehr zu bieten. Doch immerhin ist das Arcade-Fahrverhalten ordentlich, das Streckendesign verhältnismäßig abwechslungsreich und auf den Straßen herrscht stets reger Verkehr. Die Technik ist zwar unspektakulär, aber solide und für gelegentliche Spritztouren wären die verwinkelten Straßen, Einkaufspassagen, Hinterhöfe, Kanäle und U-Bahn-Schächte LAs durchaus brauchbar, wenn es keine deutlich besseren Alternativen gäbe.

Pro

<LI>reger Verkehr<LI>flüssige Grafik<LI>tolle Sichtweite<LI>flotte Ladezeiten<LI>einfache Handhabung<LI>solides Arcade-Gerase<LI>satte Motorengeräusche</LI>

Kontra

<LI>mäßige Technik<LI>fade Präsentation<LI>geringer Spielumfang<LI>dreiste Schleichwerbung<LI>lächerliches Schadensmodell<LI>weder Tacho noch Drehzahlmesser<LI>unausgewogener Schwierigkeitsgrad<LI>teils merkwürdiges Kollisionsverhalten</LI>

Wertung

PlayStation2

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