Ghost Recon06.02.2003, Jens Bischoff
Ghost Recon

Im Test:

Nachdem Ubi Softs PS2-Fassung von Der Anschlag sowohl technisch als auch spielerisch eine herbe Enttäuschung war, hoffen taktisch veranlagte Hobbyschützen nun auf Wiedergutmachung bei der Umsetzung von Tom Clancy`s Ghost Recon. Allerdings wurde damit erneut Ubi Softs chinesisches In-House-Team beauftragt, das bereits für besagten PS2-Anschlag verantwortlich war. Ob man dort aus seinen Fehlern gelernt oder abermals gepfuscht hat, erfahrt Ihr in unserem Testbericht.

Sechs Amis retten die Welt

Wie bei Tom-Clancy-Titeln so üblich, seid Ihr auch in Ghost Recon Teil einer amerikanischen Eliteeinheit. Dieses Mal heißen die Mitglieder eben Ghosts und müssen eine NATO-Offensive in Russland vorbereiten. Eine NATO-Offensive in Russland? Ach ja, wir schreiben das Jahr 2008 und das Russland, das wir heute kennen, existiert so nicht mehr. Inzwischen herrscht in Moskau ein ultranationalistisches Militärregime, das fleißig unabhängige Staaten annektiert und die Grenzen Russlands stetig ausweitet. Dass das Konsequenzen hat, versteht sich von selbst.

Doch bevor die alliierte Weltpolizei einschreiten kann, müssen eine Reihe heikler Aufgaben erledigt werden, die nur ein kleines Team von eingespielten Spezialisten erfüllen kann - und natürlich seid Ihr der ausführende Kommandant vor Ort. Im Gegensatz zum PC-Original befehligt Ihr auf der PS2 allerdings nur noch zwei statt drei Teams, genau wie Eure ebenfalls schon im Einsatz befindlichen Xbox-Kollegen. Zudem wird Euch beim Zielen und der Feinderkennung je nach Schwierigkeitsgrad dezent unter die Arme gegriffen, wobei Ihr speziell auf der PS2 auch noch ein Radar zur Seite gestellt bekommt, das keinen Feind mehr unentdeckt lässt, aber dadurch eigentlich die ganze Spannung nimmt.__NEWCOL__Spannung ade

Ursprünglich gab es nämlich nur eine Gefahrenanzeige, welche die Richtung von verdächtigen Geräuschen oder Schüssen visualisiert hatte. Daher war man stets gezwungen, vorsichtig die Umgebung zu erkunden, um mögliche Gegner aufzuspüren und diese auszuschalten, bevor man selbst entdeckt wurde. Während es dieses stimmungsvolle Feature unverändert auf die Xbox geschafft hat, schleichen PS2-Ghosts nur noch von einem roten Radarpunkt zum nächsten und machen mit ihren automatisch enttarnten Gegnern kurzen Prozess. Da darüber hinaus auch noch ein intelligentes Fadenkreuz selbst hinter Büschen in Deckung gegangene Ziele aufspürt, ist nicht einmal Sichtkontakt nötig, um perfekt getarnte Feinde hinterrücks zu eliminieren.

Einzige Alternative ist der Schwierigkeitsgrad Elite, wo allerdings nicht nur das intelligente Fadenkreuz samt Radar und Zielhilfe wegfällt, sondern auch die Gefahrenanzeige komplett verschwindet und Ihr wirklich nur noch nach Sicht und Gehör agieren müsst. So wird Ghost Recon zwar äußerst realistischst, aber eben auch extrem schwer und ohne Dolby-Surround-Anlage braucht Ihr die Ohren erst gar nicht zu spitzen. Außerdem ist es wohl kaum Sinn der Sache, nach jedem Schritt den Spielstand zu sichern, auch wenn das via RAM-Save glücklicherweise jederzeit schnell und einfach möglich ist.

Solisten bevorzugt

Ansonsten setzen die Ladezeiten allerdings einiges an Geduld voraus, wobei die spannenden und abwechslungsreichen Einsätze das oftmals lange Warten aber definitiv wert sind. Hinzu kommt, dass auf der PS2 nicht nur die 15 Ghost-Recon-Missionen, sondern auch die acht Wüsteneinsätze des PC-Add-Ons Desert Siege auf erfolgreiche Team-Kommandanten warten. Nach gemeistertem Einsatz können sämtliche Missionen übrigens auch mit neuer Ausrichtung wie dem Eliminieren sämtlicher Feinde, dem verlustfreien Erreichen der Abholzone oder via Splitscreen auch zu zweit in Angriff genommen werden.

Der Multiplayer-Fun hält sich dabei allerdings in Grenzen, denn mit einem weiteren Mit- bzw. Gegenspieler ist das Spielerlimit bereits erreicht und Deathmatch-Duelle über geteilten Bildschirm ohne weitere CPU-Widersacher sind ohnehin witzlos. Kooperatives Gegnerdezimieren macht da schon mehr Laune, wird aber auch schnell öde, während man bei gemeinsamen Kampagneneinsätzen ohne weitere Teammitglieder auskommen muss, was oftmals frustrierend sein kann.

Möglichst keine Verluste

Relativ einfach gestaltet sich hingegen die Vorbereitung auf den jeweiligen Einsatz.__NEWCOL__Nach einem kurzen Briefing wählt Ihr Eure maximal sechs Lieblingssöldner, entscheidet über deren Ausrüstung und schon kann es losgehen. Die Auswahlmöglichkeiten sind zwar begrenzt, die Auswahl selbst sollte aber wohl überlegt sein, da eine unpassende Ausrüstung oder Team-Zusammensetzung den ganzen Einsatz zum Scheitern verurteilen kann. Notfalls könnt Ihr Euch anfangs aber auch auf die vorgeschlagenen Presets des Hauptquartiers verlassen. Hauptsache Ihr bringt so viele Kameraden wie möglich wieder heil nach Hause, damit Ihr deren Fähigkeiten wie Treffsicherheit, Tarnfähigkeit, Ausdauer und Führungsqualität durch gesammelte Erfahrungspunkte individuell aufleveln könnt - ein paar schicke Wimpel und Abzeichen für die Paradeuniform gibt`s natürlich obendrein.

Alles hört auf mein Kommando!

Die Steuerung ist trotz kompletter Tastennutzung angenehm handlich und wird in sieben Trainingseinheiten interaktiv erklärt. So steuert Ihr immer nur ein Teammitglied direkt, während der Rest des Teams Euch folgt und das zweite Team nach Befehl vorgeht. Die entsprechenden Orders erteilt Ihr über Wegpunkte, die Ihr jederzeit auf der Einsatzkarte setzen könnt. Ansonsten könnt Ihr auch bestimmen, wie sich das Team bei Feindkontakt verhalten soll: Ob es versuchen soll, einem Schusswechsel aus dem Weg zu gehen, selbigen zu provozieren, die gegenwärtige Position zu halten oder weiter vorzurücken.

Dennoch könnt Ihr jederzeit die Kontrolle über jedes einzelne Teammitglied persönlich übernehmen, um eine neue Route zu wählen, Waffen oder Magazine zu wechseln, Türen zu öffnen, um Ecken zu spähen oder manuell zu feuern. Je nach Waffe könnt Ihr Euer Ziel auch näher heranzoomen, durch flaches auf den Boden legen Eure eigene Angriffsfläche verringern und gleichzeitig Eure Zielgenauigkeit verbessern oder dunkle Bereiche per Nachtsichtgerät aufhellen. Realistischerweise benötigt ein Magazin- oder Waffenwechsel Zeit, während der Ihr nicht schießen könnt.

Mangelnde Glaubwürdigkeit

Sobald Ihr Eure Waffe allerdings abgefeuert habt, scheint es mit dem Realismus vorbei zu sein: Feinde sacken durch harmlose Bein- oder auch ohne jegliche erkennbaren Treffer tödlich zu Boden, beginnen mysteriös zu blinken und verschwinden dann plötzlich komplett von der Bildfläche. Doch auch die KI sorgt immer wieder für alles andere als realistische Verhaltensweisen: Kameraden versperren Euch stur den Weg oder zappeln wie vom Blitz getroffen in der Pampa herum, während der Feind immer wieder mit Taub-, Blind- oder Dummheit gestraft zu sein scheint. Dennoch sind die Routinen vergleichsweise ausgereift und können generell überzeugen.__NEWCOL__Durchwachsene Präsentation

Weniger überzeugend ist hingegen die relativ unspektakuläre Optik, die zwar die nötige Weitsicht liefert, so gut wie keine PAL-Balken aufweist und nur selten Probleme mit der Framerate hat, aber deren verwaschene Texturen und karge Polygonobjekte nicht gerade zeitgemäß wirken. Auch bei der deutschen Übersetzung hat man sich scheinbar nicht viel Mühe gegeben. So erscheinen manche Textpassagen auf Französisch, während im Tutorial falsche Anweisungen eingeblendet werden.

Die deutschen Synchronsprecher geben hingegen kaum Grund zur Kritik und die Story ist für Fans ausreichend spannend inszeniert. Die beklemmende Atmosphäre wird aber in erster Linie durch die packende Soundkulisse erzeugt. Dabei zählt auch Stille als Stilmittel. Neben dezenten Ambient- und authentischen Soundeffekten weiß selbst der orchestrale Soundtrack, wann er anzuschwellen oder zu verstummen hat. Im Extras-Menü könnt Ihr Euch die Kompositionen aber auch ohne Unterbrechungen anhören sowie freigespielte Bilder, Trailer, Entwicklertagebücher und mehr zu Gemüte führen.

Fazit


Im Vergleich zu Der Anschlag kann sich Ghost Recon zwar auch auf der PS2 sehen und spielen lassen, aber gegenüber dem PC-Original oder der Xbox-Fassung haben Sony-Kommandanten dennoch das Nachsehen. Und das liegt nicht nur an der unspektakuläreren Optik oder den vergleichsweise mageren Multiplayer-Möglichkeiten, auch das Gameplay hat sich nicht unbedingt zu seinem Vorteil entwickelt. So gibt es nun zwar ein komfortables Gegner-Radar sowie ein intelligentes Fadenkreuz, das selbst verdeckte Feinde entlarvt, aber die Spannung, die ursprünglich davon ausging, nicht sofort zu wissen, wo der nächste Gegner lauert, ist dadurch natürlich komplett dahin. Es sei denn, man spielt im höchsten Schwierigkeitsgrad, wo sämtliche Hilfen wegfallen und man wirklich nur noch auf seine Sinne angewiesen ist - die nötige Geduld und eine entsprechende Heimkino-Anlage vorausgesetzt durchaus ein spannendes, wenn auch oft frustrierendes Erlebnis. Ansonsten leidet die Umsetzung unter keinen wirklich gravierenden Schwächen und als Trost bekommt man auf der PS2 sogar exklusive Übungseinsätze, interessantes Bonusmaterial sowie das PC-Add-On Desert Siege ohne Aufpreis.

Pro

<li>einfache Handhabung</li><li>gute deutsche Synchro</li><li>Speichern jederzeit möglich</li><li>variabler Schwierigkeitsgrad</li><li>hervorragende Soundkulisse</li><li>zahlreiche freispielbare Extras</li><li>fünf exklusive Übungseinsätze</li><li>abwechslungsreiche Missionen</li><li>inklusive Desert-Siege-Kampagne</li><li>motivierendes Erfahrungspunktesystem</li>

Kontra

<li>lange Ladezeiten</li><li>unspektakuläre Technik</li><li>teils schlampig übersetzt</li><li>mickriger Multiplayer-Part</li><li>ungenaue Kollisionsabfrage</li><li>unausbalanciertes Gameplay</li><li>nicht immer überzeugende KI</li><li>beschränktes Team-Management</li>

Wertung

PlayStation2

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