Tiger Woods PGA Tour 200228.06.2002, Jörg Luibl
Tiger Woods PGA Tour 2002

Im Test:

Auch wenn die Fußballbegeisterung derzeit unerwartet hohe Wellen in Deutschland schlägt, soll es genug Abstinenzler geben, die sich selbst virtuell nicht um das runde Leder scheren. Wer trotzdem nicht auf Ballphysik, Effet und grünen Rasen verzichten will, könnte mit Tiger Woods PGA Tour 2002 (ab 59,99€ bei kaufen) auf seine Kosten kommen. Das neue Golfspiel aus dem Hause EA präsentiert sich auf der PS2 mit vielen neuen und äußerst rasanten Features - ob uns das Einlochen begeistern kann, erfahrt Ihr im Test!

Auch wenn die Fußballbegeisterung derzeit unerwartet hohe Wellen in Deutschland schlägt, soll es genug Abstinenzler geben, die sich selbst virtuell nicht um das runde Leder scheren. Wer trotzdem nicht auf Ballphysik, Effet und grünen Rasen verzichten will, könnte mit Tiger Woods PGA Tour 2002 auf seine Kosten kommen. Das neue Golfspiel aus dem Hause EA präsentiert sich auf der PS2 mit vielen neuen und äußerst rasanten Features - ob uns das Einlochen begeistern kann, erfahrt Ihr im Test!

Ein Herz für Konsolengolfer

Eines muss man EA lassen: Sie haben den eher seriösen und nicht gerade adrenalinhaltigen Golfsport optimal auf die PS2-Zielgruppe abgestimmt. Schon die Menümusik begrüßt Euch mit sanften HipHop-Beats und selbst die ersten wählbaren Spielerfiguren zeigen sich in Sachen Outfit von der lockeren Seite - weite Bermuda und Blumenhemd anstatt Buntfaltenhose und Poloshirt. Man merkt sofort , dass hier nicht simulationslastiger Realismus, sondern Golf-Spaß im Vordergrund steht. Aber vor allem in Sachen Spielmodi und Gameplay zeigt sich der Titel von der rasanten, dynamischen Seite.

Analoge Schwung-Gymnastik

Grobmotoriker aufgepasst: Im Gegensatz zu den bisherigen PC-Versionen der Golf-Reihe gibt es keine 2- oder 3-Klick-Methode, die den Schwung automatisierte und bequem per Knopfdruck regelte. Dafür kommt der Analog-Stick als TrueSwing-Simulator zum Einsatz: Bewegt Ihr den Stick nach hinten, holt Euer Golfer aus und wenn Ihr ihn wieder nach vorne drückt kommt es zum Abschlag. Hört sich einfach an, ist es aber zunächst nicht: Zum einen ist eine exakt geradlinige Rückwärtsbewegung erforderlich, um den Ball optimal zu treffen und möglichst weit fliegen zu lassen. Zum anderen hat jede klitzekleine Abweichung nach links oder rechts einen Slice- oder Hook-Schlag mit der entsprechenden Abweichung zur Folge.

Das kann, wenn es gewollt ist, sehr effektiv sein. Aber Anfänger werden eine lange Eingewöhnungszeit brauchen, um den Drive optimal zu spielen. Hinzu kommen noch zwei neue Funktionen auf den beiden linken Schultertasten: Ein Antippen der oberen bewirkt einen Boost, der Eurem Golfball quasi in einen Feuerball verwandeln und wesentlich weiter fliegen lassen kann; die untere lässt Euch während der der Flugphase den Drall ("Spin") bestimmen, so dass das beim Aufschlag Topspin oder ein ansehnlicher Rückwärtsdrall möglich sind. Die Ballphysik kann dabei übrigens rundum überzeugen. Hat man sich erst mal eingespielt, zeigt sich, wie effektiv dieses System ist. Insgesamt gibt es übrigens fünf Schlagvarianten: Voll, Approach, Punch, Flop und Putt.

Ungewöhnliche, innovative Spielmodi

Mal abgesehen vom kurzen, aber sehr gelungenen Tutorial, präsentiert Euch EA eine abwechslungsreiche Vielfalt an Spielmodi. Das Schöne daran ist, dass es neben Geld auch noch Medaillen, Spitzenplätze in der ausführlichen Statistik und natürlich neue Golfplätze und Spieler zu gewinnen gibt. Neben dem Training und herkömmlichen Turnieren gibt`s kurzweilige Herausforderungen und Medaillen-Spiele, bei denen z.B. fünf Par 5-Löcher mit möglichst wenig Schlägen gemeistert werden müssen. Oder Ihr müsst bei extrem widrigen Windverhältnissen gut abschneiden. Am Ende winken Bronze-, Silber- und Gold-Medaillen

Der innovativste und ungewöhnlichste Spielmodus ist allerdings "Speed Golf". Wie der Name schon vermuten lässt, geht es hier um eine sehr, sehr rasante Variante des Golfsports. Hier könnt Ihr gegen einen Freund im Splitscreen antreten und müsst möglichst schnell abschlagen, dann per Antippen der Schultertaste schnell zum Ball rasen, weiterschlagen und irgendwann einlochen. Diese Panik-Golfvariante macht zu zweit einfach einen Heidenspaß - auch wenn hier keine Zeit für Schlagfeinheiten bleibt.

Gold regiert den Golf

Wenn Ihr Euch in einem ziemlich dürftigen Prozess (nur ein männlicher Golfertyp mit anderen T-Shirts) einen eigenen Golfer erstellt habt, könnt Ihr seine zu Beginn bescheidenen Fähigkeiten im Laufe des Spiels verbessern. Allerdings kostet jeder Zugewinn an Schlagkraft, Präzision, Spin oder Putt-Genauigkeit Geld. Doch EA belohnt nicht nur lange Turniersiege, sondern auch kleine Zwischenspielchen und jeden guten Schlag mit Dollars. Selbst wenn Ihr bei großen Turnieren weit abgeschlagen mit 12 über Par abschließt, könnt Ihr für Eure Birdies, Eagles oder selbst gelungene Abschläge aufs Grün Geld einheimsen und den Golfer anschließend aufwerten. Das ist unheimlich motivierend, selbst wenn man zu Beginn noch nicht mit Profis wie Tiger Woods, Justin Leonard, Brad Faxon oder Vijay Singh mithalten kann.

Grafik-Engine mit Schwächen

EA bewirbt Tiger Woods mit einer brandneuen Grafik-Engine. Aber leider krankt das an sich motivierende Spiel gerade an der Optik: Können sich die realistischen Gesichter, zahlreichen Spieleranimationen und die Nebeleffekte noch sehen lassen, bricht die Landschaftsdarstellung teilweise auf unteres Mittelmaß ein. Selbst Canyons, Schluchten und waldige Küsten verlieren ihren idyllischen Reiz, wenn sie so detail- und texturarm dargestellt werden. Und gerade im Bereich der Wasserdarstellung hat die PS2 bereits weitaus besser ausgehen.

Die insgesamt sieben Golfplätze sind zwar an sich recht ansehnlich, aber immer nur bei den Kamerafahrten und aus weiterer Entfernung. Neben fiktiven Szenarien warten die offiziellen PGA Tour-Plätze wie Pebble Beach, Golf Links oder TPC Sawgrass auf Euch. In Ballnähe sieht das Ganze jedoch einfach zu steril aus: Wenn Ihr Tiger Woods ins hochdetaillierte Gesicht schaut, zeigt sich hinter ihm ein verschwommener, statischer Hintergrund - das muss nicht sein. Auch das Rough und der Sand hätten mehr als eine glatte Oberfläche verdient. Und Zuschauer findet man z.B. nur beim Abschlag, ansonsten sind die Kurse zu steril, zu menschenleer.

Ghost-Jubler

Wie bereits erwähnt, vermisst man die Zuschauerkulisse. Dafür machen sich die scheinbar unsichtbaren Fans akustisch bemerkbar: Alle Aktionen Eures Golfers werden mitfühlend bedauert oder bejubelt. Aber obwohl sich die Fans durchaus hören lassen können und dem Spiel etwas Leben einhauchen, stören teilweise völlig unpassende Reaktionen - z.B. ein Jubel, wenn der Ball im Gebüsch landet. Auch die an sich kompetenten Kommentare des Caddies haben ab und zu Aussetzer und empfehlen völlig sinnlose Schläge: Wenn auf völlig freiem Grün zum Flop-Schlag (eine Art Lob) geraten wird, um das Hindernis zu überwinden, verliert man schnell das Vertrauen in die ansonsten hilfreichen Tipps…

Adrenalinhaltiger Atmosphäre-Schub

Trotzdem rettet sich die Atmosphäre dank einiger spektakulärer und völlig Golf-untypischer Arcade-Effekte in den grünen Bereich: Wenn Ihr einen sehr guten Schlag ansetzt, der möglicherweise im Loch endet, wird à la NHL 2002 sofort auf eine leicht verschwommene Zeitlupenkamera umgeschaltet, Euer Herz pocht und Sekunden später bricht das Publikum in frenetischen Jubel aus - sehr packend! Und wenn Ihr den Golfball besonders kräftig oder spektakulär auf die Reise schickt, beginnt er zu brennen und zieht einen Rauchschweif hinter sich her - FIFA WM lässt grüßen.

Pro:

  • gute Ballphysik
  • motivierende Spielmodi
  • innovative Schlagtechnik
  • schöne Golfer-Animationen
  • innovativer Multiplayer-Modus
  • freispielbare Plätze & Golfer
  • ansehnliche Kamerafahrten
  • motivierende Geld- & Medaillenjagd
  • packende Herzschlag- und Zeitlupen-Features
  • Kontra:

  • unbelebte Golfplätze
  • teils unpassender Jubel
  • öde Landschaftsdarstellung
  • schlechte Wasserdarstellung
  • teils unpassende Kommentare
  • teils statische Hintergründe
  • magere Auswahl bei der Golfer-Erstellung
  • Fazit

    Auch wenn man sich darüber ärgern kann, dass EA in Sachen Optik teilweise so geschludert hat, bleibt am Ende ein erfrischend neues Golferlebnis, das mit der PC-Version nur noch wenig zu tun hat. Zwar werden sich Simulationsfreunde über die unrealistischen Arcade-Features ärgern, aber genau das hat dem Genre virtuell gefehlt: mehr Adrenalin, mehr Herzpochen, mehr Spaß. Die motivierenden Spielmodi und das ausgefeilte Belohnungssystem machen den Einzelspielermodus auf lange Zeit attraktiv und mit Freunden kommt beim Speed Golf erst recht Stimmung auf. Insgesamt ein sehr empfehlenswertes Golfspiel mit kleinen grafischen und akustischen Tücken!

    Wertung

    PlayStation2

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    Kommentare

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