X-Men: Next Dimension30.12.2002, Paul Kautz
X-Men: Next Dimension

Im Test:

Superhelden verdienen Superspiele - das klingt zumindest logisch. In der Realität schwankt die Qualität allerdings meist zwischen »nicht übel« bis »katastrophal«, wobei bislang nur selten wirklich Gutes dabei herausgesprungen ist. Die nächste Generation der X-Männer ist nun an der Reihe: schlagen sich Cyclops, Wolverine & Co. an der PS2 besser als anno 2000 an der ollen Playstation?

Mutanten, vereinigt Euch!

Die zumindest für Comicverhältnisse nachvollziehbare Story dreht sich um die Rückkehr von Obermotz Bastion, der nach wie vor nichts anderes im Sinn hat, als die Mutanten an sich komplett zu vernichten. Dazu benötigt er allerdings den Mutanten Forge, da dieser die Superkraft hat, sich alle möglichen Waffen vorzustellen, die dann auch materialisieren. Was tun? Die X-Men haben wohl keine Wahl, als sich mit Ihren einstigen Erzgegner, der Bruderschaft der Mutanten samt deren Anführer Magneto zu verbünden.

Diese Geschichte erfahrt Ihr im Story-Modus, der nur eine von vielen Spielvarianten ist. Suchfreudige Prügler können sich auch zu zweit duellieren, im Survival-Modus so lange wie möglich ums Überleben kämpfen, in »Arcade« einfach drauflosprügeln oder zuerst eine Trainingslektion einlegen. Leider ist das Tutorial im Gegensatz zu den PSOne-Mutant Academy-Vorgängern nicht mehr von Professor X geleitet (und kommentiert), was damals zumindest aus der Masse hervorstach.

Die Prügelei präsentiert sich als übliches 3D-Haudraufspiel, welches allerdings trotz dreidimensionaler Umgebungen auf lediglich zwei Dimensionen stattfindet: die Tiefe des Raumes ist nur Show, Eure Charaktere bewegen sich stets auf einer geraden Linie.

__NEWCOL__Magere Spielbalance

Der Story-Mode ist die Hauptattraktion in <4PCODE cmd=DGFLink;name=X-Men: Next Dimension;id=2305>, und bietet daher die meiste Abwechslung: nach mehreren gewonnenen Kämpfen dürft Ihr wählen, mit welchem Kämpfer Ihr weitermacht und die Geschichte verfolgt. Allerdings beginnt Ihr stets gleich und in mancher Mission wird Euch auch ein bestimmter Held aufs Auge gedrückt. Gelegentlich bekommt Ihr es nicht nur mit einem Widersacher, sondern auch noch einem bösartigen Zeitlimit zu tun, was die Sache noch schwieriger macht, als sie eigentlich schon ist: Selbst auf dem einfachsten Level beißt Ihr Euch an einigen Gegnern die Zähne aus, während andere schon durch bloßes Anschauen umfallen - der stets schwankende Anspruch geht auf Dauer ganz schön auf den Keks. Auf höheren Stufen kämpfen Eure Widersacher nicht nur nahezu fehlerfrei, sondern auch ohne Euch unnötige Chancen auf Gegenwehr zu lassen.

Diese Unausgewogenheit zieht sich bis in den unspektakulären Mehrspielermodus: Sehr schnell wird klar, dass manche X-Men einfach haushoch überlegen sind, selbst unter geübten Spielern: Ein Match »Wolverine vs. Juggernaut« dürfte unabhängig von Euren Kenntnissen in den meisten Fällen mit einem Sieg Wolverines enden. Ganz schlimm wird es dann bei den freispielbaren Bonuscharakteren: Dark Phoenix oder Blob beispielsweise sind derart mächtig, dass die Gegenseite meist gleich einpacken kann.

Jede Menge X

X-Men-Fans dürften jauchzen, denn in <4PCODE cmd=DGFLink;name=Next Dimension;id=2305> finden sie satte 24 Ihrer bevorzugten Comic-Charaktere, von denen anfangs allerdings nur 17 anwählbar sind. Neben den üblich Guten wie Rogue, Cyclops oder Beast kommt auch die Gegenseite mit Sabretooth, Toad, Mystique oder einem (an die Borg-Königin aus Star Trek erinnernden) weiblichen Sentinel zum Zuge. Jede Figur hat von Anfang an vier wählbare Kostüme, im Laufe der Zeit dürft Ihr jeweils noch vier weitere freispielen. Falls Ihr wirklich so lange durchhaltet, sind auch noch Videos, weitere Spielfiguren und vieles mehr versteckt.

Ein guter Grund, das Gamepad verfrüht aus der Hand zu legen, ist die bestenfalls mäßige Grafik: Aufgrund bösartigem Flimmern, einfallslosen Texturen und wenig Details erinnert sie die meiste Zeit eher an PSOne als an PS2. Die arg grobklotzigen 3D-Modelle, die über weite Teile sehr nach Plastik aussehen, sind zumindest größtenteils gut und flüssig animiert, können den Gesamteindruck aber nicht nachhaltig verbessern. Zwar ist es nett, dass beispielsweise im Gefahrenraum ständig der Hintergrund wechselt, die Umgebung in die Kämpfe einbezogen, und der akzeptable Blur-Effekt deaktiviert werden kann. Doch spätestens die gnadenlos scheußlichen Rendersequenzen verpassen X-Men: Next Dimension (ab 18,57€ bei kaufen) den Grafik-Gnadenschuss.

__NEWCOL__Altbekanntes neu verpackt

Kenner der <4PCODE cmd=DGFLink;name=Mutant Academy;id=299> bekommen hier ein Déjà-vu-Erlebnis nach dem anderen: Bewegungen, Charaktere und vieles mehr erinnern frappierend an den zwei Jahre alten PSOne-Vorgänger. Klar, Entwickler Paradox ist derselbe und ein PS2-Port der erfolgreichen Serie war nur eine Frage der Zeit, aber musste alles tatsächlich 1:1 übernommen werden, inklusive der nervendsten Features, die schon damals angekreidet wurden? Offenbar schon: Die Ladezeiten sind einfach mörderisch, selbst das Hauptmenü braucht schier ewig, um endlich zu erscheinen. Wohl des Ausgleichs wegen dauert das Anlegen eines Spielstandes mindestens ebenso lang. Weiterhin ist die Kollisionsabfrage nach wie vor eine Anhäufung von Zufällen und Abstrusitäten: Teilweise trefft Ihr auf mehr als unglaubwürdige Distanzen (was nichts mit Superkräften zu tun hat), schlagt durch Gegner hindurch, usw.

Wenigstens verursacht der Sound kein Ohrenbluten mehr: Gab es früher noch boxensprengende Knackser in der Sprachausgabe, besticht sie dieses Mal allenfalls durch Langeweile. Die Figuren geben immer wieder dieselben monotonen Sprachfetzen von sich, und verbeulen sich auf Wunsch in Surround-Sound. Sehr oft wurden auch dieselben Sprecher für mehrere Figuren verwendet, was an sich zwar keine schlechte Sache ist, allerdings hier deutlich auffällt. Außerdem kommen Besitzer der englischen Version in den Genuss von Patrick Stewart als Professor X, während sich die deutschen Zocker mit einem etwas, aber doch nicht ganz ähnlich klingenden Sprecher zufrieden geben müssen.

Mit dem Kopf durch die Wand

Ihr durchkämpft im Laufe des Spiels insgesamt knapp 20 Levels, die stets an bekannte Comic-Lokalitäten angelehnt sind: Akademie-Gelände, Gefahrenraum, Lavagrube, Asteroid M und vieles mehr. Die sind zum großen Teil in mehrere Bereiche und Ebenen unterteilt, durch bzw. über die man den Gegner dreschen darf. Ein gezielter Tritt befördert Euren Widersacher beispielsweise durch Tür oder Fenster, was einen langen Flug, den Wechsel der Umgebung und aufkeimende Erinnerungen an Tecmos »Dead or Alive«-Serie mit sich zieht. Als Besonderheit können manche Abschnitte der Levels von bestimmten Charakteren zu Ihrem Vorteil genutzt werden: Beast kann sich beispielsweise an Laternen oder ähnlichem festhalten und herumschwingen. Leider sind auch die Arenen grafisch weder aufregend noch sonderlich interessant, außerdem sorgen doofe Ideen für Stirnklatscher: Was hat beispielsweise ein beineschaukelndes Mädchen auf einer Mauer verloren, während sich um sie herum Mutanten die Köpfe breitschlagen? Zu allem Überfluss vermiesen auch noch üble Clipping-Fehler kontrolliertes Werfen; manchmal schmeißt Ihr beispielsweise Euren Gegner über den Levelrand hinaus, wo er dann stecken bleibt. Oder Ihr fliegt durch Türen und Wände, die trotzdem vollkommen unversehrt bleiben.

__NEWCOL__Massig Moves

Die Steuerung der X-Men ist gleichermaßen bekannt wie schnell erlernt: Eine Mischung aus Digitalkreuz-Fummelei und wildem Tastenhämmern bewirkt eine Vielzahl von Kombos, die teilweise von spektakulären »Matrix«-Effekten begleitet werden. Darüber hinaus wartet noch eine dreigeteilte Special-Leiste auf Ihre Füllung. Platzt diese aus allen Nähten, könnt Ihr Eure Super-Moves zünden, die den Gegner nicht nur richtig alt aussehen lassen, sondern auch den Bildschirm mit ansehnlichen Effekten füllen - immerhin. Neben den obligatorischen Tritten, Schlägen und Würfen beherrschen Eure Kämpen auch Lähmungsmanöver, oder können den bedauernswerten Gegner hoch in die Luft schleudern, um ihn dann weit über dem Boden fertig zu machen. Und falls der Widersacher das gerade mit Euch vollzieht, gibt es auch eine Reihe von Kontermanövern, die das Schlachtenglück wieder auf Eure Seite wenden. Begleitet werdet Ihr dabei stets von guter bis sehr guter dramatischer Musik.

Fazit


Schade, an der Playstation hatte ich damals mit den <4PCODE cmd=DGFLink;name=X-Men;id=299> eine Zeit lang wirklich Spaß. Die nächste Generation artet aber viel zu sehr in Arbeit und Ärger aus, als dass sich eine nähere Betrachtung für den <4PCODE cmd=DGFLink;name=Tekken 4;id=1717>-verwöhnten PS2-Prügler wirklich lohnen würde: mistige Grafik und langweilige Levels schrecken schon beim Hinkucken ab, die unsaubere Kollisionsabfrage und der unausgewogene Schwierigkeitsgrad erledigen den Rest. Zu dumm, denn abwechslungsreiche Helden, eine brauchbare Steuerung sowie vielerlei Extras böten eigentlich genug Motivation für ein längeres Verweilen. Comic-Fans mögen einen Blick riskieren, Prügelfans im Allgemeinen sollten besser gleich mit Tekken´s Heihachi und Konsorten weitermachen, ohne die flügellahmen <4PCODE cmd=DGFLink;name=X-Men;id=2305> einer näheren Betrachtung zu unterziehen - es lohnt sich nicht wirklich.

Pro

<li>gute Musik</li><li>viele unterschiedliche Figuren</li><li>reichlich Extras</li><li>viele Steuerungsmöglichkeiten</li><li>spektakuläre Super-Moves</li>

Kontra

<li>hässliche Renderfilme</li><li>insgesamt öde Grafik</li><li>grobe 3D-Modelle</li><li>gelangweilte Sprachausgabe</li><li>ungenaue Kollisionsabfrage</li><li>schwankender Schwierigkeitsgrad</li><li>unausgewogene Figurenstärke</li><li>ewige Ladezeiten</li>

Wertung

PlayStation2

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