Im Test:
Mein Auto, das heißt Klaus
Das Herzstück von Auto Modellista (ab 52,03€ bei kaufen) ist der »Ich sammle alles was vier Räder hat«-Karriere-Modus, hier »Garage Life« genannt. Zwar gibt es auch mehrere Arcade-Spielvarianten (Einzel- oder Zeitrennen), aber die dienen nur zum Üben. Für neue und bessere Wagen führt kein Weg am Garagenleben vorbei. Die Sache beginnt insofern skurril, als dass Ihr Euch unter mehreren Bauvarianten für Euren Abstellraum entscheiden, und Eurer Wahl schließlich auch noch einen Namen geben müsst. Das ist zwar letztendlich nur für das Savegame nötig, wirkt aber etwas verwirrend - wer begrüßt seine Autohütte denn mit Vornamen? Ihr dürft sogar die Inneneinrichtung selbst bestimmen und frei platzieren, die Wände mit Postern verzieren etc.
Danach wählt Ihr Euer erstes Auto und vollführt mit dem dieselbe Prozedur - Capcom will scheinbar eine innige Verbindung zum Wagen ermöglichen. Na gut, mein Toyota »Ploink« steht bereit, was fangen wir nun mit ihm an? Für exzessives Tuning ist es noch zu früh, lesen wir also erst mal die ankommenden E-Mails: Nach jedem erfolgreichen Rennen wartet ein Batzen frischer Post in Eurem elektronischen Briefkasten, in dem Euch die Entwickler unnütze bis interessante Tipps in vier Themenbereichen geben. So gibt es Tuninginformationen, Streckenhinweise, Fahrtipps und vieles mehr - gerade für Fahranfänger eine feine Sache. Diese Mails bekommt Ihr in brauchbarem Deutsch zu lesen, alles andere bleibt Englisch.
__NEWCOL__Tuning bis der Arzt kommt
Fans von nächte- und schweißintensivem Herumschrauben am Fahrzeug werden von Auto Modellista begeistert sein: praktisch alles, was sich im Wagen bewegt, kann durch etwas Besseres ersetzt werden. Es gibt irrsinnig viele Einzelteile, die mit der Zeit nach möglichst erfolgreichen Rennen freigeschalten werden. So schraubt Ihr an den Federungseinstellungen, verbessert die Bremseigenschaften, das Wagengewicht, macht Motor- oder Turbinentuning, feilt am Getriebe, der Übersetzung etc. Natürlich darf auch an der Außenhülle gebastelt werden: Chassis-Design, Farbe, Felgen, Spiegel, Scheinwerfer, Spoiler - es gibt hunderte auswechselbarer Einzelteile. Ihr könnt sogar per integriertem Malprogramm eigene Aufkleber entwerfen, die dann Euren Lack zieren.
Der Nachteil dieser ganzen Sache ist die schreckliche Unübersichtlichkeit: Zum einen werden neu gewonnene Teile nicht als neu markiert, sondern munter durcheinandergewürfelt. Man bekommt zwar gesagt, was man gewonnen hat, aber eben dieses Teil später in der riesigen Auswahlliste wiederzufinden, ist reine Glückssache. Zum anderen stellt sich die Frage nach dem großen Sinn des Tunings - es ist nämlich gratis. Ihr könnt Autos wie Unterhemden wechseln, und alle nach sämtlichen Regeln der Kunst ausbauen, ohne dass es Euch einen müden Heller kostet - wo bleibt da der Knauser-Reiz, wenn ich ohne Beschränkungen aus dem Schönsten und Besten wählen kann, sofern es schon freigeschalten ist? Und letzten Endes könnt Ihr Euch die ganze Tunerei dank des »Easy Tune-Up«-Features sowieso ersparen: Ihr wählt eine Rennstrecke, gebt allgemeine Parameter wie »mehr Beschleunigung« oder »besserer Grip«, und das Programm passt dann Euren Wagen nach bestem Wissen an.
Mehr Asien geht nicht
Die Rennen führen Euch und Eure Wagen über insgesamt sieben mehr oder weniger bekannte Strecken asiatischer Bauart wie Suzuka, Osaka Highway oder den Rokkou-Pass. Manche davon sind versteckt und müssen erst freigespielt werden. Leider wiederholen sich die Straßen in allen Rennen, müssen aber gelegentlich auch in verkehrter Richtung abgefahren werden. Das geschieht mit einem Wagen von insgesamt zwölf Herstellern wie Toyota, Nissan, Subaru, Honda usw. Summa summarum macht das mehrere Dutzend Autos, unter denen Ihr im Spielverlauf wählen dürft, sobald Ihr sie durch erfolgreiche Rennen gewonnen habt. Diese Läufe sind in Gruppen unterteilt, bei denen man eine bestimmte Anzahl Strecken meistern muss, um weiterzukommen. Ab dem vierten Wettbewerb wird die fahrerische Leistung (sprich die erreichte Platzierung) mit Punkten bewertet, was sich in mehr oder weniger Bonusmaterial niederschlägt.
__NEWCOL__Volle Kraft voraus!
Die Computergegner geben Ihr Bestes, sind aber besonders auf geraden Strecken (wie dem Osaka-Stadtkurs) mit einem schnellen Wagen nichts weiter als besseres Auspuff-Futter. Die Steuerung ist trotz aller Realitätsansprüche und Tuning-Möglichkeiten sehr Arcade-lastig gehalten, und ermöglicht einfaches Schliddern sowie stete Kontrolle bei Höchstgeschwindigkeit. Die Sache wird aufgrund des fehlenden Schadensmodells noch weiter vereinfacht; ein 250 km/h-Frontalzusammenstoß mit der Leitplanke bremst Euch lediglich schnell aus. Und verursacht eventuell unerwartete Probleme, da Ihr mit etwas Pech mit der Schnauze am Hindernis klebt, und weder links noch rechts ausbrechen könnt. In diesem Fall hilft nur noch der etwas umständlich auswählbare Rückwärtsgang und eventuell das Aktivieren der völlig nutzneutralen Warnblinkanlage - wozu auch immer sie gut sein mag.
Übersichtsprobleme
Wie gesagt basiert das Spiel auf Cel-Shading, was dem Ganzen einen sehr Comic-ähnlichen Look verleiht. Leider ist die Technik hier purer Selbstzweck, und vermutlich nur aus Gründen der Rechenzeitersparnis zum Tragen gekommen: das Spiel nimmt sich selbst viel zu ernst, es gibt keinerlei Comic-Bezug. Auto Modellista in »normaler« Grafik zu entwickeln, hätte wesentlich konsequenter gewirkt.
Davon abgesehen ist die Optik sehr gut: Egal ob Fahrzeugmodelle, Strecken, Schattenspielchen - alles ist erstklassig. Dazu kommen nette Details, drei Kameraperspektiven, schön umgesetzte Wettereffekte und ein rasend hohes Tempo; selbst im 50Hz-Modus, der leider unter extremen PAL-Balken zu leiden hat. Dazu gibt es bei hoher Geschwindigkeit eine Art Kondensstreifen-Effekt, der das Ganze noch rasanter wirken lässt. Falls Ihr auf Anzeigen verzichten könnt, dürft Ihr sie entweder Stück für Stück oder gleich ganz ausschalten, und habt somit nur das Spielfeld vor Euch - was gar nicht so schlecht ist, da die Übersichtskarte aufgrund extremer Krümeligkeit sowieso kaum zu gebrauchen ist.
Leider ändert das nichts an der teilweise schon penetranten Unübersichtlichkeit mancher Strecken: die scheinbar in sich selbst verknoteten Berg-Passagen beispielsweise sollten nur im Schritttempo angegangen werden, um nicht aller paar Sekunden die Bekanntschaft der Leitplanken zu machen. Auf der Tokioter Regenstrecke hingegen dürft Ihr raten, wann Euch die Kurven erwarten, da sie im Regendunst und dem Flimmern des Bildschirms kaum auszumachen sind. Dankbarerweise erscheinen kurz davor Pfeile, die Euch den rechten Weg weisen.
__NEWCOL__Ohrenbluten
Akustisch hat Auto Modellista einen ganz klaren Nachteil: es ist von Capcom. Das bedeutet, Ihr bekommt es mit dem enthusiastischsten Ansager aller Zeiten zu tun, der »Waaaarning!«, »Auuuuto Modellistaaaaa!« und »Keep rockin´, Baby!« mit derart viel Freude und Stimmgewalt in die Welt wirft, dass man sich schon nach kurzer Zeit einen Gürtelreifen wünscht, dem man ihm um die Gurgel knotet. Die obskure Musik trifft den MTV-verwöhnten Mitteleuropäer mit mindestens derselben Wucht: Anime-Freunde und Fans typisch japanischer Spiele könnten sich mit diesem blumig-zuckersüßen Happy-Sonnenschein-Rock gewiss anfreunden, alle anderen kratzen schon nach Sekunden verzweifelt am Lautstärkeregler. Angesichts dieser akustischen Vergewaltigungen nimmt man freudestrahlend zur Kenntnis, dass die Soundeffekte aufregend mittelmäßig aus den Boxen dröhnen.
Videobastler erfahren in Auto Modellista ungeahntes Entzücken: Das nach jedem Rennen gezeigte und speicherbare Replay, dürft Ihr in einem separaten Editor mit allerlei akustischen und visuellen Effekten verschönern - zwar prinzipiell nutzlos, aber eine nette Idee, wenn auch nicht ganz leicht zu bedienen.
Gesellige Raser werden leider nicht so viel Spaß haben: der Online-Modus der japanischen Version fehlt in der deutschen Variante völlig, stattdessen dürfen sich zwei Piloten am Splitscreen austoben.
Fazit
Ui, ein weiteres nettes Rennspiel. Sorry, aber mehr ist Auto Modellista einfach nicht. Das Cel-Shading hätten sich die Entwickler sparen können, es ist purer Selbstzweck. Die Akustik ist für den normalen Mitteleuropäer mit der spanischen Inquisition vergleichbar und der Tuning-Teil wirkt zwar komplex, hat aber keinen echten Sinn: man wählt einfach immer das Neueste (kostet ja nichts) und hat damit die Nase vorn. Klar macht es Spaß, am Auto herumzuschrauben, das Design schöner zu gestalten, und schließlich auf hübschen, aber wenigen Strecken eine Spritztour hinzulegen. Aber das finde ich bei Gran Turismo 3 wesentlich besser umgesetzt. Auto Modellista ist einfach ein Spiel für Leute, die mal etwas suchen, das irgendwie anders aussieht. Nett, spaßig, aber nichts Besonderes.
Pro
Kontra
Wertung
PlayStation2
Spielerisch altbackener Cel-Shading-Racer.
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