Im Test:
Enkel in Rage
Das Dorf des Jungen Vexx wird plötzlich von finsteren Schattenwesen erobert. Die Überlebenden werden versklavt und zur Minenarbeit gezwungen. Trotzig und wagemutig wehrt sich der kleine Rebell gegen die Unterdrückung, probt den Aufstand und…scheitert.
Oberbösewicht Dark Yabu kennt keine Gnade und will ein Exempel statuieren. Im letzten Moment opfert sich sein Großvater und wird von dessen Magie tödlich getroffen. Vexx schwört Rache…
Der mit den Klauen tanzt
Noch von Wut und Verzweiflung getrieben, findet Vexx auf der Flucht ein mächtiges Artefakt: die Kriegskrallen der Astani. Ausgerüstet mit dieser schlagfertigen Waffe macht sich der junge Rächer auf den Weg, das Böse zu vertreiben. Damit hat die wenig packende Story, die im weiteren Spielverlauf quasi keine Rolle mehr spielt, ihr Soll erfüllt - erzählerisch liegt der Titel Welten hinter Rayman, Ratchet & Sly.
__NEWCOL__Daran können auch die lieblos verteilten Schriftrollen nichts ändern, die die Geschichte des Landes näher beleuchten. Denn es gibt weder witzige Dialoge noch einen erwähnenswerten Spannungsbogen, weshalb Vexx auch als Charakter ziemlich blass bleibt. Es geht jetzt nur noch darum, die in den neun Levels verborgenen Geisterherzen zu finden, damit es zum großen Finale kommen kann.
Standardakrobat
Doch bis dahin ist viel Fleiß und Schweiß angesagt: Zu Beginn lernt Ihr in einem recht hilfreichen, aber optisch steril und ohne Sprachausgabe inszenierten Tutorial das Bewegungs- und Angriffsrepertoire kennen. Vexx kann springen, schwimmen, klettern und sich im letzten Moment an Abgründen festhalten. Außerdem hat er einen Weit- und einen Hochsprung auf Lager. Die sind sehr nützlich, um die weit verstreuten Scherben einzusammeln, die bei 100 ein Geisterherz einbringen.
Aber Vorsicht: Wenn Ihr bereits 98 Herzen habt und zwischendurch ein Leben verliert, dürft Ihr alles noch mal einsammeln - das frustriert. Immerhin wird automatisch nach jedem gewonnenen Herzen gesichert.
In Sachen Steuerung ist Vexx ordentlich, kann aber nicht an das reibungslose Gefühl der Genre-Könige anknüpfen. Aufgrund der etwas nervösen Reaktion und mancher hektischer Kameraschwenks hat man nie das Gefühl der totalen Kontrolle - insbesondere bei Sprüngen und Balance-Aufgaben. Immerhin lässt sich die Kamera drehen und zoomen kann.
Nahkampfmonster
Richtig interessant wird`s im Kampf: Vexx kann neben einfachen Angriffen ansehnliche Kombos, Sprungattacken und mit aufgeladenen Krallen auch Fernangriffe ausführen. Außerdem steht ihm ein explosiver Haken zur Verfügung, mit dem er Gegner in die Luft befördern kann.
Hier kommt eine kurzweilige Hochhalte-Funktion zum Einsatz: noch vor dem Aufprall kann man Gegner erneut attackieren - fast beliebig oft. So könnt Ihr eine Energieleiste aufladen, die wiederum Spezialangriffe ermöglicht. Auf Dauer verliert dieses Feature jedoch seinen Reiz.
__NEWCOL__Und trotz aller Angriffsvielfalt ertappt man sich sehr schnell dabei, dauernd den Bereichsschaden per Sprung einzusetzen, weil er einfach mehrere Gegner trifft und man selbst fast gefahrlos rumhüpfen kann. Überhaupt gibt es sehr selten richtige Herausforderungen, sondern jede Menge strunzdummes Monsterfutter zum Vermöbeln.
Wo sind die Upgrades?
Auch wenn es im Kampf actionreich zur Sache geht, fehlt einem auf Dauer die spielerische Motivation von Upgrades, Power-Ups oder neuen Waffen. Einzig und allein die in den Levels verstreuten Runen, die Euch in einen magischen Schwebe- oder Panzeranzug stecken, sorgen für Abwechslung.
Denn jetzt kann Vexx höhere Plattformen erreichen und Scharen von Gegnern besiegen, weil er keine Treffer befürchten muss. Aber warum es z.B. nicht mehr Anzüge oder vielleicht neue Klauen gibt, bleibt ein Geheimnis der Entwickler; hier wurde viel Potenzial verschenkt.
Es werde Licht!
Spielerisch innovativ wird`s zum ersten Mal beim Tag- und Nachtwechsel, den Ihr selbst an Sonnenuhren auslösen könnt. Dieser Übergang ist optisch sehr stimmungsvoll und eröffnet Vexx nicht nur neue Abschnitte, sondern sorgt auch für neue Monster. Wer bei Nacht Probleme mit hartnäckigen Feinden hat, sollte an der Sonnenuhr drehen.
Witzige Bosskämpfe wie z.B. das Sumo-Ringen lockern das Ganze weiter auf und zeigen, dass die Entwickler durchaus coole Charaktere kreieren können. Auch die Mumien, Saurier und Felspolterer können sich sehen lassen.
Kurzweilige Mini-Spiele wie z.B. das Bodenplatten-Rennen oder Unterwasser-Labyrinthe erweitern das spielerische Repertoire.
__NEWCOL__Aber all das schmackhafte Stückwerk kann nicht verschleiern, dass das verbindende Element einer spannenden Story, einer lebendigen Spielwelt und eines coolen Protagonisten fehlt.
Spielwelt ohne Seele
Im Laufe des Spiels verschlägt es Vexx u.a. in Bergregionen mit Seen und grünen Wiesen, in Wüsten samt riesigen Saurierüberresten und in den verwinkelten Dschungel. Die Grafik-Designer haben die neun Levels zwar sehr abwechslungsreich und vor allem weitläufig gestaltet, aber irgendwie fehlt an allen Ecken und Enden die Liebe zum Detail.
Wenn man sich die groben Texturen, das hässliche Wasser und den unifarbenen Himmel anschaut, denkt man wehmütig an das zauberhafte Jak&Daxter oder das durchgestylte Sly Cooper.
Grafisch setzt Vexx wahrlich keine Standards, sondern bietet Durchschnittskost. Auf Delikatessen wie Fußspuren oder sich bewegendes Gras muss man ganz verzichten.
Hinzu kommen ab und an Clipping-Fehler und ein verzögerter Aufbau entfernter Boden- und Landschaftstexturen, so dass man ständig das Gefühl hat, einen Teppich vor sich auszurollen. Auch das plötzliche Aufpoppen von Gegnern nagt an der Atmosphäre.
Groß und musikalisch
Einzig und allein im Bereich der Licht- und Partikeleffekte kann der Krallenkämpfer überzeugen: leuchtende Blitze, sprühende Funken und aufwirbelnder Staub sorgen für Hingucker.
__NEWCOL__Insgesamt bekommt Ihr zwar eine riesige und mit zahlreichen Attraktionen versehene Spielwelt, aber man hat schnell das Gefühl, dass Feinschliff und Seele fehlen.
Auf der musikalischen Seite können einige lockere und epische Melodien für Freude sorgen, und auch die Soundeffekte bieten eine bunte Palette an überzeugenden Klängen. Nur die monotonen Geräusche beim Angriff sorgen spätestens nach einer 20er-Kombo für Ohrenschmerzen.
Die deutsche Lokalisierung ist im Vorspann noch klasse, schwächelt aber an einigen späteren Stellen im Spiel. Insgesamt wird man akustisch und sprachlich jedoch gut bedient.
Fazit
Es gibt so viele erstklassige Jump`n`Runs da draußen - Vexx gehört sicher nicht dazu. Es gibt eine 08/15-Story, ein liebloses Weltdesign und bis auf das lobenswerte Sonnenuhr-Feature kein einziges herausragendes Spielelement. Unspektakulärer Durchschnitt strömt dem Titel aber nicht nur aus allen Gameplay-Poren, sondern auch aus der Grafik-Engine. Trotz einiger schöner Effekte kann Vexx an keiner Stelle den zauberhaften Reiz von Jak&Daxter oder den durchgestylten Charme eines Ratchet&Clank versprühen. Mit etwas mehr Liebe zum Detail hätte man den weitläufigen Abschnitten Leben und dem Klauenkämpfer Seele einhauchen können. Denn das Grundgerüst aus actionreichen Kämpfen, Boss-Duellen und kleinen Mini-Spielen kann durchaus einige Zeit bei Laune halten. Wer gerne scharenweise Monster vermöbelt und einen Sammeltrieb hat, kommt daher auch mit Vexx auf seine Kosten. Aber nur kurz, denn für einen Kämpfer besitzt Vexx ein viel zu mageres Waffenarsenal. Wer in eine lebendige Spielwelt mit guter Story, Witz und einem coolen Helden abtauchen möchte, hat auf der PS2 genug hochkarätige Alternativen.
Pro
Kontra
Wertung
PlayStation2
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