Devil May Cry 218.04.2003, Mathias Oertel
Devil May Cry 2

Im Test:

Vor etwas mehr als einem Jahr konnte Capcom mit Devil May Cry die Messlatte für stimmungsvolle Action auf ein neues Niveau legen. Und nach dem Erfolg, den Dämonenjäger Dante einfahren konnte, war eine Fortsetzung nur eine Frage der Zeit. Doch kann Devil May Cry 2 (ab 41,50€ bei kaufen) da anknüpfen, wo Teil 1 aufhörte? Kann der neue spielbare Sidekick Lucia für doppelten Spielspaß sorgen? Die Antworten auf diese und andere Fragen findet Ihr im Test.

Zum Teufel mit der Story

Bereits in Teil 1 war die Geschichte nicht gerade erhebend. Dieses Manko konnte jedoch von der Atmosphäre und der damals frischen Action weitestgehend kompensiert werden. Was Euch jedoch in Devil May Cry 2 als Story begegnet, verdient eigentlich nur Verachtung. Vollkommen zusammenhanglos werden die Charaktere eingeführt, müssen im Spielverlauf merkwürdige und teilweise lächerliche Gespräche über sich ergehen lassen und bieten eigentlich keinen Ansatzpunkt zur Identifikation.

Was übrig bleibt ist das Wissen, dass Ihr in der Rolle von Dante oder Lucia wieder einmal gegen das Böse antreten müsst, um die Welt vor dem Untergang zu retten.

Teuflische Action

Na ja, nachdem die Story vernachlässigt werden kann, konzentrieren wir uns auf das Gameplay, in der Hoffnung, dass die Qualitäten des Vorgängers mindestens beibehalten, wenn nicht sogar ausgebaut wurden.

__NEWCOL__Und auf den ersten Blick stellt sich auch prompt das aus Teil 1 bekannte Spielgefühl ein. Die Action ist unkompliziert, strömt nahezu unaufhörlich auf Euch ein und ist zudem mit einer leicht zugänglichen Steuerung versehen.

Doch bereits mit dem zweiten und spätestens mit dem dritten Blick werden die Unterschiede offenbar: So wurde beispielsweise das Bewegungsrepertoire aufgestockt. Neben den bekannten Attacken mit Schwert oder Pistolen (Lucia ist mit Wurfmessern und zwei Kurzschwertern unterwegs) kann Dante beispielsweise mit seinen Knarren zwei Gegner unabhängig voneinander erfassen und sie ins Jenseits zurück schicken.

Auch bei den Sprüngen hat sich Einiges getan. Nicht nur, dass Dante jetzt in beschränktem Maße Wände hoch laufen kann; vor allem der Doppelsprung, der es Euch nun ermöglicht die unter Euch befindlichen Gegner aus der Luft mit den Projektilwaffen zu erfassen und tanzen zu lassen, kann kurzzeitig für Freude sorgen.

Wie gehabt könnt Ihr die Seelen-Kugeln, die von den Gegnern fallen gelassen werden, an bestimmten Stellen im Spiel dazu nutzen, um entweder Eure Waffen aufzurüsten oder Gegenstände zu kaufen.

Weitere Änderungen finden sich im Bereich der Spezialfähigkeiten. In DMC 2 müsst Ihr Euch nicht auf eine Bonuseigenschaft festlegen, sondern könnt im Amulett gleich drei dieser nützlichen Hilfen verstauen.

Der Teufel im Detail

Doch obwohl die meisten dieser kleinen Erweiterungen und Ergänzungen sehr sinnvoll erscheinen, springt der Spielspaßfunke nicht über. Denn unter dem Strich wirkt Devil May Cry 2 wie ein verzweifelter Versuch, den Erfolg des Vorgängers mit wenig Neuaufwand zu replizieren. Leider ist dieser Schuss nach hinten losgegangen.

Und wäre der exzellente erste Teil nicht gewesen, hätte man auch nicht das Gefühl, dass sich DMC 2 weit unter Wert verkauft.

Alles ist im Kern schon einmal da gewesen, wodurch der Innovationsfaktor langsam aber stetig gegen Null sinkt. Auch der Einsatz von Lucia reißt da nicht mehr viel. Denn sie ist zum einen fast genau so wortkarg wie Dante, der in Teil 1 mit seinem Zynismus immer wieder für Stimmung sorgen konnte, zum anderen spielt sie sich fast identisch.

__NEWCOL__Auch die Tatsache, dass viele der Abschnitte in Außen-Arealen spielen, bringt nicht den erhofften Schwung in die Sache.

Den Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt, ist die KI der Gegner. Dass sie wie wild auf Euch zustürmen und sich quasi freiwillig als Kanonenfutter anbieten, ist dabei nicht einmal so schlimm und zudem aus Teil 1 bekannt. Aber wieso die Bossgegner (im Vorgänger ein Garant für Tausend Bildschirmtode) kaum ernsthafte Gegenwehr leisten und den Namen "Boss" eigentlich nicht verdienen, entzieht sich meiner Vorstellungskraft.

Was übrig bleibt, ist ein kurzes (etwa fünf bis sechs Stunden auf jeder Seite) und intensives Action-Spiel, das es auf Teufel komm raus nicht schafft, aus dem Schatten des Vorgängers zu treten - gut gemeinte Neuerungen hin oder her.

Teuflisch gute Grafik

Was Devil May Cry 2 spielerisch fehlt, kann die Grafik einigermaßen auffangen.

Die grafische Klasse des Vorgängers, der seinerzeit zum Besten gehörte, was die PS2 anzubieten hatte, wurde weitestgehend beibehalten.

Die Gebiete, die weitaus häufiger als in Teil 1 in Außenarealen angesiedelt wurden, sind clever designt, mit stimmungsvollen Texturen versehen und bilden einen atmosphärischen Gothic-Hintergrund.

Auch die Charaktergestaltung kann man nur als gelungen bezeichnen. Sowohl Kleidungstexturen als auch Animationen sind vom Feinsten und machen das Zuschauen zu einer wahren Freude. Zu schade, dass das Spielprinzip ganz und gar nicht mit der grafischen Gestaltung mithalten kann.

Denn die zahlreich eingesetzten guten Spezialeffekte verpuffen angesichts des eintönigen Gameplay nahezu unbemerkt.

Als Abrundung des guten grafischen Eindrucks hat Capcom löblicherweise einen 60Hz-Modus spendiert, mit dem PAL-Balken der Vergangenheit angehören.

Ein Problem, das Capcom-Spiele seit dem ersten Resident Evil plagt, ist die Kameraführung. Zwar hat man hier wie auch schon in Teil 1 und damit im Gegensatz zu den Anfängen der RE-Serie kaum statische Kamerapositionen, doch es kommt zu Genüge vor, dass die Kamera urplötzlich umschaltet und einem die Orientierung erschwert.

Vor allem in intensiven Kämpfen kann dieses Manko immer wieder zu kleinen und vor allem unnötigen Frustmomenten führen. Bei schönem Wetter ist ein Ausflug ins Freibad unheimlich erfrischend. Denn urplötzlich findet Ihr Euch beispielsweise in einer Position wieder, in der Ihr nicht einen der Euch attackierenden Gegner sehen könnt. Was im übrigen auch bei Angriffen aus der Luft immer wieder passiert, weswegen Ihr Euch blind auf die leider nicht immer zufrieden stellende Zielhilfe verlassen müsst.

Heavy Metal-Schuss-Stakkato

Die Soundabteilung hat ebenfalls einen guten Job gemacht. Während sich im Hintergrund ruhige Melodien mit Heavy Metal-Beats abwechseln, sorgen die Projektilwaffen und Schwertkämpfe für eine Nonstop-Kampf-Berieselung.

Was die Sprachausgabe betrifft, gibt es zwar ebenfalls gewohnte Capcom-Qualität, doch ähnlich wie die grafischen Effekte spielen die Sprachsamples eigentlich keine Rolle. Dante ist wortkarger als Arnold Schwarzenegger in Conan und selbst wenn Lucia sich in die Gespräche einschaltet, wird weder die Story vorangetrieben noch einen nennenswerte Verbindung zwischen den beiden Protagonisten aufgebaut. Sehr sehr schade, denn Fans des ersten Teiles werden sich sicherlich gerne an die zynischen und coolen Kommentare von Dante erinnern, die DMC 2 leider völlig fehlen.

Fazit


Nachdem bei fast allen Spiele-Hits aus dem Hause Capcom der Nachfolger zumindest gleichwertig war, entpuppt sich Devil May Cry 2 als mittlere Enttäuschung. Zwar ist weitestgehend alles, was den Vorgänger ausgemacht hat, auch hier vorhanden. Doch was nutzen mir gut aussehende Moves, ein passables Power-Up-System und Action ohne Ende, wenn dem ganzen Spiel die Atmosphäre und damit die Seele fehlt? Die Spannung und Stimmung, die der erste Teil aufbauen konnte, fehlt in DMC 2 vollkommen und reduziert das Spiel auf eine Action-Orgie mit guter, teilweise sogar fantastischer Grafik. Auch die Einführung des neuen Charakters Lucia bringt nicht den erhofften Schwung. Denn im Grunde spielen sich die beiden Figuren nur marginal unterschiedlich und bringen auch keine wesentlichen Überraschungen in der ohnehin mehr als dünnen Geschichte. Schade eigentlich, denn so ist der neue Ausflug von Dante nicht mehr (aber auch nicht weniger) als ein nettes Action-Spiel für zwischendurch, das allerdings ohne den großen Namen kaum auffallen würde.

Pro

<li>unkomplizierte Action</li><li>feine Grafik</li><li>zwei spielbare Charaktere</li><li>einfache Steuerung</li><li>60 Hz-Modus</li><li>passables Power-Up-System</li>

Kontra

<li>Story? Welche Story?</li><li>Atmosphäre: Fehlanzeige</li><li>Zielhilfe mit Problemen</li><li>schwache Boss-KI</li><li>definitiv zu kurz</li><li>immer wieder Kameraprobleme</li>

Wertung

PlayStation2

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