Die Hard: Vendetta11.08.2003, Mathias Oertel
Die Hard: Vendetta

Im Test:

Anfang des Jahres kehrte Kino-Held John McClane mit Die Hard Vendetta auf den GameCube zurück, um die namhafte Lizenz mit einem Ego-Shooter zu verknüpfen - allerdings nur mit mäßigem Erfolg. Doch da mittlerweile einige Zeit ins Land gezogen ist, besteht berechtigte Hoffnung, dass die Fehler der GameCube-Fassung in der nun veröffentlichen PS2-Version behoben wurden. Oder vielleicht doch nicht? Im Test erfahrt Ihr die Antwort.

Alte Helden sterben langsam

Obwohl der Cop John McClane mittlerweile in die Jahre gekommen ist, stürzt er sich immer noch wagemutig in actionreiche Abenteuer, die ihn das Leben kosten können. Umso mehr, als dieses Mal seine Tochter, die zwischenzeitlich selber Polizistin ist, bei ihrem ersten Einsatz in einem Museum, Kunstdieben in die Quere kommt und in die Schusslinie gerät. Um seine Tochter zu retten, muss McClane, der mittlerweile für die Polizei von Los Angeles arbeitet, tief in die Trickkiste greifen und sich nicht nur mit Gangs und Kunstdieben, sondern auch mit einer ausgewachsenen Söldner-Truppe und dem Sohn des Ober-Gangsters aus Teil 1 der Film-Trilogie anlegen.

Banal und altbacken

So herkömmlich und eindimensional wie die Story gestaltet sich auch das Spielprinzip: In absolut klassischer Ego-Shooter-Manier lauft Ihr durch zumeist kleine Abschnitte, schießt böse Buben über den Haufen und löst hin und wieder kleine Rätsel.

Was an sich ja genügend Stoff für unterhaltsame Stunden bietet. Doch viele Kleinigkeiten sorgen dafür, dass die Die Hard-Bombe nicht richtig zünden will.

Das beginnt schon beim Leveldesign: Jeder Abschnitt ist weitestgehend linear. Ihr könnt nur dahin gehen, wo es die Designer für Euch vorgesehen haben. Zwar gibt es hin und wieder Ausnahmen von der Regel, in denen Ihr Euch für unterschiedliche Vorgehensweisen entscheiden könnt, doch unter dem Strich habt Ihr keine Möglichkeit, entscheidenden Einfluss auf den Fortgang zu nehmen - außer dem Abschießen oder Verhaften der Gegner natürlich.

Doch hier taucht schon das nächste Problem auf: Die Gegner sind nur selten mehr als bloßes Kanonenfutter. Viel zu häufig bekommt man den Eindruck, dass sie nur darauf warten, über den Haufen geknallt zu werden. Insofern kann man eher von KD (Künstlicher Dummheit) denn KI sprechen.

Auch die Tatsache, dass manche Gegner erst durch Überschreiten einer unsichtbaren Grenze aktiviert werden und dann sogar manchmal vollkommen unschön aufpoppen, zeugt nicht gerade von spielerischem Glanz.

Auch die Steuerung gestaltet sich nicht gerade als Freund des Spielers. Zwar hat man zahlreiche Möglichkeiten und muss auch nicht auf Kriechen, Springen und Um-die-Ecke-Schauen verzichten, doch vor allem das manuelle Zielen ist viel zu empfindlich, um begeistern zu können. Das kann die gut funktionierende automatische Zielhilfe jedoch weitestgehend kompensieren. Allerdings wird das Spiel dadurch fast schon zu leicht, denn kaum kommt man um die Ecke, kann man schon wie wild losfeuern und sicher sein, dass mindestens zwei Feinde das Zeitliche segnen. Und wieso hat man einen Schleich- respektive Tarn-Modus eingebaut, wenn unser Held die Waffe trotzdem vor sich her trägt und damit deutlich als Gefahrenquelle für die bösen Buben zu identifizieren ist?

Auch der Wechsel zum Inventar ist nicht gerade glücklich gelöst und sollte nur in Momenten der Ruhe durchgeführt werden. Denn zum einen wird von der Inventarleiste fast der halbe Bildschirm verdeckt, zum anderen müsst Ihr unter Umständen ziemlich lange durch die Gegenstände scrollen, um das gewünschte Objekt zu finden.__NEWCOL__Zeit, die in Gefechten von Gegnern gnadenlos dazu genutzt wird, um Euch mit Blei voll zu pumpen.

Multiplayer ohne Bots

Im Gegensatz zur GameCube-Version habt Ihr Zugriff auf diverse Multiplayer-Modi, die allerdings nur Standardware darstellen. Da zudem noch jegliche Bot-Möglichkeit fehlt, werden die Mehrspieler-Gefechte genau wie die Einzelspieler-Kampagne sehr schnell langweilig.

Zeit für Helden

Mit einem Feature kann sich Die Hard Vendetta trotzdem von der schwergewichtigen Konkurrenz abheben. Per Knopfdruck könnt Ihr die so genannte Heldenzeit aktivieren. Damit wird ein temporärer Zeitlupenmodus aktiviert, den Ihr dazu nutzen könnt, im Handumdrehen eine dicke Gegner-Traube dem Erdboden gleich zu machen.

Doch auch dieses nette und in Ego-Shootern bisher kaum eingesetzte Element kann das Spielerlebnis nicht vor dem Absinken in den Durchschnittsmorast retten. Denn einerseits benötigt man die Heldenzeit eigentlich nie, andererseits dauert es recht lang, bis man durch "gute Taten" die Zeitleiste bis zum Anschlag gefüllt hat. Und zu guter Letzt hat man sich bereits nach zwei bis drei Mal an dem Feature satt gesehen.

Auch die unterschiedlichen Missionsziele sind weitestgehend Blendwerk. Denn egal, ob Ihr Geiseln befreien oder einen Museumsdirektor retten müsst - im Endeffekt läuft alles auf einen schnellen Zeigefinger hinaus. Und dank der Zielhilfe ist es wirklich kein Kunststück einen Geiselnehmer zu erschießen, der sein Opfer als Schutzschild vor sich hält.

Probleme im Detail

Wer glaubt, dass das durchschnittliche Spielgerüst von einer überragenden Grafik auf ein akzeptables Niveau gehoben wird, sieht sich ebenfalls getäuscht. Insgesamt sind die unterschiedlichen Abschnitte zwar weit davon entfernt, hässlich zu wirken, doch Hingucker sucht man angesichts der altbackenen Architektur-Gestaltung vergebens. Die Texturen sind zwar an sich meist recht nett anzuschauen, wiederholen sich aber zu sehr, um wirklich spektakulär zu wirken und sind weit davon entfernt, die Klasse von z.B. Red Faction 2 zu erreichen - zudem fehlen einige Texturen im Vergleich zu den anderen Fassungen wie beispielsweise die Markierungen auf den Polizei-Fahrzeugen. Auch die Animationen der Figuren kommen selten über einen Durchschnittswert hinaus.

__NEWCOL__Einzig Spezialeffekte wie Licht- und Schattenspielchen sowie Reflektionen können einigermaßen zum Hinschauen locken, reichen aber bei weitem nicht aus, um Vendetta in einen überdurchschnittlichen Bereich zu hebeln.

Zudem hat die Engine in einigen Momenten mit einem herben Schluckauf zu kämpfen. Was sich angesichts der nicht gerade üppigen Texturen ebenfalls nicht gerade positiv auf die Grafikwertung auswirkt.

Knackig, sauber und gut

Wie so viele Spiele in letzter Zeit kann Die Hard Vendetta vor allem im Soundbereich punkten. Nicht nur, dass dank Synchronsprecher Manfred Lehmann der deutsche Bruce Willis vertreten ist - auch die übrigen Sprecher liefern einen guten Job ab.

Musik und Soundeffekte liegen ebenfalls auf einem hohen Niveau und sorgen für eine rundum gelungene Akustik-Untermalung für ein ansonsten wenig beeindruckendes Spiel.

Fazit


Die Hard Vendatta schafft es vor allem dank der guten Soundkulisse, den Geist der Filme zu erfassen und für Stirb Langsam-Atmosphäre zu sorgen. Doch ist dies weitestgehend schon alles, was das Spiel zu bieten hat. Denn Spielmechanik, Leveldesign und Missionen sind absolut herkömmlich und bieten abgesehen von der Heldenzeit kein nennenswertes Feature. Und als ob das nicht reichen würde, stellt sich die KI auch noch so strunzdoof an, dass man das Grausen kriegt. Angesichts der großen Konkurrenz auf der PS2 finden Spieler mit Hang zu nervösem Zeigefinger genügend und vor allem bessere Alternativen. Denn so sehr die Atmosphäre auch überzeugen kann, ist sie doch noch ein gutes Stück von der Klasse eines Medal of Honor entfernt. Auch die Multiplayer-Modi können nicht mehr viel retten. Standard-Spielmodi auf kleinen Karten ohne jegliche Bots können nur kurzfristig für einigermaßen nette Unterhaltung sorgen. Angesichts der großen Pause zwischen den GameCube- und PS2-Versionen hätte man durchaus mehr erwarten können. Schaut Euch lieber noch einmal die Filme an.

Pro

<li>Heldenzeit-Feature</li><li>gute Lokalisation</li><li>nette Soundkulisse</li><li>gut funktionierende Zielhilfe</li>

Kontra

<li>linear bis zum Gehtnichtmehr</li><li>lahme KI </li><li>schwache Story</li><li>empfindliche Steuerung</li><li>ungenaue Kollisionsabfrage</li>

Wertung

PlayStation2

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