Largo Winch - Empire under Threat21.09.2002, Mathias Oertel
Largo Winch - Empire under Threat

Im Test:

Abenteuerspiele: Ehemals PC-Kult (man denke nur an die Monkey Island-Serie) wurde das Genre mit wenigen Highlights auch auf Konsolen gebracht und ist dort fast so ausgestorben wie auf dem PC. Doch mit Ubi Softs Largo Winch, das auf den gleichnamigen Comics und TV-Serien basiert, soll eine neue Zeitrechnung anbrechen. Wir haben uns das gute Stück mal vorgenommen und verraten Euch in unserem Test, für wen sich das Adventure eignet.

Millardärs-Agent

Bei einer Wohltätigkeitsgala wird Largo Winch, Vorsitzender und Eigentümer der Milliarden schweren W-Gruppe durch eine Bombendrohung aus dem Alltag gerissen. Doch das ist nicht alles, was dem Magnaten zu schaffen macht. In einem Labor in Mexiko werden zwei tote Wachmänner aufgefunden, wichtige Dokumente verschwinden, die W-Gruppe wird von allen Seiten attackiert und steht kurz vor dem Ruin.

Und obwohl Largo über einen ausgedehnten Stamm an Mitarbeitern verfügt, macht er sich selber auf die Suche nach den Schuldigen. Eine Reise, die ihn quer über den Globus hetzt und immer wieder in Lebensgefahr bringt...

Klassisch

Um Licht in die düsteren Angelegenheiten zu bringen, muss sich Largo Winch in bester Adventure-Manier durch zahlreiche Locations schlagen.

Wie es sich für das Genre ziemt, gehören dabei Untersuchungen der Orte, Auffinden von Gegenständen und Unterhaltungen mit Zeugen und Verdächtigen zum guten Ton.

Um bei den zahlreichen, teilweise recht langen Gesprächen nicht den Überblick zu verlieren, kann Largo seinen PDA als digitalen Notizblock missbrauchen, in dem Ihr alle nötigen Informationen abrufen könnt, falls Euch irgendetwas entgangen sein sollte.

Doch im Prinzip könnte man auch auf den PDA als Hinweis-Geber verzichten.

Denn die zahlreichen Rätsel, denen Ihr im Lauf der spannend erzählten Geschichte begegnet, sind durchweg logisch und bis auf wenige Ausnahmen fast schon zu einfach.

So werden vermutlich nur Genre-Neulinge auf ihre Kosten kommen, da jeder, der schon einmal ein Adventure der Monkey Island-Serie oder Ähnliches gespielt hat, die Puzzles verschwenderisch leicht lösen kann.

Zumal alle Gegenstände, die untersucht oder verwendet werden können, markiert sind.

Nicht klassisch

Aufgelockert wird das an sich staubtrockene Adventure durch gelegentliche Mini-Spielchen und Kampfsequenzen.

So müsst Ihr zum Beispiel hin und wieder als Hacker in fremde Computersysteme eindringen, Verschiebepuzzles lösen oder einen Gesprächspartner durch eine Partie Poker zur Preisgabe von Informationen bewegen. Bei den Kampfsequenzen stehen Euch abhängig von der Figur (gelegentlich seid Ihr auch mit Partnern unterwegs) verschiedenen Möglichkeiten des Angriffs zur Verfügung, während die Verteidigung automatisch erfolgt.

Doch so nett diese kleinen Einlagen auch sind, viele Möglichkeiten werden verschenkt. So hätten mehr Optionen bei den taktischen Kämpfen nicht geschadet. Auch zahlreiche Aktionen Eurer Freunde und Kollegen schreien geradezu nach einem Mini-Spiel. So muss Simon zum Beispiel Schlösser knacken und Bomben entschärfen, was sich auch ideal als Geschicklichkeitsübung für den Spieler eignen würde.

Probleme

Neben verschenkten Ideen und zu leichten Rätseln krankt Largo Winch vor allem an zwei Kleinigkeiten: Zum einen gibt es massive unlogische Punkte innerhalb der Gespräche. So finden sich hier und da mehrere Antwortmöglichkeiten, von denen manche ein Ende des Gespräches bedeuten.__NEWCOL__Das macht jedoch nichts, denn Ihr könnt das Gespräch noch einmal beginnen und einen anderen Weg wählen - und das alles, während Euer Gegenüber in der Zwischenzeit vermutlich einen Amnesieanfall hatte, denn dass er (oder sie) sich nicht an das vorhergehende Gespräch erinnern kann, ist äußerst befremdlich.

Doch letzten Endes wiegt dies nicht so schwer, da einem dadurch das Weiterkommen erleichtert wird und Frust-Momente eigentlich gar nicht auftauchen.

Ein anderer Punkt bezieht sich auf die grundlegend gute und spannende Atmosphäre. Denn so gut die Geschichte auch erzählt wird: Der Hauptdarsteller bleibt erstaunlich blass. Man erfährt zwar immer wieder Versatzstücke aus seiner Vergangenheit, doch im Endeffekt hat man wenig Ansatzpunkte zur Identifikation mit dem Hauptdarsteller, der als Agent im Millardärspelz in manchen Punkten sogar James Bond blass aussehen lässt.

Keine Probleme

Obwohl Largo Winch seine Anleihen deutlich aus den klassischen 2D-Point&Klick-Adventures zieht, ist die Steuerung in der dritten Dimension vollkommen unroblematisch.

Um die Hauptfigur zu steuern habt Ihr wahlweise die Möglichkeit, sie direkt per Stick zu bewegen oder im Stil der Resident Evil-Spiele Largo in der so genannten "absoluten" Methode zu steuern.

Soll heißen, dass Largo sich bei einer Links-Bewegung des Sticks nach links dreht anstatt in die linke Richtung zu laufen.

Auch bei der Knopfbelegung gibt es keine Klagen. Zum einen recht intuitiv belegt, habt Ihr auf dem Bildschirm ständig eine Anzeige, die Euch angibt, wenn irgendetwas mit den Knöpfen zu bewerkstelligen ist.

Zudem könnt Ihr -für Konsolen recht unüblich- jederzeit speichern, so dass auch hier der Frust auf ein Minimum reduziert wird.

Wo bleiben die Details?

Im Vergleich zu den PC- und Xbox-Fassungen schneidet die PS2 deutlich schlechter ab und wird in keinem Punkt ausgenutzt.

Die Figuren bewegen sich zwar genau so geschmeidig wie in den anderen Fassungen, wirken aber grober; was unter anderem an den recht platt erscheinenden Texturen liegt.

Auch die Umgebungen, so stimmungsvoll sie auch sein mögen, sind deutlich schwächer als bei den anderen Versionen, kranken ebenfalls an Texturschwäche und geraten beim Laufen immer wieder ins Ruckeln.

Auch Spezialeffekte wie die Spiegelungen der Figuren, die man bei der Xbox-Version genießen konnte, sucht man vergeblich.

Zudem ist die Farbgebung insgesamt deutlich dunkler gehalten, was dem Spiel zwar nicht grundsätzlich schadet, aber zusammen mit den Figuren-Texturen für eine düstere Stimmung sorgt.

Die Rendersequenzen sind wiederum gut gelungen, erreichen aber nie die Qualität, die man von fernöstlichen Software-Schmieden wie Capcom oder Square kennt.

Original mit Untertiteln

Dass bei einem Spiel, das mit zahlreichen Dialogen glänzt, die englische Sprachausgabe beibehalten wurde, wird für viele Spieler ein wenig abstoßend wirken. Doch dem muss entgegen gehalten werden, dass die Texte ausnahmslos gelungen sind und die Sprecher sich redliche Mühe geben, Stimmung zu schaffen.

Und für alle, die des Englischen nicht so mächtig sind, gibt es als Ausgleich Untertitel, die mit sehr wenigen Ausnahmen eine gute Übersetzung des gesprochenen Textes darstellen.

Die Musik, die dezent im Hintergrund spielt, passt ebenfalls gut zum Spiel und untermalt die Geschehnisse unauffällig, aber äußerst effektiv.

Fazit


In Largo Winch stecken viele gute Ansätze. Doch nur zu einem kleinen Prozentsatz wird das Potenzial, das sich in dem spannenden Adventure verbirgt, genutzt. Vor allem bei den Rätseln hätten die Entwickler ruhig ein paar härtere Kopfnüsse einbauen können, denn so richtet sich das Spiel deutlich an Genre-Neulinge. Dass die Grafik deutlich schwächer ist als auf den anderen Systemen, ist bedauerlich, schadet dem Gesamtspielspaß jedoch nur unwesentlich. Auch die fehlende Übersetzung der Sprachausgabe nimmt man angesichts der guten Untertitel in Kauf. Trotzdem bleibt das Gefühl, dass mit Largo Winch wesentlich mehr möglich gewesen wäre. Vielleicht schaffen es die Entwickler, in einer hoffentlich kommenden Fortsetzung, die Genre-Möglichkeiten auszuschöpfen.

Pro

<li>ansprechender Versuch der Genre-Belebung</li><li>einfache Steuerung</li><li>hervorragend für Anfänger geeignet</li><li>Mini-Spiele</li><li>Speichern jederzeit möglich</li><li>logische Rätsel</li><li>sauber übersetzte Untertitel</li><li>spannende Story</li>

Kontra

<li>zu kurz</li><li>die meisten Rätsel viel zu leicht</li><li>Sprachausgabe nur englisch</li><li>viele verschenkte Ideen</li><li>grafisch nicht berauschend</li>

Wertung

PlayStation2

Nettes 3D-Adventure, leider viel zu kurz und leicht.

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