Pro Rally 200226.04.2002, Jens Bischoff
Pro Rally 2002

Im Test:

Ohne großes Vorankündigen und Tamtam hat Ubi Soft einen neuen Rallye-Racer für die PS2 namens Pro Rally 2002 (ab 19,00€ bei kaufen) herausgebracht, der vom spanischen In-House-Team entwickelt wurde und nun für läppische 30 € zum Verkauf angeboten wird. Unter solchen Voraussetzungen ist man, was die Spielqualität betrifft, zunächst einmal äußerst skeptisch - ob begründet oder nicht, erfahrt Ihr in unserer Schnäppchen-Testfahrt...

Eingeschränkte Auswahl

Während Pro Rally 2001 vorletztes Jahr noch für den PC erschienen ist, wurde die Fortsetzung exklusiv für die PS2 entwickelt. Mit zwei neuen Spielmodi (Arcade und Trophy), in denen mehrere Boliden gleichzeitig am Start sind, präsentiert sich die Konsolen-Rallye zwar deutlich actionlastiger, aber dank des realistischen Meisterschaftsmodus inklusive Setup- und Reparaturwahl kommen auch Puristen auf ihre Kosten.

Zunächst müssen sich angehende WM-Kandidaten jedoch zehn nicht gerade einfachen Fahrprüfungen unterziehen, um in den drei Meisterschaftsklassen (Private, Kitcar und Pro) überhaupt erst starten zu dürfen. Alternativ kann man sich auch beim Zeitfahren gegen eigene Ghostcars die Zeit vertreiben oder sich via Splitscreen mit einem menschlichen Rivalen duellieren. Wer nicht gern allein unterwegs ist, kann sich aber auch im Trophy-Modus auf speziellen Parallel- und Rundkursen mit einem Freund bzw. drei CPU-Rivalen messen oder im Arcade-Modus sogar in Etappenrennen gegen ein fünfköpfiges CPU-Fahrerfeld antreten.

Abschließend kann man sich auch im so genannten Challenge-Modus besonders kniffligen Herausforderungen stellen, wo man sich unter bestimmten Zeit- und Geschwindigkeitsvorgaben quasi keine Fahrfehler erlauben darf. Auf den insgesamt 48 fiktiven Strecken in acht Ländern ist man jedenfalls eine ganze Weile beschäftigt und auch die über 20 Lizenzkarossen von Peugeot, Toyota, Mitsubishi, Subaru, Citroën, Seat und Audi sorgen für Abwechslung. Ärgerlich ist nur, dass viele Spielmodi und Fahrzeuge erst sehr spät verfügbar sind und dadurch auch Arcade-Racer- und Multiplayer-Anhänger gezwungen sind, die simulationslastigen Meisterschaften zu gewinnen. Da aber weder im Spiel noch der spärlichen Anleitung verraten wird, was man genau tun muss, um welches Extra freizuschalten, braucht man aber sowieso starke Nerven, um ans gewünschte Ziel zu kommen.

Mangelhaftes Gameplay

Ebenfalls gute Nerven braucht man bei der Steuerung seines Rallye-Gefährts. Zwar kann man das Fahrverhalten als recht realistisch betrachten, aber die eigentliche Steuerung ist nicht mehr als ein schlechter Witz. Das liegt vor allem daran, dass dank digitaler Pedal- bzw. Tastenabfrage weder gezieltes Bremsen noch Beschleunigen möglich ist - für ein Rennspiel mit Simulationsanspruch eigentlich das Todesurteil. Erschwerend kommt hinzu, dass trotz der Unterstützung von Force-Feedback-Lenkrädern diese weder konfiguriert noch kalibriert werden können und man mit den vorgegebenen Einstellungen nicht einmal manuell schalten kann.

Massive Kritik muss auch die KI der CPU-Fahrer über sich ergehen lassen, unternehmen die notorischen Ideallinienfahrer doch nicht einmal im Schritttempo einen Überholversuch, so lange man nicht von der Strecke abkommt - spannende Positionskämpfe Fehlanzeige. Auch das an sich facettenreiche Schadensmodell wirkt oft willkürlich und befremdend, sind manche Schäden am Fahrzeug doch alles andere als nachvollziehbar und vor allem optisch - vermutlich aus Lizenzgründen - stets unsichtbar. Neben spielerischer Handicaps durch Beschädigungen haben aber auch Einstellungen am Setup Auswirkungen auf das Gameplay. Die Möglichkeiten sind zwar etwas eingeschränkt, aber in Verbindung mit den zeitlich begrenzten Reparaturmöglichkeiten dennoch interessant - auch wenn Techniklaien Änderungen mangels entsprechender Hinweise oder Erklärungen nur vermuten können.

Magere Technik

Für Verwirrung sorgt hin und wieder auch die recht dürftige Lokalisierung, was sowohl die spärlichen deutschen Bildschirmtexte als auch die mickrige Anleitung betrifft - von peinlichen Rechtschreibfehlern ganz zu schweigen. Wenigstens können die gesprochenen Streckenhinweise Eures Copiloten überzeugen. Die Motorengeräusche sind hingegen wie auch die übrigen Sound-FX etwas schwach, aber keine Katastrophe und der Soundtrack ist sogar ganz passabel - auch wenn er während der Rennen eher stört. Wirklich lästig sind jedoch die langen Ladezeiten und die gelegentlichen Totalabstürze, von denen wir auch in der finalen Verkaufsversion mehrfach heimgesucht wurden.

Grafisch ist das Spielgeschehen meist solide, aber unspektakulär. Während die Fahrzeugmodelle noch recht ansprechend modelliert wurden und mit verschmutzenden Karosserien sowie Reflection- und Environment-Mapping aufwarten, wirken die Kulissen eher primitiv. Bitmap-Tapeten wie zweidimensionale Bäume, Büsche und Kakteen wechseln sich mit ebenso platten, nicht einmal animierten Zuschauern ab, die in den mäßig inszenierten Replays noch trostloser wirken. Hinzu gesellen sich teils massive Clipping-Fehler und seltene, aber heftige Slowdowns. Auch die stets aktiven Scheinwerfer der Fahrzeuge sind reine Makulatur und die allgemeine Präsentation durchwegs dürftig.

Pro:

  • günstiger Verkaufspreis
  • über 20 Originalfahrzeuge
  • realistisches Fahrverhalten
  • facettenreiches Schadensmodell
  • knapp 50 internationale Strecken
  • grundlegende Setup-Einstellungen
  • Kontra:

  • lächerliche KI
  • mäßige Technik
  • lange Ladezeiten
  • mangelhafte Steuerung
  • teils peinliche Lokalisierung
  • frustrierende Fahrprüfungen
  • unrealistisches Kollisionsverhalten
  • lange Zeit unzugängliche Spielmodi
  • Vergleichbar mit:

    World Rally Championship, GTC Africa, Paris-Dakar Rally

    Fazit

    Auch angesichts des günstigen Preises sollten sich Rallye-Fans das vermeintliche Ubi-Soft-Schnäppchen lieber sparen. Gegen Sonys aktuelle Rallye-Referenz WRC ist man in wirklich allen Belangen unterlegen. Wer über die vermurkste Steuerung und die mäßige Technik hinweg sehen kann und einen großen Bogen um die lächerlichen CPU-Konkurrenten macht, wird zwar nach Bestehen einer äußerst frustrierenden Fahrschule dennoch ein paar interessante Meisterschaftsrennen bestreiten, das restliche Betätigungsangebot ist aber viel zu belanglos, um einen Kauf zu rechtfertigen. Zudem stehen mit V-Rally 3 (Juni), Colin McRae Rally 3.0 (September) und WRC 2 (Dezember) bereits äußerst hochkarätige Rallye-Simulationen in den Startlöchern, auf die es sich zu warten lohnt!

    Wertung

    PlayStation2

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    Kommentare

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