Knight Rider17.12.2002, Paul Kautz
Knight Rider

Im Test:

Damals in den 80ern, als dudeliger Dauerwellen-Pop die Charts beherrschte, das Wort »CD« noch für Verwirrung sorgte und David Hasselhoff für seine Rollen noch nicht den Bauch einziehen musste, war Hochsaison für »Knight Rider (ab 29,99€ bei kaufen)« - ein Mann, ein Computer, ein Auto. Nun, die 80er sind wieder in, und damit war eine Versoftung des Materials wohl unumgänglich; ob das Spiel was taugt oder einen ähnlich faden Nachgeschmack hinterlässt, wie die Musik der Eighties, verraten wir Euch gerne.

Mehr Extras als ein Benz

Die berühmte »Daddeldaddeldaddel«-Musik erklingt, das Bild wird heller und Superauto KITT rast durchs Intro-Video, das sich als Mischmasch aus Filmmaterial und mäßig gerenderten Sequenzen präsentiert. Im kurz darauf erscheinenden Hauptmenü dreht kurz darauf sich der »Knight Industries Two Thousand« auf dem Präsentierteller, während Ihr Euch zwischen Kampagne und Einzelmissionen entscheidet. In der Kampagne verfolgt Ihr die Storyline, die mit scheinbar harmlosen Banküberfällen beginnt, schließlich aber in die Wiederkehr der alten Serien-Gegner KARR, Goliath und Michael Knights bösem Zwillingsbruder Garth Knight mündet. Die Einzelmissionen sind nichts weiter als die 15 Aufträge, die Ihr einzeln anwählen könnt, sobald Ihr sie in der Kampagne freigespielt habt.

Doch zuerst lernt Ihr die Bedienung von KITT: Neben dem normalen Rasen kann er nämlich einige Dinge, zu denen Serienwagen nur schwerlich imstande wären: Per »Ski-Modus« fahrt Ihr auf zwei Rädern, und könnt so schmale Durchgänge passieren. Der »Turbo-Boost« scheint Sprungfedern zu aktivieren, jedenfalls hebt KITT kurz ab. Und der »Super Pursuit Modus« kommt erst spät ins Spiel, ermöglicht aber haarsträubende Geschwindigkeiten auf geraden Strecken - Lenken ist dann nämlich nicht mehr möglich. Habt Ihr alle Spezialtechniken gepaukt, trennt Euch noch nur eine kurze Ladezeit vom Hauptspiel.

Känguruh-KITT

Die Missionen umfassen das Verfolgen von Fahrzeugen oder einem Hubschrauber, sammeln von Informationen, Wettrennen sowie Zweikämpfe - wie in »Destruction Derby« rammt Ihr einen gegnerischen Wagen, bis seine Schadensanzeige die Skala sprengt. Zwischen den oftmals mit einem großzügigen Zeitlimit versehenen Aufträgen gibt´s die erwähnten Animationen und Dialoge: wenig interessante (und sehr oft abgeschnittene) Texte mit gehäuften Schreibfehlern sowie kleine Standbildchen führen die Story wenig atmosphärisch weiter. Ab und zu müsst Ihr auch den berühmten roten Scanner benutzen, um Dinge zu identifizieren oder Daten zu klauen; wobei man bei Letzterem mit dem entsprechenden Objekt auf kussnahe Tuchfühlung gehen muss, damit KITTs Rotauge anspringt.

Die Entwickler waren vom Turbo Boost scheinbar sehr angetan, anders kann man sich die inflationäre Benutzung dieses Specials nicht erklären. Wie oft sah man in der Serie, dass KITT von Dach zu Dach oder zuerst auf Kisten und von dort über Mauern springen muss? Der Hoppel-Faktor nimmt im Laufe des Spiels rasant zu, was immer absurder erscheint - wer die wahnwitzige Idee hatte, Knight Rider in ein Jump-and-Drive zu verwandeln, hat vermutlich gerne Knoten in den Fingern und mag Beißspuren auf der Tastatur. In Kombination mit der teils fürchterlichen Kollisionsabfrage gewinnt das Ganze noch viel schlimmere Ausmaße: plötzlich bleibt Ihr im Stein hängen, prallt wie ein Flummi von Wänden ab oder findet Euch plötzlich zur Hälfte in einem Container wieder - pfui! 

Eigen-Reflektionen

Grafisch hat man von Davilex nach den Autobahn-, Europa- und USA-Rasern dieser Welt nicht wahnsinnig viel erwartet, doch prompt wurden die Erwartungen übertroffen: die Optik ist ansehnlich, sehr schnell, effektreich und mit schönen 3D-Modellen versehen, besonders KITT ist wirklich gut gelungen. Außerdem bringt das Spiel den Geschwindigkeitsrausch überzeugend rüber, und bei speziellen Manövern (Sprung über Wohnwagen oder fahrenden Zug) blendet die Kamera kurz in eine spektakuläre Perspektive - all das ist sehr schön anzusehen.

Die Landschaft an sich ist wenig interessant und sehr leblos: den größten Teil des Spiels verbringt Ihr in derselben serientypischen Steppe, in der sich gewundene Straßen, kleinere Siedlungen und Berge ein Stelldichein geben - das Paradies eines jeden Cowboys, der von dauergewellten Karohemdträgerinnen und einem schwarz glänzenden Pontiac Trans-Am träumt. Für die größten Grafiklacher sorgt allerdings das an sich exzellente Environmental Mapping: nicht nur, dass sich auf KITTs poliertem Lack die Umgebung spiegelt - er selbst tut es auch! So sieht man besonders in der nahen Heckperspektive nicht nur die weiter vorne liegende Umgebung auf KITTs Rückseite, sondern auch ihn selbst. Scheinbar sind selbst die Reflektionen dieses Autos Ihrer Zeit voraus. Falls Euch die normale Verfolgerkamera nicht zusagt, könnt Ihr unter vier weiteren Ansichten wählen, darunter eine erschreckend leblose Cockpit-Variante - sollte da nicht eigentlich ein Blink- und Anzeigen-Overkill herrschen?

Krampf, krämpfer, KITT

Ein Rennspiel, und als solches muss sich auch Knight Rider trotz aller Action-Ansätze messen lassen, steht und fällt mit seiner Steuerung. Und im diesem Bereich kann die PS2-Version im Gegensatz zu verhunzten PC-Variante wenigstens mit einer halbwegs tauglichen Analogsteuerung punkten, mit der sich KITT nicht ideal, aber doch einigermaßen sicher lenken lässt. Nichtsdestotrotz arten auch hier Positionskorrekturen und Hüpfeinlagen schnell zum umständlichen Krampf aus, außerdem dürft Ihr die Belegung der Knöpfe nicht selbst definieren.

Nervtötend ist die Trennung zwischen Bremse und Rückwärtsgang - warum kann das nicht auf einer Taste liegen? Und natürlich fragt sich der Serienkenner, warum wohl KITTs Handbremse wegrationalisiert wurde, waren doch die berühmten 180°-Powerturns ein Markenzeichen der Serie. Praktischerweise ist KITT nicht nur nahezu unzerstörbar, sondern kann de facto auch nicht umfallen. Nach missglückten Landemanövern liegt er zwar manchmal wie ein hilfloser Käfer auf dem Rücken, rappelt sich aber schnell wieder auf. Allzu oft wird das aber nicht passieren, außerdem seid Ihr auf der Straße sehr sicher: dank unsichtbarer Mauern ist es unmöglich in einen Abgrund zu fallen oder über den Rand einer tiefen Schlucht zu fahren - es sei denn, die Entwickler wollen das. In diesem Fall findet Ihr Euch kurz nach dem Sturz putzmunter auf der Straße wieder. 

Für die Foundation!

Ihr erledigt Eure Missionen stets im Auftrag der »Foundation für Recht und Verfassung«, im Spiel von Michael unsinnigerweise »FLAG« genannt. Ein stets eingeblendeter Pfeil zeigt Euch dabei die ungefähre Richtung Eures Ziels. Außerdem seht Ihr noch eine dreidimensionale Übersichtskarte der Umgebung sowie eine rotierende Ansicht des eigentlichen Ziels. Leider sind beide etwas groß geraten und lassen sich nicht ausblenden, überhaupt könnt Ihr keinerlei Optionen im Spiel verstellen: Wollt Ihr die an der Laustärke oder der Vibrations-Intensität herumspielen, müsst Ihr ganz zurück ins Hauptmenü, die Einstellungen vornehmen und die Mission neu starten. Gespeichert wird automatisch zwischen den Aufträgen, die oft mehrfach unterteilt sind. Scheitert Ihr irgendwo, müsst Ihr leider im Normalfall den Level ganz von vorne beginnen.

Neue Stimme, neues Glück?

Wer mit der Serie vertraut ist, wird sich freuen, dass Michael Knight mit dem originalen Sprecher besetzt wurde. Weniger erbaulich ist dagegen, dass KITT seine Kommentare nicht nur mit vollkommen neuer, sondern auch mit völlig unpassender Stimme abgibt. Dazu oftmals auch noch zur völlig falschen Zeit: Ein merkwürdiger Bug sorgt dafür, dass Euer Wagen sporadisch dafür plädiert, ein Fahrzeug zu stoppen, wofür er empfiehlt, es zu rammen - auch wenn das mit der gegenwärtigen Situation überhaupt nichts zu tun hat. Multikulti-Fans dürfen übrigens breit grinsen, haben sie doch auf der PS2 die Wahl unter vier verschiedenen Sprachen. Die Soundeffekte kommen auch nur selten über bekanntes Mittelmaß hinaus: das ständige Sirren von KITTs Motor wird von gelegentlichen Explosionen übertönt, das war es im Wesentlichen auch schon. Das gilt auch für den Wiederspielwert von Knight Rider, denn einen Multiplayermodus gibt es ebenso wenig wie einen weißen Fleck auf Hasselhoffs Sonnenstudiobräune.  

Fazit

Aaaaargh! Hätten die Mannen von Davilex nicht einfach ein Rennspiel machen können? Oder etwas wie Driver mit KITT-spezifischen Spezialfähigkeiten? Nein, es musste ja ein Nicht-Fisch-nicht-Fleisch-Konglomerat aus Renn- und Hüpfspiel sein - in einem 2-Tonnen-Auto wohlgemerkt, das leichtfüßig von Dach zu Dach hoppelt! Mal von diesem vollkommenen Unsinn abgesehen, bietet Knight Rider höchst durchschnittliche Rennspielkost, mit netter Grafik und ausgesprochen kurzer Spielzeit - viel mehr als sechs Stunden sollten kaum nötig sein, um Garth Knight dingfest zu machen. Hasselhoff-Bewunderer dürften Ihren Spaß mit dem Spiel haben, Eighties-Fans finden in GTA Vice City einen weit besseren Botschafter dieser Ära. Alle anderen dürften sowieso keinen Grund haben, einen ausführlicheren Blick auf KITT zu werfen, da es viel bessere Rennspiele da draußen gibt - ohne unnötigen Hops-Ballast.

Pro

<LI>ansehnliche, schnelle Grafik<LI>schöne 3D-Modelle<LI>nette KITT-Extras</LI>

Kontra

<LI>fürchterliche Hüpf-Einlagen<LI>träge Steuerung<LI>sehr kurz<LI>monotone Landschaften<LI>abwechslungsarme Missionen<LI>unzuverlässige Kollisionsabfrage<LI>viele Grafikfehler<LI>kaum Wiederspielwert<LI>kein Multiplayermodus<LI>unspektakuläre Soundeffekte</LI>

Wertung

PlayStation2

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