Unlimited Saga06.12.2003, Jens Bischoff
Unlimited Saga

Im Test:

Square Enix gilt bei Fans fernöstlicher Rollenspiele fast schon als eine Art Gütesiegel. Bei Ausflügen in andere Genres erlitt Square zwar schon das ein oder andere Mal Schiffbruch, aber im Fantasy-Bereich bekam man - bis auf schlampige PAL-Anpassungen - in der Regel immer erstklassige Qualität geboten. Ob das auch auf das eher ungewöhnliche Unlimited Saga (ab 52,10€ bei kaufen) zutrifft, klärt unser Test.

Sieben Schicksale

Die Story von Unlimited Saga ist zunächst alles andere als ungewöhnlich: Der Spieler wählt einen von sieben Helden und erlebt mit ihm ein Abenteuer in einer mystischen Fantasy-Welt. Allerdings sind die jeweiligen Abenteuer sehr unterschiedlich und obendrein miteinander verflochten. Neben der persönlichen Geschichte gibt es nämlich auch eine Haupt-Story, die sich mit der Legende der sieben Wunder und der Rückkehr der Götter befasst. Sieben Wunder, sieben Helden - ein Zufall? Wohl kaum, aber bis alle Fragen geklärt sind, ist es ein langer und mühsamer Weg.

Comic-Touch: Dialoge müssen in Sprechblasen mitgelesen werden.

Zäher Einstieg

Mühsam vor allem deswegen, weil sich die Benutzerführung alles andere als handlich präsentiert. Hinzu kommt, dass man gerade am Anfang überhaupt nicht weiß, auf was es bei der Charakter-Entwicklung überhaupt ankommt - viele rollenspieltypische Mechanismen greifen nämlich nicht und auch das Handbuch lässt mehr Fragen offen als es beantwortet. Doch selbst mit dem nötigen Durchblick wirkt das Gameplay letzten Endes primitiv und umständlich. Zudem hat man irgendwie das Gefühl, dass Glück und Zufall eine viel zu große Rolle einnehmen und es zu selten auf Können und Taktik ankommt.

Eine Frage des Glücks

In Kämpfen entscheidet beispielsweise eine Art Glücksrad über Erfolg oder Misserfolg eurer Aktionen. Allerdings wurde diese Idee weitaus dilettantischer umgesetzt als beispielsweise in Shadow Hearts, wo statt Glück und Zufall noch Geschick und Risikobereitschaft beim Stoppen des Rads im Vordergrund standen.__NEWCOL__

Ähnlich nervige Glücksrad-Mechanismen warten auch beim Öffnen von Schlössern oder Entschärfen von Fallen auf euch. Und da ihr nur über einen Memory-Card-Trick zwischenspeichern könnt, sind Frust und Versagen an der Tagesordnung.

Zwischen Kombos und Kontern

Auch beim Koppeln von Kombo-Attacken seid ihr gezwungen, russisches Roulette zu spielen. Das Kampfsystem ist zwar rundenbasiert, wann und wie oft eure Gegner an der Reihe sind, lässt sich aber nie bestimmt vorhersagen. Dies ist besonders deswegen ärgerlich, da Kombos nur dann Angriffsvorteile bringen, wenn der Feind eine Weile still hält. Tut er das nicht, wandelt sich der Bonus in einen Malus um und ihr erleidet einen gehörigen Konter-Schaden. Natürlich könnt auch ihr kontern, aber das Ganze ist und bleibt ein nerviges Glücksspiel.

Abstrakte Entdeckungsreise: Sieht aus wie eine Automap, ist aber die Spielwelt.

Flucht unmöglich

Ansonsten dürft ihr pro Kampfrunde fünf Befehle geben, die anschließend via Glücksrad ausgelöst werden: Ob ihr dabei fünf verschiedenen Charakteren jeweils einen oder nur einem Charakter fünf Befehle in Folge gebt, bleibt euch überlassen. Figuren, denen keine Befehle gegeben wurden, verschwinden für die entsprechende Runde jedenfalls vom Spielfeld und können auch keinen Schaden nehmen. Ganz im Gegenteil: Sie können sich sogar erholen. Allerdings müssen die verbleibenden Helden dafür umso mehr einstecken und Flucht ist zu keiner Zeit eine Option. Dafür kann man beim Kämpfen lernen und zwar sowohl neue Kombos als auch ausrüstungsabhängige Spezialangriffe.

Die Welt als Brett

Doch vor dem Kampf steht die Erkundung der Spielwelt. Auch in Unlimited Saga - obwohl es hier im Prinzip gar keine Spielwelt im eigentlichen Sinn gibt. Stattdessen schreitet ihr von Schauplatz zu Schauplatz und zeichnet dabei eine Art Grundriss des jeweiligen Levels mit - jedenfalls wenn ihr die passende Fertigkeit besitzt. Wenn nicht, seht ihr immer nur euer direktes Umfeld. Zwar wird versucht, den einzelnen Locations mit ein paar gezeichneten Standbildern Leben einzuhauchen, aber im Prinzip kommt ihr euch eher wie auf einem deformierten Schachbrett als wie in einer idyllischen Fantasy-Welt vor. Selbst bei Stadtbesuchen könnt ihr euch nur von Standbild zu Standbild klicken und euch an statischen Charakter-Portraits ergötzen.

Individuelles Quintett: Bis zu fünf Charaktere können sich gleichzeitig an den Kämpfen beteiligen.

Leblose Fassade

Nichtsdestotrotz ist das zugrunde liegende Charakter-Design recht gut gelungen - nur eben nicht sehr lebendig. Aber letztendlich wirkt in Unlimited Saga überhaupt nichts lebendig. Animationen gibt es gerade einmal bei der grafischen Darstellung des Kampfverlaufs und die sind alles andere als beeindruckend. Wenig beeindruckend sind auch die dicken PAL-Balken und die mäßigen FX. Der Soundtrack ist hingegen sehr stimmungsvoll und auch an den englischen Sprechern gibt es nur wenig auszusetzen, außer dass sie viel zu selten in Aktion treten und man über 90 Prozent der Dialoge selbst lesen muss. Solide Englischkenntnisse sind dabei Pflicht, auch wenn die Story meist blass und simpel bleibt.

Zweidimensionaler Raumklang

Die Soundkulisse wurde sogar in Pro Logic II abgemischt, auch wenn das bei einem 2D-Spiel wie Unlimited Saga nur wenig bis gar keinen Sinn macht. Da wäre uns ein 60Hz-Modus wesentlich lieber gewesen. Aber egal, der Sound ist mit Sicherheit einer der wenigen Lichtblicke in der Präsentation von Squares ansonsten eher unscheinbarem Rollenspiel-Experiment und macht das abstrakte und trostlose Levelabgrasen überhaupt erst erträglich.__NEWCOL__

Immerhin werden euch laut Publisher mehr als 350 Stunden Spielzeit zugemutet. Die erreicht ihr allerdings nur, wenn ihr mit jedem der sieben Charaktere sämtliche Haupt- und Neben-Quests absolviert und bei der Waffen- und Charakter-Entwicklung fleißig experimentiert.

Combo-Entscheidung: Angriffe lassen sich entweder sofort ausführen oder miteinander verketten.

Keine Erfahrungspunkte

Aufleveln im klassischen Sinn könnt ihr euch nämlich nicht. In Unlimited Saga gibt es keine Erfahrungspunkte oder ähnliches. Stattdessen dürft ihr nach jedem erfolgreichen Abenteuer neue Fähigkeiten lernen oder alte verbessern, um eure Charakterwerte dauerhaft zu erhöhen. Dabei kann es aber auch immer wieder vorkommen, dass man Nullrunden oder Verschlechterrungen in Kauf nehmen muss. Neue Fähigkeiten schlummern jedoch auch in Waffen und Rüstungen, die man mit den nötigen Utensilien in der örtlichen Schmiede auch verändern oder reparieren kann. Bis ihr wisst, welche Fertigkeiten unentbehrlich sind und auf welche ihr vorerst getrost verzichten könnt, wird es aber auf jeden Fall ein Weilchen dauern.

Zitterpartie: Auch für das Entschärfen von Fallen braucht ihr mehr Glück als Verstand.

Motivation gleich null

Dafür habt ihr jedoch sehr differenzierte Möglichkeiten, eure Charaktere nach euren Vorstellungen zu formen und zu trainieren. Das müsst ihr aber erst einmal wollen, und genau da liegt das Problem. Es macht einfach keinen Spaß, sich durch all die Menüs und Standbildchen zu arbeiten, um eine schlagkräftige Party auf die Beine zu stellen. Und auch die zähen Zufallskämpfe und -ereignisse zehren mehr an den Nerven als dass sie unterhalten - von den teils peinlich schlechten Dialogen ganz zu schweigen. Und so traurig es klingt: Das schönste an Unlimited Saga ist die edle Verpackung und die Bonusdisk mit dem Final Fantasy X-2 Prolog Eternal Calm...

Fazit

Auch wenn die SaGa-Reihe schon immer sehr unorthodox und experimentierfreudig war, haben es Akitoshi Kawazu und seine Mannen dieses Mal eindeutig übertrieben. Zwar gibt es im jüngsten Spross der hierzulande weitestgehend unbekannten Serie erneut interessante und ungewöhnliche Spielansätze, aber leider hat es das Team einfach nicht geschafft, diese stimmig und sinnvoll miteinander zu verknüpfen. Vieles wirkt gekünstelt und erzwungen oder gar schlecht geklaut. Zudem hat man für ein Rollenspiel essentielle Elemente wie Story- und Spielweltgestaltung nur stiefmütterlich behandelt. So mangelt es Unlimited Saga nicht nur an einer lebendigen, frei erforschbaren Fantasy-Welt, auch die erzählte Geschichte bleibt trotz individueller Handlungsstränge und sympathischer Charaktere seicht und belanglos. Hinzu kommt das viel zu glücks- und zufallsorientierte und vor allem unglaublich umständliche und zähe Gameplay. Eigentlich ist das ganze Abenteuer nicht mehr als ein spielbares Menü, dem höchstens Fans abstrakter Welten und perfider Charakterentwicklung etwas abgewinnen dürften. Charme oder Seele besitzen diese willkürlich zusammengezimmerten RPG-Versatzstücke jedenfalls nicht.

Pro

Bonusdisk zu FF X-2
atmosphärischer Soundtrack
ordentliches Charakterdesign
komplexes Fertigkeiten-System
interessante Gameplay-Ansätze
sieben individuelle Handlungsstränge

Kontra

laue Story
nicht lokalisiert
dicke PAL-Balken
zäher Spielverlauf
minimalistische Spielwelt
umständliche Handhabung
staubtrockene Präsentation
unbefriedigendes Speichersystem
zu viele Glücks
& Zufallselemente

Wertung

PlayStation2

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