Def Jam: Vendetta25.06.2003, Mathias Oertel
Def Jam: Vendetta

Im Test:

In den von THQ beherrschten Wrestling-Markt einzubrechen, ist nicht ganz so einfach. Denn die WWE-Lizenz ist derzeit der einzig bekannte Name im amerikanischen Profi-Wrestling, auch wenn Ligen wie NWA-TNA auf dem Vormarsch sind. EA Big greift kurzerhand zu einer Lizenz, die man auf Anhieb nicht mit Ringkämpfen in Verbindung bringt: den Rappern von Def Jam Records. Ob das Story-lastige Wrestling-Spektakel mit HipHop-Klängen das Zeug hat, in die WWE-Riege vorzustoßen, könnt Ihr im Test erfahren.

Die Story macht´s

Während die WWE-Spiele meist mit irgendwelchen Story-Konzessionen zu kämpfen haben, können die Entwickler von Aki bei Def Jam Vendetta ihre Fantasie spielen lassen, wenn es darum geht, eine Story zu entwickeln. Wir wollen hier auch nicht weiter auf die großartig erzählte Geschichte eingehen, die die Kämpfe zusammenschnürt. Nur soviel: Rache, Ehre und natürlich hübsche Damen spielen eine gewichtige Rolle, sorgen beim ersten Spielen für die nötige Motivation und hätten problemlos in einem ambitionierten Hollywood-Projekt problemlos Platz gefunden.

Ringschlachten

Konzentrieren wir uns also auf das Geschehen im Ring, das für Einzelspieler vornehmlich aus dem Story-Modus besteht. Schon beim ersten Kampf fällt die Steuerung angenehm auf; und nicht nur das: sie macht auch gnadenlos deutlich, wieso die Aki-Spiele auf dem N64 einen so hohen Stellenwert bei Genre-Fans haben.__NEWCOL__Mit anderen Worten: jeder, der schon einmal mit Aki auf dem Nintendo-Gerät zu tun gehabt hat, wird sich sofort zurecht finden, da die Steuerung nahezu 1:1 übernommen wurde.

Doch auch Neulinge werden sich mit der prompt und gut reagierenden Steuerung schnell anfreunden können, die zusammen mit der guten Spielgeschwindigkeit für schweißnasse Hände sorgen dürfte. Für die 44 Wrestler stehen insgesamt mehr als 1500 Moves zur Verfügung, die zu einem Großteil echten Wrestling-Manövern nachempfunden sind, aber auch durch einige neue und spektakuläre Fantasie-Würfe und -Finisher ergänzt wurden.

Wie schon bei den N64-Spielen von Aki spielt das ausgefeilte Konter-System eine gewichtige Rolle und zeigt der versammelten Konkurrenz, wie ein vernünftiges Block- und Konter-Prinzip auszusehen hat. Mit dem richtigen Timing könnt Ihr so ziemlich jeden Angriff abblocken und im günstigsten Fall sogar in einen Gegenangriff umkehren.

Fan-Favoriten

Eine gewichtige Rolle -wenn auch nicht so intensiv wie bei WWE Raw- spielt die Gunst der Zuschauer. Mit spektakulären Angriffen und geglückten Kontern füllt Ihr nicht nur Euer Punkte-Konto auf, sondern auch die Leiste der Zuschauersympathien. Ist sie schließlich voll, könnt Ihr einen verheerenden Finishing-Move ansetzen. Trifft dieser nicht zu blockende Move den Gegner bei einem niedrigen Hitpoint-Stand, ist er dementsprechend ausgeknockt und der Sieg geht auf Euer Konto.

Doch es gibt auch die Möglichkeit, den Gegner durch Aufgabe zu besiegen. Mit Haltegriffen könnt Ihr gezielt verschiedene Körperteile attackieren und so die Gesundheitsleiste für die entsprechende Gliedmaße langsam aber sicher gegen Null führen.

Ein unspektakulärer Pin erfüllt zwar auch seinen Zweck, bringt aber verhältnismäßig wenig Punkte. Und Punkte sind extrem wichtig. Denn anhand der Punktzahl und der Zeit, die Ihr für den Kampf benötigt habt, wird Eure Siegprämie bestimmt.

Langsamer Aufstieg und schneller Fall

Mit dem Geld wiederum könnt Ihr die Statistikwerte Eures gewählten Wrestlers erhöhen, so dass Ihr nach und nach zu einer wahren Kampfmaschine mutiert.

Leider gibt es aber nur vier Wrestler, die Euch im Story-Modus zur Verfügung stehen. Und hat man die Story einmal durch, fällt die Motivation stark ab, da es auch keinen Editor gibt, um sich seinen Traum-Ringkämpfer zu basteln.

Da hilft es auch nicht, dass Ihr in der Story hin und wieder entscheiden müsst, welche der zwei zur Verfügung stehenden holden Weiblichkeiten Ihr zur virtuellen Freundin nehmt und daraufhin mit Ihr gegen die Konkurrentin in den Ring steigen müsst.

Obwohl als Abwechslung im Kampfalltag höchst willkommen, ändert sich der generelle Story-Verlauf dadurch in keiner Form.

Magere Matchauswahl

Nach der Story könnt Ihr mit allen freigespielten Wrestlern in allen zur Verfügung stehenden Arenen noch "normale" Kämpfe austragen oder mit bis zu insgesamt vier menschlichen Spielern in den Ring steigen.

Leider schafft es Def Jam Vendetta hier nicht, an die Genre-Größen der WWE heran zu kommen. Denn so dynamisch und aktionsgeladen die Kämpfe auch ablaufen - als Matchtypen werden mit 1-gegen-1, Tag-Team, Handicap und Free-for-All gerade mal Standards angeboten, die weit hinter dem zurück liegen, was beispielsweise Smackdown bietet.

Dank des beispielhaften Story-Modus (beim ersten Durchspielen wohlgemerkt) ist Vendetta trotzdem eine gelungene Alternative zu den WWE-Spielen. Es hätte allerdings nicht geschadet, das Spiel auch nach einmaliger Bewältigung weiter interessant zu halten.

Feine Grafik mit Umgebungsschwächen

Abgesehen von den insgesamt zwölf Kampfarenen ist die grafische Umsetzung der Wrestling-Schlachten gut bis sehr gut gelungen. Die insgesamt 44 Wrestler, von denen ein Großteil aus dem Def Jam-Stall stammt, sind äußerst detailliert, mit einem hohen Wiedererkennungswert ausgestattet und bewegen sich geschmeidig durch den Ring.

Die Genre-typischen Clipping-Probleme im Clinch und bei Würfen hat Aki weitestgehend im Griff und sorgt so bei den Ringaktionen ebenfalls für optischen Genuss.

Dass bei Kämpfen im Untergrund keine vollbesetzten Stadien mit Zehntausenden von Besuchern zu erwarten sind, ist klar. Doch angesichts der meist nicht gerade üppig gefüllten Hallen und Clubs locken die Umgebungen nicht gerade zum Hinsehen.

Dafür bestehen die Zuschauer jedoch meist aus Polygon-Modellen, die mit ein paar Animationen für Stimmung sorgen wollen. Die Rechnung geht auch weitestgehend auf - nur bei ein paar unglücklichen Kameraeinstellungen nimmt man wahr, dass die Gäste im Detail äußerst mager gestaltet wurden.

Doch da man sich meistens sowieso auf das Geschehen im Ring konzentriert, nimmt dieses Manko nur eine untergeordnete Rolle ein. Denn wie man es von Aki erwarten konnte, wird mit einer gekonnten Kameraführung, die einem immer einen guten Überblick liefert sowie hin und wieder auftauchenden kurzen "Doppel-Einspielungen" der Moves die Action angemessen präsentiert und lässt sogar hin und wieder den TV-Stil der WWE-Spiele alt aussehen.

Def Jam-Soundtrack

Neben der guten grafischen Umsetzung des Def Jam-Ensembles wird vor allem beim in die Ohren und in die Beine gehenden Soundtrack die Lizenz bis zum Letzten ausgeschöpft. Insgesamt 18 Songs von u.a. DMX, Method Man und N.O.R.E. haben den Weg ins Spiel gefunden und sorgen nicht nur für die passende Stimmung der Underground-Kämpfe, sondern im Allgemeinen für einen Hörgenuss.

Für die teilweise recht umfangreichen Sprachaufnahmen, die glücklicherweise im englischen Original belassen wurden, hat man ebenfalls die Def Jam-Jungs und -Mädels ins Studio gezerrt, wodurch der Authentizitätslevel nochmals gesteigert wird.

Einzig die Schlaggeräusche liegen etwas unter dem hohen Niveau, das von Sprache und Musik gesetzt wird. Natürlich fällt es schwer, hier auch etwas bahnbrechend Neues zu bieten, doch im akustischen Umfeld bieten die Treffer nur Standardkost.

Fazit


Aki hat sich sichtlich bemüht, sich von den WWE-Spielen abzugrenzen. Und zu einem Großteil ist das Vorhaben auch gelungen. Das Kontrollschema ist nahezu 1:1 von den N64-Klassikern à la WWE No Mercy übernommen und geht sofort in Fleisch und Blut über, gibt einem aber auch genügend Spielraum, spektakuläre Moves durchzuführen. Auch der Story-Modus samt Einbindung der Def Jam-Lizenz ist beispielhaft gelungen. Doch genau hier fängt das Problem an. Hat man sich einmal durch die Geschichte gekämpft, dient Def Jam Vendetta vermutlich nur noch als Staubfänger. Denn mit der mickrigen Auswahl an Matchvarianten taugt DJV nicht gerade als Mehrspieler-Spaßbringer. Schade eigentlich, denn die technische Seite kann ebenfalls größtenteils überzeugen. Vendetta ist eine nette Abwechslung im Wrestling-Bereich, kann es aber unter dem Strich nicht mit den Smackdown!-Spielen aufnehmen.

Pro

<li>fantastisches Kontrollschema</li><li>über 1500 Moves</li><li>klasse Soundtrack</li><li>überzeugender Story-Modus</li><li>gute Animationen</li><li>detaillierte Kämpfer</li>

Kontra

<li>kein Editor</li><li>wenig Match-Varianten</li><li>nach dem ersten Durchspielen deutliches Absinken der Motivation</li><li>magere Locations</li>

Wertung

PlayStation2

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.