Aggressive Inline10.08.2002, Mathias Oertel
Aggressive Inline

Im Test:

Seit dem ersten Teil der Tony Hawk´s Pro Skater-Serie erfreuen sich Extremsport-Spiele größter Beliebtheit. Doch bis heute hat es kein Spiel geschafft, Altmeister Hawk vom Thron zu stoßen. Acclaim unternimmt nun mit Aggressive Inline (ab 13,93€ bei kaufen) einen neuen Versuch und schickt Inline-Skater in den Kampf um die Extremsport-Krone. Ob die Sportler auf acht Rollen mehr Erfolg haben als die vierrädrigen Brettfahrer, könnt Ihr in unserem Test nachlesen.

Alles drin

Die Entwickler von Z-Axis haben mit der Dave Mirra Freestlye BMX-Serie bereits zahlreiche gute Erfahrungen machen können, was man dem Spiel auch positiv anmerkt.

Zwar werden Genre-Fans zahlreiche bekannte Elemente entdecken, jedoch auch mit einigen kleinen Überraschungen versorgt.

Beginnen wir mit den Einzelspieler-Modi: Neben der Karriere, welche die Hauptspielzeit ausmachen dürfte, warten "Free-Skate" zum Erkunden der riesigen Areale und ein Zeitrennen auf Euch, in dem Ihr in zwei Minuten so viele Punkte wie möglich einheimsen müsst - so weit nichts Neues.

Auch die Karriere bietet auf den ersten Blick nichts Ungewöhnliches: In jedem der sieben Abschnitte, von denen jedoch nur einer anfänglich verfügbar ist, müssen Aufgaben erfüllt und Gegenstände eingesammelt werden.

Doch dies ist schon die einzige Gemeinsamkeit mit Tony Hawk und Kollegen. Denn im Gegensatz zu den Titeln von Activison hängt Euch kein knappes Zeitlimit im Nacken.

Stattdessen gibt es eine "Juice"-Anzeige, die bei Null-Linie ein Level-Ende bedeutet. Doch mit jedem Trick und jeder Kombo, die Ihr erfolgreich beendet, steigt die Anzeige wieder und sorgt so für ein nicht enden wollendes Vergnügen, in dem man auch genügend Zeit hat, sich um die zahlreichen Aufgaben zu kümmern.

Aufgabenflut

Womit wir schon beim nächsten Unterschied wären. Nur eine Handvoll an Aufgaben ist zum Start eines Levels bekannt, die anderen müssen erst freigeschaltet werden.

Dies kann durch mehrere Umstände passieren: So zum Beispiel entweder durch die Lösung einer anderen Aufgabe, durch Ansprechen von markierten Passanten, die Euch einen neuen Auftrag geben oder gar durch puren Zufall, wenn Ihr gerade eine bemerkenswerte Kombo auf bestimmten Geländeteilen durchgeführt habt.

Insgesamt gibt es bis zu 60 abwechslungsreiche Aufgaben pro Abschnitt zu bewältigen, von denen jedoch nur ein Bruchteil nötig ist, um einen neuen Level freizuschalten. Aber trotzdem lohnt es sich, immer wieder in die Levels zurückzukehren, denn nach und nach kann man neue Skater, neue Teile für den Editor und neue Ladebildschirme öffnen.

Dabei sind die die Abschnitte auch weitaus interaktiver, als man es von vergleichbaren Produkten gewöhnt ist. So könnt Ihr zum Beispiel im zweiten Level durch den Grind auf Kugelseilen die Kugel zum Absturz bringen, die daraufhin eine Schneise der Zerstörung durch das Level schneidet und damit auch neue Abschnitte öffnet.

Zusätzlich gibt es in jedem Level noch "Juice"-Kanister, die Eure Saftanzeige auffüllen, Schlüssel, die neue Ebenen in anderen Abschnitten öffnen und zahlreiche andere Secrets, für die es sich immer wieder zurückzukehren lohnt.

Fahren und lernen

Bei der Weiterentwicklung der Charakter-Statistiken geht man ebenfalls neue Wege: Anstatt sich auf irgendwelche Items zu verlassen, welche die Werte erhöhen, heißt es hier "Learning-by-Doing". Mit jedem Trick und mit jeder Kombo erhaltet Ihr für die zahlreichen Fähigkeiten wie Grind, Jump, Spin usw. Erfahrungspunkte, die entsprechend angesammelt, den Statistikwert erhöhen, was sich im Spiel als äußerst motivierend erweist.

Denn mit den gesteigerten Werten sind wiederum Stellen in den Abschnitten erreichbar, die man zum Beispiel bei einem Grind auf Grund mangelnder Balance nicht erreichen konnte.

Easy going

Wie schon mit dem fehlenden Zeitlimit trägt auch die überaus angenehme und gut reagierende Steuerung zu einem stressfreien Spielvergnügen bei: Dank einfacher und intuitiver Knopfbelegung, die Euch im sehr guten und ausführlichen Tutorial näher gebracht wird, habt Ihr Euren Skater jederzeit perfekt im Griff.

Egal ob Grinds, Grabs oder Flips - alles geht total einfach von der Hand und selbst komplexe Kombos sollten nach kurzer Zeit kein Problem mehr sein.

Besondere Beachtung kommt dabei der Kreis-Taste als Action-Knopf zu, der mehrere Aufgaben erfüllt. So könnt Ihr Euch zum Beispiel an Pfosten festhalten und daran schwingen (sowohl horizontal als auch vertikal), um mehr Speed zu bekommen oder Euch von Stange zu Stange schwingen, um höher gelegene Gebiete zu erreichen.

Besonders lobenswert ist jedoch die "Bail"-Funktion: Solltet Ihr feststellen, dass Ihr den Trick nicht mehr bis zum Ende ausführen könnt, bleibt Euch die Möglichkeit, mit dem "Bail" die verkorkste und blutige Landung abzufangen, was meistens auch gelingen dürfte. Allerdings muss man dafür Punktverluste in Kauf nehmen, was jedoch auf lange Sicht wesentlich angenehmer ist als ein Sturz, der Euch sämtliche Punkte kostet.

Extremsport-Puristen werden sich allerdings beklagen, dass es zu einfach ist, von einem Sprung zu einem Grind zu kommen, was sicherlich nicht von der Hand zu weisen ist. Doch dabei sollte man nicht vergessen, dass bei Aggressive Inline der ungezwungene Spaß definitiv im Vordergrund steht. Und der wird hier durch das alte Z-Axis-Problem -auch bei Dave Mirra war dieses Phänomen anzutreffen- eher noch verstärkt.

Lass mich mitmachen

Gibt es an der motivierenden Einzelspieler-Action bereits recht wenig auszusetzen, ist es nicht überraschend, dass auch der Multiplayer-Part gut gelungen ist.

Zwar vermisst man ein Pendant zum "Horse" bzw. "Loser"-Modus aus Tony Hawk, doch die fünf angebotenen Varianten reichen vollkommen aus, um die Spieler bei der Stange zu halten.

Während "Most Points" und "Best Trick" selbsterklärend sind und nur Standard-Varianten darstellen, können die drei übrigen Modi durchaus für Abwechslung sorgen. Vor allem "Animal Recue" gestaltet sich als sehr unterhaltsam. Denn hier geht es einzig und allein darum, versteckte Tiere zu finden, die sich nur akustisch bemerkbar machen, wenn Ihr in der Nähe seid. Doch auch "Egg Hunt" und "Twenty One", eine Skating-Variante von Black Jack, machen eine Menge Laune.

Allerdings stellt man nach einiger Zeit doch fest, dass die Multiplayer-Modi auf Dauer gegenüber der Einzelspieler-Erfahrung zurückstecken müssen - hier hätte ein Trick-Wettbewerb für mehr motivation gesorgt.

Beruf: Skatepark-Entwickler

Wenn die sieben mitgelieferten Kurse nicht ausreichen, hat man dank des guten Editors alle Möglichkeiten an der Hand, seine eigenen Parcours zu bauen. Da die Bedienung hier genau so einfach ist wie die Kontrolle der Skater, braucht Ihr nur ein wenig Freizeit und ausreichend Fantasie und schon könnt Ihr in Eurem selbst entwickelten Park auf High Score-Jagd gehen.

Das Wow-Erlebnis

War bisher Tony Hawk´s Pro Skater 3 der grafische Maßstab, muss sich der Skateboard-König jetzt die Grafik-Krone mit Aggressive Inline teilen.

Die sieben Abschnitte sind gut designt und jeweils mit einem eigenen Thema versehen. Von einem Filmstudio über eine Autofabrik bis hin zu einem Museum reicht die Auswahl.

Dabei fällt auf, dass die Levels allesamt größer sind als bei der bisherigen Konkurrenz, aber deswegen nicht mit weniger Details geizen.

Auch die Interaktion mit der Umgebung kommt dabei nicht zu kurz: Passanten sind unterwegs, Autos drehen ihre Runden, überall liegen Schachteln und Papiere herum und Ratten, die man per Überfahren zu einem roten Haufen verwandeln kann, kreuzen Euren Weg.

Da man auch mit Licht- und Wettereffekten nicht spart, geht ein großes Lob an die Programmierer, die es geschafft haben, eine ruckelfreie Engine auf die Beine zu stellen.

Ein weiteres Lob geht an die Kameraführung, die nur in den seltensten Fällen ein Gefühl der Orientierungslosigkeit auslöst.

Die Skater selbst sind allesamt hervorragend animiert, mit ansprechenden Texturen versehen und wenn Ihr Euch einen weiblichen Fahrer wählt und genau aufpasst, gibt es ein detailliertes "Boob-Bouncing" zu sehen, das selbst Dead or Alive 3 in den Schatten stellt.

Hart muss es sein

Soundtechnisch gibt sich Aggressive Inline ebenfalls keine Blöße: Die Fahrgeräusche passen, die Umgebungsgeräusche ebenso und die (englische) Sprachausgabe der Passanten ist durchweg sauber.

Natürlich wird es wieder einige Spieler geben, denen der Soundtrack zu Gitarren-lastig ist, doch die Musik, unter anderem von Sublime, Boy Hits Car und Saliva passt -wie bei allen Genre-Vertretern- optimal.

Und wem die musikalische Untermalung dennoch zu brachial ist, der kann die Musiklautstärke im Optionsmenü runterschrauben.

Fazit

Nach Jahren einsamer Dominanz hat Tony Hawk endlich jemanden gefunden, der mit ihm auf dem Genre-Thron Platz nimmt. Im Wesentlichen zwar nichts weltbewegend Neues, kann Aggressive Inline vor allem mit dem fehlenden Zeitlimit und der einfachen Steuerung gewaltig Punkte einheimsen und die Motivation auf einem extrem hohen Level halten. Grafik und Sound befinden sich ebenfalls auf einem hohen Niveau und sollten jeden Genre-Fan auf Anhieb begeistern können. Einzig die Multiplayermodi bleiben etwas hinter den Erwartungen zurück, sind aber immer wieder für ein Spielchen gut. Glückwunsch an Acclaim und Z-Axis, die nach den immer nur zweite Geige spielenden Dave Mirra-Strampeleien endlich ein Spiel produziert haben, das der Tony Hawk-Serie mehr als ebenbürtig ist.

Pro

<li>sieben riesige Abschnitte</li><li>bis zu 60 Aufgaben pro Level</li><li>sehr gute, einfache Steuerung</li><li>gelungene, detailreiche Grafik</li><li>kein Zeitlimit</li><li>gute Soundkulisse</li><li>interaktive Umgebungen</li><li>zahlreiche Secrets und Boni</li><li>einfach zu bedienender Editor</li>

Kontra

<li>Multiplayer-Modi hätten Überarbeitung vertragen können</li><li>Grind-Übergange sehr einfach</li>

Wertung

PlayStation2

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