Clock Tower 327.06.2003, Mathias Oertel
Clock Tower 3

Im Test:

Noch nie etwas von der Clock Tower-Serie gehört? Nicht verwunderlich, denn die Point&Click-Abenteuer von Ascii waren auf der PSone nicht gerade von Erfolg gekrönt. Doch für Clock Tower 3 (ab 98,52€ bei kaufen) stehen die Chancen besser. Immerhin zeichnet Capcom verantwortlich und macht aus dem drögen Point&Click einen Vertreter des Survival Horrors - ein Genre, in dem Capcom auf eine ruhmreiche Vergangenheit zurückblicken kann. Doch kann Clock Tower 3 der Konkurrenz wie Silent Hill 3 oder Project Zero auf den Pelz rücken? Der Test gibt die Antwort.

Fragen über Fragen

Seitdem ihr Großvater vor drei Jahren verschwunden ist, fristet die kurz vor ihrem 15. Geburtstag stehende Alyssa Hamilton in einem Londoner Internat ein friedliches, unbescholtenes Dasein. Doch ihre Welt wird vollkommen auf den Kopf gestellt, als sie einen Brief ihre Mutter erhält, der sie auffordert, sich bis zu ihrem Geburtstag zu verstecken. Als sie daraufhin noch einen Anruf von ihrer Mutter bekommt, am anderen Ende der Leitung aber nur Schweigen zu hören ist, kann sie nicht anders, als sich dem Wunsch der Mutter zu widersetzen.

Sie kehrt nach Hause zurück, nur um einen geheimnisvollen Mann zu treffen, der scheinbar auf sie gewartet hat. Und urplötzlich findet sie sich im London des Jahres 1942 wieder, wo sie den Angriffen zahlreicher Serienkiller ausgesetzt ist.

An diesem Punkt wollen wir nicht mehr auf die Story eingehen, um Euch den Spaß nicht zu verderben. Nur so viel: Das Geheimnis von Alyssas Familie, die Jagd auf Serienkiller und der Grund, weswegen sie sich verstecken sollte, gehören mit zum Besten, was der Survival Horror derzeit im Story-Bereich zu bieten hat.

Horror wie gehabt? Nicht ganz!

Im Gegensatz zu den bisherigen (zugegeben schwachen) Clock Tower-Spielen bietet Capcom mit Teil 3 ein Survival Horror-Spiel, in das Fans auf Grund vieler bekannter und bewährter Gameplay-Elemente sofort einen leichten Einstieg finden dürften. Ihr steuert Alyssa durch vorgegebene Kameraperspektiven, sammelt Items ein und löst Rätsel, die zwar logisch, aber im Endeffekt viel zu einfach sind, um Euch wirklich zu fordern.

So weit nicht Neues. Doch Capcom hat ein paar neue Elemente aus dem Ärmel geschüttelt, die das Spiel interessant machen und von der versammelten Konkurrenz abheben können.

Da haben wir beispielsweise die Panik-Leiste, die den Ersatz für die bislang bekannten Gesundheitsleisten stellt.

Jedes Mal, wenn Ihr durch irgendetwas erschreckt werdet, steigt die Leiste an, kann aber durch Ausruhen an einem sicheren Ort oder der Benutzung eines beruhigenden Tranks wieder auf Null gebracht werden. Trotzdem werdet Ihr sicherlich häufig an den Punkt gelangen, wo Alyssa außer Kontrolle gerät - und das im wahrsten Sinne des Wortes: Denn sobald Alyssa den Zustand äußerster Panik erreicht, habt Ihr nur noch wenig Kontrolle über sie. Selbst das Weglaufen wird zur Glückssache, denn urplötzlich bleibt Alyssa stehen und schaut sich Hilfe suchend um. Durch diesen kleinen Kniff gelingt es Capcom, die Panik der Hauptfigur schnell auf Euch zu übertragen, denn wird Alyssa in Panik angegriffen, ist der Game Over-Bildschirm schneller da, als Euch lieb sein kann.

Da Speicherpunkte aber großzügig verteilt sind, kann man ohne großen Zeitverlust einen neuen Angriff wagen.

Flucht statt Konfrontation

Ein weiteres neues Element, das die Spannung gewaltig nach oben schnellen lässt, ist die Tatsache, dass Ihr über einen Großteil der Zeit keine Möglichkeit habt, die zwei auftauchenden Gegner-Typen zu bekämpfen.

Ihr habt zwar einen begrenzten (und wieder auffüllbaren Vorrat) an Weihwasser im Gepäck, doch die Feinde werden davon nur kurzzeitig aufgehalten.

Die Geister der Verstorbenen lassen sich darüber hinaus durch bestimmte Items besänftigen. Denn sie sind einfach auf der Suche nach einem Gegenstand, den sie verloren haben. Im Falle eines Tagebuchs könnte dies beispielsweise ein Kugelschreiber sein, um den Geist zu besänftigen und den Weg ins Licht finden zu lassen.__NEWCOL__Als Dank hinterlassen sie entweder nützliche Gegenstände oder geben Euch wichtige Hinweise.

Der Serienkiller jedes Abschnitts, der Euch beständig verfolgt und (natürlich) immer im ungünstigsten Moment auftaucht, ist jedoch ein Kapitel für sich. Denn hier könnt Ihr nur fliehen oder Euch an vorgegebenen Orten verstecken - zumindest bis alle Rätsel des Kapitels gelöst sind.

Dann erst geht das Spiel in den Bosskampf-Modus über, der einen merkwürdigen Bruch darstellt. Urplötzlich habt Ihr eine Leiste für Lebensenergie und müsst den Boss mit speziellen Pfeilen erledigen. Dabei verfolgen die Bosse in jedem Kapitel jedoch die gleiche Strategie, so dass Euch hier keine Überraschungen erwarten. Dazu sind sie noch in ihren Attacken äußerst zielsicher, während Ihr in diesen Abschnitten mit einer extrem schwerfälligen und hakeligen Steuerung zu kämpfen habt. Insofern stellen die Bosskämpfe das schwächste Element des ansonsten gelungenen Horror-Spektakels dar.

Der größte Schwachpunkt

Technisch kann Clock Tower 3 leider nicht ganz mit der Konkurrenz mithalten. Die Rendersequenzen sind zwar in gewohnt hoher Capcom-Qualität, doch die Spielgrafik an sich schwankt von sehr gut bis geht so. Werden beispielsweise Cut-Scenes in Spielgrafik gezeigt, bewegen sich die Figuren äußerst geschmeidig. Im Spiel jedoch verfügt Alyssa nur über eine (bzw. zwei wenn man das "Panik-Laufen" hinzuzählt) grundlegende Bewegungsarten, die zwar auch gut aussehen, aber letztlich zu wenig sind.

Vom künstlerischen Standpunkt her wird mit den in Echtzeit berechneten Hintergründen ein stimmiges und düsteres Bild gezeichnet, das die Serienkiller-Atmosphäre gut einfängt. Auch die eingeschränkten Interaktionsmöglichkeiten mit der Umgebung wie beim Drüberlaufen umfallende Flaschen usw. sind gut gelungen.

Dafür jedoch ist die Texturqualität deutlich eine Klasse unter dem, was beispielsweise Silent Hill 3 bietet. Weitere Probleme gibt es mit den Schatten der Figuren. An sich zwar optisch scheinbar korrekt, stehen sie häufig in keinem Zusammenhang mit der Umgebung und wirken unangenehm aufgesetzt.

Auch die Kameraführung ist nicht immer gelungen. Wie man es von den letzten Survival Horror-Spielen aus dem Hause Capcom kennt, bekommt Ihr eine Mischung aus festen Kamerapositionen angeboten, die je nach Situation mitschwenkt oder -fährt.

Vom Spannungs-Standpunkt her ist dieses System bewährt und funktioniert auch sehr gut. Doch im Zusammenspiel mit der Steuerung sorgen die teils abrupten Kamerawechsel immer wieder für eine kurze Orientierungslosigkeit. Und das kann sich besonders fatal auswirken, wenn Euch ein Verfolger im Nacken sitzt.

Dafür wiederum sind Spezialeffekte wie der "Panik-Modus" sehr gut gelungen - auch wenn Alyssa herumläuft wie ein aufgescheuchtes Huhn.

Ein Punkt sollte allerdings noch erwähnt werden: Die Gewaltdarstellung. Denn was Capcom hier im Rahmen der spannenden Geschichte an expliziter Präsentation von Morden zeigt, gehört mit zum Schockierendsten und Verstörendsten, was im Genre bislang zu sehen war.__NEWCOL__Ohne jedoch den Bezug zur Story zu verlieren, was den Entwicklern hoch anzurechnen ist. Denn anstatt Gewalt zu zelebrieren, wird sie sorgsam - wenngleich sehr erschütternd- ins Spiel eingepflegt und macht die Angst von Alyssa nur noch greifbarer.

Tödliche Stille und musikalisches Crescendo

Im Horror-Bereich -sei es nun im Film oder in einem Spiel- ist die Soundkulisse das wichtigste Element, um Spannung zu erzeugen. Und hier überzeugt Clock Tower 3 auf ganzer Linie.

Gnadenlose Stille, die nur von Alyssas Schritten unterbrochen wird wechselt sich ab mit perfekt eingesetzter und gut komponierter Musik, um so einerseits im richtigen Moment für einen Anflug von Schock zu sorgen und andererseits den Spannungsbogen genau in der richtigen Balance zu halten.

Auch die englische Sprachausgabe ist durchweg hörenswert und wird mit sauber übersetzten deutschen Texten untertitelt. Besonders der Gegner des ersten Levels mit seinem grausam geflüsterten "Alyssa, I love you!" sorgt ein ums andere Mal für Gänsehaut und nicht selten für Panik. Doch auch die anderen Sprecher machen ihre Arbeit sehr gut und sorgen dafür, dass die Atmosphäre, die Clock Tower 3 aufbaut, beständig beibehalten wird.

Allerdings wiederholen sich die Sprachsamples der Gegner während des Spiels etwas zu häufig.

Die übrigen Soundeffekte sind ebenfalls sauber produziert, kommen aber im Gros nicht über ein durchschnittliches Niveau hinaus.

Fazit


Zu schade, dass die Grafik etwas hinter dem von der Konkurrenz vorgelegten Standard zurückbleibt. Auch die teilweise mehr als unglückliche Kameraführung im Zusammenspiel mit der nicht optimalen Steuerung sorgt ein ums andere Mal für leichte Frustmomente - ganz zu schweigen von den überharten Bosskämpfen. Doch trotzdem sollten sich Genre-Fans den Titel etwas genauer anschauen, denn Gore, Spannungsbogen, Soundkulisse und vor allem Story können problemlos mit Spielen wie Project Zero gleichziehen und rücken auch Silent Hill 3 gefährlich nahe auf den Pelz. Nimmt man dazu noch die interessante Grundvoraussetzung, dass man die Gegner mit Ausnahme der Bosskämpfe eigentlich nie besiegen kann und stattdessen auf Flucht und Verstecken angewiesen ist, wird der Adrenalinspiegel ständig weiter nach oben gedrückt. Insofern kann man Capcom beglückwünschen, dass der scheinbar toten Clock Tower-Serie in beeindruckender Weise neues Leben eingehaucht wurde - auch wenn die technische Seite etwas zu wünschen übrig lässt.

Pro

<li>gut ausgearbeitete Story</li><li>interessante Gameplay-Ideen</li><li>sehr schöne Soundkulisse</li><li>feine Zwischensequenzen</li><li>Spannung pur</li><li>wohl überlegte Schockmomente</li>

Kontra

<li>Probleme im Zusammenspiel Kamera/Steuerung</li><li>grafisch nicht auf Höhe der Konkurrenz</li><li>nur Standard-Rätsel</li><li>insgesamt recht kurz</li>

Wertung

PlayStation2

0