Im Test:
Gran Turismo 3. Auf kaum ein Spiel wurde so lange und sehnsüchtig gewartet wie auf die PS2-Auferstehung des selbsternannten "Real Driving Simulator". Hat sich das Warten gelohnt? Welche Verbesserungen gibt es? Ist GT3 das beste Rennspiel aller Zeiten? Diese und weitere Fragen beantwortet unser ausführlicher Mega-Test.
Die Geschichte, die Gran Turismo 3 vorausläuft, ist eine Geschichte von Verschiebungen und Gerüchten. Ursprünglich als Gran Turismo 2000 angekündigt, sollte das Spiel rechtzeitig zum Japan-Start der PS2 erhältlich sein. Doch wie wir ja alle wissen, wurde nichts daraus. Die Entwickler haben sich Zeit genommen, am Spiel gefeilt und sich nicht um eventuelle Veröffentlichungszwänge gekümmert.
Doch jetzt ist es endlich da und wir können uns wieder hinter die Steuer von mehreren Dutzend lizenzierter Fahrzeuge klemmen.
Gameplay
Nach dem hervorragenden Intro-Video findet man sich in dem übersichtlichen Hauptmenü wieder, das Euch neben breitgefächerten Optionen hauptsächlich vor die Wahl des Spielmodus stellt: Arcade oder Gran Turismo?
Der Arcade-Modus
Hier werdet Ihr zum schnellen unkomplizierten Rasen auf den insgesamt 19 integrierten Strecken aufgefordert, die größtenteils auch gespiegelt gefahren werden müssen.
Frei nach dem Motto "Bleifuß ohne Nachzudenken" wählt Ihr Euch im Einzelrennen eine Strecke, ein Fahrzeug und macht Euch nach erfreulich kurzer Ladezeit daran, die Konkurrent Staub und Auspuffgase schlucken zu lassen.
Nach und nach könnt Ihr so mit dem Erreichen des ersten Platzes immer weitere Rennstrecken und Goodies freischalten.
Wagt Ihr Euch an die Time Attacks, winkt bei erfolgreichem Abschluss sogar ein Bonus-Auto. Doch das ist leichter gesagt als getan, denn zum einen sind die Zeiten, die Ihr unterbieten müsst, recht knapp bemessen und zum anderen dürft Ihr mit dem Fahrzeug, das Euch vom Spiel vorgegeben wird, die Strecke -ähnlich wie bei den Lizenz-Prüfungen im GT-Modus- nicht verlassen.
Fahrerisches Können ist also angesagt, vor allem bei solchen Kurs-Fahrzeug-Kombinationen wie dem bekannten Laguna Seca-Kurs der mit der Heckschleuder schlechthin, der Dodge Viper, gefahren werden muss. Kenner der Vorgänger werden eventuell enttäuscht sein, dass nur vier neue Strecken im Spiel Einzug gehalten haben, doch andererseits fühlt man sich auf den bekannten Kursen sofort heimisch und wird an vergangene Endlos-Sessions mit GT und GT2 erinnert.
Weiterhin bietet der Arcade-Modus die Möglichkeit sich entweder mit einem weiteren Spieler per Splitscreen oder mit bis zu fünf weiteren Konkurrenten per iLink zu messen.
Leider fehlt in den rein menschlichen Duellen jegliche Computer-Konkurrenz, die für zusätzliche Dramatik sorgen könnte.
Doch auch so sorgen die Fahrkämpfe für einigen Spaß, vor allem wenn man sechs Leute mit PS2 und Fernseher zusammenkriegt und die iLink-Funktion von GT3 nutzt.
Wenn jetzt noch jeder seinen im Gran Turismo-Modus mühsam zusammengestellten Fuhrpark importiert und damit die zur Verfügung stehenden 10 Fahrzeuge pro Geschwindigkeitsklasse (C, B, A, S und R für Rallye) ergänzt, können die motorisierten Gladiatorenkämpfe beginnen.
Der Gran Turismo-Modus
Eigentliches Herzstück und schon seit jeher der Motivationsgeber für die GT-Reihe ist der Gran Turismo-Modus.
Ein eigentliches Spielziel ist hierbei nicht sonderlich vorgegeben. Ob es Euch jetzt darum geht, sämtliche Rennen der verschiedenen Cups in den diversen Klassen zu gewinnen, oder ob Ihr Euch darauf festlegt, Eure Garage mit allen nur erdenklichen Autos zu füllen, bleibt Euch überlassen. Um jedoch 100% in der Spielwertung zu erreichen, müsst Ihr Euch auf die Rennen und Lizenzen konzentrieren.
Manche der Rennen erfordern eine dieser Lizenzen, um daran teilzunehmen. Die Lizenzprüfungen bestehen aus diversen Aufgaben, die jeweils mit einem vorgegebenen Fahrzeug innerhalb einer bestimmten Zeit absolviert werden müssen, wobei ein Verlassen der Strecke die Prüfung sofort als gescheitert beendet.
Zwar reicht es zum Erlangen der Lizenzen wenn man die Bronze-Zeit schafft, sollte man jedoch in jeder Prüfung Gold schaffen, winkt als Bonus ein Auto.
Das wiederum sorgt für Freude auf dem Bankkonto, denn die 18.000 Credits, die man anfänglich bekommt, bringen einen nicht sehr weit und helfen im Normalfall nur für einen Kleinwagen, der mühsam aufgerüstet werden muss.
Doch die goldenen Lizenzen sind nicht die einzige Möglichkeit, an Bonus-Fahrzeuge zu kommen: Für jeden gewonnen Meisterschaftswettbewerb bzw. das Erreichen des ersten Platzes in den jeweiligen Cup-Rennen erhaltet Ihr ebenfalls ein neues Fahrzeug.
Bis auf wenige Ausnahmen werden die Serienmodelle Euch kaum reichen, um in den zahlreichen Rennen -insgesamt gibt es mehr als 80 Wettbewerbe, die wiederum aus je drei bis zu über 10 Rennen bestehen- eine Chance zu haben.
Da hilft nur die Fahrt in den Tuning-Shop, um den Wagen dementsprechend aufzurüsten. In diversen Kategorien lassen sich Motorleistung und Fahrverhalten durch den Zukauf und Einbau entsprechender Teile verbessern.
Wer es einfach mag, baut das Teil einfach ein, was im Normalfall völlig ausreicht. Simulations-Puristen haben jedoch auch die Möglichkeit, Ihr Fahrzeug für die jeweilige Strecke zu optimieren, um so noch die letzte Zehntelsekunde herauszukitzeln.
Doch letzten Endes sind das alles Elemente, die man auch aus anderen Spielen kennt. Woher rührt nun die Faszination, die GT3 verursacht?
Einerseits sicherlich durch die beeindruckenden Zahlen, die mit mehr als 180 voll lizenzierten Fahrzeugen -der Fahrzeugpark wurde im Vergleich zur japanischen Fassung auch noch geändert und ergänzt- und den zahllosen Wettbewerben eine deutliche Sprache sprechen.
Doch das alles verblasst neben der grandiosen Fahrphysik, mit der jedes Auto auf die Fahrbahn gebracht wird.
So ziemlich jedes Auto fährt sich unterschiedlich und selbst kleine Veränderungen am Setup sind sofort spürbar. Das wird durch die hervorragende Steuerung, die sehr realistisch reagiert, massiv unterstützt.
So direkt, wie es dem jeweiligen Fahrzeug möglich ist, werden die Lenkbewegungen umgesetzt und unterstreichen das Ziel "Realismus", dass sich Polyphony Digital gesetzt hat. Dass die Steuerung dabei noch konfigurierbar ist, und somit jeder zufriedengestellt werden dürfte, ist nur das letzte i-Tüpfelchen.
Wahlweise ist GT3 auch mit dem speziell von Logitech angefertigten GT Force-Lenkrad spielbar. Hierzu werden wir baldmöglichst den Test ergänzen.
Dass Gran Turismo 3 das Schicksal vieler Genre-Kollegen teilt und -teilweise auch aus Lizenzgründen- kein Schadensmodell anbietet, ist im Nachhinein zwar schade, aber leicht zu verschmerzen, da es bei den Rennen manchmal ganz schön zur Sache geht. Insofern wäre es schade, wenn man in Führung liegend auf irgendeinen technischen Effekt oder gar Totalschaden hin ausscheiden müsste.
Grafik
Gran Turismo 3 ist das derzeit wohl grafisch eindrucksvollste Spiel, das die PS2 zu bieten hat. Dank einer sauberen PAL-Umsetzung -die berüchtigten PAL-Balken wurden auf ein kaum wahrnehmbares Minimum reduziert- kann auch die europäische Rennfahrerfront ungehemmte Geschwindigkeit genießen.
Flüssig und ohne jegliche Slowdowns und wahrnehmbare Pop-Ups zieht die detaillierte Umgebungsgrafik an einem vorüber und vermittelt dabei ein gutes Gefühl der Geschwindigkeit. An Lichteffekte wir dabei ebenso wenig gespart wie an z.B. fantastisch aussehenden Staubwolken, die einem in Rallye-Rennen durch den entstehenden Sichtverlust fast schon an den Rand der Verzweiflung bringen können.
Und wer einmal die regennasse Fahrbahn der Special Stage Route 5 mit ihren Spiegelungen und Lichteffekten gesehen hat, weiß, dass es eine gute Entscheidung war, sich eine PS2 zuzulegen.
Die Fahrzeuge sind ebenfalls hochdetailliert, wirken fast fotorealistisch, sind zweifellos wiederzuerkennen und glänzen, dass es eine wahre Freude ist.
Auch die animierten übersichtlichen Menüs wissen zu gefallen und stimmen wunderbar auf das Spiel bzw. die jeweilige Strecke ein.
Highlight der Vorgänger waren jedoch die Wiederholungen der Rennen, die auf der PSone für einen bis heute unerreichten Standard gesorgt haben. Und GT3 setzt diese Tradition eindrucksvoll fort.
Denn die Zeitlupenoptionen wurden stark erweitert: Ihr habt mehrere Kameraposition zur Auswahl bzw. könnt das Rennen auch mit Verfremdungseffekten im Videoclip-Stil Revue passieren lassen.
Neu ist auch, dass Ihr während des Replays die Fahrzeuge durchschalten könnt, um Euch z.B. die Fahrweise der Gegner anzuschauen - und vielleicht sogar noch etwas dabei zu lernen.
Doch es gibt bei all der Grafikpracht auch Schattenseiten. Dazu gehören eindeutig die Zuschauer. Während der Rennen nimmt man sie zwar nicht so massiv wahr, in den Wiederholungen jedoch fragt man sich bei eingehender Betrachtung der Bitmap-Pixelhaufen mehr als einmal, ob das nicht auch besser hätte gelöst werden konnte.
Auch bei bestimmten Perspektiven in den Wiederholungen werden deutliche Pixellinien sichtbar (z.B. an den Türen) und zerstören kurzzeitig den Eindruck von Realismus, der sich durch das Spiel zieht.
Das jedes Fahrzeug im Prinzip gleich aussehende Armaturen hat, ist auch ein kleiner Schönheitsfehler, der nicht unbedingt hätte sein müssen.
Doch sobald man das nächste Rennen beginnt, sind die wirklich kleinen Fehler in der Grafik sofort verziehen und man gibt sich wieder dem Adrenalin-Rush Autorennen hin.
Sound
Die Liebe zum Detail, welche die Entwickler im Bezug auf die satten Motorengeräusche einfließen ließen, ist lobenswert. Jedes Auto klingt unterschiedlich und Veränderungen und Ergänzungen im Motorsetup sind sofort hörbar festzustellen.
Bei der Musik jedoch hat Sony Europa sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Wer sich die Soundtrack-Listen in unserem Special angeschaut hat, wird sich fragen, wieso Sony sich nicht dazu entschlossen hat -zumindest teilweise- die Musik aus der US-Fassung zu übernehmen.
Denn während der Rennen gehen einem viele der Songs, die der Japan-Version entsprechen, nach einiger Zeit gehörig auf die Ohrmuscheln. Glücklicherweise gibt es aber die Option, die Musik in den Rennen auszuschalten.
Pro
Kontra
Vergleichbar mit:
Le Mans 24 Stunden, MSR , Gran Turismo 2
Fazit
Gran Turismo 3 ist mit Sicherheit das erste Spiel, das einen vom Kauf einer PS2 überzeugen könnte. Im Prinzip stimmt einfach alles: Die Grafik ist bis auf sehr wenige Ausnahmen ein Genuss, der Sound -abgesehen von der Mehrheit der Musikstücke- grandios und Steuerung und Fahrphysik sind eine Klasse für sich. Und doch: Irgendwie wird man das Gefühl nicht los, dass GT3 nichts anderes ist als eine grafisch aufgebohrte Fassung des schon exzellenten GT2. Keine großen Überraschungen, aber das dafür in einer hohen Qualität. Andererseits stellt sich natürlich die Frage, welche Veränderungen im Vergleich zum Vorgänger hätten durchgeführt werden können. Ist Gran Turismo 3 jetzt das "beste Rennspiel aller Zeiten"? Vielleicht.
Fest steht, dass die Messlatte für Rennspiele jetzt erst mal ein ganzes Stück höher gesetzt wurde.
Wertung
PlayStation2
GT3 ist immer noch ein Highlight im Genre!
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