Im Test:
Als die Lichter ausgingen
Im Jahre 2058 verändert ein globaler Stromausfall die Welt nachhaltig. Es entstehen einflussreiche Großkonzerne wie Net Justice mit terroristischen Machenschaften und rebellische Gruppierungen, die im Verborgenen gegen das neue Machtgefüge ankämpfen. Eine dieser Gruppen sind die Cy Girls, eine Organisation weiblicher Elitekämpfer und -hacker, die sich zum Ziel gesetzt haben, die reale und virtuelle Schreckensherrschaft von Net Justice & Co mit riskanten Einzelaktionen aufzudecken und zu sabotieren.
Zwei ungleiche Heldinnen
Dabei stehen euch zwei Charaktere zur Auswahl: die kühle Feuerwaffenexpertin Ice oder die von Rachegelüsten getriebene Ninja-Braut Aska. Während Ice zu Spielbeginn noch für einen anderen Auftraggeber arbeitet, steht Aska bereits kurz davor, von den Cy Girls suspendiert zu werden, weil sie ihre Aufträge vernachlässigt und stattdessen den Mördern ihres Vaters nachstellt. Beide Charaktere haben jedenfalls sehr unterschiedliche Ambitionen und verfolgen parallel unterschiedliche Storylines auf eigenen DVDs.
Ballern oder Schlitzen
Trotzdem besuchen sie teils dieselben Schauplätze und bekämpfen die gleichen Gegner, direkt über den Weg laufen sie sich allerdings nicht. Auch ihre Aufträge und Vorgehensweisen unterscheiden sich teils erheblich voneinander. Während Aska auf ihre Ninja-Fähigkeiten baut und Wände entlang spurtet, ihr Katana schwingt, Greifhaken einsetzt und mit Wurfsternen um sich schmeißt, verlässt sich Ice lieber auf den Gebrauch diverser Schusswaffen, die sie aus jeder Lage elegant und zielsichere abzufeuern vermag.
Willkommen in der Matrix
Auf Stealth-Fähigkeiten wie sich lautlos an Gegner heranzuschleichen, sich an Wände zu drücken oder Umgebungsobjekte als Deckung zu nutzen verstehen sich hingegen beide Protagonistinnen. Und dann wären da ja noch die zeitlich begrenzten Sprünge in den Cyberspace, wo man alle realen Waffen und Ausrüstungsgegenstände hinter sich lassen muss und auf virtuelle Spezialfertigkeiten sowie traditionelle Martial-Arts-Kampfkünste angewiesen ist - die Matrix lässt grüßen.
Wechselwirkung zwischen den Welten
Im Cyberspace prügelt ihr euch aber nicht nur mit diversen Schutzprogrammen und Avataren, sondern belauscht auch Konversationen, schaltet Sicherheitsbarrieren aus, ladet wichtige Dateien herunter und erweitert stetig euer virtuelles Aktionsrepertoire, um im Kampf Schutzschilde zu aktivieren, geheime Dateien einzusehen, Programme zu starten oder mit Supersprüngen an zuvor unerreichbare Stellen zu gelangen. Dabei haben eure Aktionen im Cyberspace oft auch Auswirkungen auf die reale Welt, von der die virtuelle Welt im Prinzip immer ein authentisches Wireframe-Abbild ist. So knackt ihr mit euren nur im Cyberspace verfügbaren Spezialfertigkeiten beispielsweise Türschlösser, die dann auch in der Wirklichkeit entriegelt sind.
Künstlich in die Länge gezogen
So interessant sich das aber auch in der Theorie anhören mag, so öde und unausgereift ist das Ganze in der Praxis. Die Missionsziele sind oftmals völlig unklar, das Handling meist ziemlich verkorkst und das Rätseldesign teils unter aller Kanone. Nicht nur, dass sich im Prinzip alles auf das Finden spezieller Schlüsselobjekte oder das Ausschalten bestimmter Gegner reduziert, meist ist damit trotz hilfreicher Kartenfunktion auch jede Menge planloses Umherirren oder ständiges Hin- und Herlatschen zwischen entlegenen Orten verbunden. So wird die Spielzeit der insgesamt 16 Aufträge in Argentinien, Peru, Japan, auf den Marschallinseln und in den USA zwar künstlich in die Länge gezogen, aber Spieldynamik und Spannungskurve bleiben dabei fast völlig auf der Strecke.
__NEWCOL__Autsch, das tat weh! - So wehrhaft präsentieren sich die dämlichen Widersacher leider viel zu selten...
Künstliche Dummheit
Zudem müsst ihr euch mit ständig wieder entstehenden Widersachern herum ärgern, die jeglicher Intelligenz entbehren und auf Dauer einfach nur lästig sind. Dank komfortabler Zielautomatik und flächendeckender Finishing-Moves erledigt ihr die meisten Schergen aber sowieso im Vorbeigehen. Lediglich bei den Bossfights ist hin und wieder etwas Taktik gefragt, um im richtigen Moment zuzuschlagen oder Schutz zu suchen. Hin und wieder macht euch dabei allerdings die träge Kamera oder die ungenaue Kollisionsabfrage einen Strich durch die Rechnung. Doch großzügig gesetzte Rücksetzpunkte und ein selbst auf hart noch recht harmloser Schwierigkeitsgrad halten den Frust darüber in Grenzen.
Durchwachsene Präsentation
Technisch präsentieren sich die Cy Girls recht durchwachsen. Die Animationen reichen von stylischen Akrobatikeinlagen bis hin zu völlig unnatürlichem Sprintgezappel, die Texturen und das Kantenflimmern erinnern an längst überwunden geglaubte PS2-Hardware-Engpässe und die Charaktermodelle wirken eher wie Spielzeugfiguren als wie echte Menschen. Der Kontrast zu den teils kinoreif inszenierten Rendersequenzen macht das Ganze eher noch schlimmer. Und wer seine Konsole auf Deutsch gestellt hat, deaktiviert dadurch auch noch jegliches Blut im Spiel, was in manchen Zwischensequenzen geradezu lächerlich wirkt. Da hätte sich Konami lieber mehr Mühe bei der teils katastrophalen Eindeutschung oder der grottigen englischen Synchro geben sollen.
Unfreiwilliger Positionswechsel: Mit dem Greifhaken kann Aska entfernte Gegner zu sich heran ziehen.
Fazit
Eigentlich hätte das Spielprinzip von Cy Girls durchaus Potential gehabt: Zwei kampferprobte Hackerinnen schleichen, schlitzen und ballern sich auf den Spuren von Gabe Logan (Syphon Filter) und Ayame (Tenchu) durch ein düsteres Zukunftsszenario und machen sich im Cyberspace auf die Suche nach verschlüsselten Geheimakten, aggressiven Wachprogrammen und fahrlässigen Sicherheitslücken. Bei der Umsetzung der spielerisch vielversprechenden Mixtur haben die Entwickler aber so ziemlich jede noch so gute Idee in den Sand gesetzt und die Qualitäten der vermeintlichen Vorbilder nicht einmal annähernd erreicht. So gibt sich das Leveldesign extrem steril, die Missionen wirken unglaublich altbacken und die Rätselstrukturen sind völlig unausgegoren. Zudem sind die ständig wieder auftauchenden Gegner strohdumm und einfach nur lästig, während die Kamera trotz diverser Einstellmöglichkeiten regelmäßig zickt und die Steuerung immer wieder hakt. Bis auf ein paar stylische Moves ist das Spiel so uncool, dass der Originaltitel Cool Girl geradezu eine Farce gewesen wäre...
Pro
Kontra
Wertung
PlayStation2
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