Le Tour de France 200325.07.2003, Jens Bischoff
Le Tour de France 2003

Im Test:

Auch wenn die diesjährige Tour de France bereits fast vorüber ist, könnt Ihr in Konamis virtueller Umsetzung des weltgrößten Radrennens munter weiterradeln. Zudem kommt Le Tour de France: Centenary Edition mit offizieller Lizenz und günstigem Preis daher. Wenn man sich allerdings an Konamis letztjährige Tour-Versoftung erinnert, flaut die Freude darüber schnell ab. Ob man sich zum hunderdsten Jubiläum der Tour auf eine weitere Enttäuschung gefasst machen muss oder sich auf Wiedergutmachung freuen kann, klärt unsere kritische Testfahrt.

Trügerische Lizenz

Viel getan hat sich im Hinblick auf den mäßigen Vorgänger auf den ersten Blick leider nicht. Sowohl Gameplay als auch Spielumfang wurden nur geringfügig aufgewertet und auch die neue Lizenz ist trügerisch. So kann man sich nun zwar auf offizielle Teams und Sponsoren sowie reale Fahrer freuen, aber das Angebot ist doch sehr lückenhaft. Es fehlen nämlich nicht nur knapp die Hälfte der eigentlichen Teams, sondern auch Starfahrer und Sympathieträger wie Armstrong, Ullrich oder Zabel sind nicht mit von der Partie.

Auch bei den Strecken kommt Ihr nicht in den Genuss aller zwanzig offiziellen Etappen. Stattdessen gibt es ein halbes Dutzend alter sowie neuer Kurzstrecken, von denen bei der virtuellen Tour de France lediglich sechs gefahren werden. Ungefähr die Hälfte der Strecken werdet Ihr aus dem Vorgänger kennen, auch wenn diese nun teils andere Namen tragen. Zwar werden manche Strecken abseits der Tour auch gespiegelt angeboten, aber das erweiterte Streckenangebot ist nach wie vor unbefriedigend.__NEWCOL__Mangelnder Teamgeist

Nicht einmal bei den Spielmodi haben die Entwickler Originalität bewiesen und bieten das letztjährige Aufgebot einfach nochmals an und das quasi unverändert. So habt Ihr nach wie vor die Wahl zwischen Training, Zeitfahren, Arcade-Rennen, Zwei-Spieler-Duellen und dem Tour-de-France-Karrieremodus. Besonders enttäuschend ist dabei der Mehrspielermodus, bei dem Ihr via Splitscreen einsame Rennen gegen einen menschlichen Kontrahenten bestreitet ohne jegliche team-taktischen Komponenten.

Schade, denn gerade diese sind eigentlich die einzigen spielerisch erwähnenswerten Neuerungen in der Centenary Edition. Dass Ihr nun Teamkollegen herbeirufen könnt, um Euch in deren Windschatten zu regenerieren oder gar von deren Wasserreserven zu zehren, ist nämlich definitiv ein Schritt zu mehr Abwechslung und Taktik, worin Konamis Tour de France noch immer gewaltigen Nachholbedarf hat. Überhaupt fehlt es dem Titel an Teambindung, denn wie Eure Kollegen abschneiden ist völlig sekundär.

Zahlreiche Ungereimtheiten

Immerhin konfrontiert Euch Konami mit variablen Witterungsverhältnissen, die Einfluss auf die Kondition haben, sowie wechselnden Windverhältnissen, die sich auf die Windschatten und das Fahrverhalten auswirken. Leider ist aber weder das Fahr- noch das Kollisionsverhalten sehr realistisch, die Steuerung recht hakelig und auch KI und Physik-Engine liefern teils haarsträubende Ergebnisse: So kann es sein, dass Gegner wie durch magische Hand an die Spitze schweben, Euer Rad bergauf plötzlich von alleine beschleunigt, Ihr in geschlossenen Straßenschluchten mit Seitenwind zu kämpfen habt oder Euch Teamkollegen gnadenlos von hinten umrammen. Aber auch das Verhalten Eurer Konkurrenten oder die Vergabe der Startpositionen ist oft sehr fragwürdig.

Gepflegte Langeweile

In der Regel müsst Ihr das Feld stets von hinten aufrollen, indem Ihr Euch von Fahrerpulk zu Fahrerpulk vorarbeitet, Euch zwischendurch im Windschatten oder mittels Wasserzufuhr regeneriert und die teils extremen Höhenunterschiede taktisch und konditionell geschickt überwindet. Angesichts der wenigen und nur kurzen Strecken ist das Ganze aber nicht sonderlich anspruchsvoll und wird recht schnell langweilig. Lediglich überraschende Stürze und daraus resultierende Verletzungen bringen hin und wieder Spannung ins Spiel. Ansonsten hängt Eure Platzierung in erster Linie von der Qualität Eures Drahtesels und Euren Charakterwerten ab, die sich beide im Karrieremodus durch verdiente Preisgelder verbessern lassen.__NEWCOL__Übung macht den Meister

So könnt Ihr durch die passive Teilnahme an speziellen Trainingseinheiten Leistung, Ausdauer und Zähigkeit sowie Lenk- und Bremsgeschick Eures via Editor selbst erstellten Protagonisten steigern oder neue Rahmen, Räder, Reifen, Pedale, Schaltungen und Tuning-Kits für Euer Bike erwerben. Zudem lässt sich diverses Designer-Equipment wie Sonderlackierungen, Spezialhelme oder Speichenverkleidungen freispielen - welche allerdings lediglich optische Auswirkungen haben. Darüber hinaus könnt Ihr in den fünf Jahren Eurer virtuellen Karriere lukrative Sponsorenverträge gewinnen, Erholungspausen einlegen und natürlich Monat für Monat in kleineren Rennen und Sprintwertungen Preisgelder und Gratistrainings einfahren.

Audiovisuelles Schockerlebnis

Grafisch präsentiert die digitale Frankreich-Rundfahrt leider extrem dürftig. Animationen und Umgebungsgrafik befinden sich gerade einmal auf PSone-Niveau und schaffen es dennoch Slowdowns auf den Plan zu rufen. Zudem ist das mickrige Positionsradar ein Witz und die Replay-Funktion völlig unspektakulär. Akustisch sieht`s sogar noch düsterer aus: Die Sound-FX sind unter aller Kanone, die Musikbegleitung wechselt zwischen einschläfernd und nervig und auf Kommentatoren bzw. Sprachgausgabe hat man gleich ganz verzichtet. Zumindest bekommt man deutsche Bildschirmtexte und während der Ladezeiten ein paar Textinfos über die Tour de France oder das Gameplay geboten, aber die Präsentationsnote bessert dies auch nicht mehr auf.

Fazit


Von Wiedergutmachung also keine Spur. Zwar hat man das Gameplay in taktischer Hinsicht dezent erweitert, aber entscheidende Neuerungen sucht man vergebens. Auch die offizielle Lizenz hält nicht das, was sie verspricht und technisch gesehen ist Konamis Tour de France nach wie vor indiskutabel. Die Grafik befindet sich auf PSone-Niveau und die Soundkulisse ist einfach nur beschämend. Hinzu kommen KI-Fahrer mit dem IQ von Lemmingen, eine Fahrphysik die jeglichen Naturgesetzen trotzt sowie ein Spielverlauf, der so spannend ist wie die Fahrt auf einem Hometrainer. Da kann auch der günstige Preis nichts mehr ändern, die Centenary Edition ist Rahmenbruch und Plattfuß in einem. Setzt Euch lieber auf Euer Fahrrad und dreht damit eine Runde - das ist spannender, realistischer, gesünder und obendrein auch noch billiger.

Pro

<li>günstiger Preis</li><li>speicherbare Replays</li><li>unkompliziertes Gameplay</li><li>offizielle Fahrer und Teams</li><li>taktische Teamanweisungen</li><li>variable Witterungsverhältnisse</li>

Kontra

<li>lächerliche KI</li><li>abstoßende Optik</li><li>hakelige Steuerung</li><li>dürftige Präsentation</li><li>unvollständige Lizenz</li><li>primitive Soundkulisse</li><li>vereinzelte Slowdowns</li><li>monotoner Spielverlauf</li><li>mangelnde Teambindung</li><li>bescheidene Animationen</li><li>mageres Streckenangebot</li><li>unrealistisches Fahrverhalten</li><li>fragwürdige Kollisionsabfrage</li>

Wertung

PlayStation2

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