Drakengard18.06.2004, Mathias Oertel
Drakengard

Im Test:

Habt ihr euch schon einmal gefragt, was passiert, wenn man die wesentlichen Elemente von Koeis Dynasty Warriors mit denen von Panzer Dragoon mischt? Ja? Dann seid ihr nicht die einzigen, denn Square Enix hat genau die gleichen Überlegungen angestellt. Das Ergebnis heißt Drakengard (ab 96,62€ bei kaufen) und wendet sich mit seinem actionorientierten Gameplay stark vom RPG-Hintergrund ab, den man von den Japanern gewohnt ist. Ob die Mischung aufgeht, erfahrt ihr im Test!

Dynasty Warriors meets Panzer Dragoon

Auch wenn es einige nach der Berichterstattung im Vorfeld kaum noch hören können: Am besten lässt sich Drakengard als eine Mischung aus Dynasty Warriors und Panzer Dragoon beschreiben.

Aus Koeis Massenkampf-Serie hat man die Boden-Schlachten übernommen, in denen ihr alleine einer aus mehreren Hundertschaften bestehenden Übermacht gegenübersteht und sie mit Hilfe von insgesamt über 60 Waffen und Magie niedermachen müsst.

Und da ihr über einen Pakt mit einem Drachen eine Seelenverbundenheit geschlossen habt, könnt ihr die Flugechse in die Lüfte erheben und dort in bester Panzer Dragoon-Dogfight-Manier den heißen Atem gegen die Feinde pusten - zielsuchende Flammen inklusive.

Als weiteres Spielelement, das sich zwischen den beiden genannten einordnet, könnt ihr in bestimmten Abschnitten jederzeit wählen, ob ihr die Gegner im Waffenkampf oder vom Rücken des Drachen aus bekämpfen könnt.

Nach anfänglicher Eintönigkeit begegnet euch im weiteren Verlauf eine ansprechende Auswahl unterschiedlicher Gegner.

Zugegeben: das hört sich alles nicht sehr spektakulär an und hat aufgrund bekannter Vorreiter wie z.B. Drakan auch einen abgekupferten Beigeschmack.

    __NEWCOL__Allerdings ist die Action dank der eingängigen und einfachen Steuerung sowie durch kleine RPG-Einschläge und Magieeinsatz immer wieder ein Spielchen wert. Und sei es nur, um sich nach dem Durchmetzeln und dem Verbrutzeln von gut 500 Gegnern an der nächsten Rendersequenz zu laben.

Die Drachen-Level machen einen Heidenspaß und erinnern positiv an die Panzer Dragoon-Spiele!

Düster, vielschichtig, überraschend

Denn das Herzstück und der Motivationsspender von Drakengard ist keinesfalls die Non-Stop-Action, die euch auf Dauer etwas eintönig durch die 13 umfangreichen Kapitel zu einem der zahlreichen Enden führt (plus Zusatzabschnitte je nach Spielverlauf). Die hat man

bei Koeis Dynasty Warriors mit wesentlich besserer KI und viel dynamischer gesehen. Nein, es ist vor allem die packend erzählte Geschichte von Drakengard und dem Krieg zwischen dem Imperium und der Konföderation, die einen zum Weiterspielen motiviert.

Was ist so spannend an der Story? Ein Hauptcharakter, der nicht als schillernd leuchtender weißer Ritter durch die Lande zieht, sondern von Zweifeln und im zunehmenden Spielverlauf von immer stärkeren Hassgefühlen geplagt wird; ein Antagonist, der in bester Square-Enix-Manier auch weit mehr ist als nur ein blasser Klischee-Bösewicht; ein Drache, der mit seinen moralischen Denkansätzen fast schon die menschlichste Figur ist - dies sind die wesentlichen Figuren, um die sich die mit Überraschungen und mit Wendungen gespickte Story dreht.

   

Und nicht nur Rendersequenzen sorgen dafür, dass die Geschichte weitergeführt wird und ihr mehr über die Figuren erfahrt. Cut-Scenes in Spielgrafik sowie immer wieder auftauchende Gedankengänge während der Schlachten vermitteln eine dichte Atmosphäre und lassen so fast vergessen, dass die Action nach Schema F gestrickt wurde.

In Schatztruhen findet sich mitunter eine der über 60 upgradfähigen Waffen- 

Square-Enix ohne RPG-Einschlag?

Zwar ist der Rollenspiel-Gehalt in Drakengard nicht so groß, wie man es sich vielleicht wünschen würde, doch auch die Minimal-Ansätze sorgen dafür, dass man das Pad immer wieder in die Hand nimmt.

Dabei ist die Charakterentwicklung zu vernachlässigen: Ihr habt eine vorgefertigte Figur und die durch Kämpfe gewonnenen Erfahrungspunkte und Charakterlevels dienen eigentlich nur dazu, die Lebensenergie zu steigern.

Bei Missionen, in denen ihr die Wahl zwischen Bodenkampf und Drachennutzung habt, kommt allerdings so etwas wie Strategie ins Spiel: Tötet ihr die Gegner mit heißem Echsenatem, bekommt euer Gefährte die Erfahrungspunkte zugeschrieben, was sich wiederum in einer Erhöhung seiner Angriffskraft äußert.

Abwägen ist angesagt: Wollt ihr den Hauptcharakter oder den Drachen pushen? Erschwert wird die Überlegung noch durch das Waffensystem: Insgesamt über 60 Waffen, die jeweils eine eigene Angriffsmagie besitzen, könnt ihr im Laufe des Spieles finden.   __NEWCOL__Erledigt ihr die Feinde mit der jeweiligen Waffe, bekommt das Schwert (Axt, Hellebarde, Dolche, usw.) ebenfalls Erfahrung und kann im Level aufsteigen, was längere Kombos und stärkere Zauber ermöglicht.

Wie schon gesagt: Die RPG-Ansätze sind minimal, helfen aber die Action attraktiver zu gestalten, die zudem noch mit strunzdummer und sich fast immer gleich verhaltender KI zu kämpfen hat.

Für Waffen, bei denen ihr feststellt, dass sie zu schwach für die Gegner sind, könnt ihr in einem weiteren Spielmodus ("freie Expedition", auch für reine Fluglevel zur Drachenverbesserung zugänglich) die nötigen Erfahrungspunkte sammeln.

Dazu muss man allerdings sagen, dass das Gamebalancing in dieser Hinsicht sehr gut austariert wurde. Selbst ohne einen Expeditionsabstecher sollte man gut durch die mit Feinden gespickten Abschnitte kommen.

Neben heißen Flugeinlagen warten Massenschlachten wie bei den Dynasty Warriors.

Stimmig, aber fade

Wer bei dem Namen Square-Enix automatisch an ein Grafikfeuerwerk denkt, dürfte mit Drakengard etwas enttäuscht werden. Die Animationen und das Design der Figuren (allen voran des Drachen) sind zwar gut gelungen, doch die Umgebung erfüllt in keiner Form die Standards, die man mit der Kultschmiede in Verbindung bringt.

Auf Dauer eintönige Texturen und vor allem eine extrem geringe Sichtweite liegen weit hinter dem zurück, was man heutzutage von der PS2 erwarten könnte.

  

Da ist es auch nur ein schwacher Trost, dass die meisten Abschnitte sehr groß sind und in den Misch-Leveln ein stufenloser Übergang von Bodengefechten zum Drachenritt möglich ist.

Einzig die imposanten Magie-Effekte der Waffen und die Flammen des Drachen können in punkto Spielgrafik uneingeschränkt überzeugen.

Gleiches gilt im Übrigen für die fulminanten FMV-Videos, die deutlich zeigen, dass Square-Enix es wie kein anderer versteht, Dramatik in CGI-Form zu präsentieren.

Jede Waffe verfügt über ihre eigene Magie, die mit zunehmender Benutzung der Waffe gesteigert werden kann.

Dummerweise trübt eine üble Kameraführung den Spielspaß und die Stimmung, die durch Story und Videos aufgebaut wird. Gerade bei unübersichtlicheren Kämpfen gegen eine Übermacht reagiert die Kamera bei Bodenkämpfen viel zu langsam, um eine bestmögliche Position zu bieten.  __NEWCOL__Die einzige Möglichkeit ist, kurz stehen zu bleiben, woraufhin sich die Kamera wieder hinter eurem Recken postiert – umständlich und unnötig komplizert.

Die RPG-Einschläge sind marginal - Action ist Trumpf.

Akustischer Magerquark

Abgesehen von der guten, allerdings englischen Sprachausgabe (mit guten deutschen Untertiteln versehen) gibt es wenig Positives über die Akustik zu melden. Die Kampfgeräusche sind zwar gut, nutzen sich aber bereits nach kurzer Zeit ab. Den Vogel schießt jedoch die Musik ab: Was anfänglich noch mit viel gutem Willen als dramatische Kompositionen ausgelegt werden kann, wird mangels Abwechslung und permanenter Wiederholung schriller Melodieführung sehr schnell zu einer nervtötenden Angelegenheit. 

Fazit

Optisch mag Drakengard mit Ausnahme der gut gelungenen Effekte zwar nicht die Wucht sein, doch das unkomplizierte Hack&Slay- und Drachen-Dogfight-Spielprinzip bietet zusammen mit der klasse erzählten Story genügend Anreiz, um sich durch die meist nach Schema F ablaufenden Metzeleien zu kämpfen. Für Spieler, die sich bereits durch Titel wie Dynasty Warriors und Crimson Sea durchgeackert haben, ist Drakengard eine willkommene Ergänzung der Bibliothek. Und mit den Panzer Dragoon-angehauchten Luftkämpfen kommt weitere spielerische Abwechslung hinzu, die dem Titel sichtlich gut tut. Doch trotz aller Vorzüge schöpft das Spiel nicht das ganze Potenzial aus, das sich anbietet. Verbesserungen in der KI, eine spektakulärere Umgebung und etwas stärkere Rollenspiel-Elemente hätten Wunder gewirkt, um die Motivation länger auf einem hohen Niveau zu halten. Doch auch so ist das Experiment "Dynasty Dragoon" aufgegangen und macht Hoffnung auf einen eventuellen zweiten Teil, der die Action abwechslungsreicher gestaltet. Denn so kann man Drakengard nur in kleinen Dosen genießen. Bei mehr als zwei Stunden am Stück setzen deutliche spielerische Ermüdungserscheinungen ein.

Pro

unkomplizierte Action
Boden- und Luftkämpfe
leichte RPG-Einschläge
eingängige, gut reagierende Steuerung
spannende, vielschichtige Story
famose Rendersequenzen
über 60 upgradefähige Waffen
diverse Enden
schöne Effekte
gelungenes Charakterdesign
umfangreich

Kontra

Kameraprobleme
schwache, nervige Musikuntermalung
geringe Sichtweite
Detailschwächen bei den Texturen
Gameplay mit Abnutzungserscheinungen
schwache KI

Wertung

PlayStation2

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