Seven Samurai 20XX20.05.2004, Jens Bischoff
Seven Samurai 20XX

Im Test:

Passend zum fünfzigjährigen Jubiläum von Akira Kurosawas Filmklassiker "Die Sieben Samurai", bringt Sammy eine Versoftung der zeitlosen Filmvorlage für die PS2. Allerdings spielt diese nicht im feudalen Japan, sondern in naher Zukunft und statt Banditen müssen die Helden in Seven Samurai 20XX (ab 34,31€ bei kaufen) fiese Cyborgs in die Flucht schlagen. Futuristische Hommage oder schamlose Lizenzverwurstung? Mehr dazu im Test.

Einsamer Samurai

"Schatten und Dunkelheit umhüllen die kleine Stadt, die sich in einem der vergessenen Winkel Japans befindet. Der Ort ist leider zu entlegen und unbedeutend, dass die Regierung von den hiesigen Vorkommnissen wissen und der Arm des Gesetzes Schutz bieten könnte. Schutz und Sicherheit nämlich vor einer Horde diabolischer Schurken, die die Stadt terrorisiert und gnadenlos ausbeutet. Die verzweifelten Bewohner setzen ihre letzte Hoffnung in die Sieben Samurai – und Sie sind einer dieser Krieger!"

Einsamer Samurai: Trotz kampfwilliger Mitstreiter nehmen eure Verbündeten nie aktiv am Kampfgeschehen teil.

Mit diesen Worten macht euch Sammy zum Helden von Samurai 20XX. Doch anders als in der Filmvorlage kämpft ihr bis zum bitteren Ende allein. Die anderen sechs Samurai führen lediglich ein Statistendasein und stehen euch weder als spielbare Charaktere noch als schlagkräftige CPU-Sidekicks zur Seite. Schade eigentlich, denn der Zusammenhalt der Krieger spielte im Original eine zentrale Rolle. Doch sei‘s drum, der eigentliche Plot hat die Portierung auf die PS2 trotz futuristischem Setting und übersinnlichen Story-Erweiterungen unter der Aufsicht von Kurosawas Sohns Hisao halbwegs heil überstanden und lässt euch die zeitlose Geschichte um die aufopfernde Rettung eines gemarterten Dorfes hautnah miterleben.

Augen zu und durch: Je mehr Gegner, desto unübersichtlicher die Kämpfe.
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Ständige Geheimniskrämerei

Zuerst seid ihr jedoch eine Weile damit beschäftigt, willige Samurai für eure gute Tat zu rekrutieren und hinter die Geheimnisse des Dorfes zu kommen, denn die Angriffe finden nicht zufällig statt und jeder scheint euch mehr zu verschweigen als zu erzählen. Die Story wird dabei vorwiegend durch Zwischensequenzen und gescriptete Dialoge erzählt, auch wenn ihr hin und wieder selbst Gelegenheit habt, Einwohner und Mitstreiter zu befragen.

Hartnäckiges Biest: Mit Hüne Zex bekommt ihr es im Spielverlauf gleich mehrmals zu tun.

Gegnervernichtung im Akkord

Die meiste Zeit seid ihr jedoch damit beschäftigt, von Schauplatz zu Schauplatz zu reisen und schier endlose Horden von Humanoiden zu plätten. Wer auf klingenbetonte Massenvernichtungen à la Dynasty Warriors & Co steht, wird sich jedenfalls gleich heimisch fühlen - auch wenn die Kämpfe schnell langweilig werden und selbst die meisten der zahlreich gesäten Bossgegner kaum ein Hindernis darstellen. Der etwas unausgewogene Schwierigkeitsgrad ist insgesamt jedenfalls viel zu niedrig und höhere Schwierigkeitsgrade stehen erst nach dem ersten Durchspielen zur Auswahl.

Passiver Bazarbesuch: Leider sind Interaktionsmöglichkeiten mit der Spielumgebung kaum vorhanden.
   

Das Ganze nochmals vorn vorne

Auch die 25 alternativen Waffen, die ihr während des Spielverlaufs freischalten könnt, sind erst im zweiten Durchgang verfügbar. Aufgrund der Linearität des Abenteuers, der sterilen Locations und des schnell monoton werdenden Gameplays dürften aber die meisten schon nach dem ersten Durchspielen keine Lust mehr haben, sich länger mit den Sieben Samurai zu beschäftigen. Zudem ist die Spielzeit selbst inklusive dem Finden und Besiegen aller Bonusbosse sehr kurz bemessen und der letzte Kampf bei geübten Spielern schon nach wenigen Stunden passé. Zwar könnt ihr versuchen, eure Rankings weiter zu verbessern, ohne Heilungen und Spielstandsicherungen auszukommen oder alle 30 Bossgegner des Spiels nochmals hintereinander zu bezwingen, aber wirklich motivierend ist dies nicht. Dabei ist das Charakterdesign von Comic-Zeichner und Designer Jean Giraud alias Moebius teils wirklich gelungen - was man von der KI der Gegner, sofern sie überhaupt irgendeine Art von Intelligenz besitzen, nicht gerade sagen kann.

Fulminanter Klingentanz: Aktiviert ihr den Nitoh-Ryu-Modus, wird Natoe zum Berserker.

Sterben leicht gemacht

Speichern könnt ihr übrigens nur am Ende jedes der insgesamt elf Kapitel, aber ein faires Rücksetzsystem, das euch nach jedem Tod komplett heilt und nie weit eurer Todesstelle ins Spiel zurückbringt, lässt Frust über vorzeitiges Ableben ohnehin nie aufkommen. So könnt ihr quasi jedem Bossgegner mit voller Lebensenergie gegenübertreten und beliebig viele Anläufe starten, bis ihr siegreich aus dem Kampf hervorgeht. Aber wie gesagt: wirklich fordernde Bosskämpfe, bei denen ihr taktisch oder geschickt vorgehen müsst, lassen sich an einer Hand abzählen. Ansonsten reicht meist stupides Tastenhämmern und gelegentliches Blocken aus, um sämtliche Widersacher in die Knie zu zwingen. Zwar könnt ihr Angriffen auch gezielt ausweichen oder sie kontern, aber in der Regel reichen Angriff und Verteidigung, um allen Gefahren zu trotzen und euer Nitoh-Ryu-Meter gefüllt zu halten.

Im Kampfrausch: Solche Gegner erledigt Natoe im Akkord, während der Combozähler munter weiter tickt.
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Die Kraft des Nitoh Ryu

Diese Anzeige gibt euch nämlich bei voller Füllung einen gravierenden Geschwindigkeits- und Angriffsbonus, durch den ihr mit zwei Schwertern wie ein Berserker ganze Heerscharen an Gegner niedermähen könnt. Die Dauer ist allerdings beschränkt, lässt sich aber durch erfolgreiches Blocken, Ausweichen und Kontern immer wieder verlängern. Und wenn die Zeit doch einmal abläuft, lädt sich das Nitoh-Ryu-Meter schnell selbstständig wieder auf, so dass ihr fast nie mit nur einem Schwert im Normal-Modus kämpfen müsst. Das Kampfsystem kommt so oder so mit nur einer Angriffsraste aus und gibt sich daher trotz diverser Spezialcombos und Ausweichmanöver eher primitiv. Auch das fast nur bei den Bossfights nötige Blocken ist nicht allzu schwer zu timen und wird höchstens durch immer wieder auftretende Slowdowns erschwert.

Verdecktes Ziel: Euer Gegner ist nicht der Puppenspieler, sondern seine Handpuppe.

Unspektakuläre Daueraction

Technisch machen die Sieben Samurai aber ohnehin nicht allzu viel her. Gegner und Charaktere werden oft erst auf kurze Distanz eingeblendet oder tauchen plötzlich aus dem Nichts auf. Zudem ist das Leveldesign die meiste Zeit extrem öde und bietet so gut wie keine Interaktionsmöglichkeiten. Die Animationen und Kampfeffekte gehen zwar in Ordnung, wiederholen sich aber ständig. Zudem lassen einen diese kombiniert mit abrupten Kameraschwenks oft die Orientierung verlieren und auch eine vollständige Levelkarte sucht man in den einzelnen Spielabschnitten vergebens, was gerade in größeren Abschnitten ohne die sonst fast schon aufdringlichen Wegweiser oft zu planlosem Umherirren führt.

Hinzu kommen ständige Ladeunterbrechungen und teils nicht abbrechbare Zwischensequenzen, die den Spielfluss immer wieder zum Stocken bringen. Soundkulisse und Lokalisierung präsentieren sich recht durchwachsen. So sind die Effekte solide, aber unspektakulär, die englische Sprachausgabe in Ordnung, die deutsche Übersetzung aber teils katastrophal und die Musikuntermalung reicht von epischen Orchesterklängen aus der Feder von Oscar-Preisträger Ryuichi Sakamoto (Der letzte Kaiser) bis hin zu nervtötendem Technorock. 

Fazit

So interessant eine moderne Videospieladaption von Kurosawas Filmklassiker auch gewesen wäre, so enttäuschend wandern Sammys Seven Samurai 20XX in die prall gefüllte Lizenzmüll-Schublade. Zwar ist das futuristische Samurai-Gemetzel kein Totalausfall, aber wirklich Laune macht die spielerisch monotone und technisch schwache Umsetzung nicht. Das liegt vor allem daran, dass die anderen sechs Samurai immer nur passiv in Erscheinung treten, so gut wie keine Interaktion mit der sterilen Spielumgebung stattfindet und sich das Kampfsystem fast völlig auf stupides Tastenhämmern beschränkt. Zwar sind auch elegante Ausweichmanöver und Spezialkombos möglich, aber wirklich nötig sind diese nicht und im Daueransturm der Gegnermassen auch nicht sehr effektiv. Lediglich für ein paar der zahlreichen Bosskämpfe ist etwas Geschick vonnöten. Zudem ist das Abenteuer viel zu leicht und schnell vorüber und der Wiederspielwert trotz freispielbarer Extras sehr gering. Nur wer auf anspruchsloses Massenschlachten stupider Gegnerhorden steht oder die Quadrattaste seines Gamepads einem Härtetest unterziehen will, sollte sich diese sieben Samurai nach Hause holen.

Pro

viele Bossfights
rasante Daueraction
handliche Steuerung
faires Rücksetzsystem
viele freispielbare Extras
hübsches Charakterdesign
stylische Animationen & Effekte

Kontra

ödes Leveldesign
lächerliche Gegner-KI
sehr kurze Spieldauer
monotones Gameplay
unausgereifte Technik
nur ein aktiver Samurai
schwache Lokalisierung
ständige Ladeunterbrechungen
gelegentliche Übersichtsprobleme
unausgewogener Schwierigkeitsgrad
mangelnde Interaktionsmöglichkeiten
teils nicht abbrechbare Zwischensequenzen

Wertung

PlayStation2

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