Isle of Man TT Superbikes16.06.2005, Michael Krosta
Isle of Man TT Superbikes

Im Test:

Was für Autofreaks die Nordschleife des Nürburgrings bedeutet, ist für Motorradfahrer aus aller Welt die britische Isle of Man, auf der seit 1907 eines der größten Renn-Events für Zweiräder stattfindet. Jetzt wurde der über 60km lange Kurs akkurat für den PS2-Racer TT Superbikes umgesetzt. Doch macht eine interessante Strecke automatisch ein gutes Spiel?

Im Rausch der Geschwindigkeit

Eines muss man TT Superbikes lassen: es ist schnell, verdammt schnell! Schon nach den ersten Sekunden auf der Strecke werdet ihr von einem 

Die Verfolger hängen auch ständig erbarmungslos im Heck.
wahren Geschwindigkeitsrausch gepackt und die Landschaft zischt mit konstanten 60 Frames an euch vorbei. Doch leider geht die Geschwindigkeit auf Kosten der Streckendetails und so gibt es abseits der Piste bis auf ein paar lieblose Häuser, sich immer wiederholende Bitmap-Büsche und von einigen Pop-Ups geplagte Bäume nicht sonderlich viel zu sehen. Stellenweise erinnert die flimmeranfällige Grafik an ein PSone-Spiel und hinkt anderen Genre-Vertretern wie Namcos und THQs MotoGP-Serie weit hinterher. Die Modelle der insgesamt etwa 50 lizenzierten Motorräder reichen von der 125cc- bis zur 1000cc-Klasse und sehen passabel aus. Das gilt auch für die Fahrer, die nur dank ihrer guten Animationen überzeugen können – das Aussehen ist eher klobig. Neben zwei Innen- und einer Außerperspektive ist vor allem die Cockpit-Ansicht mit Windschutz sehr gut gelungen, auch wenn diese sich aufgrund des eingeschränkten Sichtfeldes hauptsächlich an Profis richtet.

Perfektion gefragt

Doch egal in welcher Perspektive ihr unterwegs seid: Ihr müsst nahezu perfekt fahren, wenn ihr euch gegen die gerade mal fünf Konkurrenten durchsetzen wollt – und das schon im niedrigsten der drei Schwierigkeitsgrade. In diesem Fall habt ihr vor den Kurven immer automatisch einen Bremsassistenten zur Hilfe, so dass ihr theoretisch das ganze Rennen mit dem Finger auf dem Gasknopf absolvieren könnt. Allerdings setzen sich ein bis zwei der gegnerischen Fahrer schnell ab oder hängen euch während der gesamten Fahrt im Heck und ziehen mit etwas Pech kurz vor der Ziellinie noch an euch vorbei. Stürzt ihr, verliert ihr sehr viel Zeit und könnt das Rennen gleich aufgeben: Zwar kommt ihr im Normalfall wieder bis auf ca. drei Sekunden an die Führenden heran, doch geben die Gegner dann wieder Gas und fahren uneinholbar dem Sieg entgegen. Umgekehrt stürzen eure werten Konkurrenten praktisch nie – selbst wenn ihr sie gezielt in die Wand rammt oder mit hoher Geschwindigkeit auf sie auffahrt. Und sollte es doch mal durch Zufall zu einem Sturz oder Schlenker kommen, rücken sie euch kurze Zeit später doch wieder auf die Pelle. Ein Sieg bei TT Superbikes ist nur sehr, sehr schwer möglich und meistens reine Glückssache - und wir reden hier immer noch vom einfachsten Schwierigkeitsgrad wohlgemerkt!

Anspruchsvolle Fahrphysik

In den höheren Stufen werden die Fahrhilfen weiter reduziert und schließlich ganz abgeschaltet, wenn man als Experte an den Start geht. Spätestens hier wird deutlich, dass die Entwickler ihren Schwerpunkt eindeutig auf Simulation und nicht - wie etwa Namco bei der MotoGP-Serie - auf Arcade gelegt haben. Zieht ihr zu stark am Gasgriff, schnellt die Maschine vorne hoch und ihr landet mit eurem Hintern auf dem harten Asphalt. Auch gefühlvolles

Nicht nur die Leistung, auch die Optik soll bei den Superbikes stimmen.
Bremsen und Einlenken will gelernt sein, wenn man die Kontrolle behalten will. Im Vergleich zu Vierrad-Simulationen wie Forza oder Gran Turismo 4 sind die flotten Bikes noch schwerer zu beherrschen und es verlangt schon einiges an Übung und Feingefühl, wenn man die Maschinen auf der Strecke halten will. Um die Bikes eurem eigenen Fahrstil anzupassen, könnt ihr diverse Einstellungen vornehmen, so z.B. bezüglich der Reifenwahl, Getriebeübersetzung oder dem Fahrwerk. Auch die mitgeführte Menge an Benzin kann sich auf das Fahrverhalten und vor allem die Beschleunigung auswirken. Dummerweise wird nirgends gesagt, wie weit ihr mit einer bestimmten Menge an Sprit kommt, so dass ihr notgedrungen experimentieren müsst. Die Steuerung ist insgesamt gut gelungen und reagiert sensibel und direkt. Dennoch macht das simulationslastige Fahrverhalten das Spiel natürlich nicht leichter und so werden Siege in höheren Stufen noch unwahrscheinlicher. Das ist umso ärgerlicher, da ihr nur mit dem ersten Platz neue Strecken und Herausforderungen freischalten könnt, während es für andere Besuche auf dem Podest wenigstens noch neue Klamotten, Biker-Ausrüstungen, zusätzliche Motorräder und anderen Schnickschnack gibt.    

Langeweile macht sich breit

Neben der langen TT-Strecke und ausgewählten Abschnitten, steht auch der Kurs Southern 100 in den beiden Spielmodi Arcade und Herausforderung zur Verfügung. Im Arcademodus müsst ihr in jeder der sieben Motorradklassen gewinnen, um

Am Super Sonntag habt ihr auch mit dem Verkehr zu kämpfen.
neue Strecken(abschnitte) und Herausforderungen in der jeweiligen Klasse freizuschalten. Im Klartext: Ihr fahrt wieder und wieder die gleiche, langweilige Strecke, mit dem einzigen Unterschied, dass die Maschinen schneller werden. Während man die meisten anderen Klassen bereits aus ähnlichen Spielen kennt, könnt ihr bei TT Superbikes sogar Rennen mit Beiwagen bestreiten – wenigstens etwas Abwechslung bei den eintönigen Kursen. In der Realität mag die Streckenführung für Speed-Junkies ja einiges hergeben, da man auf den langen Geraden die Motorräder zu Höchstgeschwindigkeiten treiben kann. Im Videospiel ist das viele stupide Geradeausfahren dagegen einfach nur ätzend und langweilig, vor allem, wenn dabei überwiegend durchschnittliche Motorgeräusche aus den Lautsprechern ächzen, die mehr Ähnlichkeiten mit einem Insektenschwarm auf Ecstasy haben. Noch schlimmer sieht es mit der läppischen Musikbegleitung aus, die so irgendwie gar nicht zu einen Rennspiel passt, aber dennoch eine hervorragenden Figur abgibt, wenn es darum geht, die langweiligen Strecken und Rennen musikalisch einzufangen. Solltet ihr tatsächlich bis zur Freischaltung des Super Sonntag-Events durchhalten, könnt ihr euch auf Rennen mit Sonntagsfahrern und Gegenverkehr freuen, bei denen ihr genau wie bei Burnout durch Tricks wie Wheelies oder Beinahe-Zusammenstöße eine Schubleiste aufladen könnt. Leider zieht das den Karren bzw. das Motorrad auch nicht mehr aus dem Dreck. Ebenfalls nicht viel besser ist der Herausforderungsmodus: Hier gilt es, kleine Aufgaben zu lösen, indem ihr z.B. in einer vorgegebenen Zeit einen oder mehrere Streckenabschnitte schaffen oder bestimmte Fahrer besiegen müsst. Das Gute daran: Die Herausforderungen fallen meistens sehr kurz aus, so dass der Gähn-Faktor nicht ganz so schnell zum Tragen kommt wie in den Arcaderennen. Eine Auszeichnung hat sich 
Was guckst du?
das Spiel aber auf jeden Fall redlich verdient: Die Superbikes-Raserei verfügt über den scheußlichsten Ladebildschirm, den ich seit langer Zeit gesehen habe. Schon beim Anblick der langsam herunter fallenden Ruckel-Klötzchen hatte ich das starke Verlangen, die DVD aus dem Laufwerk zu reißen und gegen die Wand zu pfeffern- Glückwunsch!

Splitscreen-Raserei

Wenn schon die viel zu starken CPU-Biker und öden Strecken am Spielspaß nagen, sorgt ja vielleicht ein kleines Splitscreen-Duell mit einem Kumpel für etwas Fun. Doch auch hier ist TT Superbikes enttäuschend: Keine weiteren Gegner, vorgegebene Rundenzahl und eine längst nicht mehr so hohe Framerate wie im Solospiel sorgen dafür, dass ihr auch hier das Motorrad schnell wieder in der Garage abstellt. Da weder LAN noch ein Onlinemodus unterstützt wird, ist der Multiplayer-Part alles in allem kaum der Rede wert.   

Fazit

Auch wenn Motorrad-Rennspiele auf der PS2 eher Mangelware sind, solltet ihr um TT Superbikes lieber einen Bogen machen. Einzig Simulations-Fetischisten und Highspeed-Junkies könnten dem Titel aufgrund des anspruchsvollen Fahrverhaltens und der schnellen, aber detailarmen Grafik noch etwas abgewinnen, doch wäre für solche Spieler auch das etwas betagte Riding Spirits 2 eine echte Alternative. Wer dagegen weniger Wert auf eine Simulation legt, aber auf Zweirad-Rennen nicht verzichten möchte, sollte sich unseren Test zu Namcos MotoGP4 genauer ansehen.

Pro

schnelle, ruckelfreie Grafik
gutes Geschwindigkeitsgefühl
anspruchsvolles Fahrverhalten
Original Bikes+Teile
7 Motorrad-Klassen (inkl.Beiwagen)
gute,aber schwierige Steuerung
Isle of Man-Originalstrecke

Kontra

detailarme Grafik
Kantenflimmern & Pop-Ups
oft nervtötender Motorensound
lächerliche Replays
hoher Schwierigkeitsgrad (selbst auf einfach)
mieser Soundtrack
langweilige, sich immer wiederholende Strecken
kein Online
oder LAN-Modus
manchmal seltsame Kollisionsabfrage
nur fünf Bikes auf der Strecke
keine verschiedenen Witterungen
hässlichster Ladebildschirm aller Zeiten
lahme Splitscreen-Rennen

Wertung

PlayStation2

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