World War Zero: Iron Storm24.04.2004, Mathias Oertel
World War Zero: Iron Storm

Im Test:

Den PC-Spielern ist der Ego-Shooter IronStorm bereits seit Ende 2002 ein Begriff. Doch nun kommen auch PS2-User dazu, sich in einem ungewöhnlichen Szenario durch Feindesmassen zu kämpfen – allerdings unter einem anderen Namen. Ob World War Zero – Ironstorm dem derzeit etwas brach liegenden Genre zu neuer Blüte verhelfen kann, erfahrt ihr im Test.

Ego-Shooter pur

Mit einigen unrühmlichen Ausnahmen wie Terminator 3 und Dredd vs. Death haben sich Ego-Shooter in den letzten Wochen und Monaten zusehends Taktik-Elemente einverleibt, die sich dann in Spielen wie Ghost Recon Jungle Storm und Rainbow Six 3 äußerten.

Doch mit World War Zero geht Rebellion den klassischen Weg des "Baller-alles-nieder"-Shooters. Dass es sich dabei eigentlich "nur" um eine PC-Umsetzung handelt, dürfte nur die wenigsten stören. Denn das Team hat ganze Arbeit geleistet und den Titel mit dem wohl ungewöhnlichsten Szenario der letzten Jahre passabel umgesetzt.

Die Grafik ist zwar nicht übermäßig aufwändig, dafür aber meist flüssig und gut auf das interessante Szenario abgestimmt.

Erster Weltkrieg ohne Ende

Ihr seid im Jahr 1964 unterwegs, einer Zeit, in der der Erste Weltkrieg immer noch andauert, da die Kriegswirren eine unerwartete Wendung genommen haben und der russische Baron Ugenberg die Weltherrschaft an sich zu reißen versucht. Als Elite-Soldat der westlichen Alliierten müsst ihr durch ein dunkles und zerbombtes Deutschland reisen und den Feind auf heimischem Boden besiegen.

So sehr an den Haaren herbei gezogen sich dieses Szenario auch anhören mag, so gut und stimmungsvoll haben die Entwickler die sich anbietenden Möglichkeiten genutzt. Es wird eine düstere, von 50 Jahren Krieg gezeichnete Landschaft gezeigt, die glaubwürdig wirkt und einen adäquaten Hintergrund für die "Old-School" Ego-Action bildet. Von Schützengräben-Scharmützeln über Kämpfe in ausgebombten Ruinen bis hin zum Showdown im und auf dem Berliner Reichstag geht es nur um Eines: Ballern, bis die Läufe glühen.

__NEWCOL__Gute Umsetzung, schwache KI

Bei der Umsetzung auf die PS2 hat Rebellion penibel darauf geachtet, die Steuerung anzupassen und präsentiert eine Zielhilfe, die je nach gewähltem Schwierigkeitsgrad variiert.

Doch egal, ob ihr auf Leicht, Schwer oder dazwischen spielt, wird die KI ihrem Namen nicht immer gerecht. Seht ihr euch kleineren Schwadronen gegenüber, versuchen die Feinde zwar das Terrain zu ihrem Vorteil zu nutzen, doch sobald ihr an stationären Geschützen steht, setzt das Lemming-Syndrom ein: Ganz egal, wie viele ihrer Kameraden schon eurem Sperrfeuer erlegen sind, machen die Buben keine Anstalten einen anderen Weg zu wählen, um eurer Bleispritze zu entkommen.

Doch da bei World War Zero sowieso eher auf Gegnermasse denn auf Klasse wert gelegt wird, wird dies kaum stören.

Mit einem guten Dutzend Handfeuerwaffen, diversen Granatentypen und den bereits angesprochenen Stationärgeschützen verfügt ihr über ein breit gestreutes Zerstörungsarsenal, um die dunkle Armee des Barons zu besiegen.

Dabei könnt ihr ad hoc jedoch nur zwischen zwei Waffen wechseln, während der Ersatz im Marschgepäck auf den Einsatz wartet.

Leider gibt es trotz eines fiktiven Szenarios keine Überraschungen im Arsenal: Konventionelle Waffen wie Snipergewehre, Maschinenpistolen und Schrotflinten regieren die Schlachtfelder.

Die KI der Gegner fordert selbst auf dem härtesten Schwierigkeitsgrad kaum. Dafür gibt es aber Horden von Feinden, die euch das Leben schwer machen.

Linear mit Abweichungen

Dass die insgesamt 16 Abschnitte streng linear abgespult werden, wird durch optionale Missionsziele, die auf höheren Schwierigkeitsstufen deutlich an Gewichtung zunehmen, wieder wettgemacht.

Doch auch das kann nicht verschleiern, dass World War Zero mit etwa fünf bis acht Stunden Spielzeit beim ersten Durchlauf etwas kurz geraten ist – auch wenn die Atmosphäre und das Mittendringefühl passt.

Sehr angenehm und benutzerfreundlich wurde auch das Speichersystem gelöst. Es gibt zwar keine Quicksave-Funktion, doch Speicherpunkte, an denen ihr noch zusätzlich weitere Atmosphäre steigernde Infos über die fiktive Welt bekommt, sind genauso großzügig verteilt wie Gesundheitspacks. Zwar ist es für den Spielverlauf unerheblich, ob ihr euch nun die News des russischen Propaganda-Senders anschaut, doch der Stimmung zuträglich sind die Meldungen über missglückte Attentate, heldenhafte Aktionen der russischen Armee usw. allemal.

Bei den obligatorischen Multiplayer-Modi gibt man sich ebenfalls so klassisch, wie es nur geht: Deathmatch, Team Deathmatch und Capture the Flag sind wahrlich keine Offenbarung, können aber zu viert durchaus Spaß machen.

Natürlich gehört auch ein Snipergewehr zu eurer konventionellen Ausrüstung.

Stimmig mit Detailschwächen

World War Zero bietet zwar nicht die grafische Opulenz eines Medal of Honor, doch die Atmosphäre, die von den düsteren und clever gestalteten Abschnitten ausgeht, kann sich durchaus mit den Zweitweltkriegsshootern von EA messen.

Im Detail gibt es zwar immer wieder kleine Texturschwächen und – Wiederholungen, doch das kaum wiederzuerkennende zerbombte Deutschland kann sich durchaus sehen lassen und läuft mit sehr wenigen Ausnahmen ruckelfrei.

__NEWCOL__Was das Gegnerdesign betrifft, hat man allerdings die Vermutung, dass der Baron irgendwo ein Klon-Labor betreibt. Zwar bewegen sich die Figuren größtenteils geschmeidig und können auch mit diversen Ablebeanimationen überzeugen, doch in punkto Aussehen hätte mehr Abwechslung geholfen, um die Atmosphäre zu steigern.

Vom Städtekampf über Schützengraben-Scharmützel bis hin zu Gefechten in Innenräumen wird das ganze klassische Shooter-Spektrum abgefeiert.

So kämpft ihr (mit wenigen Ausnahmen) zumeist gegen Schütze Arsch. In den späteren Abchnitten gibt es zwar ab und an neue Gegnertypen zu sehen, doch die bleiben euch dann für die nächsten Levels erhalten, ohne dass Ablösung naht.

Dramatische Akustik

Wer auf dramatische Musik hofft, während er versucht, sich auf den Schlachtfeldern zurecht zu finden, wird enttäuscht. Lediglich durch die Soundeffekte wird eine ansprechende Atmosphäre gezaubert: In den Schützengräben hagelt es aus allen Richtungen Bombeneinschläge, die Panzerketten knirschen wunderschön bedrohlich und die Schussgeräusche wirken ebenfalls authentisch. Wer braucht da noch heroisches und wenn möglich noch von einem 50-Mann-Orchester eingespieltes Schlachtengedöns, wenn die Kriegsakustik so herrlich dreckig und bedrohlich trommelt?

Die Entscheidung, das Spiel in seiner englischen Originalversion zu belassen und nur sauber zu untertiteln, kann man ebenfalls begrüßen. Die Sprecher sind gut ausgewählt und vermitteln sowohl Unterstützung als auch Bedrohung passend und sauber.

Fazit

Die in letzter Zeit stark vernachlässigte Ego-Shooter-Gemeinde mit PS2 kann aufatmen und sich dank World War Zero neuer Kost zuwenden. Zwar zeigt der Titel auch einige Schwächen im Bereich der KI, doch im Gros überwiegen die positiven Seiten. Das Szenario ist abgefahren, ungewöhnlich und verdammt gut umgesetzt – vor allem die düstere Atmosphäre, lässt einen so schnell nicht mehr los. Und was in den Schützengräben akustisch auf euch einwirkt, kann sich ohne Probleme mit der Medal of Honor-Serie messen. Musikalisch allerdings kocht der angenehm altbacken anmutende Shooter auf extremer Sparflamme. Grafisch zwar nicht immer auf der Höhe der Zeit und ab und an mit Rucklern versehen, ist World War Zero ein linearer, actionreicher und unkomplizierter Titel, bei dem eigentlich nur die langen Speicherzeiten und die im Endeffekt mit etwa fünf bis acht Stunden etwas kurze Spielzeit auf den Magen schlagen. Trotzdem: Als gehobene Durchschnittskost für alle Shooter-Freunde, die genug von Taktik haben und einfach nur losballern wollen, ist er dennoch zu empfehlen.

Pro

ungewöhnliches Szenario
umfangreiches Waffenarsenal
schönes Missions-Design
spannend-bedrohliche Akustik
gute Atmosphäre
fair gesetzte Speicherpunkte
gelungene Grafik-Effekte

Kontra

unausgegorene KI
seltene Ruckler
altbackene Mehrspieler-Modi
insgesamt etwas kurz
grafisch mit Detailschwächen
wenige Gegnermodelle

Wertung

PlayStation2

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