Shadow of Rome05.02.2005, Mathias Oertel
Shadow of Rome

Im Test:

Filme wie Gladiator haben eine Spielewelle ausgelöst, die sich thematisch mit dem Alten Rom beschäftigt. Doch vorrangig war diese, wie z.B. Gladius, im Strategie-Sektor angesiedelt. Mit Shadow of Rome (ab 34,28€ bei kaufen) wagt sich Capcom an ein Action-Epos, dem schon jetzt der Titel "Goriest Game of the Year" kaum noch zu nehmen sein dürfte. Brachiale Gladiatoren-Kämpfe und Schleicheinlagen sollen die Spielerherzen zum Pochen bringen - kann diese Mischung aufgehen?

"Et tu, Brute!"

Oder auch "Et tu, filii!" Dies sollen die letzten Worte des großen Cäsar gewesen sein, bevor er heimtückisch durch ein Attentat ums Leben kam. Aber auch wenn mir die historische Korrektheit der Geschichte der antiken Geschehnisse als Spieler egal ist, hat Capcom es geschafft, eine interessante Geschichte um den berühmten Mord zu stricken, die so oder ähnlich passiert sein könnte - Fiktion und Fakten unterhaltsam vermischt.

Zwei Streams zeigen euch das Spiel in Aktion:

Video 1: Intro

Video 2: Gladiatoren-Gameplay Den aus den Geschichtsbüchern bekannten Protagonisten werden mit Octavianus, dem Neffen des römischen Imperators und seinem Freund Agrippa, seines Zeichens Centurion der römischen Armee, zwei spielbare Charaktere hinzugefügt, die unmittelbar vom Tode Cäsars betroffen sind. Der Kniff: Als mutmaßlicher Attentäter wird Agrippas Vater festgenommen, so dass die zwei ungleichen Kameraden gemeinsam, aber auf verschiedenen Wegen versuchen, Agrippas alten Herrn zu entlasten und den Mord aufzuklären.

Panem et Circenses

Jeder der beiden stellt einen Gameplay-Typus dar, wobei wir uns zuerst mit Agrippa beschäftigen wollen: Nachdem er erfahren hat, dass zu Ehren Cäsars im ganzen Land Gladiatoren-Kämpfe abgehalten werden und der finale Sieger der Scharfrichter des Mörders sein wird, gibt es für ihn nur ein Ziel: In den erbarmungslosen Spielen für das römische Volk als Sieger hervorzugehen.

Es kann nur einen geben! Die Gladiatorenkämpfe sind motivierend, abwechslungsreich und gnadenlos!
Und das bedeutet für euch: Action pur und Gewalt ohne Ende - abgetrennte Arme, zerschmetterte Schädel und ähnliche brutale Sperenzchen machen deutlich, dass der rote Aufkleber auf der Packung nicht umsonst ist.

Ist das nötig? Auf der einen Seite sollte man nicht vergessen, dass der Kampf um das nackte Leben während der antiken Gladiatorenkämpfe kein Rasenschach war. Und zum anderen ist die dargestellte Gewalt dermaßen überzogen, dass man schon beinahe von einem Comic sprechen kann.

Und wenn ein hünenhafter Gegner, dem man die Arme fein säuberlich abgetrennt hat, trotz gewaltigen Blutverlustes in bester Ritter der Kokusnuss-Art weiter auf euch zu stürmt und zu treten versucht, schleicht sich unwillkürlich ein Lächeln ins Gesicht.

Doch die Kämpfe sind weit mehr als eine bloße Gewaltorgie: Denn auch wenn es auf den ersten Blick nicht nach viel Abwechslung riecht, hat sich das Entwickler-Team einiges einfallen lassen, um die Spiele für das Volk mit Variationen zu versehen. Neben den üblichen Alle-Gegen-Alle-Kämpfen gibt es z.B. römische Wagenrennen, Team-Wettbewerbe, bei denen ihr u.a. die zu den Gegnern gehörenden Statuen zerstören müsst oder eine Geiselbefreiung.

Mit einer umfangreichen Waffenauswahl, die ihr auch von getöteten Gegnern nehmen müsst, einer Abnutzung der Waffe (bzw. des Schildes oder sonstiger Rüstungsteile) und waffenspezifischen Kombos und Schlagmöglichkeiten wird auch von dieser Seite für viel Abwechslung gesorgt.

     

Und nicht zuletzt könnt ihr auch das Publikum anstacheln, was es zumeist mit einem Gesundheits-Paket in Form von Essen oder nach besonders schönen Aktionen mit einem durchschlagskräftigem Totschläger honoriert, der gewaltigen Schaden bei den Gegnern anrichtet.

Je härter ihr kämpft, desto lohnenswerter sind die Belohnungen des Publikums.
Selbst mit der Vorstellung einer reduzierten oder völlig entfernten Gewaltdarstellung würden die Gladiatorenkämpfe dank ihrer Varianten, der eingeschobenen Bosskämpfe und des fordernden, aber fairen Schwierigkeitsgrades von Anfang bis Ende einen Heidenspaß machen.

Stealth-Action light

Die Schleichsequenzen, die ihr mit dem nicht gerade mit Muskelpaketen versehenen Octavianus durchlauft, bieten nach den blutrünstigen Arena-Schlachten einen willkommenen Gegenpol, da es hier weniger den Schwertarm ankommt, sondern auf die kleinen grauen Zellen.

Doch im Vergleich zu Genre-Vorreitern bleibt das Schleicherlebnis eher als "Light-Version" im Gedächtnis hängen: Zum einen sind die zur Verfügung stehenden Grundbewegungen nicht sehr umfangreich, so dass man nach der x-ten Schleichsequenz nahezu immer das gleiche Programm abspult. Zwar kann man sich als Octavianus auch die Kluft der durch einen Stealth-Kill bzw. durch das geschickte Einsetzen bestimmter Gegenstände besiegten Gegner anziehen und auch die Multiple Choice-Fragen, die euch manche Charaktere stellen und die man meist durch Trial-and-Error problemlos lösen kann, lockern das Schleichen ein wenig auf. Doch die Distanz zu den Highlights wie Splinter Cell oder Metal Gear Solid ist damit nicht zu überbrücken.

Octavius schleicht sich durch das antike Rom, um den Mord an Cäsar aufzuklären - leider nicht immer auf Genre-Standard.
Dafür wird trotz interessantem Einsatz der Rumble-Funktion nur in den seltensten Fällen Spannung aufgebaut. Auch die KI ist weitestgehend vorhersehbar und reagiert nach Schema F. Und obendrauf sind die Missionen in sich mit unzureichender Aufgaben-Beschreibung versehen. Wenn es z.B. einfach heißt "Dringe in den Senat ein", muss man erst einmal darauf kommen, dass man mit einigen Mitgliedern der Bevölkerung sprechen muss, um dort dann ein Stichwort zu bekommen, das die Wache ablenkt. In manchen Situationen läuft man allerdings wie blöd durch die Gegend und drückt den Interaktionsknopf, in der Hoffnung, den übersehenen Trigger zu aktivieren. Dass die Bevölkerung dabei nur in den seltensten Fällen sinnvoll ins Spiel eingreift, dafür aber durchweg ansprechbar ist, hilft allerdings auch nicht wesentlich weiter. Als ob Capcom geahnt hätte, dass die Schleich-Missionen auf sich allein gestellt wenig Substanz darstellen, gibt es einen Haufen für das Spiel größtenteils unerheblicher Goodies: So könnt ihr den Wohnraum eures Hänflings mit allerlei Schnickschnack verschönern, ihm einen neuen Haarschnitt verpassen usw.

Warum kämpft man sich dann trotzdem durch die Schleichsequenzen, die für sich alleine vielleicht in einem Bereich zwischen 55 und 65 Prozent liegen würden? Ganz einfach: Weil man muss! Denn man weiß genau, dass der nächste Gladiatorenkampf wartet – und nimmt die Schleicherei missmutig in Kauf, die Gewissheit vor Augen, dass der nächste Arena-Gegner den langsam angestauten Frust ausbaden wird.

       

Technisch sauber

Da Capcom die Gewohnheit hat, die Spiele im englischen Originalton zu lassen und nur mit deutschen Untertiteln zu versehen, ist es keine große Überraschung, dass sich auch Shadow of Rome englischsprachig gibt.

Die Sprecher allerdings wurden gut ausgewählt und verpassen sämtlichen Figuren Profil – selbst wenn es nach bester Hollywood-Manier ab und an etwas überzogen wirkt.

Zu gefallen weiß auch die Musik, die mal orchestral und pompös, mal dezent im Hintergrund aus den Lautsprechern schallt.

Shadow of Rome ist nichts für Zartbesaitete!
Von der grafischen Seite her zeigt sich Shadow of Rome ebenfalls sehr solide: Man reißt zwar keine optischen Mammutbäume aus, doch das leicht comichafte Figurendesign und die monumentale Architektur vermischen sich zu einem stimmungsvollen Gesamtbild, dem man kleinere Mängel verzeiht – und sei es nur, weil man weiß, dass in der nächsten Arena hektoliterweise rote Farbe fließt.

Denn wen kümmert da schon, dass die Figuren im Detail trotz ausgefeilter Texturen etwas unförmige Hände besitzen? Die Animationen stimmen, die Umgebungstexturen pendeln sich insgesamt auf einem sehenswert durchschnittlichen Niveau ein und selbst die ab und an auftauchenden Kameraprobleme sind spätestens dann weggewischt, wenn der nächste Gegner von einem wild schwingenden Morgenstern traktiert wird.

Bei den in Spielgrafik dargestellten Filmsequenzen schleichen sich allerdings immer wieder Regie-Fehler ein, die vor allem die Maskenbildner und die Requisiteure betreffen: In der einen Szene habt ihr als Octavianus z.B. eine volle Haarpracht, in der nächsten, direkt anschließenden allerdings nur den eigentlich von euch gewählten Bubikopf-Haarschnitt.

Oder als Agrippa habt ihr in einem Moment ein Kurzschwert in der Hand, eine Zehntelsekunde (und einen Schnitt) später wiederum einen Bogen.

Durch diese Inkonsequenzen wird man leider immer wieder aus der an sich spannend erzählten und plausiblen Story gerissen – ein Manko, das mit etwas Feintuning hätte vermieden werden können.   

Fazit

So zweigeteilt wie das Spiel gestaltet sich auch der Gesamteindruck von Capcoms Abstecher ins antike Rom: Während auf der einen Seite die Gladiatorenkämpfe mit abwechslungsreichen Aufgaben, einer Unmenge an Kombo- und Waffenmöglichkeiten sowie nicht zuletzt auch durch einen enormen Blutanteil zu beeindrucken wissen, hinterlassen die Schleichabschnitte nur einen gerade mal durchschnittlichen Eindruck. Doch obwohl sie als Kontrapunkt zu den ultraharten Action-Sequenzen einen gelungenen Ruhepol darstellen, bieten sie in sich zu wenig Variation, um langfristig einen gleichwertiges Spielspaß-Gegengewicht zu bieten. So schleicht man sich durch die Abschnitte, weil man muss, um zum nächsten Einsatz mit dem Gladiator Agrippa zu kommen. Dafür wurde der historisch verbürgte Tod Cäsars in eine interessante Story eingebunden. Die technische Seite zeigt sich insgesamt geschlossener: Die Grafik ist in sich stimmig, ohne jedoch in irgendeinem Punkt wirklich Maßstäbe zu setzen; die Akustik sowohl in punkto Musik als auch im Hinblick auf die (leider nur englischen) Sprecher stimmungsvoll; die Steuerung ist mit Ausnahme einiger Kamerasperenzchen gelungen. Allerdings bleibt festzuhalten, dass Capcom vermutlich besser bedient gewesen wäre, wenn man sich auf die Kämpfe an sich konzentriert und die Stealth-Einlagen raus gelassen hätte. Dann nämlich hätte Shadow of Rome das Zeug gehabt, als kompromissloser Action-Titel ohne jeglichen Beigeschmack in Award-Nähe zu rücken.

Pro

zwei Spiel-Charaktere
brachiale Action-Sequenzen
Unmengen an Kombos und Specials im Kampfmodus
römische Wagenrennen
abwechslungsreiche Gladiatoren-Missionen
stimmige Story vor historischem Hintergrund
übersichtliche Kartenfunktion
Kämpfe separat spielbar (nach Freischalten)

Kontra

auf Dauer eintönige Schleichsequenzen
nichts für Zartbesaitete
grafisch im letzten Detail schwach
Gespräche mit Passanten weitgehend sinnlos
Ziele im Schleichmodus nicht immer klar
Inkonsequenzen in den Filmen

Wertung

PlayStation2

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