Formel Eins 0420.08.2004, Mathias Oertel
Formel Eins 04

Im Test:

Michael Schumacher dominiert dieses Jahr die Formel Eins. Doch PS2-Spieler können mit Formel Eins 04 versuchen, dem Kerpener Bleifuß Paroli zu bieten. Der Titel ist als einziges Spiel dieses Jahres mit der offiziellen F1-Lizenz ausgestattet. Reicht das aus, um die Krone zu übernehmen? Was hat der neue Sony-Raser auf dem Kasten? Die Antworten gibt’s im Test!

Alle Jahre wieder

In den letzten Jahren konnte man sich in der Sportspiel-Welt nur einer Tatsache sicher sein: Dass Electronic Arts im Herbst mit alljährlichen Neuauflagen diverser Sportarten auf sich aufmerksam macht. Doch dieses Beispiel hat Schule gemacht: Auch Sony kredenzt mittlerweile im jährlichen Abstand ein neues Spiel zum jeweils gültigen Formel Eins-Rennzirkus. So auch dieses Jahr, wobei man allerdings der Konkurrenz einen gewaltigen Schritt voraus ist: Denn nur das von Sony Liverpool hergestellte Formel Eins 04 verfügt über die offizielle Lizenz dieses Jahres.

Die Cockpit-Ansicht vermittelt ein sehr intensives Gefühl, lässt aber funktionierende Rückspiegel vermissen.
Und nur hier könnt ihr mit den Original-Teams und –Fahrern nach den aktuellen Regeln auf allen Kursen (inkl. der diesjährigen Neuzugänge) fahren. Doch reicht das, um dem Update-Gespenst, das über dem Titel schwebt, zu entgehen?

Bekannt plus Karriere

Abgesehen von aufgeräumten Menüs, die eine einfache Navigation durch Modi und Optionen ermöglichen, scheint sich auf den ersten Blick nicht viel getan zu haben: Immer noch könnt ihr zwischen Arcade und Simulation als grundlegende Spielmodi wählen, die sich dann wiederum in Einzelrennen und Saisons bzw. bei der Simulation sogar in die einzelnen Rennsessions aufsplitten. In diesen Spielvarianten sucht ihr euch einen der 20 Lizenzfahrer aus und zeigt der Konkurrenz, was Sache ist.

Neu in diesem Jahr ist allerdings der Karrieremodus: In einem Editor, der euch nur wenige Auswahlmöglichkeiten zur Verfügung stellt, baut ihr euch einen verheißungsvollen Nachwuchs-Piloten, der sich anschickt, die Formel Eins von hinten aufzurollen.

Alle Fahrzeuge, alle Strecken, alle Teams: Dank Original-Lizenz wird Authentizität geboten.
Das bedeutet im Endeffekt, dass ihr euch in Testfahrten vor den Teams erst einmal beweisen müsst. Und da ihr keinerlei Reputation habt, warten anfänglich nur Rennställe wie Minardi oder Toyota auf das, was ihr ihnen zeigen könnt.

Im Laufe der Zeit und mit besseren Leistungen als Test- und/oder Rennfahrer trudeln Angebote von besseren Teams ein, so dass ihr euch nach und nach bis an die Spitze fahren könnt.

Zugegeben: Diese Idee ist nicht neu und wurde von EA bereits ansprechend umgesetzt. Doch in Sonys F1-Zirkus ist dieses Feature eine wohltuende Ergänzung, die letztlich auch dazu beiträgt, dass man Formel Eins 2004 nicht nur als "einfaches" Update abtun kann.

Simulation? Nicht ganz?

Wo Sony bislang immer Probleme hatte, den Anschluss an die Konkurrenz zu finden, war der Simulationsansatz. Die bisherigen F1-Ausflüge aus Liverpool konnten zwar ansprechende Unterhaltung bieten, blieben aber vom Simulationsgrad, wie ihn beispielsweise ein Gran Turismo 3 oder auch der DTM Race Driver bieten, weit entfernt.

 

Zwar sind die Unterschiede zwischen Arcade und Simulation in punkto Steuerung deutlich stärker zu spüren, doch zu viel mehr als dem Prädikat "auf dem richtigen Weg" reicht es nicht. Sicher: Es ist zu bemerken, ob euch ein Frontflügel fehlt oder ob ihr mit viel oder wenig Benzin unterwegs seid. Doch angesichts der zahlreichen Tuning-Optionen, die zum Schrauben und zur Feinabstimmung der Boliden auf euren Fahrstil einladen, bleiben die Unterscheidungsmerkmale blass.

Ansetzen zum Überholmanöver: Trotz guter Ansätze ähneln sich die Arcade- und Simulationsfahrweise sehr stark.
Und nochmal zum Thema "fehlender Frontflügel": Bei einem Anspruch als Simulation kann ich es nicht durchgehen lassen, dass das Fahrzeug auch ohne Nase nahezu alle Kurven nimmt, als ob nichts passiert wäre.

Überhaupt gibt sich das Schadenssystem recht nachgiebig: Selbst etwas herbere Kollisionen übersteht euer Fahrzeug relativ unbeschadet. Selbst als wir Ralf Schumachers Ausrutscher in Indianapolis nachgestellt haben, konnten wir nach der herben Mauerberührung noch weiterfahren und uns zumindest in die Box retten.

Der Vorteil dieses Simulations-Arcade-Ansatzes liegt in der Steuerung: Man hat das Fahrzeug eigentlich jederzeit im Griff, so dass auch die möglichen Ausritte auf Kies und Gras gut abgefangen werden können.

Doch ich bin mir sicher, dass die F1-Fangemeinde auch eine deutlich spürbarere Physik im Simulationsmodus in Kauf genommen hätte. So aber scheinen die Entwickler eine möglichst komfortable Pseudo-Simulation im Kopf gehabt zu haben.

Vor allem für Strecken-Unkundige nützlich zu sein scheint das Pfeilanzeigesystem, das man in dieser Form allerdings auch schon kennt: Vor den Kurven taucht ein Pfeil auf, der je nach Farbe anzeigt, wie gut ihr mit der derzeitigen Geschwindigkeit durch die Schikane rauschen könnt. Bei rot ist ein Ausrutscher vorprogrammiert, während grün zum sofortigen Gasgeben einlädt. An sich eine gute Idee.

Die Grafik ist sauber, schnell und ruckelfrei, leidet aber an gelegentlichem Aliasing.
Doch in der Umsetzung gibt es immer wieder Störfälle: Mal ist der Pfeil grün und trotzdem kommt euer Fahrzeug von der Strecke ab. Ein weiteres Mal wird überhaupt kein Pfeil angezeigt und dann wiederum ist die Anzeige rot, aber ihr durchfahrt die Kurve sauber und glatt wie auf Schienen.

Daher sind diese Richtungsgeber mit Vorsicht zu genießen.

Arcadige Überholmanöver

Nachdem der Simulationsmodus schon halb in den Arcade-Bereich abgleitet, bleibt natürlich die Frage, auf was die Arcade-Rennen an sich reduziert wurden. Ganz einfach: Kurze Verfolgungsjagden ohne Tuning-Schnickschnack, Qualifikationsgedöns und ohne jegliche optische Schäden.

Stattdessen zeigt euch eine kleine Anzeige an, wie viel Schaden eure Rennsemmel bereits genommen hat. Ansonsten bleibt dieser Modus blass und ist eher für einen kleinen Geschwindigkeitsrausch ohne Konsequenzen zwischendurch anzusehen.

 

Multiplayer – auch online

Neben der Karriere gibt es noch einen weiteren Modus, der die Abgrenzung vom Update deutlich macht: Es wurde ein Online-Modus integriert. Doch wer jetzt auf spannende Rennen im DTM Race Driver 2-Stil hofft, sieht sich enttäuscht. Anstatt direkt gegen menschliche Fahrer anzutreten, entpuppt sich das Rennen gegen Ghosts schnell als "Online light"!

Direkte Online-Multiplayer-Duelle? Fehlanzeige.

Stattdessen gibt es Rennen gegen Ghosts!Auch die bereits bekannten Mehrspieler-Modi der Vorgänger wie "Hot Seat" und Zeitfahren feiern ein Comeback, hinterlassen aber insgesamt einen schalen Geschmack, wenn es darum geht, die Bedürfnisse eines Multiplayer-Gourmets zu erfüllen, der auf Fremdsystemen möglicherweise schon Bekanntschaft mit Titeln wie Project Gotham Racing 2 gemacht hat.

Schnell und schön

So unerheblich die spielerischen Fortschritte sind, so sehr hat sich die Grafik in der diesjährigen Auflage gemausert. Zwar liegt man im Gesamtbild immer noch hinter dem Ende 2002 erschienenen Grand Prix Challenge von Atari zurück, doch Formel Eins 2004 ist das bislang optisch beste Spiel der Serie.

Schnell und vor allem ruckelfrei zieht die Umgebung an euch vorbei, wobei die Cockpitansicht das intensivste Fahrgefühl gibt – auch wenn die Rückspiegel keinen spielerischen Nutzen haben.

Die Fahrzeuge können sich ebenfalls sehen lassen und lenken mit ihrem Hochglanz-Lack etwas von den ab und an auftauchenden Aliasing-Problemen ab.

Im Karriere-Modus müsst ihr den F1-Teams beweisen und ggf. auch einen Job als Testfahrer annehmen.
Und dass die Landschaften mit Ausnahme des Stadtkurses in Monaco optisch nicht viel hergeben, ist den Rennspielfans bekannt und daher schon seit geraumer Zeit kein Dorn im Auge mehr. Immerhin schafft es Sony Liverpool, die spärlichen Umgebungsgegenstände mit weitestgehend ansehnlichen Texturen zu tapezieren.

Akustik mit Ausfallserscheinungen

Abgesehen von den sonor dröhnenden Motoren bietet die Akustik nicht viel. Das dumpfe "Kläng" beim Kollidieren von Fahrzeugen spottet jeder Beschreibung und die Sprachausgabe ist einfach nur madig.

Die Boxenfunk-Durchsagen gehen ja noch in Ordnung, doch was der Sprecher im Arcade-Modus vom Stapel lässt, ist eine Frechheit: Mal überbetont, mal lustlos reißt der gute Mann sein Lesepensum ab und schafft es damit, das bisschen Stimmung, dass bei den Arcade-Rennen aufkommen mag, im Keim zu ersticken.

Bleibt noch die Musik, die weitestgehend nichtssagend, aber wenigstens unterhalb der Nervgrenze die Menüs begleitet. 

Fazit

Formel Eins 04 ist wahrlich kein schlechtes Spiel. Doch vom Titel der Referenz ist das Spiel genauso weit entfernt wie das McLaren-Team vom Gewinn der Meisterschaft. Die Grafik ist zwar schön schnell und jederzeit flüssig und auch das satte Dröhnen der Motoren sorgt neben der offiziellen F1-Lizenz für Atmosphäre. Doch spielerisch bleiben einige Wünsche unerfüllt, da das Gameplay in sich zwar gute Ideen bietet, diese aber teilweise schlecht umgesetzt wurden. Wieso z.B. gibt es im Arcade-Modus nur einen Schadensbalken anstatt wenigstens leichte optische Schäden einzubauen? Wieso ist der Simulationsmodus immer noch sehr arcadelastig? Und wieso gibt es nur Online-Rennen gegen Ghosts anstatt die Möglichkeit, einer richtigen Online-Meisterschaft einzubauen, in denen zwölf bis 16 Fahrer gegeneinander im direkten Duell antreten können? Der spannende Karrieremodus ist an sich zwar auch nicht neu, doch im Endeffekt gut umgesetzt, so dass sich hier ein Hautgrund für die Anschaffung auftut. Denn auch wenn Formel Eins 04 das einzige Spiel dieses Jahres ist, das euch den aktuellen Rennzirkus nachempfinden lässt, bleibt in vielen Bereichen das Gefühl zurück, dass Sony hier nur ein Update abliefert, das viel Potenzial für zukünftige Auflagen bietet.

Pro

spannende Karriere
schnelle, saubere Grafik
Online-Vergleiche
offizielle Lizenz
satte Motorensounds
gut reagierende Steuerung
diverse Spielmodi
einige Gimmicks und Goodies freizuspielen
zahlreiche Tuning-Optionen
fünf Kameraperspektiven

Kontra

kein optisches Schadensmodell im Arcade-Modus
nachgiebiges Schadensmodell in der Simulation
schwache Sprachausgabe
keine Online-Rennen gegeneinander
keine großartigen Unterschiede zwischen Arcade und Simulation spürbar
inkonsequente Kurvenhilfspfeile
Ladezeiten
nutzlose Rückspiegel

Wertung

PlayStation2

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