Call of Duty 2: Big Red One12.01.2006, Paul Kautz
Call of Duty 2: Big Red One

Im Test:

WW2-Shooter erfreuen sich nach wie vor ungebrochener Popularität, auch wenn das Szenario mittlerweile ziemlich ausgelutscht ist – nur selten gibt es frischen Wind wie Call of Duty 2 oder Medal of Honor: European Assault. Tappt Big Red One auch in die Alles-schon-mal-gesehen-Falle?

Das kenne ich doch!

Was hat Call of Duty 2: Big Red One (ab 52,40€ bei kaufen) mit dem vor einiger Zeit auf PC und Xbox 360 veröffentlichten Call of Duty 2 zu tun? Außer dem grundlegenden Szenario gar nichts. Die Verwandtschaft zum gut ein Jahr alten Call of Duty: Finest Hour ist viel deutlicher, allerdings gibt es eine wichtige Unterscheidung, die gleichzeitig ein Novum darstellt: Ihr spielt dieses Mal nur einen einzigen Soldaten, nicht mehr drei – das bislang gültige Credo

Im späteren Spielverlauf dürft ihr selbst ans Steuer eines dicken Panzers.
des Mehrfrontenkriegs geht damit flöten. Ihr seid Teil der berühmten amerikanischen Elite-Einheit »Fighting 1st«, die wegen ihrer auffälligen Armbinden auch »Big Red One« genannt wurde. Diese Einheit war dafür bekannt, immer als erste an den Fronten von Nordafrika, England, der Normandie oder Sizilien zu stehen. Und das sind genau die Szenarien, die ihr auch im Spiel besucht: Von 1942 bis 1944 kämpft ihr fleißig gegen die Wehrmacht, liefert euch Infanterieschlachten, zerstört gegnerische Panzer, holt feindliche Flugzeuge mit einer Flak vom Himmel, erobert Hangars und wehrt Wellen von heranstürmenden Deutschen ab. Später übernehmt ihr wie gewohnt die Kontrolle über die rasselnden Ketten eines Panzers, wechselt im Flugzeug zwischen Heckgeschütz zum Bombenschacht hin und her oder benutzt das Fernglas, um der Artillerie geographisch unter die Arme zu greifen. Klingt gewohnt? Ist es auch: Obwohl das Missionsdesign ansprechend und abwechslungsreich ist, schwimmt es nicht eine Sekunde lang aus dem Routine-Pool heraus. Das kann man positiv und negativ sehen, jedenfalls hält es für den erfahrenen Spieler keine Überraschungen parat.

Der Spielverlauf beginnt mit einem Sprung in die Vergangenheit: Am Ende der ersten Mission im Jahr 1944 werdet ihr schwer verletzt, woraufhin euer Leben vor eurem geistigen Auge bis 1942 zurückgespult wird, wo ihr als Private in Nordafrika landet. Viele Wüsten- und Frankreich-Einsätze später 

Beeindruckende Levelarchitektur und schöne Effekte treiben gerade die PS2 an ihre Grenzen.
landet ihr nach 13 völlig linear angeordneten Missionen schließlich im 1945er Deutschland. Ein PC-gewohntes Quicksave gibt es hier natürlich nicht, stattdessen wird nur zwischen den Aufträgen automatisch gespeichert. Innerhalb der Kämpfe gibt es nur temporäre Checkpunkte, die weg sind, sobald man die Konsole ausschaltet.

Die Rückkehr der künstlichen Lemminge

Wenn man schon nichts neu macht, dann macht man das bekannte eben gut: Und so seid ihr auch hier nur selten allein unterwegs, teilweise tummeln sich Dutzende Figuren flüssig animiert auf dem Bildschirm. Überall kracht und rumpelt es, überall wird geballert, überall brennt etwas oder stürzt ab – atmosphärisch ist das Spiel wieder sehr gelungen. Optisch bestechen in erster Linie die dicken Explosionen sowie die noch dickeren Rauchwolken, die allerdings u.a. für gehöriges Ruckeln auf der PS2 sorgen. Die GameCube-Version ist erträglich, richtig flüssig wird’s allerdings erst auf der Xbox. Dort kommen auch die tollen Spezialeffekte am besten zur Geltung: Steht man z.B. zu nahe an einer Explosion, wird nicht nur das Bild verzerrt und der Ton gedämpft, man wird auch zu Boden geworfen.

Serientypisch sind die Schlachtfelder mit massig geskripteten Aktionen vollgestopft, die allerdings gleichermaßen Segen wie Fluch sind. Toll sieht es aus, wenn man scheinbar gerade noch so einem Granateinschlag entkommt oder dicke Flugzeuge über den Köpfen brummen, wobei gelegentlich ein oder zwei

Ihr seid in abwechslungsreichen Szenarien unterwegs.
davon zerschossen gen Boden taumeln. Albern wird es, wenn sich Freund- und Feind-KI gegenüberstehen und ein Magazin nach dem anderen ineinander jagen – aber erst was passiert, wenn sich der Spieler einmischt. Oder wenn einem Kollegen im Weg stehen. Oder man vor einer Tür auf den einen vom Programm auserwählten Kameraden warten muss, der die magische Tür-Eintretfähigkeit sein Eigen nennt - die man selbst natürlich nicht hat.  Ärgerlich sind auch die unvermeidlichen, willkürlich wirkenden Schlachtfeldgrenzen, die sich z.B. in Minimauern manifestieren, die für den Spieler unüberwindlich sind – weil die Designer z.B. den Weg über eine Treppe vorsehen. Immerhin bestechen die Echtzeitfilme vor und nach jeder Mission mit großartigen Animationen und interessanten bis coolen Dialogen. Dazu gibt es zwischen den Missionen aufklärende Schwarz/Weiß-Kriegsdokumentationen des Military Channel.

Nicht ohne meinen GameCube!

Da der lineare Einzelspielerspaß je nach Schwierigkeitsgrad in sieben bis acht Stunden vorbei ist, bleibt auf PS2 und Xbox nur noch der Griff zum Mehrspielermodus – GameCube-Zocker müssen leider schon wieder draußen bleiben. Via Xbox Live bzw. System Link oder dem Online-Portal der PS2 dürfen sich bis zu 16 Kriegsveteranen auf elf Karten austoben, die größtenteils einfach der Einzelspielervariante entnommen sind. Meist zu Fuß, aber teils auch im Panzer unterwegs könnt ihr euch in vier Spielmodi von Deathmatch bis Domination die Kugeln gezielt um die Ohren jagen. Und das ist mit schwerem Geschütz ironischerweise einfacher als mit dem Scharfschützengewehr, denn selbst mit MGs kann man mit 

Eure Kameraden kämpfen selbständig, stellen sich dabei aber nicht besonders geschickt an.
Einzelschüssen hervorragend snipern – ein Fehler im Balancing. Dafür könnt ihr euch sowohl hier als auch als Solist das Leben künstlich schwer machen, indem ihr das Fadenkreuz abschaltet und so für einen Hauch mehr Realismus sorgt.

Die einfache Steuerung verlässt sich auf mehrere vorgefertigte Layouts, die ihr euch besser einprägen solltet, da sie im Spiel nicht mehr einsehbar sind. Ein kulantes Autotargeting-System greift euch beim Zielen leicht unter die Arme, außerdem könnt ihr wie gewohnt springen, kriechen, mit jeder Waffe zoomen, euch zu den Seiten lehnen oder kriechen. Begleitet wird die Action von recht langweiliger Menümusik sowie sehr viel sehr guter deutscher Sprachausgabe und dünnen Effekten – die aber auf Wunsch in Dolby Surround Pro Logic.  

Fazit

Call of Duty 2? Wohl eher 1 ½, denn Big Red One ist vielmehr Add-On bzw. Halb-Nachfolger von Finest Hour als Schwippschwager von CoD 2, das immer noch PC und Xbox 360 rockt. Das Spiel ist in jeder Hinsicht handwerklich sauber, atmosphärisch wie immer top, die Steuerung geht flott von der Hand. Aber frische Ideen werdet ihr hier nicht mal mit der Lupe finden, es spielt sich wie jeder andere Medal of Duty-Ableger: man trägt dieselben Uniformen, man benutzt dieselben Waffen, man besucht dieselben bekannten Orte – alles wirkt bekannt, schon mal gesehen, schon mal gespielt. Selbst die Musik kommt nicht ohne das scheinbar unvermeidliche Trompeten-Solo aus, außerdem ist das Ganze wie gewohnt relativ kurz; mehr als acht Stunden sollte man für die Kampagne kaum brauchen. Danach wartet der etwas zusammengeschustert wirkende Mehrspielermodus, der mal wieder die GameCubeler außen vorlässt. BRO bietet genauso viel oder genauso wenig wie jeder andere WW2-Shooter, den man kennt - es hätte geholfen, wenn einige Verbesserungen des großen Bruders mit der 2 drin wären. So bleibt ein guter WW2-Shooter von der Stange.

Pro

dichte Atmosphäre
gute Animationen
einfache Steuerung
schöne Grafik
gute Soundeffekte
abwechslungsreiche Missionen
gute Spezialeffekte
interessante Echtzeit-Filme
spaßiges Panzerfahren

Kontra

altbekannte Spielmechanik
ruckelige Grafik (PS2)
kein Splitscreen-Modus
kein Mehrspielermodus auf GameCube
recht kurz
merkwürdige Waffenbalance
schwache KI
künstliche Wegbegrenzungen
sehr linear
kaum Interaktion mit der Umgebung

Wertung

PlayStation2

GameCube

XBox

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