Im Test:
Willkommen bei den Cyborgs von Sektor 9
Während bei Tom Clancy das Team von Rainbow Six Jagd auf Terroristen aller Art macht, kommt bei Ghost in the Shell der japanischen Cyborg-Spezialeinheit Sektor 9 diese Aufgabe zu.
Wir schreiben das Jahr 2030 und ihr übernehmt je nach Auftrag die Rolle der grazilen Motoko Kusunagi oder ihres bulligen Teamkameraden Batou. In einer Mission dürft ihr sogar ins Cockpit eines Tachikoma-Mechs schlüpfen. Während Motoko meist ihre akrobatischen Talente ausspielt und gerne aus dem Hinterhalt agiert, ist Batou quasi der Rambo des Team, der lieber Blei spuckend in die Vollen geht als unauffällige Infiltrationen auszuführen.Magerpräsentation: Die Story wird in recht unspektakulären Zwischensequenzen erzählt.
Third-Person-Action von der Stange
Was aber zunächst wie eine gesunde Mischung aus Stealth und Action klingt, entpuppt sich schon nach kurzer Zeit als eintöniges Rumgeballere mit gelegentlichen Hüpf- und Prügeleinlagen. Auf Motokos athletische Fähigkeiten greift ihr nämlich ausschließlich im Nahkampf und beim Bewältigen mitunter äußerst hakeliger Sprungpassagen zurück, da sie bei Feuergefechten mangels Zielfixierung kaum von Nutzen sind.
Dabei wäre das Spiel für akrobatische und stylische Schusswechsel à la Tomb Raider, Max Payne oder Matrix geradezu prädestiniert gewesen...Fristrierendes Gekraxel: Einige Kletter- und Sprungpassagen gestalten sich äußerst hakelig.
Hacken als tumbes Glücksspiel
So marschiert ihr einfach von Wegpunkt zu Wegpunkt durch insgesamt zwölf sterile und lineare Levels, pustet einer KI-Dumpfbacke nach der anderen das Lebenslicht aus und langweilt euch über debile Schalter- und Objekträtsel. Hin und wieder dürft ihr euch zwar auch in die Köpfe speziell gekennzeichneter Gegner hacken, um als Wolf im Schafspelz feindliche Truppen hinterrücks zu dezimieren. In der Regel kommt ihr aber auch ohne dieses Feature meist problemlos voran, das im Übrigen von einem Minispiel begleitet wird, das im späteren Spielverlauf immer mehr zur reinen Glückssache verkommt und nur ein schwaches Abbild der eigentlichen Hackerthematik von Ghost in the Shell darstellt.
Überleben leicht gemacht
Na ja, zumindest habt ihr bei jedem Hacker-Angriff eine unbegrenzte Anzahl an Versuchen und bei einem unfreiwilligen Ableben unendlich Continues, um am letzten der reichlich gesäten Checkpoints wieder mit voller Lebensenergie ins Spiel einzusteigen. Darüber hinaus könnt ihr jede Mission in einem von drei Schwierigkeitsgraden starten und nach einmaligem Durchspielen der gerade einmal sechs Stunden dauernden Kampagne eine von Beginn an zur Verfügung stehende Zweitwaffe auswählen. Doch auch so habt ihr reichlich Gelegenheit, einen zweiten Schießprügel oder Zusatz-Equipment wie Wurfmesser, kugelsichere Westen oder Granaten einzusacken.
Alles im Blickfeld
Da das nächste Auftragsziel meist per Zielcursor und Entfernungsmesser eingeblendet ist, wisst ihr meistens auch immer wo ihr gerade hin müsst. Ansonsten werden neue Ziele per Funk durchgegeben, den ihr via Log-Funktion auch jederzeit Revue passieren lassen könnt,
während ein virtuelles Lexikon euch zudem über wichtige Orte, Personen und mehr auf dem Laufenden hält. Habt ihr die Daten eines getöteten gegnerischen Kommandanten eingelesen, werden sogar all seine untergeordneten Söldner sowie potentielle Opfer für einen Hack-Angriff auf dem Bildschirm kenntlich gemacht. Am auf Dauer viel zu monotonen Spielablauf und Missionsdesign ändert das aber leider auch nichts.Kleiner Helfer: Mit diesem gehackten Lagerroboter gelangt ihr in sonst unerreichbare Abschnitte.
Unfertiger Eindruck
Ärgerlicherweise kommt es manchmal sogar vor, dass ein wichtiger Hack-Charakter beim Eliminieren unerreichbar in ein Hafenbecken oder einen anderen Abgrund fällt und die aktuelle Aufgabe immens erschwert - vor allem, wenn Scharfschützen im Spiel sind, die euch mit nur einem Treffer in die ewigen Jagdgründe befördern können. Dadurch bekommt das Spiel einen irgendwie unfertigen Eindruck, der sich übrigens auch beim eintönigen Gegner- und Leveldesign aufdrängt. Vieles wirkt einfach nur schnell und lieblos hingeschludert. Auch der Mehrspielermodus geizt mit Ideen und austarierter Spielbalance.
Ödes Multiplayer-Angebot
So können sich bis zu vier Spieler in bis zu acht Arenen in standardmäßigen Deathmatches und Team-Deathmatches bekriegen, aber trotz sehr unterschiedlicher Charaktere und Waffensysteme will einfach kein richtiger Spielspaß aufkommen.
Der Mann fürs Grobe: Batou mäht auch im Alleingang ganze Truppenverbände nieder. |
Akustische Zerreißprobe
Da macht es sogar mehr Spaß, in einem zweiten Durchgang des Einzelspielermodus‘ diverse Extrawaffen oder Bonusoutfits freizuspielen, obwohl der eigentliche Wiederspielwert aufgrund des strikt linearen und eintönigen Spielverlaufs fast gegen Null geht. Ebenfalls wenig berauschend präsentiert sich die nur in Stereo abgemischte Soundkulisse. Ist man bereit bei den durchschnittlichen Sound-FX noch ein Auge zuzudrücken, raubt einem die musikalische Untermalung mit ihren minimalistisch penetranten Kompositionen in manchen Levels absolut den letzten Nerv. Die englische Sprachausgabe ist hingegen ganz ordentlich und wurde von den Synchronsprechern der gleichnamigen US-Serie eingespielt.
Trotzdem wäre eine Option auf die japanischen Original-Sprecher sowie eine zumindest anwählbare deutsche Synchro durchaus wünschenswert gewesen.Öde Dreingabe: Die Multiplayer-Gefechte via Splitscreen sind alles andee als spannend.
Technik von vorgestern
Gewünscht hätte ich mir auch eine aufwändigere Präsentation. Die gelegentlichen CG-Sequenzen unterscheiden sich bis auf ein paar nette Charakter-Close-Ups kaum von der ohnehin schon sehr spartanischen Spielgrafik und wirken gegen die Render-Orgien anderer japanischer Entwickler wie Namco oder Capcom geradezu vorsintflutlich. Auch die Spielwelt erweist sich als äußerst polygon- und texturarm. Immerhin läuft das Spielgeschehen dafür sehr flüssig und bietet trotz fehlender 60Hz-Option eine gute PAL-Anpassung ohne nennenswerte Balken oder Geschwindigkeitsverluste. Heim-Cineasten dürfen sich sogar über einen 16:9-Modus freuen. Doch auch im Kinoformat bleibt der grafische Eindruck sehr bescheiden und man wird das Gefühl nicht los, dass der Titel schon seit Jahren fix und fertig in irgendeiner Schublade geschlummert hat, die man im Nachhinein wohl lieber zugelassen hätte.
Fazit
Stand Alone Complex ist zwar kein Totalausfall, wirkt aber äußerst lieb- und ideenlos zusammengeschustert und hinkt der aktuellen Genre-Konkurrenz sowohl technisch als auch spielerisch zum Teil meilenweit hinterher. Die Abschnitte mit Motoko spielen sich wie ein futuristisches Tomb Raider ohne Atmosphäre und Zielfixierung und erinnern stark an Bungies seinerzeit von Ghost in the Shell inspirierte sterile Anime-Action Oni, während die Batou-Passagen nicht über einen Syphon Filter-Abklatsch für Arme hinauskommen. Die Spielmechanik ist in beiden Fällen einfach zu plump und unausgereift. Die Steuerung gibt sich gerade bei Sprung- und Kletterpassagen sehr hakelig, die Animationen sehen oft hölzern und unnatürlich aus, die Kamera muss ständig nachjustiert werden und die manuelle Zielerfassung verhindert jeden akrobatisch-sylischen Schusswechsel. Hinzu kommt eine selten dämliche KI, eine aufgesetzt wirkende Story und ein unbefriedigendes Hacking-Feature, das im späteren Spielverlauf mehr vom Glück als vom Geschick abhängt und im Hinblick auf die Vorlage jede Menge Potential verschenkt. Auch das altbackene Level- und Missionsdesign vergällt einem die Lust an der im Übrigen viel zu kurz geratenen Terroristenjagd. Ghost in the Shell-Fans sollten sich lieber an die Manga- und Anime-Vorbilder halten und auf der PS2 einem Devil May Cry, Prince of Persia oder Max Payne den Vortritt geben.
Pro
Kontra
Wertung
PlayStation2
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