Spartan: Total Warrior18.10.2005, Mathias Oertel
Spartan: Total Warrior

Im Test:

Creative Assembly, das Team hinter Strategie-Highlights wie Rome Total War, feiert mit Spartan Total Warrior gleich zwei Premieren: Zum einen hat man sich das erste Mal an ein Konsolenspiel gewagt und zum anderen beschreitet man mit brachialer Action erstmals Wege fernab von Taktik und Strategie. Ein Schritt in die richtige Richtung oder doch eher ein Beweis dafür, dass Entwickler zu Selbstüberschätzung neigen?

Spartaner im Kriegsgetümmel

Bei der Hauptfigur bedient sich Creative Assembly recht freigiebig bei zwei Elementen: Auf der einen Seite haben wir die stets interessante griechische Mythologie, die die Story-Grundlage für die Action bietet und mit ihren Geschöpfen genügend Spielraum für Interpretationen und die Fantasie der Grafikabteilung lässt, wenn es um Gegnergestaltung geht.

Die Reise des Spartaners führt euch bis ins römische Colosseum.
Und auf der anderen Seite haben wir den namenlosen Helden, der nur als "Der Spartaner" bekannt ist. Damit nutzt das Team einen Kniff, der nicht nur in zahlreichen Western Anwendung gefunden hat, wenn es darum geht, einen halbwegs sympathischen Charakter als Racheengel aufzubauen.

Denn letztlich ist die Story (für die wir hier keine Spoiler abgeben möchten) nichts anderes als ein im Großen und Ganzen zwar clever, aber bis auf wenige Ausnahmen vorhersehbares Geflecht aus Ränkeschmieden, Rache und einem großen Strippenzieher im Hintergrund, auf den die Jagd eröffnet ist.

Ob es jetzt daran liegt, dass man aufgrund der Namenlosigkeit keine richtige Beziehung zur Hauptfigur aufbaut oder daran, dass auch (fast) alle anderen Figuren kaum richtig zur Geltung kommen und "Charakter" zeigen und so zur Atmosphäre beitragen könnten, ist eigentlich egal.

Wichtig ist nur die Action. Und die wird von Creative Assembly, den PC-Meistern imposanter epochaler Schlachten, wahrhaft eindrucksvoll dargeboten.

God of Dynasty Warriors

Dabei erfindet man das Rad in Sachen "Massenschlacht-Action" nicht wirklich neu: Spieler der Dynasty Warriors-Spiele kennen bereits K.O.-Zahlen, die in die Hunderte gehen. Und spätestens seit dem hierzulande nicht offiziell erschienenen God of War ist Antik-Action mit mythischen Gegnern wie Minotauren, der Hydra sowie dem Einsatz von Magie in aller Munde.

Und doch schafft es Creative Assembly mit Spartan Total Warrior eine Nische irgendwo in der Mitte zu finden, ohne sich zu nah an das eine oder andere vermeintliche Vorbild anzunähern, aber letztlich mit genügend Wiedererkennungswert, um die Fans jedes genannten Titels ansprechen zu können. Und obendrauf gibt es noch ein nicht unwesentliches Alleinstellungsmerkmal: Denn mit seinem Konsolenerstlingswerk schafft es Creative Assembly, woran Koei bislang über zahlreiche Fortsetzungen gescheitert ist - epochale Schlachten auf den Bildschirm zu bringen.

Off with their heads! Auch die deutsche Fassung ist ungeschnitten!
Masse und Klasse

Wo bei den Dynasty Warriors mit Hilfe von starrer Kamera, Nebel und einfadenden bzw. aufpoppenden Gegnern ein volles Schlachtfeld simuliert, geht Spartan in die Vollen und zaubert euch Hundertschaften von Feinden und Mitstreitern auf den Fernseher, die mit bzw. gegen euch kämpfen. Natürlich bleibt das Team dem selbst gestellten Credo treu und verzichtet vollkommen auf taktische Geplänkel. Was letztlich bedeutet, dass eure Truppen sich zwar bemühen, dem Ansturm der Gegner standzuhalten, ihr aber letztlich alles in der Hand habt, um die Schlacht zu entscheiden.

Diese Mittel scheinen mit anfänglich einem Schwert und einem Schild zwar nicht sehr reichhaltig zu sein, doch bereits in der Anfangsphase bietet euch die schnell in Fleisch und Blut über gegangene Steuerung zahlreiche Kombo-Möglichkeiten, um den Feinden schnell den Garaus zu machen. Diese grundlegenden Schlagvarianten ändern sich im Laufe der 14 Missionen, die sich über drei Akte erstrecken, zwar nicht mehr, bekommen jedoch durch diverse neue Waffen sowie den Einsatz von Magie einen neuen Reiz. Denn die mehr als 60 Gegnertypen verlangen von euch durchaus unterschiedliche Strategien, auch wenn ihnen allen eine eher maue, meist nur auf Angriff ausgelegte KI gemeinsam ist. Doch die einen sind eher anfällig gegen Blitzschlag (die waffenabhängige Magie bei den Doppelklingen der Athena), die anderen reagieren eher auf die Versteinerung aus dem Schild der Medusa und andere wiederum zerfallen ehrfürchtig fast zu staub, wenn ihr sie mit Beowulfs Hammer traktiert.  

So weht ein kleiner Hauch von Taktik über die blutgetränkten Schlachtfelder, die ihr eher im Ausnahmefall mit einem KI-gesteuerten Kameraden überquert und der euch in bestimmten Situationen den Weg weist sowie hilfreich unter die unermüdlich schwingenden Arme greift.

Vergebliche Liebesmüh

Leider hat es das Team nicht geschafft, einen Spannungsbogen aufzubauen, der sich von Anfang bis Ende durchzieht. Es beginnt fulminant und die Designer schaffen es mit interessanten Bosskämpfen, nicht enden wollenden Gegnermassen sowie einer immens hohen Ausschüttung roter Körperflüssigkeit, das Adrenalin immer weiter in Wallung zu bringen.

Opulente Massenschlachten, passable KI: Creative Assembly zeigt Koei, wie's gemacht wird!
Und die überall auf den Schlachtfeldern verteilten Geheimnisse und Goodies tun ihr Übriges, um die Motivation oben zu halten.

Und urplötzlich wechselt das Gameplay ein wenig: Statt den Spieler immer tiefer in das Kombo-Nirvana oder das Bermuda-Dreieck der Spielspaß-Magie zu stürzen, findet eine Tempoänderung statt, die sich nicht durchweg positiv auswirkt.

Denn auf einmal seid ihr damit befasst, die Ermordung eines griechischen Redners zu verhindern, der staatsfeindliche Parolen gegen den römischen Besatzer ausgibt. Und damit findet ein Wechsel von puren Fähigkeiten auf dem Schlachtfeld hin zu "Trial-and-Error"-Sequenzen statt, bevor sich ein paar Missionen später das Glück wieder zu euren Gunsten wandelt und Spartan wieder zu alter Gameplay-Form zurückfindet.

Und dann, nach ca. acht bis zehn Stunden und einem fulminanten Finale, ergreift einen die Leere. Denn auch wenn es mit relativ frei konfigurierbaren Arena-Kämpfen eine weitere Möglichkeit gibt, sich an den imposanten Massenschlachten satt zu sehen, haben die Designer hier eine Möglichkeit verpasst, dem totalen Krieger Langlebigkeit zu verpassen. Wie viel Spaß kooperative Mehrspieler-Partien gemacht hätten und wie sehr eventuelle Mini-Games gemacht hätten, bleibt in den Tiefen des Spiele-Hades verschollen, da es weder die Möglichkeit zum einen noch zum anderen gibt.

Spartanisch

Weiträumige, offene Umgebungen; verwinkelte Straßen antiker Metropolen; und mittendrin meist Hunderte akzeptabel animierter Figuren: Die Engine, die Creative Assembly auf die Beine gestellt hat, ist sehenswert und zeigt, dass auch mit der drohenden Dämmerung der neuen Konsolen-Generation noch einiges aus den gegenwärtigen Systemen heraus zu holen ist.

Auch die Architektur überzeugt auf breiter Front.
Allerdings finden sich auch immer wieder Punkte, an denen selbst dieser Grafikmotor an seine Grenzen geführt wird bzw. zeigt, wo die Schwächen der Engine liegen: im Textur-Detail. Besonders in Nahaufnahmen der Figuren wird deutlich, dass die Details geopfert wurden, um die Hundertschaften ohne Hilfsmittel wie Nebel auf den Bildschirm zu bringen.

Auf der anderen Seite jedoch kann die Kulisse mit fantastischen Highlights punkten, von denen hier einmal der magische Blitzschlag sowie die gleißenden Lichteffekte erwähnt sein sollen – auch wenn es die Entwickler mit dem Licht etwas übertreiben.

Untertrieben hat es die Grafikabteilung hingegen in punkto Menüpräsentation: Derart spartanisch (Zufall?!?) hat sich in letzter Zeit kaum ein Spiel gezeigt. Doch angesichts des Feuerwerks, das auf den Schlachtfeldern abgefackelt wird, kann man darüber mit eineinhalb zugekniffenen Augen hinweg sehen.

Akustisch kann vor allem die musikalische Untermalung überzeugen, die mal sanft, mal dramatisch immer wieder Gladiator-Stimmung aufbaut und der als Kontrapunkte ein Schlachtenlärm-Stakkato sowie meist gute Sprachausgabe gegenüber gestellt werden.   

Fazit

Schaut man sich den totalen Krieger aus dem Hause Creative Assembly an, kann man kaum glauben, dass das Team vorher weder Action und diese schon gar nicht auf Konsole verarbeitet hat. Angetrieben von einer mächtigen Grafikengine (die allerdings im Verlauf des Spiels schmerzhaft an ihre Grenzen geführt wird) und unterstützt von einer eingängigen und leicht zu erlernenden Steuerung bewegt sich der Spartaner zwar auf bereits ausgetretenen Gameplay-Pfaden, schafft es aber immer wieder, durch abwechslungsreiche Missionen die Motivation aufzubauen. Mit Anleihen bei den Dynasty Warriors und nicht zuletzt dem hierzulande offiziell nicht erschienenen God of War hat das Team einen kompromiss- und schnörkellosen Action-Titel abgeliefert. Mangelnden Tiefgang (sowohl spielerisch als auch erzählerisch) nimmt man angesichts der Hundertschaften, die auf einen zustürmen und beim ersten Mal die Kinnlade staunend nach unten fallen lassen, genau so in Kauf wie die auf Dauer etwas zu kurz gekommene Abwechslung, die etwas trockene Präsentation sowie den fehlenden Mehrspielermodus. Mit etwas mehr Feinarbeit an den Missionen, die jenseits des puren Metzelns liegen und die leider zu häufig auf Trial-and-Error basieren, wäre sogar noch ein Tick mehr drin gewesen. Doch auch so kann sich die Konsolen-Action-Premiere der Rome Total War-Macher sehen lassen und ist ein Garant für gute Unterhaltung.

Pro

imposante Schlachtengemälde
einfache Steuerung
fordernde Bosskämpfe
stimmungsvolle Akustik
eindrucksvolle Architektur
abwechslungsreiche Missionen
deutsche Fassung ungeschnitten
Hunderte von Figuren gleichzeitig auf dem Bildschirm
schöne Spezialeffekte

Kontra

spartanische Präsentation
Charaktertexturen im Detail eher schwach
keine Mehrspieler-Modi
hin und wieder „Trial-and-Error“
gelegentliche Ruckler bzw. Slowdowns

Wertung

GameCube

PlayStation2

XBox

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.