Shin Megami Tensei: Devil Summoner - Raidou Kuzunoha vs. The Soulless Army15.05.2007, Jens Bischoff
Shin Megami Tensei: Devil Summoner - Raidou Kuzunoha vs. The Soulless Army

Im Test:

Dank THQ können sich heimische Fans über mangelnden Nachschub neuer Shin Megami-Abenteuer nicht beklagen. Erst im März fand Teil zwei der Digital Devil Saga seinen Weg zu uns und nur zwei Monate später steht mit Devil Summoner auch schon der nächste Serienspross parat. Die serientypischen Rundenkämpfe werden darin erstmals in Echtzeit ausgetragen - gelungene Modernisierung oder entstellendes Face-Lifting?

Detektiv mit dunkler Gabe

Inhaltlich entführt euch Devil Summoner ins turbulente Japan der 30er Jahre, wo Kultur und Technik aufeinander prallen. Ihr schlüpft in die Rolle des jungen Raidou Kuzunoha, dem 14. Dämonenbeschwörer eines altehrwürdigen Klans, der mit seinen übersinnlichen Fähigkeiten in die Dienste einer modernen Detektei tritt.

Übersinnliche Ermittlungshilfe: Dämonische Begleiter können Gesprächspartnern zusätzliche Infos entlocken.
 Als eines Nachts eine verängstigte Klientin darum bittet, getötet zu werden, bevor sie vor den Augen der beiden Ermittler von einer maskierten Truppe verschleppt wird, werdet ihr allerdings in etwas hinein gezogen, das weit größer ist als eine typische Vermisstenfahndung. Im Zuge der Ermittlungen kommen nicht nur familiäre Abgründe und okkulte Traditionen zum Vorschein, sondern ihr bekommt es mit einer ganzen Armee natürlicher und übernatürlicher Widersacher zu tun.

Nur gut, dass Raidou nicht nur die Macht hat, Dämonen zu sehen und sie zu bekämpfen, sondern sie auch zu bändigen und für seine Zwecke einzuspannen. Im Verlauf eurer Recherchen baut ihr euch dadurch ebenfalls eine dämonische Heerschar auf, die nicht nur an eurer Seite in den Kampf zieht, sondern euch auch bei Tatortbesichtigungen, Zeugenbefragungen und anderen Nachforschungen mit übersinnlichen Fähigkeiten unterstützt. So können manche der für normale Menschen unsichtbaren Höllengeschöpfe z. B. Gedanken lesen, andere setzen eure Gesprächspartner auf Knopfdruck in Erregung oder besänftigen erhitzte Gemüter und wieder andere haben ein Gespür für versteckte Hinweise oder die Präsenz feindlicher Kreaturen. Zudem haben eure übernatürlichen Helfer verschiedene Fähigkeiten, um Hindernisse zu überwinden: Geflügelte Dämonen können an für euch unerreichbaren Stellen auf Hinweissuche gehen, kleinere Artgenossen zwängen sich durch engste Ritzen, während verführerische Naturen Zielpersonen an andere Orte locken.

Auf in den Kampf!

Doch egal wie spitzfertig ihr bei euren Ermittlungen vorgeht: handfeste Auseinandersetzungen bleiben nicht aus. Immer wieder materialisieren sich ortsansässige Geister und Dämonen, die euch in flotte Echtzeitkämpfe verwickeln. Bevorstehende Scharmützel sind allerdings in gewisser Weise vorhersehbar. Wie in Lucifer's Call  gibt es nämlich ein pulsierendes Signalfeld, das nach und nach seine Farbe wechselt und so die Wahrscheinlichkeit einer möglichen Konfrontation angibt. Bei blauer Farbe sind überhaupt keine Gegner in der Nähe und ihr könnt euch in aller Ruhe umsehen, erscheint hingegen ein allmählich ins Rot übergehender Gelbton ist Vorsicht geboten. Spätestens, wenn das Signal dunkelrot ist, hat bereits ein angriffslustiger Dämon eure Witterung aufgenommen und ist bereit zuzuschlagen. An besonders gefährlichen Orten wechselt die Farbe übrigens schneller von gelb zu rot. Doch auch spezielle Items und Begleiter können Einfluss auf die Kampfintervalle nehmen - sowohl hemmend als auch beschleunigend.

Insgesamt bewegen sich die Kampfunterbrechungen jedenfalls in einem annehmbaren Rahmen und die diversen Beeinflussungsmöglichkeiten sind ausreichend, um gezielt Kampferfahrung zu sammeln bzw. bei Hinweissuchen etwas mehr Ruhe zu haben. Gewöhnungsbedürftig ist lediglich, dass ihr, wenn es zum Kampf kommt, immer nur einen einzigen Begleiter an eurer Seite habt. Diesen könnt ihr zwar beliebig festlegen und auch während einer Auseinandersetzung jederzeit auswechseln, aber stets in der Unterzahl zu sein, gehört bei Devil Summoner einfach zur Tagesordnung. Dafür dürft ihr eurem automatisch agierenden Dämonenpartner taktische Anweisungen geben, wen er wie angreifen, ob er sich auf physische oder magische Angriffe konzentrieren, als Heiler agieren oder einfach machen soll, was er will. Ihr selbst bleibt währenddessen allerdings nicht untätig und rückt den Gegnern mit lähmenden Schusssalven, flotten Schwerthieben oder aufgeladenen Spezial- und Teamangriffen auf den Pelz. Zudem könnt ihr Gegenangriffe blocken und versuchen, Gegner, deren Schwachpunkt ihr ausfindig gemacht habt, einzufangen. Die Übersicht ist aber leider nicht immer optimal und auch die Präzision der Angriffe lässt teils zu wünschen übrig.      

Das Schwachstellensystem kennen Serienveteranen bereits aus den Vorgängern. Wer z. B. einem kälteempfindlichen Feuerdämon einen Eisangriff entgegenschleudert, macht nicht nur mehr Schaden, sondern sorgt auch dafür, dass dieser kurzzeitig benommen ist. Dadurch habt ihr nicht nur Zeit für fiese Folgeangriffe, sondern könnt den angeschlagenen Widersacher durch schnelles Tastenhämmern in ein Reagenzglas einsaugen, dass ihn handzahm macht.

Strategisches Hack&Slay: Die nach wie vor taktischen Kämpfe finden erstmals in Echtzeit statt.
 Gelingt dies, dürft ihr den Dämon fortan selbst im Kampf als Begleiter einsetzen oder ihn in einem geheimen Labor mit anderen erbeuteten Dämonen kreuzen, ihn klonen oder mit eurer Waffe verschmelzen - ein äußerst lohnender und motivierender Zeitvertreib, bei dem die Ergebnisse nicht immer vorhersehbar sind.

Die Macht des Mondes

Über Erfolg oder Misserfolg entscheidet u. a. der Mond, dessen stets eingeblendeter Zyklus auch Auswirkungen auf andere Dinge im Spiel hat. Gelegentlich kann Raidou auch direkt ins Reich der Dämonen eintreten, um seine Ermittlungen in einer mit der tatsächlichen Welt eng verflochtenen, aber für andere nicht wahrnehmbaren Dimension fortzuführen. Hier trefft ihr nicht nur auf zahlreichere und stärkere Gegner, sondern auch auf verschleppte Entführungsopfer und düstere Gestalten. Schade nur, dass die Spielwelt insgesamt sehr statisch und steril wirkt. Auch der Bruch zwischen vorberechneten bzw. gezeichneten Kulissen und dreidimensionalen Polygonfiguren wirkt nicht sehr harmonisch. In den Straßen der Stadt herrscht zwar teils reges Treiben, aber dass Figuren plötzlich ins Bild ploppen, man sie wie Geister durchschreiten und nicht anreden kann, löst eher wenig Begeisterung aus.

Ernüchternd auch die plumpe 2D-Oberwelt auf der man sich zu Fuß oder mit der Straßenbahn als abstraktes Symbol auf vorgegebenen Linien bewegt, um bestimmte Orte aufzusuchen. Wenigstens kann man fast immer auf Knopfdruck direkt zur Detektei zurückkehren, um mit dem Chef zu plauschen, vergangene Ereignisse einzusehen oder den Spielstand zu speichern. Doch keine Angst, es existieren auch abseits eures Büros zahlreiche Speicherpunkte, an denen ihr eure Fortschritte sichern könnt. Auch Altäre, um Lebens- und Zauberenergie aufzufrischen, sind vorhanden - genauso wie eine praktische Automap, auf der wichtige Orte automatisch eingetragen werden.

Du gehörst mir! - Hat man einen Gegner erfolgreich geschwächt, kann man ihn versuchen zu bändigen.
 Ansonsten deckt ihr euch beim örtlichen Händler mit diversen Items ein, erlangt im Tempel höhere Ränge, um mehr Platz für mitgeführte Dämonen zu haben, steigert durch wiederholte Kampfeinsätze die Loyalität eurer höllischen Begleiter, um sie später widerstandslos weiterzüchten zu können und sammelt natürlich fleißig Hinweise, um die Story weiterzuführen sowie Erfahrungspunkte, um eure Statuswerte zu verbessern und neue Fertigkeiten zu erlangen.

Stumme Deutschverweigerer

Eurem wieder mal völlig stummen und austauschbaren Helden mehr Profil zu verleihen, ist jedoch nicht möglich. Dieses Mal seid ihr allerdings nicht der einzige, der den Mund nicht auf bekommt. Im Gegensatz zu den beiden Digitial Devil Saga-Episoden mit ihren hervorragenden englischen Synchronsprechern gibt es in Devil Summoner nämlich überhaupt keine Sprachausgabe, was die ohnehin schon angestaubte Präsentation noch antiquierter erscheinen lässt. Warum man sich zu diesem Rückschritt entschlossen hat, weiß ich nicht, denn die Atmosphäre leidet darunter teils deutlich. Schade auch, dass man sich erneut eine Lokalisierung gespart hat. Lediglich das umfangreiche und durchgängig farbige Handbuch wurde eingedeutscht. Na ja, wenigstens schlagen sich die eingesparten Übersetzungskosten in einem ermäßigten Verkaufspreis nieder und PAL-Balken sind dank 60Hz-Modus ebenfalls kein Thema. Ohne solide Englischkenntnisse solltet ihr euch eine Anschaffung aber dennoch zweimal überlegen.      

Fazit

Devil Summoner hebt sich teils deutlich von seinen Vorgängern ab. So wurde nicht nur das nach wie vor okkulte Szenario samt neuer Charaktere und Schauplätze in die Vergangenheit verlegt, sondern erstmals auch das Kampfsystem komplett umgekrempelt: Statt taktischen Rundenschlachten werden die zufälligen Konfrontationen erstmals in Echtzeit bestritten. Die Auseinandersetzungen fußen zwar auf dem vertrauten Elementarsystem, bei dem man gegnerische Schwächen ausloten muss, um Erfolg zu haben. Aber ansonsten bewegt ihr euch frei über das Schlachtfeld, setzt zu lähmenden Schüssen an, führt schnittige Kombo- und Spezialangriffe aus und legt Verhaltensmuster für eure KI-gesteuerten Dämonenpartner fest. Das klappt sogar erstaunlich gut und stellt eine nette Abwechslung zum mittlerweile etwas festgefahrenen System dar. Allerdings mangelt es der Umsetzung teils an Übersicht und Präzision. Hinzu kommt eine Präsentation, die alles andere als zeitgemäß ist: Die Kulissen sind statisch und steril, die 2D-Oberwelt wirkt wie ein Relikt aus längst vergangenen Zeiten, den Figuren mangelt es an Details, die in Digital Devil Saga noch begeisternde englische Sprachausgabe wurde komplett gestrichen und für eine Lokalisierung hat es auch nicht gereicht. Dafür feiert die motivierende Dämonenaufzucht aus Lucifer's Call  ein gelungenes Comeback, zusätzliche Ermittlungsaufgaben sorgen für willkommene Abwechslung und über den reduzierten Verkaufspreis kann man auch nicht meckern. Genrefans, die über solide Englischkenntnisse verfügen und keine allzu hohen technischen Ansprüche stellen, werden den Kauf sicher nicht bereuen!

Pro

ermäßigter Preis
bizarres Szenario
taktisches Kampfsystem
nette Ermittlungseinlagen
motivierende Dämonenaufzucht
individuelle Dämonenfähigkeiten

Kontra

sterile Kulissen
primitive 2D-Oberwelt
keinerlei Sprachausgabe
altmodische Zufallskämpfe
stummer, profilloser Protagonist
teils unübersichtliche Echtzeitkämpfe

Wertung

PlayStation2

Okkulte RPG-Kost mit taktischen Echtzeitkämpfen & motivierender Dämonenaufzucht.

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.