Jacked10.02.2006, Michael Krosta
Jacked

Im Test:

Motorradfahren an sich kann eine aufregende Angelegenheit sein, wenn man mit wahnsinnigen Geschwindigkeiten über den Asphalt donnert und sich langsam aber sicher ein Tunnelblick einstellt. Stellt man sich dabei noch Handgemenge mit konkurrierenden Fahrern vor, klingt das nach einer haarsträubenden Actionraserei, oder? Leider zeigt uns Jacked (ab 3,98€ bei kaufen), dass Theorie und Praxis manchmal sehr weit auseinander liegen…

Motorrad-Action damals

Es war einmal im Jahr 1991, da brachte Electronic Arts einen Titel namens Road Rash auf den Videospielmarkt. Ursprünglich für Segas Megadrive gedacht, folgten Um- und Fortsetzungen auf nahezu alle Plattformen vom Amiga und ST über 3DO und Saturn bis hin zur PlayStation und sogar dem Gameboy. Zwar konnte die Serie nicht immer Traumwertungen einheimsen, doch fand die Mischung aus Motorrad-Rennspiel und Prügeleinlagen trotzdem einige Anhänger.

Motorrad-Action heute

Heute schreiben wir das Jahr 2006. Die neue Konsolengeneration ist bereits eingeläutet, doch auch aktuelle Geräte wie die PS2 werden noch bis an ihre Grenzen ausgereizt und bieten beeindruckende Softwareperlen, die man beim Launch der Geräte noch nicht für möglich gehalten hätte. Genau zu diesem Zeitpunkt bringen

New York bei Nacht...
die Entwickler von Sproing einen Titel namens Jacked auf den Markt und orientieren sich dabei eindeutig am Konzept des EA-Motokloppers. Allerdings hat die Truppe ihre Büros seit der 32 Bit-Ära offensichtlich nicht mehr verlassen, denn was da auf dem Bildschirm abläuft, erinnert frappierend an die gute, alte PSone-Zeit – wobei es selbst damals grafisch ansprechendere Spiele zu bewundern gab als Jacked.

Falsche Konsole, falsches Jahr?

Ich kann mir gut vorstellen, dass New York eine wunderbare Stadt ist. Auch Kalifornien sieht ganz bestimmt richtig schick aus und selbst der Wüste von New Mexico kann man sicherlich einiges abgewinnen. Würde ich mich bei der Wahl meines nächsten Urlaubsziels dagegen an den tristen, groben und durchweg öden sowie grob texturierten Umsetzungen dieser Jacked-Szenarien orientieren, würde ich nicht mal im Traum daran denken, jemals einen Fuß darauf zu setzen. Es ist wirklich kaum zu fassen, dass in Zeiten von Resident Evil 4, Gran Turismo 4 und Black grafisch so dermaßen minderwertige Spiele auf den Markt geworfen werden. Haben die Entwickler tatsächlich die letzten Jahre verpennt?

Wie eine Schlaftablette  

Die miese Präsentation könnte man zusammen mit dem furchtbaren Soundtrack und den miesen Motorenklängen noch halbwegs verzeihen, hätte Jacked wenigstens spielerisch etwas auf dem Kasten. Doch auch hier entpuppt sich die Raserei schnell als Niete: die Steuerung ist katastrophal, weil man sich anscheinend nicht ganz sicher war, ob man lieber auf Simulation oder Arcade setzt. Waffen wie Granaten, Schlagstöcke, Shotguns oder Eisenrohre zeugen alles andere als von Einfallsreichtum und das Streckendesign ist mit tückischen Kurven und plötzlichem Gegenverkehr so dermaßen frustrierend ausgefallen, dass ihr schon nach der ersten Runde euer Bike wieder in die Garage stellen wollt. Den Vogel schießt allerdings die Kollisionsabfrage ab: Prallt ihr mit relativ niedriger Geschwindigkeit an eine Bande oder Mauer, stürzt der Fahrer augenblicklich und die Maschine geht in hässlichen Flammen auf. Auf der anderen Seite kann es passieren, dass ihr frontal mit einem Lastwagen zusammenstoßt und danach einfach weiter fahrt, als wäre nichts gewesen. Neben Waffen findet ihr auch Nitros auf der Strecke, mit der ihr eurer Maschine Feuer unterm Hintern macht. Allerdings bleibt selbst in der höchsten der vier Klassen das Tempo noch relativ gemächlich und versetzt euch niemals in einen Geschwindigkeitsrausch.

        

Ein Spielmodus? Das reicht!

Nicht nur grafisch, sondern auch beim Umfang haben die Entwickler auf Sparflamme gekocht und spendieren Solo-Bikern lediglich einen einzigen Spielmodus, bei dem man in mickrigen acht Szenarien mit insgesamt 24 öden Strecken diverse Fahrmissionen absolviert. Diese sind immerhin abwechslungsreich geraten und reichen von einfachen Rennen über Hotlaps und Ausscheidungskämpfe bis hin zu Gang-Reibereien, bei denen ihr ähnlich Domination einen Gegenstand von einem Checkpoint zum nächsten transportiert, um zu punkten. Anscheinend haben die Entwickler Gefallen an dem PSP-Hit Pursuit Force gefunden, denn auch in Jacked könnt ihr die Maschinen eurer Gegner übernehmen. Prügelt sie zuerst weich, drückt dann im richtigen Moment die X-Taste und schon geht das Rennen auf der Konkurrenz-Maschine weiter. In manchen Missionen besteht sogar das Ziel einzig darin, innerhalb eines Zeitlimits den Konkurrenten zu "jacken" – so die Bezeichnung für die Bike-Übernehmen-Aktion. Was in einem Fahrerpulk noch eine einfache Aufgabe ist, wird mit

Ein Handgemenge bei über 200 Sachen gehört bei Jacked zum Biker-Alltag.
nur einem Gegner aber massig Gegenverkehr eine deutlich schwierigere Angelegenheit, da man es nicht so schnell schafft, sich aufgrund des miesen Streckendesigns in eine günstige Position zu bringen. Überhaupt sind die Herausforderungen oft eine ziemlich harte Nuss. Eine Auswahl zwischen verschiedenen Schwierigkeitsgraden ist leider Fehlanzeige.

Da waren es zwei…

Kein Wunder, dass man als Solo-Biker hier schnell das Interesse verliert, doch reißt vielleicht der Multiplayer noch was raus? Nein. Ganz im Gegenteil: Die Auswahlmöglichkeiten bei der Splitscreen-Raserei sind einfach nur ein schlechter Witz. Ihr habt lediglich die Wahl, mit einem Freund bei einem Rennen oder Bandenkampf anzutreten, wobei ihr immer von KI-Fahrern begleitet werdet – ob ihr es wollt oder nicht. Der Oberhammer ist jedoch, dass ihr im Gegensatz zu den Einspielermissionen pro Szenario nur jeweils eine Veranstaltung wählen könnt. Im Klartext: Während ihr bei den Fahrmissionen in New York Rennen, Bandenkämpfe, schnellste Runden etc. absolviert, dürft ihr beim Multiplayer einzig ein Rennen bestreiten. In Oregon sind bei Splitscreen-Duellen dagegen lediglich Bandenkämpfe vorgesehen. Wer hier gerne ein normales Rennen bestreiten will, hat Pech gehabt – genau wie jeder, der sich dieses minderwertige Machwerk zulegt.

      

Fazit

Noch bevor das Rennen überhaupt startete und der Countdown von drei abwärts zu zählen begann, wanderte mein Blick unbewusst zu der Konsole, die da auf meinem Regal stand. Erst danach kam die grausige Erkenntnis: Ja, Jacked ist tatsächlich ein PS2-Spiel, obwohl es selbst auf einer PSone zu keinem Grafikknüller gereicht hätte. Doch viel schlimmer: Genau so grausig wie die Präsentation ist auch das gesamte Spiel! Sowohl Steuerung als auch Streckendesign sind eine Zumutung, vom mickrigen Umfang ganz zu schweigen. Einzig die "Jacked"-Funktionen, mit der man den Konkurrenten ihre Zweiräder abluchst, macht etwas Spaß – etwa fünf Minuten. Zwar ist der Titel mit knapp 20 Euro relativ günstig, doch wäre mir sogar ein Cent noch zu schade für diesen Schund, der selbst geschenkt noch zu teuer ist.

Pro

Jacked-Feature
flüssige Darstellung
diverse Fahrmissionen

Kontra

detailarme, grobe Texturen
extrem seltsame Kollisionsabfrage
kein variabler Schwierigkeitsgrad
grausiges Streckendesign
mieser Multiplayer-Modus- langweilige Prügel-Elemente
nur acht öde Szenarien
keine Einzelrennen / Zeitfahren in separatem Modus
gewöhnungsbedürftige Steuerung

Wertung

PlayStation2

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