Micro Machines V415.07.2006, Michael Krosta
Micro Machines V4

Im Test:

Codemasters scheint Gefallen daran gefunden zu haben, bekannte Spieleserien der Vergangenheit wiederzubeleben: Nachdem sie mit Sensible Soccer 2006 dem Fußball-Klassiker von einst ein wenig ruhmreiches Comeback beschert haben, werden mit Micro Machines V4 (ab 25,00€ bei kaufen) die knuffigen Miniflitzer aus dem verdienten Ruhestand geholt. Sind die Duelle immer noch ein Garant für gehobenen Multiplayer-Spaß?

Sie flitzen wieder

Bereits auf dem NES sorgten sie Anfang der Neunziger für viel Spaß vor der Mattscheibe und haben diesen Ruf seitdem auf allen möglichen Plattformen vom PC bis zur PlayStation gefestigt: die Micro Machines. Mit V3 traten die Miniflitzer das letzte Mal auf der PSOne auf und rechtfertigten dort wie kaum ein anderes Spiel die Anschaffung eines Multi-Taps, um sich mit vier Spielern gleichzeitig auf dem Bildschirm die Extrawaffen um die Karosserien zu feuern oder die Konkurrenten von der Strecke zu rempeln. Einen ähnlichen Spaßfaktor bot nur noch Circuit Breakers – ein Titel, der ebenfalls von SuperSonic Software stammt, die auch für das aktuelle Micro Machines V4 verantwortlich zeichnen.

Bekanntes Spielprinzip

Am bekannten Spielprinzip hat sich nichts geändert: Noch immer rast ihr mit maximal vier Spielern über liebevoll designte Kurse, die euch unter anderem durch Küchen, Museen, Dachrinnen oder eine Hühnerfarm führen und teilweise mit

Packt den Hammer aus!
interaktiven Elementen aufwarten können. So gilt es z.B. bei einem Rennen über den Billardtisch heranrollenden Kugeln auszuweichen, während ihr euch bei der Tour am Strand vor fiesen Krebs-Klauen in Acht nehmen müsst. Zwar sehen die thematisch abwechslungsreichen Kurse besser aus als im Vorgänger, doch hätte trotzdem wesentlich mehr drin sein können - die meisten Texturen fallen arg pixelig oder matschig aus. Die PSP muss sogar auf manche Objekte verzichten, die den Kulissen der anderen Versionen Leben eingehaucht haben: Wo auf PS2 und PC z.B. noch putzig animierte Vögel am Streckenrand rumhüpfen, herrscht auf dem Handheld tote Leere. Richtig übel wird es jedoch bei den "Hauptdarstellern": Es ist löblich, dass Codemasters einen Fuhrpark von über 700 Fahrzeugen zur Verfügung stellt, zu denen Muscle-Cars, Sportwagen und sogar Nutzfahrzeuge und flotte Dragster gehören. Wenn die kleinen Flitzer aber den Eindruck erwecken, als wären sie nur ein Block mit vier Rädern dran, lässt das eine gewisse Liebe zum Detail vermissen, die V4 gut gestanden hätte. So aber hinterlassen die Boliden einen insgesamt enttäuschenden Eindruck, obwohl sie sich zumindest durch ein unterschiedliches Fahrverhalten in der jeweiligen Klasse auszeichnen.

Simple Raserei mit Kameraproblemen

Die Kontrolle fällt auf allen Plattformen simpel aus: Im Prinzip gebt ihr immer nur Vollgas und driftet anschließend durch die herannahenden Kurven. Nur vor tiefen Abgründen solltet ihr das Fuß vom Gas nehmen oder bremsen. Generell habt ihr die Mini-Autos auf allen Plattformen gut unter Kontrolle – nur auf der PSP fiel die Eingewöhnungszeit etwas länger aus und es ging für mich bei den rasanten Fahrten gerade in der Anfangsphase öfters mal den Abgrund neben der Strecke hinunter. Am besten steuert es sich eindeutig mit einer PC-Tastatur, wobei ihr auch mit dem Joypad die Wagen gut über die Kurse dirigiert. Allerdings hat Micro Machines V4 mit dem gleichen Problem zu kämpfen wie die Kollegen von Sensible Soccer: der Kamera. Zwar ist es ihr Ziel, das Geschehen durch Zoomen dynamisch einzufangen, doch zeichnet sich das Resultat eher durch eine ärgerliche Unübersichtlichkeit aus anstatt den optimalen Durchblick zu liefern. Das Problem ist, dass dem Führenden zu wenig von der voraus liegenden Strecke gezeigt wird – vor allem, wenn die Kamera extrem weit heraus- oder hereinzoomt. So könnt ihr euren Micro-Racer oft nur dann auf der Strecke halten, wenn ihr den Kurs bereits verinnerlicht und jede Kurve im Gedächtnis habt. Daneben sorgen aber auch unnötig hektische Bewegungen der Kamera für kurzzeitige Desorientierung, die Kickern von Sensible Soccer 2006 bekannt sein dürfte. Einen Tick besser

Hütet euch vor den Klauen der Krebse.
fährt es sich meiner Meinung nach mit der Klassiker-Kamera, die fester fixiert ist als das dynamische Pendant und ebenfalls in den Optionen gewählt werden kann.

Schwankende KI & fiese Waffen

Micro Machines V4 bietet euch drei Spielmodi: Kampf-Pokal, Rennen und Zeitrennen. Dabei geht es vor allem im Wettkampf zur Sache: Hier gilt es, die Konkurrenten entweder durch pure Waffengewalt, Rempelattacken oder schlichtweg Geschwindigkeit zu schlagen. Denn wer vorne liegt und es schafft, dass andere Fahrer dem weiter scrollenden Geschehen nicht hinterher kommen, sichert sich schnell und einfach wichtige Punkte. Doch ihr selbst müsst ebenfalls aufpassen, nicht dem Scrolling zum Opfer zu fallen, wenn ihr hinten liegt. Und das passiert schnell, wenn ihr zu viele Treffer einstecken müsst, denn die Mini-Boliden verfügen über ein mehrstufiges Schadensmodell. Wenn ihr nur noch auf zwei Rädern durch die Gegend wackelt, gestaltet sich die Aufholjagd schwierig. In diesem Fall könnt ihr nur auf das Gesundheits-Upgrade hoffen, das euer Wrack wie von Zauberhand wieder repariert. Bei den meisten Extras handelt es sich jedoch um Waffen, mit deren Einsatz ihr eurer Schadenfreude wieder freien Lauf lassen könnt: Legt hinterhältige Bomben, hetzt zielsuchende Raketen auf den Vordermann oder grillt ihn mit dem Flammenwerfer; haut andere Fahrer mit einem montierten Hammer zu Klump oder bearbeitet die Rivalen mit Maschinengewehr, Plasma-Kanone oder Elektro-Schocks. Auch wenn man Innovationen im V4-Waffenarsenal vermisst, sorgt es immer noch für Spaß und ist für fiese Aktionen gut.

     

Etwas entspannter gestalten sich die Rennen, bei denen die Kamera immer euren Boliden fixiert, so dass ihr hier nichts zu befürchten habt, vom Scrolling eingeholt zu werden. Allerdings stellte sich beim Testen heraus, dass die KI hier selbst auf dem einfachsten der drei Schwierigkeitsgrade eine deutlich größere Herausforderung darstellt als bei den Kampf-Spielen, wo ihre Fahrkünste doch stark schwanken und die anderen Fahrer meist einfach zu schlagen sind. Ganz ohne Gegner tretet ihr

Vorsicht: Die heißen Herdplatten ziehen euch Energie ab!
beim Zeitfahren an, wo die herunter tickende Uhr neben den interaktiven Strecken euer einziges Problem ist, wenn ihr euch unter Zeitdruck von einem Checkpunkt zum nächsten hetzt.

Multiplayer-König?

Alleine wird das Freispielen neuer Strecken und Autos gegen die CPU-Fahrer schnell zu einer öden Angelegenheit. Hier hatte Mad Tracks mit seinen vielen abgedrehten Minispielchen eindeutig mehr zu bieten. Sobald sich jedoch mehrere Spieler in der Bude befinden, kommt auch bei V4 Stimmung auf: Habt ihr ein Multi-Tap für eure PS2, legt ihr genau wie auf dem PC mit bis zu vier Teilnehmern los und schließt euch entweder in zwei Zweierteams zusammen oder kämpft "Jeder gegen jeden" um den Sieg. Doch selbst, wenn ihr Sonys Vierspieler-Adapter nicht euer Eigen nennt, geht es mit bis zu vier Leuten auf die Pisten: In diesem Fall teilen sich zwei Spieler einfach ein Joypad – da kommt man sich näher. Sogar die PSP bietet neben WiFi-Duellen mit vier Teilnehmern die Möglichkeit, dank Aufteilung mit zwei Personen an einem Handheld zu zocken. Daneben verfügt die PC-Version neben einem LAN- auch über einen Onlinemodus – ein Feature, das auch auf der PS2 hätte realisiert werden sollen!

Streckenbastler

Obwohl Codemasters schon genügend Kurse von Haus aus mitliefert, dürft ihr euch auf dem PC und der PS2 in einem Strecken-Editor weitere Pisten basteln. Dies geschieht jedoch nur sehr simpel und oberflächlich: Ihr verbindet lediglich in einem vorgefertigten Themengebiet verschiedene Checkpunkte und platziert an fest vorgegebenen Stellen Power-Ups nach eurer Wahl – mehr ist nicht drin. Zumindest könnt ihr euer Ergebnis noch antesten, bevor ihr es abspeichert. Auf der PSP wurde der Strecken-Editor gestrichen, doch kann man auf dieses Extra in diesem Fall auch gut und gerne verzichten.  

  

Fazit

Genau wie bei Sensible Soccer 2006 bin ich auch bei Micro Machines V4 der Meinung, dass man manche Klassiker entweder einfach in Frieden ruhen lassen sollte oder sie zumindest derart aufpoliert, dass eine Wiederkehr gerechtfertigt erscheint. Bei V4 ist dies jedoch nur eingeschränkt der Fall: Klar, im Multiplayer-Modus sorgen die kleinen Flitzer nach wie vor für einige lustige Partien, obwohl SuperSonic die neue, dynamische Kamera verbockt hat. Auch die abwechslungsreichen Strecken wissen trotz der altbackenen Präsentation zu gefallen, doch hätte ich mir hier mehr Mut zu Veränderungen gewünscht, denn beim Design ist Mad Tracks mit seinen Schwindel erregenden Loopings einen Schritt weiter, genau wie bei den Spielmodi: Ich hätte mir auch bei V4 gewünscht, eine Partie Billard oder Fußball mit den Autochen zu spielen. Beiden Titeln gemeinsam ist die schnell nachlassende Motivation, wenn ihr alleine auf die Pisten geht. Von daher kommt unsere Wertung hauptsächlich durch den wesentlich gelungeneren Multiplayer-Modus zustande, der im Prinzip den einzig wirklichen Grund für einen Kauf von Micro Machines V4 darstellt. Allerdings bekommen PC-Spieler mit Mad Tracks eine deutlich günstigere Alternative, während PS2-Besitzer auch den PSOne-Vorgänger V3 ins Laufwerk einlegen können, der spielerisch nicht viel weniger bietet als die aktuelle Version.

Pro

riesiger Fuhrpark
spaßiger Multiplayer-Modus
abwechslungsreiche Strecken
gute Steuerung
fiese Waffen

Kontra

miserable Kamera
matschige und pixelige Texturen
insgesamt altbackene Präsentation
hakelige PSP-Steuerung
im Solomodus schnell öde
klobige Fahrzeug-Designs
schwankende KI
kein Onlinemodus (PS2)
keine innovativen Waffen

Wertung

PC

PSP

PlayStation2

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