F1 0605.08.2006, Michael Krosta
F1 06

Im Test:

Schon ist wieder ein Jahr rum! Das kann man mittlerweile nicht mehr nur an Silvester, sondern auch an den zig Updates in der Spielebranche festmachen. Neben FIFA, NHL, NBA ist auch die Formel 1 einer dieser Kandidaten, die jährlich mit einer neuen Version bedacht werden. In der Vergangenheit stagnierte die Serie, wenn auch auf einem durchweg hohen Niveau – zumindest auf der PS2. Gibt die 06er-Version neue Impulse?

Der Mut zur Veränderung?

Die FIA hat sich für die Saison 2006 einige Veränderungen einfallen lassen, um den Formel 1-Sport in erster Linie für die Zuschauer interessanter zu machen. Vor allem das langweilige Einzelzeitfahren beim Qualifying wurde durch den spannenderen Knockout-Wettbewerb ersetzt und damit deutlich aufgepeppt. Das gilt auch für Formel 1 06, in dem der neue Modus ebenfalls für aufregenderen Fahrspaß auf dem Bildschirm sorgt. Überhaupt macht die Raserei in den Original-Fahrzeugen von Ferrari bis Renault, einschließlich der drei neuen Rennställe Scuderia Torro Rosso, Super Aguri und Midland, einen hervorragenden Eindruck - auch wenn sich gegenüber dem Vorgänger nicht allzu viel verändert hat: Die bis auf

Schon auf dem mittleren Schwierigkeitsgrad üben die anderen Fahrer Druck auf euch aus.
Monaco sehr tristen Kulissen mit zuschaltbaren Blur- und Vibrationseffekten könnten ebenso aus F1 05 stammen, und auch die knackigen Motorengeräusche mit etwas zu viel Hall klingen sehr vertraut, aber passen zum Geschehen.

Simulation oder Arcade?

Das Wichtigste aber ist, dass Sony auch für 2006 mit einer gelungenen Fahrphysik aufwarten kann, die sowohl für Simulations- als auch Arcade-Fans und Gelegenheitsspieler geeignet ist. Ihr könnt nahezu alle erdenklichen Fahrhilfen von ABS über Stabilitätskontrolle bis hin zur Bremshilfe, Traktionskontrolle und Ideallinie nach Belieben ein- und ausschalten. Außerdem lässt sich auch der Schwierigkeitsgrad genau auf die eigenen Bedürfnisse abstimmen, indem ihr die KI, Rennlänge, Wetter, Schäden, Reifenabnutzung, Benzinverbrauch, technische Defekte sowie Zeitstrafen festlegt.  Mit allen Hilfen fahren Anfänger praktisch wie auf Schienen über die 18 lizenzierten Pisten auf der ganzen Welt dem sicheren Sieg entgegen, während Profis deutlich mehr Gefühl beim Herausbeschleunigen aus Kurven oder beim Abbremsen an den Tag legen müssen, wenn sie die Boliden unter Kontrolle halten wollen. Vor allem mit einem Lenkrad steuern sich die Fahrzeuge traumhaft und schütteln eure Hände mit guten Force Feedback-Effekten durch. Von einer echten Hardcore-Simulation, wie man sie noch vom PC kennt, ist aber auch Formel 1 06 weit entfernt, denn dafür reagieren die Flitzer auch ohne Fahrhilfen oft noch zu gutmütig. Das gilt auch für das Schadensmodell, das immer noch viele Fehler verzeiht, aber im Vergleich zum Vorjahr dennoch einen großen Schritt nach vorne gemacht hat. Erinnert ihr euch noch an die Ingame-Videos, in denen ich mit Vollgas von einer Wand in die nächste gekracht bin und nichts ist passiert? Diese Zeiten gehören endgültig der Vergangenheit an! Schon bei leichten Kollisionen können eure Reifen anfangen zu eiern oder Spoiler wackeln, auch wenn sie das Fahrverhalten kaum merklich beeinflussen. Werden die Einschläge heftiger, fliegen euch sogar Flügel, Nasen und Reifen um die Ohren. Selbst die PSP-Version, die inhaltlich nahezu identisch mit dem PS2-Pendant ist, bietet das volle Schadensmodell, aber ist damit vollkommen überfordert. Kommt es auf Sonys Handheld im Fahrerpulk zu einer Kollision, friert das Bild teilweise sekundenlang ein, noch bevor es zum eigentlichen Unfall kommt. Es scheint fast so, als müsse die PSP noch eine kleine Pause einlegen, um den kommenden Schaden zu berechnen. Sony hätte in diesem Fall besser daran getan, komplett auf das PSP-Schadensmodell zu verzichten, denn mal ehrlich: Wie soll man Spaß am Rennen haben, wenn ein flüssiger Spielablauf nicht gewährleistet ist? Folglich solltet ihr bei der PSP den Schaden in den Optionen deaktivieren, um störungsfrei Gas geben zu können.

Geht runter wie Öl

Die PS2-Fassung läuft dagegen jederzeit flüssig: Egal, ob ihr euch gerade im spannenden Zweikampf befindet oder das gesamte Fahrerfeld mit 22 Autos über den Bildschirm dröhnt, zischen die Kulissen selbst im aufwändigen Monaco ohne Ruckler an euch vorbei. Besonders die Innenansichten inklusive Cockpit-Perspektive (und das auch auf PSP) fangen vor allem mit den Filtern das Geschwindigkeitsgefühl hervorragend ein - auch wenn der Blur-Effekt

In den Replays seht ihr euch zeitlich begrenzte Abschnitte des Rennens erneut an.
auf dem Handheld kaum zur Geltung kommt. Die beiden Außenansichten liefern dagegen den besseren Überblick, erinnern aber in Sachen Geschwindigkeit an eine lahme Kaffeefahrt.

Das richtige Setup

Wie in jedem Rennspiel mit Simulationsanspruch, könnt ihr auch in Formel 1 06 an diversen Teilen eures Wagens rumschrauben: Angefangen bei der Wahl der Reifen über Einstellungen am Fahrwerk wie Höhe, Sturz und Federraten bis hin zu den Flügelneigungen, Bremsen und Getriebeabstimmungen solltet ihr nichts unversucht lassen, um ein paar Zehntel auf der Strecke gut zu machen. Eine prima Sache ist zudem das Live Dynamik-System, das bereits aus dem Vorgänger bekannt ist. Bemerkt ihr auch immer in den TV-Übertragungen, wie die Piloten während der Fahrt an Reglern an ihrem Lenkrad rumfummeln? Genau das könnt ihr auch im Spiel: Dank Live-Dynamik schaltet ihr nach Bedarf durch verschiedene, zuvor festgelegte Einstellungen der Traktionskontrolle und Bremsverteilung hindurch, um für jeden Streckenabschnitt das Optimum an Leistung zu nutzen. Wer sich mit den vielen Möglichkeiten des Setups noch nicht so gut auskennt, kann jetzt die Trainings-Sessions vor der Qualifikation viel effektiver nutzen als zuvor: Musstet ihr in den Vorgängern immer selbst verschiedene Einstellungen ausprobieren, greifen euch jetzt die Mechaniker unter die Arme und schicken euch in vorgefertigten Setups auf die Piste, wobei jeder wichtige Teil von den Reifen bis zu den Flügeln einzeln getestet wird, bis ihr das für euch optimale Setup gefunden habt. Nach jeder Testrunde teilt ihr den Jungs mit, ob sich die Veränderung besser oder schlechter angefühlt hat als vorher. Eine tolle Idee, wie ich finde, denn so kommt man der echten Formel 1, in der ebenfalls viel Testarbeit den Alltag bestimmt, wieder ein Stück näher. Ebenfalls ein netter Zusatz ist die Möglichkeit, zumindest auf der PS2 die Einführungsrunde zu fahren: Dort gilt es, die Reifen auf Temperatur zu halten, um beim Start genügend Grip zu haben. Zwar läuft die Runde bis auf eure Lenkbewegungen überwiegend automatisiert ab, doch sorgt es für noch größeres Herzpochen, wenn ihr vor dem Start langsam auf eure Position rollt und wartet, bis die Ampel endlich auf grün schaltet. 

     

           

    

Harte Anforderungen

Die Rennen bieten je nach gewählter Fahrhilfe und dem Schwierigkeitsgrad langweilige Start-Ziel-Siege bis hin zu packenden Duellen mit der KI, die für meinen Geschmack stellenweise etwas zu aggressiv ans Werk geht und vor allem beim Qualifying für einige Frustmomente sorgt, wenn sie sich auf der Ideallinie breit macht, selbst wenn sie sich nur in der Einführungsrunde befindet. Beim Spielen auf dem mittleren Schwierigkeitsgrad, in der ich in der Vergangenheit locker einen Sieg nach dem

In der Box müsst ihr selbst mit Reaktionsspielchen für einen reibungslosen Ablauf sorgen.
anderen eingefahren habe, kam ich teilweise schon ganz schön ins Schwitzen und konnte mich gerade noch so im Mittelfeld über die Ziellinie retten. Ich habe mich während des Tests manchmal tatsächlich gefragt, ob mich die ganzen Rennen bei DTM 3, PGR oder Evolution GT dermaßen verweichlicht haben, dass ich nicht mehr gut genug für die Königsklasse des Motorsports bin. Doch als selbst Benjamin unabhängig von meinen Erfahrungen anmerkte, dass die Jungs von Sony beim Schwierigkeitsgrad ganz schön zugelegt haben, war ich wieder beruhigt. Prinzipiell finde ich es gut, dass Formel 1 06 einen Tick schwieriger geworden ist als seine Vorgänger, denn nur so werdet ihr gezwungenermaßen die reichlichen Testmöglichkeiten für das Setup in Anspruch nehmen und auch selbst fleißig mit den Einstellungen rumexperimentieren. Nicht so gut haben die Entwickler jedoch die Besuche in der Box gelöst: Konntet ihr euch früher noch zwischen interaktiven und automatisierten Stopps entscheiden, müsst ihr in der aktuellen Version immer selbst ran und im richtigen Moment die angezeigten Knöpfe drücken. Mag sein, dass man den Ablauf irgendwann so intuitiv beherrscht, dass Reifenwechsel und Nachtanken so schnell ablaufen wie im TV. Bei meinen Versuchen erschienen mir die Zeiten verglichen mit der Realität allerdings stark nach oben verfälscht, so dass ihr deutlich länger an der Box steht als üblich.

Der Griff zur WM-Krone

Der Weg zur WM führt in Formel 1 06 über zwei Stationen: Entweder fahrt ihr standesgemäß die aktuelle Saison mit einem der Originalfahrer, oder versucht euch mit eurem angelegten Alter Ego in der Karriere, die leider genau so trocken aufgebaut ist wie im Vorgänger. Zunächst gilt es, sich in einer Testfahrt zu beweisen, bevor ihr den Vertrag unterschreiben 

Zum Vergleich empfehlen wir:

DTM Race Driver 3 - Testdürft. Am Anfang verdient ihr eure Brötchen noch bei kleinen Teams wie dem Neuling Torro Rosso und müsst in der Saison keine sonderlich hohen Zielvorgaben erfüllen. Interessieren sich irgendwann auch größere Teams für euch, steigen jedoch die Anforderungen und der Druck, der in einer Saison auf euren Schultern lastet. Leider kann das Gerüst des Karrieremodus mit dem sich ständig wiederholenden E-Mail-Verkehr nicht überzeugen: So schenkt ihr den Nachrichten schnell keine Beachtung mehr und klickt euch lieber so schnell wie möglich zum nächsten Grand Prix. Diese können selbstverständlich auch unabhängig von WM und Karriere in Einzelveranstaltungen oder zum Zeitfahren besucht werden. Wollt ihr sogar auf die Trainingseinheiten und das Qualifying verzichten, geht es in einem schnellen Rennen sofort an den Start.

Multiplayer-Dilemma

Wie heißt doch der bekannte Spruch? "Pass auf, was du sagst!". In Bezug auf den Multiplayer-Aspekt von Formel 1 06 hätte sich Sony genau diesen Ratschlag mehr als sonst zu Herzen nehmen sollen. Was wurde im Vorfeld nicht alles in offiziellen Pressemitteilungen angekündigt? Da war nicht nur von einem grandiosen Onlinemodus die Rede, in dem die Fahrer ganze Meisterschaften austragen konnten. Nein, auch direkte Duelle zwischen PS2- und PSP-Piloten

Die PSP-Version bietet nahezu alle Features des PS2-Bruders.
sollten erstmals realisiert werden, genau wie automatische Saison-Updates über die DSL-Leitung, in denen nicht nur das Fahrerfeld auf den neuesten Stand gebracht (Aktuelles Beispiel: der Rausschmiss von Montoya), sondern auch die Startaufstellungen und das Wetter der echten Saison ins Spiel übertragen werden sollte. Und was ist von den großmündig angekündigten Plänen übrig geblieben? Nichts. Nada. Niente. Gerade mal im Splitscreen dürfen PS2-Fahrer gegeneinander antreten – und das auch nur in Einzelrennen. Eine komplette Meisterschaft? Pustekuchen. Zumindest aber müsst ihr nicht alleine auf die Strecke, sondern dürft auch KI-Fahrer hinzuschalten. Auf der PSP sieht es dagegen richtig übel aus: Auf Sonys Handheld ist der Multiplayer-Modus komplett herausgekürzt worden! Keine Rennen über den Infrastruktur-Modus, kein Game Sharing. Nicht einmal schnelle Duelle über den Ad hoc-Modus sind möglich. Eine glatte Frechheit! Das Einzige, was von der hoch angepriesenen Kompatibilität zwischen den F1-Versionen von PS2 und PSP übrig geblieben ist, ist die Möglichkeit, das Spielerprofil von dem Handheld auf die Konsole zu übertragen – Wahnsinn! "Pass auf, was du schreibst!" könnte man hingegen einigen Testern raten, die sich anscheinend zu sehr auf Sonys Versprechen verlassen haben: So kursieren im Internet Berichte, die den angeblich vorhandenen Onlinemodus von Formel 1 06 sowie die Möglichkeit für Rennen gegen PSP-Spieler nicht nur erwähnen, sondern auch (positiv) bewerten. Fakt ist: Die PS2-Version besitzt KEINEN ONLINEMODUS und Rennen gegen PSP-Spieler sind definitiv NICHT MÖGLICH!   

Fazit

Formel 1 macht so viel richtig: Die Einstellungsvielfalt ist vorbildlich, das Fahrgefühl mit einem Lenkrad hervorragend und das Lizenzpaket prall gefüllt. Trotz vieler Verbesserungen, wie beim Schadensmodell, halten sich große Neuerungen in Grenzen. Die Kulissen entsprechen nahezu dem Vorgänger und das RTL-Kommentatoren-Duo Christian Danner und Heiko Wasser brabbelt immer noch recht gelangweilt vor sich hin. Die PSP-Version hat jedoch verglichen mit dem miserablen Vorgänger einen gewaltigen Schritt nach vorne gemacht und entspricht bis auf wenige Abstriche 1:1 der PS2-Version. Allerdings sind die sekundenlangen Standbilder vor Kollisionen ein echter Spielspaß-Killer, so dass ihr auf dem Handheld besser ohne das Schadensmodell eure Runden dreht. Eine Unverschämtheit ist jedoch der beschnittene Multiplayer-Modus, der auf der PSP gar nicht erst vorhanden ist und auf der PS2 um die versprochene Online-Komponente mit Rennen gegen PSP-User gebracht wurde. So nicht, Sony! Warum werden großartige Ankündigungen gemacht, wenn die Versprechen nicht gehalten werden können? Damit verschenkt F1 den Gold-Award und stagniert weiter auf gutem Niveau. Trotzdem kann ich es allen, die vornehmlich alleine an den Start gehen und eine PS2 besitzen, ausnahmslos empfehlen. Habt ihr dagegen schon den Vorgänger im Regal stehen, müsst ihr abwägen, ob euch das neue Qualifying sowie überwiegend aktuelle Saisondaten den vollen Preis wert sind.

Pro

offizielle FIA-Lizenz
viele Einstellungsmöglichkeiten
für Amateure & Profis geeignet
gutes Fahrgefühl
überarbeitetes Schadensmodell
fordernde Gegner
aktuelles Reglement inkl. Qualifying
gutes Geschwindigkeitsgefühl
informativer Boxenfunk
gute Abstimmungsmöglichkeiten beim Setup
durchweg flüssige Darstellung
klassische Bonuswagen freispielbar+  unterschiedliche Witterungsverhältnisse
gelungene Force Feedback-Unterstützung
keine großen Feature-Beschneidungen (PSP)

Kontra

Neuerungen halten sich in Grenzen
KI-Aussetzer
karge Kulissen
langweiliger Karrieremodus
gestrichener Onlinemodus
einfrierendes Bild vor Kollisionen (PSP)
kein Multiplayer-Modus (PSP)
keine Rückspiegel
gelangweiltes Kommentatoren-Duo

Wertung

PlayStation2

PSP

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