Im Test:
Heldenwechsel statt Waffenwechsel
Ja, mir ist durchaus bewusst, dass Bionicle Heroes weder den anspruchsvollen Total War-Regenten noch geübte Gears of War-Soldaten fesseln will. Es unternimmt nicht einmal den Versuch, neben jüngeren auch erfahrene Gamer anzusprechen. Vielmehr richtet es sich laut Jonathan Smith von TT Games als einfach zu begreifender Ballerspaß, dessen Lernkurve nach zehn Minuten ihren Zenit erreicht, an das unbedarfte Publikum. Ähnlich wie die Bionicles selbst, denn für jemanden wie mich, der etliche Wochenenden mit rechteckigen Klötzchen verbracht hat, sind die vorgefertigten Roboter langweilige Plastikmännchen.
Ihr habt noch nie von Bionicle gehört? Sie sind eine LEGO-Erfindung, um die die Dänen immer neue Geschichten spinnen - inzwischen gibt es sogar drei animierte Filme auf DVD. Und nachdem Traveller's Tales bereits zweimal mit LEGO Star Wars einen Hit landen konnte, spinnen die Entwickler ihre eigene Story um das Land Voya Nui, wo ihr als friedliebender TOA Inika die Maske des Lebens aus den Händen der bösen Piraka (LEGOs neue Bionicle-Serie) stibizen müsst. Das war's auch schon; die kurze Einführung muss reichen, um die kaum weiter gesponnene Handlung zu rechtfertigen. So baue ich sicherlich keine emotionale Bindung zu den unbekannten Figuren auf! Und schon gar nicht dadurch, dass ich von den sechs spielbaren Charakteren nur erfahre, dass sie unterschiedliche Waffen tragen (Schrotflinte, Raketenwerfer usw.) und jeweils eine Spezialfähigkeit haben (Nupara läuft Felswände empor, Kongu springt
Der Höhepunkt in Bionicle Heroes sind die schönen Schauplätze auf allen Systemen... |
Pointen und Rohrkrepierer
Wobei ich hier das größte Problem der Lizenz-Umsetzung sehe: George Lucas' Saga gehört seit fast dreißig Jahren zum Kulturgut und wenn große Momente wie Leias Flucht aus dem Gefängnis von tollpatschigen LEGO-Figuren nachgeahmt werden, ist das nun mal urkomisch. Die Roboter sind allerdings den Wenigsten ein Begriff, weshalb deren ironische Überzeichnung kaum zieht. Die Ausgangslage ist schon deshalb zum Scheitern verurteilt, weil die Bionicles niemanden nachahmen, sondern sich nur selbst darstellen. Ganz abgesehen davon fehlt den Entwicklern (übrigens ein anderes Team als die Star Wars-Macher) aber auch schlicht und einfach das Timing, um in den wenigen komischen Momenten Lacher zu erzeugen. Und die Abteilung Musik hatte zum Zeitpunkt der Entwicklung wahrscheinlich Urlaub. Auf jeden Fall gingen mir die beiden sich ständig wiederholenden Melodien irgendwann gewaltig auf die Nerven.
Aber zurück zur unkomplizierten Action, durch die ihr in der Schulterperspektive, aber mit der Steuerung eines Ego-Shooters buchstäblich spaziert. Denn ihr lauft auf allen Systemen gemütlich durch schön gezeichnete Areale, ohne dass euch die spielerisch sowie erzählerisch profillosen Feinde viel anhaben könnten. Zwar steht euch
Falls ihr wissen wollt, wie Bionicle Heroes auf euch wirkt:
Download: Deutsche Demooft ein Dutzend Widersacher gegenüber, aber die an Spinnen oder Vögel erinnernden Gegner fügen euch kaum einen Kratzer zu. Ihr müsst nur draufhalten und schießen. Wobei die eigentlich unkomplizierte Steuerung auf Xbox 360 und PS2 einen Haken hat. Ihr schießt nämlich nicht per Schultertaste, sondern mit einem der vier Knöpfe darunter. Damit ist euer Daumen beschäftigt, kann währenddessen die Blickrichtung nicht verändern und ihr seid auf die automatische Zielerfassung angewiesen. Da ballere ich manchmal gemütlich Kisten, während ich eigentlich Feinde bekämpfen sollte... Nur PC-Besitzer dürfen sich mit der Maus bequem umsehen. Ja, ich weiß: Für Kinder reicht das. Sagt man.
Keine Bastelstunde
Immerhin dürfen die Kleinen (zusammen mit allen anderen) wieder LEGO-Steine sammeln - und zwar bis zum Abwinken. Das macht sogar richtig Laune, denn wenn etliche Steine mit einem befriedigenden Zischen ins Inventar fliegen, spornt das zum Weitersammeln an. In den ersten Stunden hat mir das gereicht, um Spaß mit Bionicle Heroes zu haben. Aber irgendwann ist der Effekt verbraucht und die Action besteht immer noch aus langweiligem Ballern. Abwechslung bringen nur die Konstruktionen, die ihr wie als Star Wars-Held zusammenbaut: Haltet einen Knopf gedrückt und seht zu, wie sich die Steine zusammenfügen.
... an denen ihr lediglich ballert, sammelt und weder Freund noch Feind wirklich kennenlernt. |
Bevor ihr den Abschnitt wiederholt, könntet ihr aber noch eure Helden verbessern, indem ihr beim Händler im heimatlichen Dorf LEGO-Steine in erweiterte Fähigkeiten investiert. Das müsst ihr sogar tun, wenn ihr einige der Verstecke öffnen wollt, denn nicht alle lassen sich schon beim ersten Durchlauf betreten. Habt ihr einen Level bereits absolviert, dürft ihr ihn übrigens mit dem vorherigen Endgegner noch einmal bestreiten. Außerdem findet ihr im Laden witzige Extras wie z.B. ein DJ-Pult, an dem ihr die besiegten Piraka auflegen lasst. So gut die Idee gemeint ist, so unkomisch sind die Stolperer leider - die Schuld trägt das zuvor erwähnte schlechte Timing der Gags. Hier erschöpfen sich die Extras auch schon, denn ihr dürft nicht mit anderen spielen, findet keinen Baukasten, wo ihr eigene Bionicles basteln könntet.
Wo LEGO Star Wars das einfache Konzept mit einem riesigen Batzen toller Einfälle zum Leben erweckt und mit einer tollen Geschichte samt sympathischen Charakteren aufwartet, verpufft Bionicle Heroes irgendwo zwischen ziellosem Klötzchensammeln und unmotivierendem Ballern. Es bleibt die Frage, wieso man jüngeren Spielern keine Rätsel, keinen Humor, keine Story, keine Abwechslung gönnen will.
Weil Kinder das so wollen?
Fazit
Vielleicht hätte Traveller's Tales einen Blick auf die letzten LEGO-Geschäftsberichte werfen sollen: Der Konzern ist deshalb im Aufwind, weil sich die Dänen wieder auf ihre grundlegenden Werte besonnen haben - einfache Steine, welche die Kreativität beim Erfinden völlig neuer Gebäude oder Fahrzeuge fördern sind gefragter als vorgefertigte Konstruktionen. Die Versoftung konzentriert sich jedenfalls auf das Vorgekaute, das Uninspirierte, das ewig Gleiche. Geradlinige Levels hätte ich dabei noch vertragen; das furchtbar langweilige Zerbröseln der völlig ungefährlichen Gegner geht mir allerdings auf den Senkel. Ganz zu schweigen davon, dass sich die Spannung arg in Grenzen hält, weil ich nahezu unsterblich bin - vom unverwundbaren Heldenmodus fange ich erst gar nicht an. Am Anfang konnte mich wenigstens das Aufsammeln tausender LEGO-Steine motivieren. Aber selbst das hat schnell ein Ende, weil ich die Klötzchen nicht für etwas Witziges eintauschen kann. Eine sinnvolle Handlung fehlt und dass die verschiedenen Charaktere nichts weiter als unterschiedliche Waffen sind, verhindert jede Identifikation mit den TOA Inaka. Rechnet die sich ständig wiederholende Musik dazu, den fehlenden Humor und einen nicht vorhandenen Mehrspieler-Teil. Bionicle Heroes wirkt wie eine Schlaftablette, die immerhin schick aussieht und eine Zeit lang den Sammlertrieb weckt.
Pro
Kontra
Wertung
360
Auf 360 sehen die bunten Levelschläuche am schönsten aus.
PlayStation2
Unkomplizierte Ballerei mit Helden ohne Esprit.
PC
Unkomplizierte, aber furchtbar eintönige Action.
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