Family Guy11.02.2007, Jan Wöbbeking
Family Guy

Im Test:

Hurrah, eine Zeichentrickserie als Spiel! Ob und wie viel Ironie im vorangegangenen Satz steckt, verraten wir an dieser Stelle nicht. Dafür gibt es ja den ausführlichen Test. Dort erfahrt ihr, ob 2K Games es geschafft hat, den anarchistischen Humor des US-Cartoons "Family Guy (ab 39,00€ bei kaufen)" in ein Videospiel zu verpacken, das mehr Spaß macht als die Lizenz befürchten lässt.

Gute Überraschung

"Du da, Konsument! Gehorche, kaufe dieses Spiel und erhalte beim Kauf einer Family Guy DVD 5¬ zurück!" - der Aufkleber

Schwarzer Humor gefällig? Stewie benutzt vom Elektroschock dahingeraffte Leichen als Sprungplattform.
sticht mir sofort ins Auge, als ich die Spielhülle in die Hand nehme. Neben der Aufschrift prangt das Bild des diabolischen Sprösslings Stewie, der mit ernster Mine seinen Zeigefinger in meine Richtung ausstreckt. "Oh je, doch so schlimm?" ist mein erster Gedanke, "Hat das Spiel es wirklich nötig, auf diese Weise Käufer zu gewinnen?" Nein, hat es nicht.

Weder ein Simpsons-Spiel noch eine andere mir bekannte Cartoon-Umsetzung hat es bisher geschafft, den Humor einer Zeichentrickserie so gut ins Spiel zu übertragen wie Family Guy. Die Story hätte nicht hanebüchener ausfallen können, und genau das macht sie so unterhaltsam. Der Haken an der Sache: Spielerisch ist der Genremix aus Action- und Stealth-Sequenzen äußerst simpel gehalten. Doch es hätte schlimmer kommen können, denn wenigstens lassen sich Peter, Stewie und Brian recht annehmbar durch ihr Cel-Shading-Abenteuer steuern.

Weltherrschaft gefällig?

Die Reise durch den Wahnsinn beginnt mit Stewie, dem diabolisch-genialen Baby, das stets versucht, sich aus der matriarchalischen Tyrannei seiner Erzeugerin zu befreien und die Weltherrschaft an sich zu reißen. Jedenfalls aus seiner Sicht. Diesmal hält ihn sein Erzfeind und Halbbruder Bertram in Schach. Ihr schlüpft in Stewies Haut und ballert euch mit seiner aufrüstbaren Strahlenkanone durch Horden von Gegnern und hüpft von Plattform zu Plattform. Dabei dürft ihr auf ein paar Gadgets zurückgreifen: Mit Hilfe des Enterhakens gelangt ihr auf hohe Plattformen und dank drei kleiner Luftballons überquert ihr größere Distanzen im Schwebeflug.

Die Spielabschnitte führen euch durch die Vorgärten und über die Dächer der Nachbarhäuser sowie die von Körperfett überflutete Schönheitschirurgiestation eines Krankenhauses. Sogar einen Trip durch die Eingeweide des eigenen Vaters steht auf dem Programm. Stewart schrumpft sich auf mikroskopische Größe und versucht in Peters Hoden zu gelangen. Dort erhofft er sich Antworten auf die Frage, was sein böser Halbbruder im Schilde führt. Fragt mich bitte nicht, warum diese Antwort ausgerechnet in den Peters Hoden wartet.

Die Schwester & der Laser

Außer dem Geballer und Gehüpfe kommt auch Stewies Maschine zur Gedankenkontrolle zum Einsatz. Mit ihrer Hilfe löst ihr

Mittels Gedankenkontrolle setzt ihr "entbehrliche" Charaktere wie Quagmire für eure Zwecke ein...
einfache Rätsel. Aufgrund nicht vorhandener Gehirnmasse könnt ihr z.B. die im Krankenhaus herumstehenden Schwestern nicht hypnotisieren. Also bringt ihr den herumlungernden Schwerenöter Glenn Quagmire unter eure Kontrolle und baggert das weibliche Personal an. Die Schwestern geraten in Panik und stürzen sich entsetzt in eine der Laserbarrieren. Zum Abschluss schickt ihr Quagmire selbst in den letzten Strahl und voilà: Der Weg zum Ziel wird euch von im Laserstrahl zuckenden Körpern freigehalten.

Habt ihr eine Mission abgeschlossen, wechselt die Handlung zu einem der anderen drei Hauptcharaktere. Peters Schädel hat Bekanntschaft mit einer vom Dach fallenden Satellitenschüssel gemacht. Nun glaubt der ohnehin schon grenzdebile Vater, dass ein Sitcom-Star der 80-er Jahre seine Familie entführt hat. In seinen Augen hat sich das gesamte Städtchen gegen ihn verschworen und versucht ihn aufzuhalten. Also prügelt ihr jeden, der euch über den Weg läuft, zu Klump. Oder besser gesagt: zu Futter, denn die erledigten Passanten verpuffen in einer Rauchwolke und hinterlassen Nahrungsmittel. Das Einsammeln von Hot Dogs und Keksen füllt eine Anzeige, mit dessen Hilfe ihr Supermoves wie einen Drehkick ausführt. Großmütterchen sind nach einem Schlag erledigt, Polizisten und Snackverkäufer vertragen einige Schläge mehr. Manche Passanten kann Peter nur mit einem bestimmten Angriff besiegen. Kinder sind z.B. gegen Schläge immun, nicht aber gegen Tritte. Vielleicht damit niemand hinterher gestehen muss, er habe in einem Videospiel Kinder geschlagen.         

Garantiert politisch unkorrekt

Im übrigen Spielverlauf wird ebenfalls kein Klischee oder Tabuthema ausgelassen: Fäkalhumor, sexuelle Anspielungen und Rollstuhlfahrerwitze inklusive. Nicht ohne Grund wurde der Titel im prüden Amerika mit einem "M" für Mature eingestuft.

Peter kennt keine Vorurteile: Ob Ureinwohner, Kind oder Rentner: alle werden verprügelt.
Allerdings ist immer eine gewisse Portion Augenzwinkern im Spiel. Außerdem nimmt das Spiel sich immer wieder selbst auf den Arm. "Damn, i hate these invisible Walls", beschwert sich Peter, als er auf eine unsichtbare Wand trifft, an der sich ein Pantomime entlang tastet. Außerdem werden diverse Spielhallenklassiker durch den Kakao gezogen. In Stewies Abschnitten bewegen sich die Spritzen schleudernden Krankenschwestern in Angriffswellen auf euch zu. Eine Lautsprecherdurchsage mahnt das angreifende Personal, Formation und Geschwindigkeit einzuhalten: "Please remember to keep up your intervals".

Leider hat das Spiel auch allen Grund, sich über die Bewegungsmuster seiner Figuren lustig zu machen, denn eine KI ist so gut wie nicht vorhanden. Stattdessen laufen eure Widersacher einfach in eure Richtung. Ein Sprung auf eine Krankenhausliege genügt, um die Angreifer zu überlisten. Steht ihr nicht mehr auf dem Boden, entdecken euch die Gegner schlicht nicht mehr.Alles andere als clever verhalten sich auch die Wachen in der dritten Disziplin des Spiels. Familienhund Brian versucht sich als Sam Fisher und schleicht sich durch eine Polizeistation. Die Beamten marschieren stur ihren vorgegebenen Weg entlang. Mit einfachen Verkleidungen wie einem Lampenschirm auf dem Kopf halten die Cops euch für ein Möbelstück.

Die serientypischen Rückblenden fanden ebenfalls ihren Weg in das Spiel, und zwar als einfache Quicktime-Events. An bestimmten Stellen der Handlung fühlt sich der eigene Charakter an ein Erlebnis aus seiner Vergangenheit erinnert. Wer in der richtigen Reihenfolge auf die angezeigten Buttons hämmert, sollte keine Mühe haben, die Einlagen spätestens beim zweiten Anlauf zu meistern. Das Knöpfchendrücken an sich unterhält nur leidlich, die Auswirkungen auf dem Bildschirm dafür

Quahogs Polizisten sind nicht die hellsten: Eine einfache Perücke genügt, um sie auszutricksen.
umso mehr. Mal müsst ihr mit Brian den Angriffsversuchen von Abraham Lincoln ausweichen, der den Demokratie verdrossenen Hund gewaltsam in die Wahlkabine schleppen will. Oder ihr zerlegt mit Peters Schädel ein Auto in Street-Fighter-Manier. Als Belohnung für ein geschafftes "Wegwerf-Spiel" gewinnt ihr Extras wie kurzzeitige Unsichtbarkeit in den Stealth-Levels.

Mobil geht nicht viel

Soweit zur PS2-Fassung, aber wie schlägt sich die Version für Sonys mobile Konsole? Eigentlich "fühlt" sie sich genauso "an" wie die PS2-Fassung. Wie die PS2-Fassung, nur unter dem Einfluss von 2,0 Promille. Sämtliche Steuerbefehle reagieren erst mit einer deutlichen Zeitverzögerung. Dadurch wird das komplette Spielgefühl träge und zäh. Dazu kommt eine niedrigere Bildrate, zusätzliche Einbrüche bei der Spielgeschwindigkeit und Tonaussetzer. Brians Schleichmissionen leiden noch am wenigsten unter der verhunzte Umsetzung, da hier überlegtes Handeln statt schnellen Reaktionen gefragt ist. Die Action-Sequenzen verkommen aber in hektischen Momenten zum reinen Glücksspiel, daher auch die dicke Abwertung. Glücklicherweise wurdet der Schwierigkeitsgrad nicht allzu hoch angesetzt, so dass ihr trotz vieler Frustmomente auch auf der PSP nicht allzu große Schwierigkeiten haben werdet, das Spiel zu beenden.

     

Fazit

Streng genommen ist Family Guy nicht mehr und nicht weniger als ein Genremix aus einfachen Actionsequenzen und noch simpler gestrickten Schleichmissionen. Dass ich trotzdem eine Menge Spaß hatte, liegt daran, dass das Spiel bis zum bersten mit geisteskranken Gags und Anspielungen vollgestopft ist. Ich wäre mehrmals beinah vom Sofa gefallen, das hat schon lange kein Spiel mehr geschafft. Die Umgebungsgrafik fällt zwar technisch nicht sonderlich aufwändig aus, passt mit ihrer Cel-Shading-Optik aber prima zum Thema. Die seichte Fahrstuhlmusik mit wilden Querflötensolos unterstützt das schräge Flair des Abenteuers. Leider wiederholen sich einige Melodien viel zu schnell und gehen dadurch schnell auf die Nerven. Fans der Serie kann ich die PS2-Version dank des günstigen Preises von 29 Euro wärmstens empfehlen. Wer mit dem Humor von Seth MacFarlane nichts anfangen kann, sieht sich besser nach einem anderen Spiel um. Und von der hingeschluderten PSP-Fassung zum Vollpreis von 40 Euro sollte am besten jeder die Finger lassen. Dort sorgen die träge Steuerung und technische Fehler für viel zu viel unnötigen Frust. Für beide Versionen solltet ihr der englischen Sprache mächtig sein, denn eine deutsche Synchronisation hat sich 2K Games gespart. Deutsche Untertitel und übersetzte Menüs sorgen zwar für Klarheit im Spiel, eine Menge der in den Levels versteckten Gags werdet ihr aber ohne Englischkenntnisse nicht verstehen.

Pro

durchgeknallter Humor
geistesgestörte Handlung
ausgefallene Spielkulissen
englische Originalsprecher
Mischung aus Fahrstuhlmusik und Free Jazz
Abwechslung durch drei Genres
passender Cel-Shading-Grafikstil

Kontra

simple Spielmechanik
Melodien wiederholen sich
sehr träge Steuerung (PSP)
niedrige Bildrate (PSP)
Slowdowns (PSP)
Tonausfälle (PSP)

Wertung

PlayStation2

Simpel aber spaßig: 2K-Games bringt den Humor des Cartoons auf die PS2.

PSP

Die PSP-Umsetzung nervt mit Bugs und träger Steuerung.

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