Torrente 3: The Protector07.06.2007, Jens Bischoff
Torrente 3: The Protector

Im Test:

Den von Santiago Segura verkörperten spanischen Chaos-Cop José Luis Torrente kennen hierzulande wohl nur die wenigsten. In seinem Heimatland genießt der trottelig derbe Bulle dank diverser TV- und Kinoauftritte jedoch Kultstatus. Zum vor zwei Jahren erschienenen Torrente 3: El Protector gibt es inzwischen sogar ein Spiel im GTA -Stil. Gangsterhatz zum Schießen oder lizenzierte Lachnummer?

Das fängt ja gut an

Ihr beginnt das Spiel an Bord eines von Terroristen gekaperten Passagierflugzeugs. Mangels vorhandener Schusswaffen, werft ihr den Entführern einfach Essbesteck und Aktenkoffer an die Birne. Euer größtes Problem besteht allerdings darin, eine freie Toilette zu finden, bevor ihr euch in die Hosen macht - einige Fluggäste nutzen die stillen Örtchen nämlich für ganz andere Dinge und sind auf Störenfriede nicht gut zu sprechen. Irgendwann werdet ihr allerdings fündig und nach erledigtem Geschäft entledigt ihr euch dann der restlichen Widersacher und aus Versehen auch des Flugkapitäns. Aber kein Problem, schnell noch einem klammheimlich zum Ausstieg kriechenden Pensionisten den einzigen Notfallschirm geklaut, die zuvor von der Stewardess verbotene Zigarre angesteckt und ab durch die Mitte.

Kurz darauf findet ihr euch in eurer Madrider Bruchbude wieder, die bettlägerige Großmutter braucht frische Windeln, der benachbarte Pub lädt zu einem lukrativen Furzturnier und auf den Straßen der spanischen Hauptstadt wollen organisierte Banden und Kleinkriminelle dingfest gemacht sowie Fußballfans um ihre Schals erleichtert werden - schließlich ist Torrente der einzig wahre Atlético Madrid-Fan.

Legoland Madrid: Die virtuelle Großstadtkulisse wrkt extrem schlicht, steril und klötzchenhaft.
Und weil er zudem ein fauler Fettsack ist, konfisziert er noch schnell ein Moped und schon geht es jeglichen Unruhestiftern, auf die er stößt, an den Kragen. Eure Hauptaufgabe ist es jedoch, eine hochrangige EU-Parlamentarierin zu beschützen - daher auch der Untertitel "The Protector" (Der Beschützer).

Skurriles, aber solides Grundgerüst

Die leider etwas sterile Spielwelt lässt sich recht frei erkunden, ihr dürft Nebenaufgaben nachgehen, eure Fertigkeiten verbessern und nebenher Geld verdienen. Seid ihr knapp bei Kasse, könnt ihr z. B. an weiteren Furzwettbewerben teilnehmen oder euch als illegaler Taxifahrer versuchen. Zudem könnt ihr eure schmutzigen Geschicke beim Pinkeln, Kacken und Onanieren unter Beweis stellen, euer sportliches Talent im Olympiastadion beim Gewichtheben oder Hürdenlauf zeigen, eure Ermittlungsfähigkeiten bei der Verbrechensbekämpfung trainieren oder die Handlung mit vorgegebenen Storymissionen voran treiben. Habt ihr euch in allen Disziplinen ausreichend bewährt, steigt ihr einen Rang auf und es warten neue Aufgaben auf euch.

Darüber hinaus verdient ihr mit jeder erfolgreichen Aktion Credits, mit denen ihr eure Statuswerte wie Zielgenauigkeit, Sex-Appeal oder Fahrkünste verbessern könnt. Ihr dürft auch diverse Outfits erwerben, die mehr als rein optische Gimmicks sind. In Diskotheken erhaltet ihr z. B. nur in Abendgarderobe Einlass, auf dem Sportplatz dürft ihr nur im Trainingsanzug aktiv werden und bei Undercover-Einsätzen ist natürlich möglichst unauffällige Kluft angesagt. Auch das Waffenarsenal lässt sich aufstocken. Seid ihr anfangs noch auf eure Fäuste oder herum liegende Gegenstände angewiesen, habt ihr im späteren Verlauf immer effektivere Schusswaffen parat. Ähnlich verhält es sich mit fahrbaren Untersätzen, die ihr erst beschlagnahmen dürft, wenn ihr die entsprechende Fahrlizenz erworben habt.

Die verschiedenen Boliden nehmen im Straßenverkehr auch Schaden, erwischt man versehentlich einen Fußgänger, hat man sogar die Verkehrspolizei am Arsch, die einen versucht, aus dem Fahrzeug zu zerren. Dann gibt's allerdings weder Bußgeld, noch Knast, sondern eine zünftige Prügelei bzw. Schießerei. Das Kampfsystem ist allerdings recht plump und träge sowie trotz Zielaufschaltung und verschiedener Trefferzonen ziemlich ungenau, so dass gerade Faustkämpfe alles andere als Laune machen. Da sucht ihr lieber im Autoradio nach der passenden Mucke und lasst fiese Schläger oder unliebsame Verkehrshüter Bekanntschaft mit eurer Kühlerhaube machen - übertreibt ihr es allerdings, habt ihr bald die halbe Streifenflotte im Nacken - GTA lässt grüßen.

Enttäuschendes Gesamtpaket

Obwohl sich die Entwickler an allen Ecken und Enden fleißig bei Rockstars Genre-Primus bedient haben, wird die Klasse des Vorbilds leider nie erreicht. Die Spielwelt ist vergleichsweise mickrig und steril, es gibt nur wenige Gebäude, die betreten werden dürfen, nur eine geringe Figurenvielfalt mit immer gleichen Sprüchen, das Aufgabendesign ist ebenfalls sehr wiederholungsanfällig und die Spielmechanik wirkt vielerorts unausgereift.

Tote Hose: In den Kneipen wird regelmäßig um die Wette gefurzt - heute scheint jedoch Ruhetag.
 Zudem ist die grafische Präsentation mit ihren verwaschenen Magertexturen, ruckeligen Hampelmannanimationen und vorsintflutlichen Effekten alles andere als zeitgemäß. Auch die Soundkulisse ist eher spärlich und eine Lokalisierung gibt es nicht. Zwar wird die halbe Zeit ohnehin nur geflucht und gebaggert, aber zumindest deutsche Untertitel hätte man Torrente 3 schon spendieren können.

Stattdessen werdet ihr bei jedem Ortwechsel oder Kartenaufruf mit extrem nervigen Ladezeiten gequält, Den Spielstand könnt ihr auch nur an bestimmten Orten sichern und aufs Statusmenü habt ihr sogar nur in den eigenen vier Wänden Zugriff. Selbst der herrlich derbe Humor nutzt sich trotz skurriler Minispiele und übelster Einzeiler irgendwann ab. Der spanische Chaos-Cop, der wohl am ehesten als eine Mischung aus Tony Montana (Scarface ) und Benny Hill durchgeht, bleibt zwar ein sympathischer Antiheld, der sich angenehm von der oft stereotypen Konkurrenz abhebt. Aber wenn ihr auf den Humor Torrentes steht, solltet ihr euch trotz des günstigen Preises wohl eher einen von Seguras Filmen auf DVD rein ziehen. Das ist definitiv amüsanter als die sich ständig wiederholenden Schweinereien und gelegentlich eingespielten FMV-Schnipsel, die euch die Versoftung beschert.     

Fazit

Torrente 3 ist ein optisch biederer und spielerisch monotoner GTA -Klon, der lediglich durch derben Humor und politisch unkorrekte Minispiele auf sich aufmerksam macht. So könnt ihr z. B. an lokalen Furzwettbewerben teilnehmen, die Toiletten Madrids mit eurer Notdurft verunreinigen oder euch im örtlichen Bordell einen von der Palme wedeln. Zudem hat Torrente immer einen lockeren Spruch auf der Lippe, egal ob ihr Passanten anmacht, unachtsame Fußgänger überfahrt, Fußballfans beklaut oder eurer Großmutter die Windeln wechselt. Allerdings nutzen sich diese vermeintlichen Highlights recht schnell ab. Was bleibt, ist eine recht sterile Großstadtkulisse, in der ihr Polizeieinsätze und Sonderaufgaben erledigt, die sich ständig wiederholen. Auch das Verbessern bestimmter Fertigkeiten oder Erwerben von Fahrlizenzen motiviert nur bedingt, das Kampfsystem ist ein Graus und die Ladezeiten sind fast schon eine Zumutung. Zudem erschallt das Spiel komplett auf Englisch, es gibt nicht einmal deutsche Untertitel. Zumindest ist der Preis fair - mehr als ein simples GTA für Anspruchslose, das euch den einen oder anderen Lacher entlockt, dürft ihr aber nicht erwarten.

Pro

günstiger Preis
herrlich derber Humor

Kontra

sterile Spielwelt
antiquierte Technik
mieses Kampfsystem
monotoner Spielverlauf

Wertung

PlayStation2

Witzig derber, aber auf Dauer öder GTA-Klon aus Spanien.

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.