Guitar Hero: Rocks the 80s14.08.2007, Paul Kautz
Guitar Hero: Rocks the 80s

Im Test:

Nur wenige Spiele vermitteln einem das Gefühl, tatsächlich Teil des Geschehens zu sein - in manchen Fällen ist das vermutlich auch besser so. Die Guitar Hero-Reihe gehört ganz klar zu diesen wenigen, denn alleine schon der Gitarren-Controller verführt den Spieler dazu, das unsichtbare Plektrum zu zücken, den Schrammelarm siegreich in die Lüfte zu recken und wild vor dem Fernseher abzurocken, sehr zum Vergnügen der Zuschauer. Ja, Guitar Hero: Rocks the 80s (ab 33,90€ bei kaufen) schafft das auch. Aber lange nicht so lässig wie gehabt.

Wo sind die Helden?

Die 80er sind ein Jahrzehnt, an das man grundsätzlich entweder mit Grausen oder Sprüchen wie »Hey, ich war jung!« zurückdenkt: schlimme Frisuren, schlimme Klamotten, schlimme Fernsehserien, schlimme Musik. Oder doch nicht? Denn Modern Talking, Wham und ähnlich schmerzhaften Kaugummipop mal beiseite geschoben waren die Eighties auch die Dekade der Gitarristen sowie der ausufernden Gitarrensoli. Man denke dabei an Namen wie Van Halen, Alice Cooper, Guns'n'Roses,

Ja, ich war mal jung: Die auf Eighties getrimmten Gitarristen sind nahezu die einzigen grafischen Anpassungen.
Bruce Springsteen, Metallica,  Motörhead, Manowar, Europe, Survivor, Queen und viele, viele mehr. Seid ihr schon hibbelig? Dann nehmt eine kalte Dusche, denn derartig hohe Erwartungen erfüllt Guitar Hero: Rocks the 80s (der Einfachheit halber nachfolgend GH 80s abgekürzt) nicht mal ansatzweise!

Zwar sind mit Scorpions, Judas Priest, Anthrax oder Extreme einige durchaus bekannte Namen vertreten, aber wie so oft nicht mit ihren Trademark-Songs - in einigen Fällen kann man nicht mal mehr von B-Seiten sprechen. Echte Highlights sind rar gesät, Twisted Sisters »I wanna rock« oder »Police Truck« der Dead Kennedys muss man da schon als die Scheibenkracher durchgehen lassen - und just, als das Spiel mit Extremes »Play with me« interessant wird, ist es auch schon wieder vorbei: Euch erwarten gerade mal 30 Songs, von denen einige (wie Dios »Holy Diver«) hörbar schlecht gecovert sind - wenn man bedenkt, dass Guitar Hero 2 standardmäßig mehr als doppelt so viele aufweisen konnte (und die 360-Fassung -Fassung sogar noch weitaus mehr), dann bekommt man hier tatsächlich ziemlich wenig für sein Geld. Die restlichen Beiträge auf der Disc sind tatsächlich zum Teil eher Kandidaten für den ZDF-Fernsehgarten, wenn's mal etwas aufregender als Stefan Mross werden soll.

Mehr Haarspray! Mehr Haarspray!

Harmonix scheint für die Entwicklung von GH 80s den einfachsten Weg gewählt zu haben, denn von den Songs abgesehen, bietet das Game nicht sehr viel Eighties. Genau genommen wurden nur die Designs der Gitarristen offensichtlich überarbeitet, die jetzt jünger aussehen und mit diversen Achtziger-Devotionalien verziert sind: Johnny Napalm sieht fast wie ein normaler Mensch aus, Judy Nails scheint Madonna-Fan zu sein, und Izzy Sparks... nun, der war schon immer ein Kind der 80er. Das war's aber auch schon mit den Änderungen, denn von einer neuen Farbgebung im Menü, einem neonlastigeren Intro sowie dezenten Veränderungen an

Natürlich dürfen nach wie vor zwei Spieler gleichzeitig mit- oder gegeneinander drauflosschrammeln.
einigen der Bühnen sieht alles genauso aus wie in Guitar Hero 2. Sogar die euch umgebende Band wurde unverändert übernommen - wo sind die in den 80ern unvermeidlichen Keyboards, wo sind die Keytars, wo sind die Nebelmaschinen? Immerhin ist der Spieleinstieg mit C-64-ähnlichen Activision- und Harmonix-Logos ganz witzig.

Leider hört hier die Tour de Force für GH 80s nicht auf, denn die Designer haben es dem Vollpreis zum Trotz geschafft, weniger auf die Disc zu packen als in jedem GH-Vorgänger: Weniger Stages (Stonehenge und der RedOctane Club fehlen), weniger Figuren (Eddie Knox, Casey Lynch, Lars Ümlaüt, Clive Winston und Xavier Stone bleiben den 80ern fern), weitaus weniger Bonusmaterial, keine englische Fassung. Und der fiese Schwierigkeitsgrad der Vorgänger hat sich auch verabschiedet: Klar bieten »Pro« und »Expert« eine angemessene Herausforderung, aber mit Ausnahme einiger Songs (wie dem unglaublich nervenden »Caught in a Mosh« von Anthrax, das mit seinen ständigen Rhythmussprüngen unschöne Erinnerungen an das gleichsam peinvolle »Institutionalized« von Suicidal Tendencies in Guitar Hero 2 weckt) ist die Playlist verhältnismäßig einfach. Selbst mäßig begabte Gitarrenschwinger dürften ziemlich viele goldene Sterne zu sehen bekommen. Und neue Spielmodi gibt's natürlich auch nicht.     

Fazit

Okay, das Positive vorweg: Guitar Hero 80s spielt sich genauso super wie seine beiden Vorgänger, gerade im Mehrspielermodus ist die Freude groß, die Gitarren-Steuerung klappt wunderbar. Und das ist ja bei dieser Art von Spiel das Wichtigste; am grundsätzlichen Konzept kann man hier, genauso wenig wie bei den SingStars dieser Welt, einfach nichts kaputt machen. Aber, und damit verlassen wir die freudvollen Ufer, das Herz spielt dieses Mal nicht mit: Man wird das Gefühl nicht los, dass Harmonix dieses Add-On schnellstmöglich raushauen musste, um seinen Activision-Vertrag abzuhaken, und sich voll und ganz der Entwicklung von Rock Band widmen zu können. Jedenfalls fühlt sich »Rocks the 80s« nicht wie ein vollwertiges Guitar Hero, sondern mehr nach Dienst nach Vorschrift an, etwas, das man auf dem PC ein »selbständig laufendes Add-On« nennen würde. GH 80s erinnert an eine 5 Euro-Compilation, die man in den Grabbeltischen der Media Märkte dieser Welt findet: Ein paar Perlen sind immer dabei, aber der größte Teil des Inhalts ist bestenfalls mäßig. Und das ist angesichts der Tatsache, dass dieses Game mit etwas mehr Herzblut, Sorgfalt und Liebe zur Thematik ein absoluter Kracher hätte sein können, wirklich bedauernswert.

Pro

Zwei-Spieler-Koop-Modus
rockiges Spielgefühl
einige coole Songs

Kontra

nur 30 Songs
streitbare Song-Auswahl, davon einige hörbar schlecht gecovert
wenig Eighties-Feeling, noch weniger Eighties-Gitarren-Feeling
ziemlich leicht
keinerlei spielerischen Verbesserungen
unausgereifter Zwei-Spieler-Modus

Wertung

PlayStation2

Am grundsätzlichen Guitar Hero-Konzept kann man nichts kaputt machen - aber dem 80er-Ausflug fehlt nachweislich das Herzblut!

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