Lego Indiana Jones: Die legendären Abenteuer05.06.2008, Paul Kautz
Lego Indiana Jones: Die legendären Abenteuer

Im Test:

Wo sind die guten alten Tage, in denen man noch lässig von der »Indy-Trilogie« reden konnte. Wer heutzutage präzise sein will, muss das etwas sperrige »Indy-Quadrilogie« über die Lippen zwängen, was die Frauen mit Sicherheit anzieht wie ein Ausverkauf bei Dolce & Gabbana. »Lego Indiana Jones: Die legendären Abenteuer (ab 19,95€ bei kaufen)« ist zwar auch nicht der Welt einprägsamster Titel, aber er vereint in sich die Trilogie, wundervoll veralbert im Lego-Stil. Das sind ja gleich zwei Wünsche auf einmal!

Willkommen in Indyen!

Wer kennt Lego Star Wars ? Ahaaa, genug Hände. Sehr gut, kann ich mir also eine lange Beschreibung sparen, denn im Grunde seines Herzens ist Lego Indiana Jones quasi Lego Star Wars, nur mit anderen Texturen und ohne mysteriöse Macht, dafür aber mit weitaus mehr Abenteuer-Elementen - Indy ist halt eher Forscher als Schwertschwinger. Nicht falsch verstehen: Hier geht es mit Fäusten, Peitsche, MG, Pistole oder Schaufel nach wie vor mehr als genug

Macho-Klotz auf der Suche nach Schätzen: Der unrasierteste Lego-Stein aller Zeiten!
Bösewichtern an den plastikglänzenden Kragen. Aber mehr als je zuvor seid ihr hier auch damit beschäftigt, Dinge auszubuddeln, Hebel zu betätigen, Gegenstände miteinander zu kombinieren oder die richtigen Werkzeuge am richtigen Ort einzusetzen, damit es weitergeht. Allerdings ist das hier kein Point-n-Klick-Adventure: Die Rätsel bleiben einfach und oberflächlich, kein Spieler wird mit den Kopfnüssen überfordert.

Der Star Wars-Tradition folgend hat Entwickler Traveller's Tales die berühmte Trilogie ins Spiel gepackt. Alle drei präsentieren euch die berühmtesten Szenen wie den Einstieg im verlorenen Tempel, die Suche nach Sir Richard in Venedig oder die Befreiung von Willie in der Höhle von Kali. Dazwischen liegende Story-Bestandteile werden erneut in Zwischensequenzen präsentiert - und das natürlich wieder völlig bekloppt: Die völlig überzeichneten Situationen, die allein von der wunderbar doofen Mimik und Gestik der Protagonisten leben, sind schon allein das Geld wert; habt ihr einen Film freigespielt, könnt ihr ihn im Filmraum vom Barnett College (dazu gleich mehr) immer wieder ansehen. Wie gewohnt gibt es keinerlei echte Sprachausgabe; sämtliche Aktionen werden von Gebrummel und sonstigen Lauten begleitet. Nach dem Einstieg, den ihr auf jeden Fall in Südamerika erlebt, steht euch die Wahl des Weges frei: Ihr könnt entweder die Filme am Stück verfolgen, oder innerhalb der Trilogie wild hin- und her springen. Begleitet wird das Abenteuer logischerweise vom Original-Soundtrack aus den göttlichen Händen von John Williams.

Klotz der knappen Worte

Ihr seid nie allein unterwegs: Mindestens ein Begleiter findet sich immer an der Seite von Indy, oft genug tummeln sich auch drei Klotz-Abenteurer im Bild. Wie gewohnt könnt ihr jederzeit zwischen

Jede Figur hat ihre Spezialeigenschaften, die an der richtigen Stelle zum Einsatz kommen müssen: Hier übersetzt Elsa Schneider gerade eine Hieroglyphe.
allen verfügbaren Figuren wechseln - das müsst ihr sogar, denn Indy, Marion, Shorty, Dr. Elsa Schneider, Henry Jones Sr. oder Mechaniker Jock haben allesamt Spezialeigenschaften: Mal geht es nur mittels Peitschenschwung über einen Abgrund, mal müssen Hieroglyphen in einer Art Memory-Minigame übersetzt werden, mal passt nur ein kleiner  Körper durch einen Tunnel. Derlei Aufgaben gibt es alle Pixelnase lang, allerdings müsst ihr keine Angst haben, dass euer Umschalt-Knopf bald das Zeitliche segnet. Denn wichtige Items wie Schaufel, Übersetzungsbuch oder Schraubenschlüssel liegen auch separat herum und können von allen benutzt werden. Insgesamt gibt es mehr als 60 Figuren, über die ihr nach und nach die Kontrolle übernehmt - sowohl innerhalb der Story, wo die Männchen-Wahl vorgegeben ist, als auch im freien Spiel, für das ihr euer Team frei zusammenstellen könnt. Das ist auch bitter nötig, denn wie üblich strotzen die Levels vor Passagen, die nur von bestimmten Charakteren betreten werden können. Klar, dass dort die glänzendsten Schätze lauern, die sich gierige Indylogen nicht entgehen lassen sollten - dem Wiederspielwert sehr zuträglich.           

Einige Charaktere haben Phobien, die Hilfe erfordern: Blondine Willie muss hier sicher durch ein Spinnennest gelotst werden.
 Mehr denn je in der Serie wird jetzt die Zusammenarbeit vorausgesetzt - zwei Schalter gleichzeitig bedienen ist dabei noch die leichteste Übung: Mal muss Indy Elsa Schneider eine Fackel zuwerfen, damit sie über einen Ratten-verseuchten Fluss kommt. Oder Willie zieht an einem Seil, woraufhin eine Brüstung gesenkt wird, über die Indy drüberlaufen kann. Manche Figuren haben sogar Phobien, um die ihr herum arbeiten müsst: Willie hat z.B. panische Angst vor Spinnen, Indy hasst bekanntermaßen Schlangen - in der Nähe der Hassobjekte erstarren die Opfer zu schlotternden Salzsäulen, die Begleiter müssen sich dann um das Problem kümmern.

Dankbarerweise ist die KI ein sehr zuverlässiger Partner, der immer an der richtigen Stelle die richtige Aktion ausführt. Logischerweise kann der zweite Slot auch von einem Forscher aus Fleisch und Blut besetzt werden, der jederzeit ein- und aussteigen darf. Allerdings nur, wenn er sich den Fernseher mit Spieler Eins teilt, denn der famose Online-Modus aus Lego Star Wars: Die komplette Saga wurde leider sang- und klanglos gekippt. Was hingegen leider noch drin ist, ist die Beschränkung auf das automatische Speichersystem: Die Levels sind teilweise sehr lang, im Normalfall braucht man 15 bis 25 Minuten für einen kompletten Abschnitt - der Spielstand wird allerdings erst am Ende gesichert. Speicherbare Checkpunkte innerhalb der Welten wären komfortabel gewesen.

Das X markiert den Spaß

 Neben Action und Puzzles ist das Zerkloppen der Welt-Einrichtung die dritte große Säule, auf die sich das Indy-Spieldesign stützt. Als Faustregel gilt: Wenn es aus Lego  besteht,

Zwischen den Aufträgen könnt ihr euch die Zeit am Barnett College vertreiben: Hier könnt ihr Bonusfiguren freischalten oder die witzigen Filme nochmal ansehen.
kannst du es kaputt machen. Büsche, Bänke, Feinde, Stühle, Tische, Spinnweben, Statuen, Blumenvasen, Holzstapel, Bücher, Fässer - alles zerfällt nach einem kräftigen Fausthieb in Dutzende kleiner Lego-Klötze, von denen ihr die glänzenden dringend einsammeln solltet. Denn die stellen die interne Spielwährung dar, für die gibt's nicht nur Bonuspunkte, sondern damit könnt ihr auch weitere Spielfiguren und Extras freischalten. Das macht ihr im Barnett College, Indys Arbeitsplatz und hiesiges Pendant der Mos Eisley Bar in den Star Wars-Spielen: Hier könnt ihr euch alle bislang freigespielten Filme ansehen, Extras kaufen, einen personalisierten Charakter bauen oder in Indys Büro ein paar kleine Extra-Puzzles lösen - putzig. Neben dem Nahkampf, in dem Indy einen Gegner schon mal in den Schwitzkasten nimmt oder ihm einen Doppelkick verpasst, könnt ihr auch allerlei Waffen einsetzen: MG, Raketenwerfer, Schwert, Flinte, Speer, Granaten oder Armbrust zielen automatisch auf den nächstbesten Widersacher. Das Gekloppe läuft ziemlich chaotisch ab, hin und wieder zerfällt man selbst in seine Bestandteile und weiß nicht genau warum. Ist aber nicht weiter schlimm, denn außer Punktverlust gibt es in einem solchen Fall keine negativen Konsequenzen.      

Die Zwischensequenzen sind mal wieder das Highlight des Spiels: Hier werden Schlüsselszenen der Filme auf brillante Art und Weise verLegoisiert.
Das genaue Gegenteil des Zerstörens hat ebenfalls an Bedeutung gewonnen: Überall, wo herrenlose Lego-Teile herumliegen und -zappeln, ist der kleine Handwerker gefragt. Ihr lauft hin, haltet den Bauknopf gedrückt und ein paar Sekunden eifriger Stapel-Tätigkeit später steht ein Auto, ein wichtiger Schalter, ein Durchgang oder ein Schneemann vor euch. Sehr albern, aber natürlich auch sehr nützlich. Nichts ganz so sinnvoll sind die Vehikel-Abschnitte, in denen ihr die Kontrolle über Boote, Oldtimer, Gabelstapler, Elefanten oder Lamas übernehmt. Die steuern sich nämlich genauso bescheiden wie eh und je, kommen dafür aber auch nur selten und kurz vor - die kompletten Flug- oder Rennlevel von Star Wars gehören der Vergangenheit an.

Indiana Jones und das grüne Plastikkrokodil des Todes

In Sachen Technik setzt auch Lego Indiana Jones in erster Linie eine Sache voraus: Einen Sinn für leicht schrägen Humor. Nüchtern betrachtet sind sowohl Figuren als auch Levels sehr simpel gestaltet, alles läuft flüssig, aber auch einem sehr einfachen Niveau. Aber keiner will hier ein Lego Crysis sehen, denn das was zählt, haben die Entwickler wie üblich mit hundertprozentiger Genauigkeit auf den Kopf getroffen: Die Liebe sitzt hier bombenfest in jedem Pixel! Klar, es ruckelt immer wieder mal leicht. Und die nicht verstellbare  Kameraperspektive, die oft dafür verantwortlich ist, dass

Die Kämpfe sind wieder dezent chaotisch - man weiß nicht immer genau, auf wen oder was man gerade einprügelt. Trotzdem richtet sich auch Lego Indiana Jones eher an Spiel-Einsteiger.
man aufgrund der schwer abschätzbaren Perspektive nicht wie geplant an einer Liane, sondern im darunter schlummernden Abgrund landet, nervt auch immer wieder. Aber der grundsätzliche Grafikeindruck ist eine große Freude: Das hier ist virtuelles Lego in Perfektion.

Die PS2- und Wii-Versionen müssen logischerweise mit grafischen Einbußen leben; neben der geringeren Auflösung fehlen hier vor allem Spielereien wie Unschärfeeffekte oder hoch aufgelöste Texturen. Ansonsten unterscheidet sich die Wii-Fassung lediglich in der Steuerung von den anderen Varianten: Optional könnt ihr per Fuchtelbewegung mit der Wiimote die Peitsche schwingen, das war's aber auch schon - spielerisch sind alle Fassungen (PC, PS2, PS3, Wii, 360) absolut identisch. PC-Abenteurern sei übrigens dringend zu einem soliden Pad geraten: Zwar lässt sich das Abenteuer auch per Tastatur spielen, aber das wollt ihr nicht. PSP-Spieler müssen als einzige mit sehr langen Ladezeiten leben, außerdem ist hier die Texturauflösung am niedrigsten - gerade die Hintergründe sind hier nicht mehr sehr schön anzusehen. Spielerisch bleibt aber auch hier alles beim Alten.       

Fazit

Traveller's Tales hat es einfach drauf: Wie kein anderer Entwickler schaffen es die Jungs, den Kern zweier großer Marken problemlos zu treffen - das hat schon bei Lego Star Wars wunderbar geklappt, auch Lego Indy trifft voll ins Schwarze. Der herrlich bekloppte Humor passt wunderbar zur Leichtigkeit der Trilogie, für die wunderbar albernen Zwischensequenzen haben sich die Designer einen Sonder-Oscar verdient! Auch spielerisch gibt man sich kaum Blößen, das Abenteuer steuert sich schön flüssig und leicht, vielleicht sogar zu leicht: Alles ist simpel und freundlich und zugänglich gehalten, was aber natürlich fortgeschrittenen Spielern das Leben zu einfach macht. Es ist auch schade (und unverständlich), dass der Online-Modus des unmittelbaren Vorgängers über Bord gekippt wurde - außerdem solltet ihr nicht mit Überraschungen rechnen; Indy setzt genau da an, wo Star Wars aufgehört hat. Nichtsdestotrotz gibt es eine enthusiastische Empfehlung für alle großen und kleinen Abenteurer: Weil Traveller's Tales mal wieder das Kunststück vollbracht hat, nicht nur die Essenz der Filme perfekt einzufangen, sondern das Ausgangsmaterial auch noch toll spielbar in das herrlich alberne Lego-Universum zu integrieren, ohne es lächerlich zu machen. Das ist etwas, was nur den wenigsten Entwicklern von Film-Umsetzungen gelingt.

Pro

hinreißender Grafikstil
intelligente Computerbegleiter
einfache Steuerung
unterhaltsames Leveldesign
viel freizuspielen
herrlich bekloppter Humor
originalgetreue Akustik
guter Wiederspielwert
gesunde Mischung aus Action und Puzzles
vorbildlicher Kooperativ-Modus

Kontra

simple Spielmechanik
gelegentliche Kameraprobleme
mitunter unübersichtliche Kämpfe
sehr einfach
lange Ladezeiten (PSP)

Wertung

360

Ein wunderbares, liebevolles, herrlich albernes Klotz-Abenteuer.

PC

Die Tastatursteuerung sollte man meiden wie ein Schlangennest - ansonsten ist der PC-Indy top!

PlayStation3

Wii

Technisch den anderen Fassungen unterlegen, aber spielerisch auf gleicher Höhe.

PSP

PSP-Abenteurer müssen mit sehr langen Ladezeiten leben - spielerisch ist Indy aber auch hier in Topform.

PlayStation2

Entspricht technisch etwa der Wii-Version, spielerisch ändert sich nichts.

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