Final Fantasy 1221.10.2006, Paul Kautz
Final Fantasy 12

Vorschau:

Nach nahezu sechs Jahren Entwicklungszeit erblickt Final Fantasy XII endlich das matte Licht der Fernseher dieser Welt – zuerst in Japan, dann in den USA und in Kürze (sprich: Anfang 2007) sind auch wir endlich dran! Wir haben die Gelegenheit genutzt, bei einer Präsentation im nebligen München nicht nur das Spiel zu zocken, sondern auch mit den Entwicklern zu reden.

Programmier mich!

Erinnert ihr euch noch an den Schock, den Final Fantasy 7 auslöste? 3D-Grafik! Renderfilme! Das Materia-System! Story noch und nöcher! Square-Enix hat immer wieder Teile veröffentlicht, die teils recht radikal mit Regeln und Konventionen früherer Episoden brachen und etwas völlig Neues versuchten. Das ging teilweise gut, das ging teilweise mächtig in die Hose. Final Fantasy XII ist wieder so ein Teil: Natürlich bleibt er der Seele von Final Fantasy treu, scheut sich aber auch nicht davor, frische Ideen auszuprobieren, die alteingesessenen Fans durchaus nicht passen könnten.  Da wäre z.B. das Gambit-System.

Das Gambit-System erleichtert euch den Kampf und sorgt für eine sinnvolle Ressourcen-Verteilung.
Klingt wie ein weiteres Minigame, ist aber ein mächtiges Tool, mit dem ihr nicht weniger machen könnt, als die KI eurer Partymitglieder nach Belieben umzukrempeln. Ein intelligentes, hierarchisches KI-Hilfe-System, das dafür sorgt, dass eure Kumpanen (und auch ihr selbst) so effizient wie möglich kämpft, ohne Manapunkte oder unnötig Lebensenergie zu verschwenden. Klingt komplizierter als es ist. Obwohl... als ich den vollen Gambit-Screen zum ersten Mal sah, hatte ich große Schwierigkeiten, den Impuls mit den Armen rudernd und »Excel! Excel!!«-schreiend durchs Zimmer zu rennen zu unterdrücken - der Bildschirm ist voller Statistiken, Buchstaben und Zahlen. Erst als mir Entwickler Morgan Rushton das System zeigte, wie man es zu sehen bekommt, wenn man von Anfang an spielt, beruhigte sich mein Gemüt wieder. Das erfordert vielleicht eine Erklärung:

Das Gambit-System kann und wird euch das Abenteurer-Leben enorm erleichtern, schließlich könnt ihr eurer Party damit genau sagen, wie ihr wünscht, dass sie sich in bestimmten Situationen verhält. Dazu gibt es Standard-Anordnungen wie »Gib Partymitglied Heiltrank, wenn Energie unter 50%«, »Attackiere das Ziel der Hauptfigur« oder »Belebe tote Partymitglieder wieder«. Es geht allerdings auch komplizierter: »Wenn Gegner resistent gegen Feuermagie, dann bewirf ihn mit öliger Substanz und greife erst dann mit Feuermagie an« sind ebenso problemlos möglich wie »Analysiere zuerst die Schwächen 

Das Figurendesign ist wie gewohnt brillant bis verrückt.
des Gegners und greife dann geballt mit der optimalen Bewaffnung an«. Das Ganze beruht auf IF-THEN-Schleifen, die über maximal zwölf Balken (anfangs habt ihr nur einen) definierbar sind. Über Drop-Down-Menüs wählt ihr die Anfangsbedingung (z.B. »Betrifft Gefährten«) und geht dann immer tiefer ins Detail. Der Sinn des ganzen Systems ist, euch das dauernde Mikromanagement mit Tränken, Magie, Items etc. abzunehmen, zu automatisieren und somit zu optimieren - alles wird jetzt wirklich nur dann eingesetzt, wenn es benötigt wird. Natürlich wird das Game dadurch im Grunde vereinfacht, aber nicht völlig  - das Gambit-System spielt FF12 nicht für euch durch. Spätestens bei den Bossgegnern muss man seine Taktik immer wieder variieren, was mitten im Kampf problemlos machbar ist. Wer keine Lust auf das Brimborium hat, kann das Ganze auch teilweise oder komplett deaktivieren - und hat dann ein sehr klassisches, komplett rundenbasiertes FF-Spielgefühl. Kompliziert? Ja. Verdammt mächtig? Oooh, ja! Man wird sachte an das System herangeführt, keiner startet hier mit den vollen zwölf Slots und allen Programmiermöglichkeiten - komplexere Befehle gibt's erst spät im Spiel, teilweise als Belohnung, teilweise zu kaufen.           

Last PS2 Standing

Wer die Rundenkämpfe früherer Final Fantasys gewohnt ist, wird hier den Atem anhalten - watt, Echtzeit? Nein, keine Sorge: Es sieht nur so aus. Eine weitere Neuerung in FF12 ist nämlich der MMORPG-Einfluss des rundenbasierten Echtzeit-Kampfes. So gibt es keine Zufallskämpfe mehr, alle Gegner streunen von Anfang an gut

Mit dem Lizenz-System könnt ihr eure Figuren frei entwickeln.
sichtbar in der Welt herum und lassen sich gezielt angreifen. Läuft der Kampf, regelt das bewährte ATB (Active Time Battle) die Gefechte - so fühlt sich FF12 eigentlich wie ein Offline-MMORPG an. Brandneu ist auch das Lizenz-System, mit dem ihr die Entwicklung eurer Charaktere steuert: Jede Figur, die ihr wählt, hat zwar eine bestimmte Vorliebe, ist aber sonst entwicklungstechnisch völlig neutral - also keine Krieger, Rotmagier oder Mönche wie gehabt. Die Wahl des zukünftigen Berufes hängt völlig von euch ab bzw. eurer Auswahl auf einer in viele Kästchen unterteilten »Landkarte«. Jedes Feld steht hierbei für eine Lizenz, die ihrerseits wiederum eure Figur in eine bestimmte Richtung entwickelt. So könnt ihr euren Schwertkampf, eure Weißmagie, eure Heilkräfte und vieles mehr gezielt ausbauen. Ihr wollte einen mächtigen Krieger? Kein Problem, kauft Lizenzen in Richtung Schwerter und Rüstung. Lieber einen mächtigen Magier? Die andere Richtung bitte. Einen, der von allem etwas kann? Klar, geht. Jede Lizenz kostet Lizenzpunkte, die jedes Mitglied eurer Party von jedem besiegten Gegner erhält - unabhängig davon, ob sie tatsächlich am Kampf beteiligt waren (anders als bei Erfahrungspunkten, die nur die kassieren, die gekämpft haben). Habt ihr die Lizenz, müsst ihr euch nur noch die dazu passende Waffe oder das benötigte Items besorgen und schon wird alles gut. Natürlich sind auch die Lizenzen hierarchisch aufgebaut, zuerst müsst ihr niedrigere Lizenzen kaufen, bevor ihr an die dicken ran dürft.

Eure Party ist jetzt auch sehr variabel aufgebaut: Ihr seid mit maximal fünf Begleitern unterwegs, allerdings sind auf dem Screen immer nur drei in Aktion - ihr dürft jederzeit, auch mitten im Kampf, die Besatzung wechseln. Dazu kommen noch gelegentlich Gast-Charaktere, auf die man jedoch keinen Einfluss hat, und die völlig selbstständig kämpfen. Mit denen rennt ihr durch eine fast völlig offen 

Die Renderfilme sind gewohnt bombastisch inszeniert.
aufgebaute 3D-Welt, in denen ihr, innerhalb gewisser Limits vorgehen dürft, wie ihr lustig seid. Diese Limits beinhalten storyentscheidende Ereignisse, in denen eure Handlungen natürlich vorgegeben sind. Die Geschichte spielt übrigens in der Welt von Final Fantasy Tactics, Ivalice, allerdings einige Zeit später. Dadurch steht euch nicht nur mehr Technologie zur Verfügung, ihr trefft innerhalb der etwa 150 Stunden Spielzeit auch auf einige bekannte Gesichter.

Technisch treibt Final Fantasy 12 (ab 33,95€ bei kaufen) die PS2, wie auch Kingdom Hearts 2, an ihre Grenzen: Die großartig und in vielen Fällen auch sehr bizarr designten Figuren laufen brillant animiert durch eine 3D-Welt, die nicht nur auf Sonys schwarzem Kasten ihresgleichen sucht. Der einzigartige Designstil, farbenfroh, reich an famoser Architektur und liebevollem Detail zieht sich durch jeden Bildschirm, gleißende Effekte illuminieren jeden Kampf in prachtvoller Art und Weise. Die Krönung sind jedoch die Renderfilme, auch bekannt als »Kinnladenklapper« - aber weniger erwartet man von Square-Enix heutzutage ja eigentlich auch nicht.        

Ausblick

Final Fantasy 12 dürfte auf die Serie ähnliche Auswirkungen haben wie Resident Evil 4 auf die seinige: Ein gewaltiges Umkrempeln gängiger Konventionen, Einbringen frischer Ideen und Innovationen. Gambit-System, Lizenz-System, Halb-Echtzeit-Kampfsystem und mehr könnten alteingesessene FF-Liebhaber schaudern lassen, tun der altehrwürdigen Serie aber spürbar gut. Und Teufel auch, es sieht so unglaublich gut aus! Die Chancen stehen nicht schlecht, dass dies Squeenix’ letzter PS2-Ausflug werden könnte – und was wir bislang spielen konnten, sieht nach einem Abschied mit Knall aus!

Ersteindruck: sehr gut

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