Frischer Wind
Als ich die ersten
Trailer gesehen habe, war ich skeptisch. Das kunterbunte Kampfstakkato erinnerte mich an Devil May Cry auf Speed: sehr hohes Tempo, viele Explosionen und Kombos, die Gegner in der Luft halten. Nicht, dass ich Dantes Abenteuer nicht mögen würde, aber als Samurai-Liebhaber ging mir das fast ein Stückchen zu flott in die brachiale Actionrichtung. Hat Capcom da etwa ein pures Hack'n'Slay ohne Rätsel oder Taktik in der Pipeline? Will man die Serie einfach ausschlachten? Nein, ganz und gar nicht. Nach knapp fünf Stunden Spielzeit kann man Entwarnung geben: Das neue Onimusha bleibt trotz zahlreicher Neuerungen seinen Wurzeln treu. Produzent Yoshi Ono, der uns im ausführlichen
Interview u.a. verriet, warum diesmal kein Schauspieler dabei ist, wollte zwar frischen Wind in die Reihe pusten, um nicht nur Veteranen zu unterhalten, setzt aber auf das altbekannte Spielprinzip.
|
Soki versucht sich über den Dächern an einem Riesen-Samurai - kein später Bosskampf, sondern brachiale Action der ersten Stunde. |
Immer noch metzelt ihr euch durch Horden dämonischer Genma, saugt Energiekugeln verschiedener Farbe auf, die euch entweder heilen oder in die Kraft eurer Ausrüstung investiert werden können. Das Spiel pocht jedoch von Beginn an auf Hochtouren und serviert euch einen Wow-Effekt nach dem anderen: Schon in der ersten Stunde wird man schonungslos mit riesenhaften Kreaturen konfrontiert, die einen Hauch von
Shadow of the Colossus versprühen - nicht so atemberaubend, nicht erkletterbar, aber durchaus beeindruckend. Zwar laufen die Kämpfe deutlich schneller ab als im Vorgänger, aber erstens muss man Katana und Speer taktisch klug einsetzen, gezielt ausweichen und kontern: Nur, wer seine Attacken sowie Paraden richtig timt, wird ohne Heiltrankbesäufnis weiter kommen. Und zweitens wurde nicht nur die Spielzeit auf 30 bis 40 Stunden erhöht, sondern auch der Rätselanteil im Vergleich zu Teil 3 um zehn Prozent aufgestockt. Es gibt nicht nur die üblichen Logik- und Schiebespiele beim Öffnen von Schatztruhen, sondern auch Tür-, Mauer- und Geländehindernisse, die nur über kooperatives Teamplay beseitigt werden können. Übrigens: Wer die Schatztruhen-Rätsel nicht mag, kann die Truhen diesmal auch einfach zerstören, bekommt dafür jedoch nur beschädigte oder minderwertige Gegenstände.
Dynamisches Duo
Zum ersten Mal in der Reihe seid ihr knapp 80% des Abenteuers zu zweit unterwegs. Ihr könnt jederzeit auf Knopfdruck die Figuren wechseln und dem computergesteuerten Partner Befehle über das Digikreuz geben: Dann geht er aggressiv in die Kämpfe, zieht sich zum Erholen zurück, folgt euch oder nutzt eine Spezialfähigkeit. Selbst mitten im Kampfgetümmel läuft der Wechsel problemlos. Das liegt auch daran, dass die Kamera im offenen Gelände endlich freier justierbar ist; ihr könnt sogar in eine Egosicht schalten, um die Gegend zu erkunden. Nur in engen Gassen bleibt euch das Drehen verwehrt: Ab und zu gibt es dann Übersichtsprobleme, die euch blind zuschlagen lassen. Hier muss der Test noch zeigen, inwiefern sich das auf Dauer negativ bemerkbar macht.
Im Laufe des Spiels könnt ihr in fünf Charaktere schlüpfen, die alle mit eigener Story, eigenen Kampfstilen und Eigenschaften aufwarten: Im Zentrum steht der gehörnte Blondschopf
Soki, der aufgrund seines Samuraistils am ehesten an
|
Macht euch auf üppige Explosionen und Magie in allen Facetten gefasst - Ninjabraut Jubei ist im Funkenmeer kaum zu erkennen. |
Samanosuke erinnert. Später kommen die flinke Ninjadame
Jubei, der mit Fäusten kämpfende
Roberto, die Schusswaffenexpertin
Ohatsu sowie der mysteriöse
Tenkai mit seinem Doppelspeer hinzu. Je nachdem, wie lange ihr mit einem Helden unterwegs seid, stärkt sich das Freundschaftsband - ab einem bestimmten Punkt kann er dann einzigartige Gegenstände für euch herstellen.
Dawn of Dreams serviert euch eine üppige Charakter-Entwicklung, die an Rollenspiele erinnert: Ihr könnt jeden der fünf Helden in den drei Bereichen Angriff, Verteidigung und kritische Treffer aufwerten. Jeder dieser Bereiche bietet wiederum eine Hand voll Unterpunkte wie Attacke, Finisher, Wurf oder Tritt.
Das Schöne ist: Verteilt ihr z.B. drei Punkte auf die Attacke, öffnet sich vielleicht ein neuer Wirbelangriff, der noch mal verstärkt werden kann. So kann man sich quasi einen Helden nach Maß stricken. Allerdings dürft ihr hier nur dann Punkte verteilen, wenn ihr sie euch mit besonders elegantem Kampf und Komboketten verdient - stupides Draufloshämmern bringt auf lange Sicht nichts. Gerade das Ausprobieren neuer Angriffs- und Verteidigungstechniken sowie die Belohnung eines ausgefeilten Kampfstils dürfte auf lange Sicht unheimlich motivieren.