Splinter Cell: Double Agent29.07.2006, Benjamin Schmädig
Splinter Cell: Double Agent

Vorschau:

In die Jahre gekommen ist er, der coolste Undercoveragent auf diesem Planeten und man merkt es ihm sofort an: Da ist dieser strenge Blick, der kahl rasierte Kopf und die… Sträflingsklamotten? In welches Loch ist Mr. Fisher denn bloß gefallen, dass ich ihm und einem weiteren Häftling zur Flucht verhelfen muss? Was hat Ubisoft mit dem saubersten aller Regierungsbeamten nur angestellt?

Luft holen und Durchatmen

Sam ist in diesem Jahr für die Gegenseite aktiv, genauer gesagt für eine Terror-Organisation namens JBA. Aber ganz so wie es aussieht, sind die Dinge selbstverständlich nicht gelagert. Schließlich hat der Agent nicht die Seiten gewechselt, sondern

Schicke Zwischensequenzen bringen die Handlung voran.
treibt ein doppeltes Spiel. Indem ihr für die JBA Aufträge in Kinshasa, Island, Mexiko oder Afrika erledigt, erschleicht ihr euch buchstäblich das Vertrauen der bösen Buben.

So einfach ist das für einen guten Buben wie Fisher aber nicht, denn die Gegenseite will Blut sehen. Das heißt für euch: Bringt ihr möglichst viele Polizisten um, steigt euer Ansehen bei der JBA. Einen ordentlichen Schub bekommt euer Ruf, wenn der Anführer der Terroristen, Emile, bestimmte Personen für immer ausschalten will und ihr seinem Befehl nachkommt. Das einzige Problem neben einem schlechten Gewissen ist Third Echelon, euer Arbeitgeber. Der könnte die Mission nämlich als gescheitert ansehen, wenn Unschuldige eurem Übereifer zum Opfer fallen. Und somit ist es an euch, immer ein Auge auf das Beliebheits-Barometer zu werfen und die Balance zwischen Bösewicht und Gesetzestreuem zu halten.

Farbtupfer?

Die Entwickler versprechen sich davon Farbe auf dem

4P-Exklusiv:

Senior Coordinator Derek Chan im Gespräch mit dem Lead Sound Designer Romain HisAntlitz des bisher eher einseitig charakterisierten Gutmenschen. Und bei mir hat es im Ansatz tatsächlich funktioniert: Als die Vertrauensskala gefährlich in Richtung Third Echelon zeigt, habe ich die nächsten Feinde nicht einfach ausgeknockt, sondern fies gemeuchelt. Fühlt sich merkwürdig an, verursacht ein schlechtes Gewissen und hat sein Ziel damit treffsicher erreicht.

Die Frage ist natürlich: Was wäre passiert, hätte ich weiterhin den netten Jungen gespielt? Dann hätten die Männer der JBA Verdacht geschöpft und ich müsste ein eingeschobenes Missionsziel erfüllen, um meine Glaubwürdigkeit wiederherzustellen. Mir wird z.B. aufgetragen, innerhalb von wenigen Minuten an eine bestimmte Tür zu klopfen, um Emile davon zu überzeugen, dass Sam nicht heimlich dessen Basis erkundet. Schwierig wird das übrigens allein dadurch, dass die Übersichtskarte ihrer Bezeichnung nicht gerecht wird. Wer sich schlecht in der virtuellen Umgebung zurechtfindet, dem hilft das komplizierte Fummeln  mit der Karte kaum. Schade auch, dass keine wirklich fiesen Brocken warten, bei denen Mr. Fisher

Das gewohnte Bild: Die Gegner suchen Sam, während der im Schatten einer Mauer lauert.
so richtig schlucken muss. Wieso wird mein moralinsaures Gewissen nicht mit einem Unschuldigen gefoltert, dem ich das Lebenslicht ausblasen soll?

Bruce Willis Friseur

Vielleicht erwarten den Agenten später drastischere Situationen, denn zumindest im normalen Spielverlauf scheinen sie enthalten zu sein: Auf der E3 wurde ein Abschnitt gezeigt, in dem Fisher vor dem Hintergrund eines Bürgerkriegs agiert. Dort hat er die Wahl, unschuldige Zivilisten zu retten oder im Schatten der öffentlichen Hinrichtung vorbei zu schleichen. Es geht dabei übrigens nicht nur um eure Glaubwürdigkeit, sondern auch um den Fortgang der Geschichte. Die entwickelt sich nämlich je nachdem, wie ihr vorgeht. Zum einen erhaltet ihr von euren Partnern JBA und Third Echelon eine jeweils andere Ausrüstung, denn wer euch mehr vertraut, liefert spezielle Waffen und weitere hilfreiche Gegenstände.                        

Zum anderen schreitet ihr auf verzweigten Handlungspfaden. Leider ließ mich die Vorschau-Version nicht so weit blicken, dass ich mir ein Bild davon machen konnte, aber das Versprochene lässt meine Speicheldrüsen auch Hochtouren laufen. Wenn der Plot im späteren Verlauf so packend erzählt wird wie es die bislang coolen und intensiven Zwischensequenzen andeuten, könnte Double Agent ein feiner Thriller werden. Dazu ein Held mit der Frisur von

Zusammen mit einem Terroristen schleicht ihr euch aus dem Gefängnis.
Bruce Willis, dem die Anspannung der moralischen Gratwanderung ins grimmige Gesicht geschrieben steht – her damit!

Seite an Seite unters Eis

Aber nicht nur die Story, auch ihr Protagonist ist flexibler geworden, denn wo ihr den ersten Auftrag noch herkömmlich in schwarzer Montur und mit bekannter Ausrüstung erledigt, seid ihr anschließend bereits ohne Sichtverstärker und Waffen unterwegs. Nicht einmal eine Pistole trägt Sam bei sich, denn die hat mein Fluchtkamerad an sich genommen, nachdem ich mich gegen die Ermordung seines Privatfeindes entschieden hatte. Im weiteren Verlauf ist Sam dann wie erwähnt mit wechselndem Equipment unterwegs und wird z.B. auch unter Wasser aktiv. Ebenfalls neu sind Begleiter, welche mitunter an seiner Seite kämpfen. Über das gewohnt praktische Aktionsmenü führt ihr mit diesen spezielle Handlungen, wie z.B. eine Räuberleiter aus oder verpasst ihnen Schwung, so dass sie die andere Seite eines hohen Zauns erreichen.

An der bewährten Formel ändert sich nichts, allerdings wird der Agent durch die Abwechslung vielseitiger, das Spiel dadurch hoffentlich fesselnder. Auch

Trailer zu Double Agent

E3-Promo No. 2die Umwelt nimmt diesmal größeren Einfluss auf das Geschehen. Wenn in Kinshasa um Sam herum der Krieg tobt, sind die Parteien zwar meist mit sich selbst beschäftigt, doch sobald ihr zu viel Aufmerksamkeit erregt, richten sie ihre Waffen gegen euch. Auch wenn die Entwickler ihre bewährte Formel kaum verändern – der vielseitige Ablauf lässt sie weitaus dynamischer erscheinen als bisher.

Nur Details haben mich an der kurzen Vorschau gestört. So wechselt Sam z.B. immer noch nach bestimmten Aktionen von der Hocke in den Stand oder umgekehrt, obwohl ich vorher in der anderen Position geschlichen bin. Weiterhin sind meine Begleiter nur bessere Kugelfänger (der Fluchtkumpel schießt zwar auf Wachen, trifft aber so gut wie ein blindes Toastbrot) und einige Kamerabewegungen offenbaren das Innenleben des Agenten, was besonders dann gruselig aussieht, wenn seine Epidermis komplett verschwindet und "Zombiefisher" mit frei gelegtem Kiefer sichtbar wird. Aber das ist ein Detail, um das sich die Entwickler bis zum Release sicherlich noch kümmern

Im Versus-Modus zeigen euch diese Silhouetten den Fluchtweg an.
werden.

Zwei-Klassen-Gesellschaft

Zurück zu den Highlights, zu denen einmal mehr der Mehrspieler-Modus gehören könnte, denn Ubisoft bietet eine Vielzahl an Spielvarianten – allerdings nur, wenn ihr mehrere Systeme besitzt. So erwartet Besitzer der 360-Umsetzung ein ausgebauter Versus-Modus, während sich PS2-, Xbox- und PC -Schleicher ausschließlich im Spy vs. Spy-Spiel miteinander anlegen. Richtig gelesen: Agenten auf PC und der aktuellen Konsolengeneration erleben beim Multiplayer-Treff andere Action als Next Generation-Zocker. Es wird sich zeigen müssen, ob das  Konzept angenommen wird, denn meiner Ansicht nach sind PC-, PS2- und Xbox-Besitzer hier im Nachteil. Grund dafür ist die Tatsache, dass die Spy vs. Spy-Variante nicht mehr als ein Deathmatch bzw. Team Deathmatch mit zwei identisch ausgestatteten Teams ist.                  

Entweder hackt ihr dabei die Computer des Gegners und beschützt eure eigenen, müsst mehr Agenten erledigen als der Gegner oder sucht einen Schlüssel, bevor ihr ein Terminal hacken könnt. Interessant klingt in meinen Ohren nur Sam vs. All, da hier ein voll ausgerüsteter aber einsamer Sam Fisher gegen die 

In Kinshasa geratet ihr genau zwischen die Fronten.
weniger gut bestückte aber in Überzahl antretende Upsilon-Truppe bestehen muss. Nur auf Sonys Konsole versucht ihr, als letzter Überlebender siegreich zu sein und könnt ihr auf die Jagd nach Disks gehen. Das Schwierige daran: Feindliche Agenten tragen die Scheiben direkt bei sich. Auf Xbox erwarten euch hingegen ein Tarnanzug, bessere Grafik sowie insgesamt sechs statt vier Teilnehmer. Zur PC-Fassung nannte Ubisoft bislang keine Details.

Nur auf Xbox 360 Spaß zu sechst?

Auch wenn ihr auf 360 nur im Versus-Modus gegeneinander antreten dürft, erhalten Next Gen-Betreiber das dickere Paket, denn dieser wartet mit zwei sehr unterschiedlichen Teams und entsprechend verschiedenen Anforderungen für Spione und Upsilon-Agenten auf. Wo seine Vorgänger in Pandora Tomorrow und Chaos Theory schon exzellente Vorreiter waren, fahren die Entwickler diesmal schweres Geschütz auf: Die erneut im Team ausgetragene Action ist rasanter, die Gegner noch unterschiedlicher und die Möglichkeiten vielfältiger als bisher. In der Rolle eines Spions habt ihr so das Ziel, feindliche Computer zu

Die Multiplayer-Spiele aller Konsolen-Versionen im Überblick

Xbox, PS2

  • Team Hack: Hackt die gegnerischen Computer und beschützt eure eigenen!
  • Deathmatch (solo oder im Team): Beweist euch mit Waffe, Rauch- und Blendgranaten, Nachtsichtgerät sowie im Nahkampf gegen eure Feinde!
  • Blitz: Verteidigt eure Basis oder greift die gegnerische an – je nach Befehl.
  • Key Run: Findet den einzigen Schlüssel, um euch in Hochsicherheits-Computer zu hacken!
  • Sam vs. All: Ein Sam Fisher gegen drei Upsilon-Spione.
  • Countdown: Kämpft solange ihr könnt! Jeder tote Gegner erhöht euer Zeitlimit.

Exklusiv auf PS2

  • Disk Hunt: Klaut den feindlichen Spionen die Disks!
  • Survival: Ihr versucht, der letzte überlebende Spion zu sein.

Exklusiv für Xbox

  • drei Spieler auf jeder Seite
  • bessere Grafik
  • Tarnanzug

Xbox 360

  • nur Versus-Modus
  • Spione dringen in Upsilon-Lager ein, stehlen Daten und flüchten zum Stützpunkt
  • Upsilon-Söldner versuchen Spione mit schwerem Geschütz (MG, explosive Dronen) aufzuhalten
  • Ego-Perspektive für Söldner
  • Escape Moves für Spione
  • Spione stehlen mit Hacking-Tool Daten, zerstören Licht und Fenster, setzen Söldner-Ausrüstung außer Gefecht
hacken und die Daten anschließend wieder in den Stützpunkt zu bringen.

Dafür schleicht ihr euch über die Dächer oder in Abflussrinnen an das Ziel heran oder fahrt mit einem Seilzug direkt über die Köpfe der Upsilon-Truppe hinweg. Die sind weniger agil als die Spionage-Spezialisten – Hüpfen und in die Knie gehen sind die Höhepunkte ihrer akrobatischen Fähigkeiten. Im Gegensatz dazu turnen die Agenten katzengleich über das Areal. Mit Sam  Fisher dürft ihr sie aber nicht vergleichen, denn der hängt sich im Vergleich zu seinen Multiplayer-Kameraden im Schneckentempo an Rohre, klettert deutlich langsamer an Vorsprüngen empor und beherrscht auch keine der Escape Moves: Drückt ihr im vollen Lauf den entsprechenden Knopf, rutscht euer Agent je nach Situation unter einem Garagentor durch oder schwingt sich behände aufs Dach als würde er einen Überschlag machen. Meist können euch die Upsilon-Mannen dorthin nicht ohne Umweg folgen, was die lässigen Aktionen auf der Flucht unentbehrlich macht.

Tödliches Spielzeug

Bleibt die Frage, wie Upsilon den flinken Gegnern zuleibe rücken will? Zum einen wäre da die stärkere Bewaffnung: Einer Salve aus dem MG halten die Agenten nicht lange stand. Heimtückisch ist die neue Sonde, mit der ihr die nähere Umgebung nach Spionen absucht. Kommt ihr dabei einem unvorsichtigen Schleicher zu nahe, könnt ihr Sonde und Eindringling einfach in die Luft sprengen. Gegen derart durchschlagkräftiges Inventar hilft den Agenten nur das Versteckspiel oder ihr Hacking-Spielzeug. Denn mit Letzterem lesen sie auf bis zu zehn Meter Entfernung Daten aus, legen die Elektronik ihrer Widersacher lahm, schalten Lichtquellen aus oder lassen Fenster springen.

Leider konnte Ubisoft nur einen Level des Versus-Modus’ präsentieren – eine Art Umschlagplatz samt Laderampe, Kistentürmen und Wellblechdächern – aber der allein macht schon ausgesprochen viel Laune. Wenn die anderen Schauplätze ähnlich viele Laufwege und Möglichkeiten für beide Parteien bieten, erwartet Xbox 360-Nutzer ein Highlight, das die rudimentären Mehrspieler-Gefechte der anderen Systeme bei weitem übertrifft. Der Clou zum Schluss: Um eure Fähigkeiten zu trainieren, dürft ihr sogar gegen Bots antreten.          

Ausblick

Am Anfang war ich ernüchtert: Sam Fishers Schleicherei spielt sich wie gehabt und dass die Story den Spieß umkehrt und den Agenten auf die Seite des Gegners drängt, wirkt zu Beginn sogar aufgesetzt. Denn kaum ist die Flucht aus dem Gefängnis, bei der ihr ohne technische Spielereien und Waffe auskommen müsst, vorbei, hat Sam seine Ausrüstung wieder und agiert in gewohnten Bahnen. Aber wenn sich die von Third Echelon und JBA bereitgestellte Ausrüstung spielerisch unterscheiden sollte und die Mission später sogar unter Wasser führt, könnte dies das entscheidende Rädchen sein, um das müde Gähnen des Splinter Cell-Kenners in ein Lächeln zu verwandeln. So tief ließ die Vorschau-Version allerdings noch nicht blicken. Besonders gespannt bin ich auf die Wendungen der Handlung, zu denen ihr selbst beitragen werdet: Wenn menschenfreundliches und skrupelloses Verhalten die Entwicklung des Protagonisten verändern, hat Double Agent das Potential, Fisher vom coolen Heldenpodest zu holen und ihm eine Seele einzuhauchen. Falls das gelingt, wären mir auch banale Miniaufträge, um meine Loyalität zu beweisen, kein Dorn mehr im Auge. Ob das fertige Spiel diese Klasse tatsächlich erreicht, muss die Testfassung aber erst beweisen. In den ersten Stunden unterscheidet sich der Doppelagent noch zu wenig vom bekannten Bild. 360-Besitzer freuen sich dafür auf eine Mehrspieler-Variante, die zum Besten gehören könnte, was Action im Internet hergibt. Nur dass der Versus-Modus aus seiner alten Heimat (PC, Xbox und PS2) verbannt wird, dürfte viele Fans wie mich vor den Kopf stoßen.

Ersteindruck: gut

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