ICO & Shadow of the Colossus22.09.2011, Jörg Luibl
ICO & Shadow of the Colossus

Special:

Es gibt ganz wenige Spiele, die leise prägen. Sie fallen in ihrer Epoche nicht mit lautem Getöse auf, zieren kaum Messewände und donnern auch nicht in den Charts. Aber während sich die explosiven Rauchwolken der gewöhnlichen Videospielaction schnell verziehen, bleibt die Erinnerung an diese Abenteuer fest verankert. Man redet über sie, man zitiert und lobt sie. Irgendwann gelten sie auch ohne Millionenzuspruch als besondere Meilensteine. Denn sie haben den größten aller Kritiker überzeugt: Die Zeit.

ICO

Und dieser begnadete Spieldesigner hat sich nur vier Jahre später nochmal übertroffen. Denn was ICO inhaltlich und stilistisch andeutete, wurde von Shadow of the Colossus (Wertung: 92%) im wahrsten Sinne des Wortes auf eine neue Ebene gebracht. Begleitet von nahezu identischen Lichtspielen sowie ähnlicher Monumentalität und Melancholie, ging es für einen verzweifelten Helden im Jahr 2006 auf dem Pferderücken in eine weite Landschaft, in der sich mächtige Kreaturen verbargen. Warum? Weil er im Austausch gegen ihren Tod das Leben für seine Liebe von den Göttern forderte. Ohne viel Geschwafel oder Dialoge wurde hier mit wenigen Strichen ein tragisches Epos skizziert.

Alles andere war weniger Andeutung als brachiales Erdbeben: Diese schwimmenden, fliegenden, stampfenden oder galoppierenden Kolosse beeindruckten nicht nur aufgrund ihrer skurrilen Form oder schieren Größe, sondern weil man sie auch noch wie Level im Level erklettern und schließlich in mehreren haarsträubend gefährlichen Etappen erlegen konnte. So entstand eine konzentrierte Spannung und Bildgewalt, die es in dieser Form noch nicht auf der PlayStation 2 gab. Obwohl nicht viel erzählt wird, weht die ganze Zeit über ein epischer Wind, ein einzigartiger Rhythmus zwischen Ruhe und Sturm, der in einem der besten Enden, die ich je erlebt habe, noch mal tragisch aufheult. Damals haben sich einige über technische Schwächen wie Kantenflimmern oder Performanceprobleme beschwert, die mit dieser hervorragenden HD-Version passé sind: Das Abenteuer sieht schärfer aus, ist bis zu 1080p (allerdings hoch skaliert) aufgelöst und läuft flüssig in konstanten 30fps.

Ausblick

Jörg Luibl (44)  Wie gut diese beiden zeitlos genialen Klassiker gealtert sind! Natürlich liegt das auch ein wenig an der vorbildlichen HD-Umsetzung, die beide Spiele schärfer, schöner und flüssiger macht. Aber die Magie steckt nach wie vor im außergewöhnlichen Design dieser Geschwister im Geiste: Sie haben das Action-Adventure auf eine neue stilistische Ebene und der PlayStation 2 sehr viel Ehre gebracht. Fumito Ueda ist einer dieser stillen Künstler, die mit wenigen Strichen, aber ungeheuer kreativen Ideen ganze Welten errichten. Seine Spiele fühlen sich in ihrem Rhythmus ganz anders an als das, was sonst durch die Videospielwelt kracht und poltert. Es ist ihre meisterhafte Reduktion auf das Wesentliche, auf das Licht, die Stimmung, den Augenblick. Aber das ist alles andere als Zen-Gaming für meditative Entspannung, denn im richtigen Augenblick brüllt das Abenteuer auf und verwandelt die idyllische Ruhe in tückische Gefahr wie in ICO oder in einen tosenden Sturm wie in Shadow of the Colossus. Dieser Nachruhm wird im Gegensatz zu den Verkaufszahlen ewig bestehen. Beiden würde ich auch heute Platin verleihen.

Einschätzung: ausgezeichnet

 
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