PixelJunk Eden15.08.2008, Jan Wöbbeking
PixelJunk Eden

Im Test:

Wo bin ich..

Das Piepsen weist mich gedämpft, aber bestimmt darauf hin, dass Pixeljunk Eden kein bloßer Erkundungstrip durch ein surreales Universum ist, sondern ein Spiel; und zu den grundeigensten Merkmalen eines Spiels gehören nun einmal Regeln, die in diesem Fall auch ein Zeitlimit mit einschließen. Ihr merkt schon:

Das Objekt der Begierde: Die stachelige Polle am rechten oberen Bildrand füllt die Samen auf, welche wiederum neue Pflanzen sprießen lassen.
Schlecht kann dieses Spiel nicht sein, denn das Vergessen der Zeit ist in der Regel ein untrügliches Zeichen dafür, dass man eine Menge Spaß an einer Sache hat. Schon mit dem Strategiespiel Pixeljunk Monsters hat Q-Games es geschafft, PS3-Spieler an den Dualshock zu fesseln. Diesmal habt ihr es allerdings mit einem komplett anderem Spielprinzip zu tun - bis auf das Wort »Pixeljunk« und dem nicht zu leugnenden Suchtfaktor haben die beiden Titel nichts gemeinsam.

Pixeljung Eden aus dem PlayStation Store ist ein reines Geschicklichkeitsspiel - ein Jump'n'Schwing, wenn man so will. Oder Bionic Commando ohne Gewalt, wie ein Kollege es treffend zusammengefasst hat. Ihr springt mit einem wenige Pixel großen Minimonster von einer riesigen Pflanze zur nächsten und versucht, möglichst viele der herumfliegenden Pollen einzusacken. Die lassen sich einsammeln, indem ihr sie berührt oder mit eurem Seil hindurchschwingt. Oder ihr dreht euch während des Fallens wild im Kreis und saugt die herabrieselnden Einzelteile an euer wirbelndes Männchen heran. Die eingesammelten Pollen füllen nahegelegene Samenkugeln auf. Springt ihr in ein fertiges Exemplar hinein, wächst aus ihm eine neue Pflanze, an der ihr emporklettert und neue Bereiche des Levels erschließt. Je nach Aufgabenstellung müsst ihr ein bis fünf in den Höhen des Levels versteckte leuchtende Blüten einsammeln, um den Level abzuschließen.

..wo will ich hin..

Genau dieses Erforschen der simpel, aber doch interessant gestalteten Gärten ist es, was das Spiel so unterhaltsam und trotzdem entspannend macht. Auch die relaxte psychedelisch angehauchte Elektro-Musik passt perfekt zum Erlebnis. Mal arbeitet ihr euch an einer kniffligen Steilwand empor,  um nach einer ausgedehnten Erkundungstour an das dringend benötigte Zeit-Extra zu gelangen,

Bunt: Der Humphrey-Osmond-Gedächtnis-Level.
ein anderes mal schwingt ihr euch behende um einen kugelrunden Gegner herum, der versucht, euch vom hohen Stengel auf den Gartenboden zu ballern. Bevor er euch auf den Wecker fällt, solltet ihr ihn besser mit einem beherzten Satz in seinen von einem rotierenden Schild gechützen Kern erledigen. Habt ihr euch verlaufen, schwingt ihr einfach einmal im Kreis und schon fungiert euer Seidenfaden als wegweisendes Radar. Die Neongärten unterscheiden sich zwar optisch nicht all zu stark, doch die unterschiedlich geformten, im Wind wogenden Pflanzen und unebenen Plattformen sorgen trotzdem für Abwechslung.

Der Trip in den Neongarten steuert sich ähnlich wie das Rope Race in Worms - nur andersherum. Während des Fluges könnt ihr kein rettendes Seil abschießen. Statt dessen müsst ihr bereits vor dem Absprung kalkulieren, wohin die Reise geht. Drückt ihr den Sprungknopf einmal, bleibt ihr an einem seidenen Faden hängen. An diesem schwingt ihr euch mittels Analogstick ein paar Runden durch die Gegend , bevor er zerreißt oder ihr ihn mit einem zweiten Knopfdruck kappt. Ihr könnt natürlich auch gleich zweimal auf den Sprungknopf tippen, um ganz klassisch ohne Seil durch die Flora zu hüpfen. Effektiv bewegt ihr euch aber nur voran, wenn ihr euch schwungvoll durch die Gärten hangelt und jede Menge Pollen einkassiert. Lasst euch nicht von der zu Beginn etwas ungewohnten Handhabung einschüchtern: Nach einiger Zeit gleitet ihr so elegant durch die Nacht wie Spiderman. Auch die zu Beginn oft bedrohlich leere Zeitleiste wird schon bald zu einem geringeren Problem: Erwischt ihr eine Kombo aus fünf oder mehr Pollen, erscheint kurz darauf ein Ring aus kleinen Zeit-Extras.

..und wo zum Teufel springst du jetzt schon wieder hin??

Erscheinen zwei Freunde auf eurem Sofa, können sie schon kurz darauf ins Abenteuer einsteigen. Ob ihr alleine, zu zweit oder als Trio Spectra-Blüten sammelt, spielt keine Rolle, denn alle Exemplare werden eurem Konto der Hauptkampagne gutgeschrieben. Je mehr Freunde teilnehmen, desto lustiger wird es.

Nein, nicht das andere links!! Herzlich willkommen im herrlich chaotischen Koop-Modus, leider nur lokal und nicht über's Netz.
Mit der steigenden Zahl an Teilnehmern mehren sich die Möglichkeiten, seinen Mitstreitern - natürlich rein zufällig - in den Weg zu schwingen oder sie in die Luft zu katapultieren. Solch eine Aktion kann aber auch nach hinten los gehen. Verlässt eines der drei Monster den gemeinsamen Bildschirm für ein paar Sekunden, verlieren die Samen zur Strafe einen Teil der gesammelten Pollen. Machmal hängt sich die Kamera sogar an das abstürzende Minimonster, so dass nicht nur die Samen futsch sind, sondern auch die beiden schuldlosen Spieler am Boden spawnen. Etwas mehr Feintuning für den Koop-Modus hätte der Kamera nicht geschadet. Seid ihr alleine unterwegs, zoomt die Kamera dagegen in den richtigen Momenten vorbildlich aus, damit ihr den Überblick behaltet.

Sind eure Freunde wieder verschwunden, hamstert ihr einfach wieder alleine weiter. Ein Manko an der Suche ist, dass ihr jeden Level gleich fünf mal abklappern müsst. Beim ersten Versuch sammelt ihr eine Blüte ein, beim zweiten mal zwei, beim dritten drei usw. Es ist euch nicht erlaubt, gleich sämtliche Blüten auf einmal einzustreichen. Habt ihr nach fünfzig Exemplaren immer noch nicht genug, könnt ihr euch dank der weltweiten Highscoreliste mit Cracks und euren Freunden messsen. Oder spielt für die Galerie und zeichnet ein Video auf. Das Ergebnis landet auf der wahlweise auf der Festplatte oder nach wenigen Knopfdrücken auf Youtube - ein entspechendes Konto vorausgesetzt. Besitzer eines SD-Fernsehers müssen übrigens keinen Augenkrebs fürchten. Eure Monster wirken zwar ziemlich klein, doch wenn ihr nicht gerade einen Fernseher unter 50 Zentimetern Bildschirmdiagonale besitzt, könnt ihr trotzdem noch alles ohne Anstrengung erkennen.     

Fazit

Wenn ich gerade keinen Artikel schreiben müsste, säße ich in 30 Sekunden wieder vor der PS3. Pixeljunk Eden macht süchtig. Ich weiß nicht genau, ob es die punktgenaue Steuerung ist, die Gier, einen ganzen Batzen herumschwebender Pollen mit einem stilvollen Seilschwinger aus dem Himmel zu pflücken oder der Erkundungsdrang, der mich immer neue Ecken der einzigartig gestalteten Neongärten erschließen lässt. Offensichtlich hat Entwickler Q-Games die ideale Kombination all dieser Elemente gefunden. Die ruhige elektronische Musik und die trippige Umgebung wirken einfach herrlich entspannend. Trotzdem ist das Spiel kein Blender. Obwohl das Spielprinzip äußerst simpel ausfällt, bietet der psychedelische Gartenspaziergang genug Substanz, um rund fünfzehn Stunden lang zu unterhalten. Zugegeben - die Gärten unterscheiden sich grafisch nicht all zu stark. Außerdem wurde die Spieldauer stark gestreckt, schließlich müsst ihr jeden Level fünf mal abklappern, um alle Spectra-Blüten einzusacken. Auch die Kameraführung im lokalen Multiplayer-Modus könnte deutlich besser sein. Trotzdem solltet ihr unbedingt mit Freunden auf Erkundungstour gehen - gerade die, natürlich rein unabsichtlichen, Pannen sorgen für ein herrliches Chaos.

Pro

erfrischend neuartiges Jump'n'Schwing-Konzept
gelungen minimaler Neon-Grafikstil
hypnotische Elektro-Begleitung
entspannende und doch fordernde Pollenjagd
punktgenaue Steuerung
großes Suchtpotential
lokaler Koop-Modus für bis zu drei Spieler
für Download-Verhältnisse lange Spieldauer

Kontra

zum Komplettieren eines Levels muss derselbe in fünf Ausbaustufen abgegrast werden
teils störende Kameraführung im Mehrspielermodus

Wertung

PlayStation3

Entspannendes Jump&Schwing mit stilvollen Neongärten und hohem Suchtfaktor.

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