The Last Guy09.09.2008, Jörg Luibl
The Last Guy

Im Test:

Verängstigte Menschen, wankende Zombies und Riesenkäfer mit einem eben solchen Appetit: Die Welt des 21. Jahrhunderts ist eine schlechte, verseuchte und ausgesprochen tödliche. Nachdem die Erde von einem lila Licht getroffen wurde, mutierte alles unter der Sonne befindliche Leben in Monströsitäten. Nur, wer sich zur Zeit des Unglücks in einem Gebäude aufhielt, konnte überleben. Und wer rettet die letzten Reste der Menschheit? Ihr!

Supermann im Satellitenbild

Na, wer erkennt das Stadion? Hier befindet ihr euch in Newcastle, wo ein Promi im Stadion wartet. Die Rettungszone liegt genau neben dem Stadion. Weitere Städte hier im Video!
Was bewegt sich wie ein roter Derwisch mit wehendem Umhang auf einer Satellitenkarte? The Last Guy (ab 101,00€ bei kaufen). Der letzte Mann. Und was will der Held, wenn er in Vogelperspektive durch Gassen à la Google Earth rast, die den realen Straßenkarten internationaler Metropolen entsprechen? Menschen in Sicherheit eskortieren! Die kauern vereinzelt, in Grüppchen oder zu Hunderten zusammen gepfercht in Häusern, Garagen, Hallen, Hangars, Museen oder Footballstadien. Denn da draußen lauert der Tod in Form von einem knappen Dutzend Monstertypen: Da gibt es mit dem riesigen Zombie den schlurfenden Klassiker des Menschenfressers, hinzu kommen blitzschnelle Käfer, Nebel spuckende Mistviecher, hundeähnliche Kreaturen, tückische Wachinsekten oder schwarze Fellknäuel, die alles in Sichtweite attackieren. Und manchmal blubbert der ganze Bildschirm in einer alles verschluckenden Blase, als hätte die Erde Schluckauf...

Tokyo, Berlin, New York, Los Angeles, London - egal, welche der 14 Großstädte man nimmt: Überall warten Menschen in unterschiedlicher Anzahl verharrend auf euch. Damit ihr nicht erst überall klingeln müsst, könnt ihr euch ein Wärmebild der

Manchmal gibt es auch zwei Rettungszonen - hier werden sie von einer breiten Straße getrennt, auf der meist feindliche Käfer umher rasen.
Stadt anzeigen lassen, das viele kleine, aber auch große grüne Flecken anzeigt - da warten die meisten Menschen auf euch, vornehmlich in riesigen Gebäuden wie Einkaufszentren oder Stadien. Da es eure Aufgabe ist, eine bestimmte Anzahl Menschen, meist an die 1000, in einer bestimmten Zeit zu retten, hilft der Blick auf diese Karte bei der strategischen Routenplanung. Außerdem werden hier nützliche Spezialgegenstände angezeigt, die euch mehr Ausdauer verleihen, unsichtbar machen, die Zombies für kurze Zeit anhalten oder gar zu einer Fluchtzone teleportieren - auch diese Punkte sollte man abgrasen. Das Leveldesign überrascht zudem mit Hindernissen, die man nur mit einer bestimmten Anzahl Menschen zerstören kann.

Schnell, arcadig & gnadenlos

Manchmal ist die Menschenschlange hinter einem einfach zu lang und die Monster können euch von allen Seiten attackieren. Da hilft nur: Gruppieren und schnell weg!
Was kann der Held? Er kann rennen und auf Knopfdruck wie ein Tasmanischer Teufel sprinten, was allerdings genau so Ausdauer frisst wie das wichtige Gruppieren: Sobald man Menschen rettet, scharen sie sich wie die Lemminge um euch und rennen euch diszipliniert hinterher. So weit, so gut. Das führt aber dazu, dass ihr bei zwei-, drei- oder fünfhundert Gefolgsleuten eine lange, für stromernde Zombies und Monster überaus anfällige Reihe hinter euch her zieht. Um diesen Menschenschwanz in enger Formation um euch zu versammeln, damit man sich z.B. verstecken oder effizienter Straßen überqueren kann, drückt man die Kreistaste zum Gruppieren. Auch die frisst die kostbare Ausdauer, die ihr über das Einsammeln von Gegenständen oder genug Menschen wieder auffüllen könnt.

Videos zu The Last Guy:

Das Spiel verlangt also strategische Übersicht auf der einen und arcadig-schnelle Entscheidungen auf der anderen Seite. Man muss immer darauf achten, dass man an kritischen Stellen wie breiten Straßen genug Ausdauer hat, um sie über den Sprint schnell zu überwinden. Und man muss die Menge versammeln, wenn das Monsteraufkommen in den Gassen steigt.  Das Ziel der menschenfreundlichen Straßenumzüge ist immer die Landezone der Rettungsflieger: Ihr könnt sie so oft aufsuchen wie ihr wollt. Sobald man sich mit seinen Flüchtlingen nähert, kreischen sie in einem wahren Jubelsturm auf und rennen wie verrückt in die gelb umrandete, sichere Zone - in diesen Momenten ist The Last Guy herrlich befriedigend, denn der Schwierigkeitsgrad wächst ständig an. Manchmal kommt man nur um Haaresbreite ohne Verluste um eine Kreuzung herum oder erreicht in letzter Sekunde die Landezone.

   

Fazit

Große Gefühle, skurriler Humor, harte Herausforderungen: Ich komme kaum von diesem kleinen Schmuckstück weg! Ich liebe den Arcade-Charme, ich liebe die bescheuerten Ansagen vor jeder Mission. Das simple, aber kreative Spieldesign verbindet rasanten Oldschoolspaß mit moderner Oberfläche. Das ist kein blödes Casualgame, sondern ein Creativegame, das in die ehrenvolle Gesellschaft von PixeljunkEden, Braid & Co gehört. Okay, ich habe ein Faible für Zombieszenarios und ich mag Spiele, in denen es sowohl auf strategische Planung als auch Geschicklichkeit und Glück ankommt. Und dann diese genialen Momente, wenn hunderte Menschen in der Nähe der Rettungszone plötzlich losrennen und einen orgiastischen kollektiven Jubel ertönen lassen! Dieses Lemmings in Sattelitenperspektive hätte mich mit all seinen realistischen Berlin-, London- und L.A.-Karten komplett kalt gelassen, wenn die Entwickler nicht die Emotionalität so gut eingefangen hätten. Wenn sich ein Zombie nähert, dann beginnen die Leute hinter mir schon zu zittern und zu lamentieren; wenn sie angegriffen werden, schreien sie panisch auf. Das führt dazu, dass ich beim Spielen fast wie ein Herbergsvater auf sie einrede, um sie zu beruhigen, während der eigene Puls angesichts des nächsten Zombies und der tickenden Uhr schon wieder rast. Diese Momente sorgen für Spannung, für Panik und für eine Identifikation, die trotz des knackigen Schwierigkeitsgrades zum Retten bis in die letzte Stadt motiviert. So macht globales Krisenmanagement Spaß!

Pro

innovative Spielidee
cooles Art & Design
14 reale Städte als Levelvorlagen
genial eingefange Emotionalität
taktische Routenplanung
nützliche Power-ups
rasantes, packendes Spielprinzip+ zehn Monstertypen, vier Bosse
klasse Sounds & 8-Bit-Retroflair

Kontra

weitere nahe Zoomstufe fehlt
VIPs nur als Freischaltbonus

Wertung

PlayStation3

Nehmt ein wenig Lemmings, sehr viel Google Earth, dazu Panik, Gefühle und knackiges Arcade-Flair - dieses Spiel macht süchtig!

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