Das dreckige Dutzend
Duke Nukem ist einer der letzten Archetypen und Vorreiter des "alten" Actionspiels. Als sein vermeintlich neuestes Abenteuer bei den Shooter-Meistern von 3DRealms entstand, die seinerzeit in einem Atemzug mit id Software genannt wurden, haben die Älteren vielleicht noch mit der PSone oder Segas Dreamcast gespielt - immerhin wurde er bereits 1997 angekündigt und sollte 1998/99 erscheinen. Doch irgendwann ging es bergab: Engines wurden gewechselt und Entwicklungszeiten wurden verlängert, bis aus dem heißen Eisen Duke Nukem Forever (DNF) und seinem überzeichneten Hauptcharakter nur noch ein laues Lüftchen wurde. Und in der Zwischenzeit wurde der Shooter mit Perlen überschüttet,
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Das Warten hat ein Ende: Mit Duke Nukem kehrt der letzte Action-Held des vergangenen Jahrtausends auf den Bildschirm zurück.
die nur noch mehr dazu beitrugen, dass der Duke eigentlich niemanden interessierte. Denn während man wartete, dass der muskelbepackte Frauenheld endlich einen Glanzauftritt aufs Parkett legt, sorgte u.a. ein gewisser Gordon Freeman für Wow-Momente. Nicht zu vergessen die diversen Battlefields, BioShocks und Call of Duties, die allesamt mehr als passablen Ersatz für den Running Gag der Spielebranche darstellten - bis irgendwann keiner mehr mit dem Duke gerechnet hat oder gar vermisste. Und just in diesem Moment kam ein Konglomerat an Teams unter der Leitung von Gearbox Software auf die Idee, den Duke doch noch fertigzustellen. Nach zwölf Jahren. Eine verdammt lange Zeit.
Aus Alt mach Neu
Eine Zeit, die man vor allem der Engine anmerkt. Angetrieben von Unreal-Technologie hat man nicht nur mit den typischen Ladezeiten beim Texturnachladen zu kämpfen, die man mittlerweile kennt und an die man sich traurigerweise bereits gewöhnt hat. Vor allem, wenn man auf die Konsolenversionen schaut, machen sich weitere Probleme in der Kulisse breit: Fehlende Kantenglättung in den größtenteils kleinen, aber dafür mit umso längeren Ladephasen unterbrochenen Abschnitten, Textur-Popups, matschige Landschaftstapeten, mitunter sehr krude und in manchen Fällen sogar schlichtweg lächerliche Animationen (Dukes Sprung vor einem Spiegel), Einbrüche in der Bildrate, schwache Schatten, deren Bewegung auf dem Boden sprunghaft statt sanft vonstatten geht, Probleme mit V-Sync, Explosionseffekte aus der Anfangsphase der HD-Ära... Man könnte die Liste noch länger fortsetzen, so dass selbst die Leidensfähigkeit gestählter Duke-Fans auf PS3 und Xbox 360 auf eine harte Probe gestellt wird, die sich vollkommen zurecht fragen, wieso „ihrer“ Version nicht die gleiche Aufmerksamkeit geschenkt wurde wie dem PC.
Denn dort sieht die Lage erfreulicher aus. Dank Standard-Grafikoptionen kann man sich bei halbwegs potenten Maschinen (empfohlen: Intel Core 2 Duo 2,4 GHz bzw. AMD Athlon 64 X2 2,6 GHz mit nVidia GeForce 8800 GTS bvzw. ATI Radeon HD 3850) auf eine zumindest passable visuelle Qualität freuen. Die Kulisse ist zwar auch hier nicht zeitgemäß und zeigt weiterhin Schwächen im Texturdetail sowie bei den Animationen, aber immerhin bleibt man von den meisten Aussetzern hinsichtlich der Schattendarstellung, Bildrateneinbrüchen und V-Sync verschont. Zusätzlich sind die Ladezeiten bei weitem nicht so nervig wie auf den Konsolen und die Explosionen bieten mehr fürs Auge.
Die Leistung und der Enthusiasmus der teilnehmenden Teams, aus den alten Assets, Elementen sowie möglicherweise nur rudimentär fertiggestellter Levels ein fertiges Produkt zu machen, das häufig wie ein Projekt "von Fans für Fans" wirkt, ist löblich - doch das Ergebnis ist auf Konsolen visuell gelegentlich unter aller Sau. Und spätestens hier hätte Gearbox, wenn schon nicht die Reißleine ziehen, dann doch eine grundlegende Optimierung als Basis legen müssen. Dass sich die Mannen um Randy Pitchford (der seine eigene Duke-Historie) mit dem Grafikmotor von Epic auskennen, haben sie nicht nur mit Borderlands unter Beweis gestellt. Natürlich habe ich mit der Duke‘schen Vorgeschichte nicht erwartet, dass man hier mit einem Crysis 2 gleichziehen könnte, doch mehr als das Gebotene hätte es nach all der Zeit sein müssen - Nostalgie hin oder her.
Trash as Trash can
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Duke steigt in seinem neuen Abenteuer auch mal in seinen Monster Truck, um mit den Aliens aufzuräumen. |
Lässt man sich vom Status des hässlichen Entleins nicht entmutigen -wissend, dass hier kein Happy End als strahlender Schwan wartet, auch wenn die eine Feder hin und wieder zu glänzen beginnt- und konzentriert sich auf die B- bzw. C-Film-Inszenierung sowie die solide Action, findet man sich schließlich in einer wilden Motivations-Achterbahnfahrt. Ich fühlte mich irgendwann, als die Unterhaltung gerade wieder von hoffnungsvoll gut in "geht gar nicht" kippte, wie im Cyclone. Bitte wie? Ich meine die mittlerweile zu einem funktionalen Denkmal gewordene Holzachterbahn auf Coney Island, die einen ohne Ende durchschüttelt, bis man das Gefühl hat, dass selbst ein Besuch beim Chiropraktiker die Wirbel nicht mehr in die richtige Reihenfolge bringt. Und doch nutzt man immer wieder die "Re-Ride"-Option. Und so ähnlich geht es mir mit DNF: Ich weiß genau, dass ich hier im Durchschnitt weder technisch noch mechanisch auch nur annähernd Standards geboten bekomme. Und doch kehre ich auch hier wieder und wieder zurück, um diesen merkwürdigen Höllenritt fortzusetzen. Ein Ritt, der keinen großen Storybogen spannt, sondern auf die einfache Formel "Duke Aliens = Kawumm" setzt und der auf große Gefühle verzichtet - es sei denn, sie liegen beim Duke unter der Gürtellinie. Ob gewollt oder unbewusst: Der Duke in dieser Form ist Hochglanz-Trash - mit allen Vor- und Nachteilen sowie enormen Konflikt- und Diskussionspotenzial.