SuperCar Challenge11.12.2009, Michael Krosta
SuperCar Challenge

Im Test:

Eigentlich hätten wir den Test zu Supercar Challenge (ab 19,95€ bei kaufen) gerne pünktlich zum Release im September (!) gebracht. Leider verhinderte sowohl die deutsche PR-Agentur als auch System 3 in England aufgrund angeblicher "Lieferschwierigkeiten" die Ankunft des Rennspiels in der Redaktion und vertröstete uns bei Nachfragen immer wieder mit leeren Versprechungen. Erst kürzlich trudelte nach einer weiteren Anfrage die Testfassung ein, wobei schnell deutlich wird, warum sich Supercar Challenge vor dem 4P-TÜV drücken wollte...

Ferrari Challenge mit Supercars

Ferrari Challenge war im letzten Jahr ein solides Rennspiel. Eigentlich eine gute Basis für den geistigen Nachfolger, der die gleiche Technik nutzt, aber den Fuhrpark nicht auf Modelle aus Maranello beschränkt, sondern um weitere Traumflitzer von Herstellern wie Aston Martin, Koenigsegg oder Pagani bereichert. Trotzdem besteht ein Großteil der 44 Karossen aus Ferraris. Allerdings lassen die Polygonmodelle sowohl in den diversen Außenansichten als auch in der Cockpitperspektive Details vermissen - Konkurrenten wie Gran Turismo 5: Prologue oder Need for Speed: Shift zaubern deutlich aufwändigere Modelle und feinere Instrumentenanzeigen auf den Bildschirm. Hässlich sehen die Boliden und Kulissen wie der Nürburgring, Spa oder Monza zwar nicht aus, doch haben auch hier andere Titel die Nase vorn. Es wird schnell sichtbar, dass man die Grafikengine seit dem letzten Jahr kaum weiterentwickelt und die Pisten nahezu 1:1 von Ferrari Challenge übernommen hat. Auch wenn

Video: Bei Ferrari Challenge gab es den Nürburgring nur als Download - jetzt ist er schon von Anfang an mit dabei...die Bildrate jetzt insgesamt stabiler wirkt, hat sie trotzdem vor allem bei Regenwetter noch mit dem einen oder anderen Slowdown zu kämpfen. Ein Graus ist das Schadensmodell: Genau wie schon bei Ferrari Challenge wirken sich Unfälle nicht auf die Fahrphysik aus und hinterlassen auch optisch bis auf ein paar Kratzer und Beulen kaum Spuren.

Fahrgefühl mit Abstrichen

Worauf kommt es bei einem Rennspiel in erster Linie an? Das Fahrgefühl. Hier hinterlassen die Supercars vor allem mit einem Force Feedback-Lenkrad einen ähnlich soliden Eindruck wie ihre Ferrari-Vorgänger, auch wenn man die eine oder andere Reaktion des Fahrzeugs nicht immer ganz nachvollziehen kann, wenn etwa das Heck unerwartet heftig ausbricht. Profis freuen sich auf die Herausforderung, die durchweg PS-starken Flitzer mit feinfühligem Umgang mit Gas und Bremse im Zaum zu halten, während sich Anfänger mit mehrstufigen Fahrhilfen wie ABS, Traktionskontrolle sowie dynamischer Ideallinie langsam an den Motorsport herantasten können. Ärgerlich ist wie schon beim Vorgänger die automatische Lenk-Korrektur: Wenn man mit dem Controller unterwegs ist, greift einem das Programm auch ohne Fahrhilfen ungefragt unter die Arme, was zur Folge hat, dass Kurven quasi unberechenbar werden. Man weiß also nie, wie stark der Fahrer auf die maximale Lenkbewegung reagieren wird. Das war damals schon nervig und ist es heute noch genau so - vor allem

Der Fuhrpark ist immer noch sehr Ferrari-lastig...
deshalb, weil sich mir der Sinn dahinter nicht erschließen will. Fragwürdig ist zudem das Fahrverhalten auf nasser Oberfläche, bei der das niedrigere Grip-Niveau in Kurven deutlich wird, aber beim Bremspunkt anscheinend kaum eine Rolle spielt.

Gut beschäftigt

Man tut gut daran, die Strecken zunächst im Tutorial-Modus zu üben, in dem der englische Rennfahrer Tiff Needell mit hilfreichen Tipps zur Seite steht. Im Gegensatz zu Ferrari Challenge, in dem lediglich eine Übungspiste zur Verfügung stand, kann man hier alle Kurse zusammen mit dem gesprächigen Beifahrer erkunden. Daneben kämpft man beim Zeitrennen gegen die Uhr oder misst sich im Arcade-Wettbewerb, SuperCar-Turnieren oder dem Herausforderungemodus gegen 16 KI-Raser. Es gibt also genug zu tun, wobei es bedauerlich ist, dass jede Veranstaltung ein bestimmtes Auto-Fabrikat voraussetzt oder sich nach der Wahl des Spielers richtet - ein gemischtes Fahrerfeld findet folglich trotz der breiten Auswahl an Fahrzeugen nicht. Dabei wäre es so schön zu sehen, wie sich z.B. ein Enzo Ferrari gegen eine Corvette schlägt. Auch der Vergleich mit Porsche wäre sicher eine tolle Sache, doch fehlt die deutsche Nobelmarke genau so wie Lamborghini im Aufgebot. Um die maximale Leistung aus den Boliden herauszukitzeln, darf man auch hier fleißig an ihnen herumschrauben - vorausgesetzt, man findet die gut versteckte Option. Die haben die Entwickler nämlich im Supercar Showroom untergebracht, den man nur über das Hauptmenü erreicht. Eine ziemlich blöde Idee, denn vor einem Rennen oder einer Qualifying-Runde müsste man immer wieder diesen Umweg gehen, um Federn, Sturz oder Wagenhöhe einzustellen. Dabei hat man beim Fahrwerk oft nur die Wahl zwischen hart und weich - Feineinstellungen sind genau so wenig möglich wie Veränderungen am Getriebe, Abtrieb oder Differenzial. Gerade im Vergleich mit Forza ist das, was System 3 beim Setup auffährt, nicht nur oberflächlich, sondern auch enttäuschend. Mehr Möglichkeiten hat man beim Vinyl-Editor, bei dem man aus einer breiten Palette an Mustern und Farben seine eigenen Designs gestalten kann. Wenns besonders schön wird, darf man sogar zum rudimentären Fotomodus greifen und einen Schnappschuss anfertigen, der genau so auf der Festplatte verewigt werden kann wie die Wagensetups. Bei den ansehnlichen Replays gibt es diese Option allerdings nicht, doch sollte man nach dem Installieren des aktuellen Patches eh die Finger von den Wiederholungen lassen. Warum? Weil das Spiel sowohl auf meiner privaten Konsole als auch in der Redaktions-PS3 nach wenigen Sekunden zum Absturz führte, der sogar einen Kaltstart des Geräts notwendig machte. 

Totalschaden

Doch diese Kritikpunkte sind noch halb so wild und würden immer noch für ein Rennspiel sprechen, dass sich noch gut im Bereich von Ferrari Challenge einfinden und den Vorgänger vielleicht sogar aufgrund des abwechslungsreicheren Fuhrparks sowie dem gesteigerten Umfang übertreffen könnte. Doch es gibt einen Punkt, der solche Ambitionen auf einen Schlag versaut,

Schön, dass es eine Cockpitansicht gibt. Schade, dass sie nicht so detailliert modelliert wurde wie bei NfS Shift & Co...
denn die Bezeichnung KI bekommt hier eine völlig neue Bedeutung: katastrophale Idioten! Ich weiß nicht, was die Entwickler von Eutechnyx geritten hat, aber was die Fahrer auf nahezu jeder Strecke in jedem Schwierigkeitsgrad von Anfänger bis Legende meist in der ersten oder einer anderen Kurve aufführen, ist kaum zu fassen: Die Deppen sorgen ständig für Massenkarambolagen mit furchtbar schlechten Soundeffekten, bremsen an den schwachsinnigsten Stellen und haben teilweise offenbar echte Probleme mit der Wegfindung. Ich hab in meiner Testerlaufbahn selten eine schlechtere KI in einem Rennspiel erlebt als hier! Man nehme z.B. die traditionsreiche Piste in Monza mit ihrer langen Start-/Zielgeraden, die bis zur ersten Schikane reicht. Nicht nur, dass es nach dem Start hier ordentlich kracht - auch Runde für Runde verpassen die Fahrer hier den Bremspunkt. Das ist besonders bitter, wenn ein Verfolger am Heck klebt und einem ungebremst ins Heck rauscht. Die Folge: Ich bekomme genau vor der Schikane einen heftigen Schubser von hinten, kürze dadurch zwangsweise ab und erhalte auch noch eine Strafe, indem meine Motorleistung gedrosselt wird. Das gleiche Spiel wartet auch zig anderen Strecken von Spa bis zum Nürburgring. Ich habe sogar extra die dynamische Ideallinie aktiviert, weil ich Zweifel hatte, vielleicht doch etwas zu früh und übervorsichtig zu bremsen. Doch es spielt keine Rolle: Selbst wenn man sich an die vorgeschlagenen Bremspunkte hält, werden sie von der übermütigen KI ständig ignoriert. Hinzu kommt, dass sich ihre Zeiten im Qualifying keineswegs in ihren Leistungen im Rennen widerspiegeln, wie die Herrschaften selbst in höheren Stufen plötzlich über fünf Sekunden langsamer unterwegs sind. Wie soll denn echtes Motorsport-Feeling aufkommen, wenn diese Dumpfbacken in nahezu jeder Kurve sich selbst oder mich als Spieler abschießen? Selbst wenn Supercar Challenge ein reiner Arcade-Racer wäre, wären solche Aktionen eine Zumutung! Dass man den Titel bei System 3 angesichts dieser katastrophalen KI, fehlenden Boxenstopps und Reifenverschleiß dennoch als eine ernsthafte Simulation sieht, grenzt schon fast an Realitätsverlust!

Mehrspieler-Sparbrötchen

Angesichts dieses Mankos ist die Supercar Challenge für Solo-Raser nahezu unbrauchbar. Doch auch im Mehrspieler-Bereich wird nicht viel geboten: Zwar hat man es nach dem vermurksten Onlinemodus von Ferrari Challenge endlich geschafft, halbwegs stabile und lagfreie Rennen über das PSN zu realisieren, obwohl es während meiner Testfahrten auch zu plötzlichen Verbindungsabbrüchen kam. Da gerade in Rennspielen so viele Idioten unterwegs sind, die als Host eine Session lieber abbrechen anstatt nur als Zweiter über die Ziellinie zu fahren, ist es allerdings möglich, dass nicht technische Probleme dafür verantwortlich waren. Leider wird das Starterfeld auch bei Online-Wettbewerben auf ein bestimmtes Fahrzeugmodell beschränkt, während man Qualifying-Runden genau so vermisst wie diverse Spiel-Varianten wie Ausscheidungsrennen oder komplette Meisterschaften. Auch private Lobbys sind für die Entwickler ein Fremdwort, doch kann man zumindest eigene Freunde zur Session einladen. Nicht nur online, sondern auch im LAN darf man sich mit anderen messen - nur einen Splitscreen für lokale Duelle gibt es nicht.   

Fazit

Nach der Teilnahme an der Multiplayer-Beta ging ich noch davon aus, dass Supercar Challenge in die Wertungsregionen von Ferrari Challenge vorfahren würde - immerhin sind sich beide Titel hinsichtlich Technik und Fahrphysik sehr ähnlich. Die Erweiterung des Fuhrparks sowie der Ausbau und die Verbesserungen bei den Spiel- und Onlinemodi hätte sogar eine etwas höhere Wertung erwarten lassen. Doch dann kam alles anders: Mit dieser katastrophalen und unglaublich schlechten KI wird das Motorsport-Erlebnis trotz der soliden Fahrphysik, des tollen Luxus-Fuhrparks sowie der zahlreichen Spielmodi vollkommen versaut! Ich kann es immer noch nicht fassen, wie man so etwas durchwinken und als Simulation veröffentlichen kann! Davon abgesehen fährt man auch technisch der überlegenen Konkurrenz vom Schlag eines GT5 Prologue, Colin McRae: Dirt 2 oder NfS: Shift deutlich hinterher, so dass es keinen guten Grund gibt, warum PS3-Raser hier einsteigen sollten...

Pro

schöner Luxusfuhrpark
lizenzierte Strecken
Cockpitansicht...
Fahrhilfen in mehreren Stufen regelbar
viele Spielmodi
überwiegend lagfreie Online-Rennen
verschiedene Witterungsbedingungen
gut abgemischte Motorenklänge
Einführungen mit Tiff Needell
Setup-Einstellungen
LAN-Rennen möglich

Kontra

katastrophale KI
nervige Auto-Korrektur beim Lenken (auch ohne Fahrhilfen)
...die allerdings nicht so detailliert ausfällt
vereinzelte Slowdowns
Verbindungsabbrüche (Online)
z.T. fragwürdige Fahrphysik
keine Feineinstellungen möglich (Lenkrad, Controller)
keine Splitscreen-Rennen
Qualifying-Zeiten der KI stehen in keinem Verhältnis zur Leistung im Rennen
kaum Online-Optionen
z.T. fragwürdige KI-Balance
kein Qualifying (online)
Setup unglücklich ausgelagert
Einstellungsmöglichkeiten nur grob und unvollständig
Regen hat kaum Einfluss auf Bremspunkte
kein gemischtes Fahrerfeld
rudimentäres Schadensmodell
keine (optionalen) Boxenstopps
kein (optionaler) Reifenverschleiß
kein (optionaler) Benzinverbrauch
lange Ladezeiten
Abstürze bei Replays (bei aktuellem Patch)
überwiegend Ferraris im Fuhrpark

Wertung

PlayStation3

Mit dieser strunzdummen Chaos-KI disqualifiziert sich Supercar Challenge selbst für einen besseren Platz in der Wertungs-Aufstellung!

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