Karaoke Revolution01.04.2010, Michael Krosta
Karaoke Revolution

Im Test:

Dass Konami ein Stück vom Musikspiel-Kuchen abhaben möchte, ist bei der eigenen Firmengeschichte verständlich: Immerhin zählten die Japaner schon lange vor SingStar, Rock Band, DJ Hero & Co zu den Pionieren des Genres. Mit Rock Revolution ging der Kampf um Marktanteile allerdings gehörig in die Hose – zu schwach waren Technik, Umfang und die Qualität der Cover-Songs. Schafft man es jetzt wenigstens im Karaoke-Bereich einen leichten Hauch von Revolution auszulösen?

Große Trackliste

In einem Punkt lässt Konami die Mitbewerber auf jeden Fall hinter sich: Während sich auf den unzähligen Sing Star-Editionen und Lips-Gegenstücken meist nur um die 30 Songs tummeln, wird hier eine Auswahl von satten 75 Tracks unterschiedlichster Stilrichtungen geboten. Pop-Rock ist mit Künstlern wie P!nk ("So What") und Sunrise Avenue ("Fairytale Gone Bad") genau so vertreten wie R&B mit Akon ("Beautiful") oder Balladen wie "Wicked Game" von Chris Isaak. Außerdem geht es musikalisch mit Titeln wie "What Have I Done To Deserve This" (Pet Shop Boys) oder "The Sun Always Shines on TV" (A-ha) zurück in die Achtziger, während man mit Klassikern wie "ABC" (The Jackson 5)

Leider kann die Bühnenshow trotz einiger netter Outfits weder Guitar Hero oder Rock Band das Wasser reichen noch die Originalvideos ersetzen.
und "The Logical Song" (Supertramp) ebenfalls in die Vergangenheit reist. Dass man auch an halbwegs moderne Titel gedacht hat, beweisen Songs wie "Smile" (Lilly Allen), "Human" (The Killers), "My Life Would Suck Without You" (Kelly Clarkson) sowie "Sex On Fire" (Kings of Leon).

Deutsche Interpreten dürfen auch nicht fehlen: Mit den üblichen Verdächtigen wie Juli ("Perfekte Welle") oder Wir sind Helden ("Nur ein Wort") war schon zu rechnen, aber dass auch Mickie Krause ("Jan Pillemann Otze"), Tim Toupet ("Fliegerlied") oder die Höhner ("Viva Colonia") mit Ballermann- und Karnevals-Hits vertreten sind, zeugt schon von einer sehr abenteuerlich gemischten Trackliste. Dazu gesellen sich einige (zumindest mir) unbekannte Künstler wie Nanne ("Hall Om Mig"), Mans Zelmerlöw ("Cara Mia") oder Louisy Jospeh ("Assis Par Terre"), deren Songs...nun ja...Geschmackssache sind, was sicher auch für einige der bekannteren Stücke zutreffen dürfte. Insgesamt kann man die Setliste insgesamt doch als gelungen bezeichnen - immerhin gehen oft auch einige Vertreter der SingStar- und Lips-Editionen an den eigenen Vorlieben dabei und es findet sich immer wieder Schrott, bei dem man die Stimmbänder lieber schonen will. Daumen hoch aber zumindest für die Einsicht bei Konami, dass man

Der Text ist leider etwas klein ausgefallen und scrollt oft mit einem etwas zu hohen Tempo über den Bildschirm.
endlich die Original-Songs lizenziert hat anstatt weiterhin auf dürftige Cover-Versionen zu setzen. Schade nur, dass man nicht konsequent ist: Möchte man die Song-Bibliothek mit den kostenpflichtigen Liedern für ca. 1 Euro pro Titel erweitern, quäken wieder Cover-Band aus den Lautsprechern.

Eine Frage des Mikros

Ein Karaoke-Spiel steht und fällt mit der Sprach- bzw. Gesangserkennung. Diese grundsätzliche Anforderung wurde dem lausigen SingStar-Klon U-Sing z.B. zum Verhängnis, da die miserable Erkennung (mit allen möglichen Mikrofonen) den Titel praktisch unbrauchbar gemacht haben. Konamis Träller-Vertreter macht diesbezüglich eine sehr viel bessere Figur, auch wenn man sich auch hier durch ein einfaches Summen zu Höchstpunktzahlen pfuschen kann. Allerdings wirkt sich die Wahl des Mikrofons spürbar darauf aus, wie gut die Erkennung funktioniert: Will man mit den Funk-Mikros aus SingStar loslegen, ist das Ergebnis bestenfalls durchschnittlich. Die Tonlage wird oft nicht richtig erkannt (und entsprechend schlecht bewertet) und man muss das Mikrofon trotz einstellbarem Verstärker sehr nah am Mund halten. Ganz anders fällt das Gesangserlebnis mit dem USB-Mikro von Rock Band aus, denn die Erkennung funktioniert gleich sehr viel präziser, wenn auch nicht hundertprozentig perfekt.

Etwas ungünstig ist die Darstellung der Höhenlinien und des Texts ausgefallen, bei der man sich an Spielen wie Rock Band oder Guitar Hero orientiert. Text und "Noten" scrollen also von rechts nach links durch das Bild - und das teilweise in einem zu hohen Tempo. Zudem ist die Schrift relativ klein geraten - SingStar und Lips bieten eine bessere Übersicht.   

Auf die Bühne!

Für die Präsentation wählt Konami einen ungewöhnlichen Ansatz: Anstatt wie gewohnt die Originalvideos der Interpreten im Hintergrund laufen zu lassen, orientiert man sich auch hier mehr an Musikspielen wie Rock Band und lässt Polygonfiguren auf diversen Bühnen herum hüpfen. Dabei

Im umfangreichen Editor erstellt man sich seinen eigenen "Sing-Star".
kann man sich sogar eigene Sänger in einem umfangreichen Editor zusammenbasteln und auch eigene Bühnen kreieren. Leider lassen sowohl die etwas klobigen Akteure mit ihrer fehlenden Lippensynchronität als auch die Show zu wünschen übrig. Überhaupt ist die Präsentation eine der großen Schwächen, denn neben den Auftritten lassen auch die Menüs ein Minimum an Stil vermissen und wirken billig.

Zumindest muss man auf die Videos aber nicht ganz verzichten: Sind die Schauplätze mit Leinwänden ausgerüstet, werden die Clips darauf übertragen - oder man schließt alternativ die EyeToy-Kamera an und wird selbst zum Star. Eigentlich eine interessante Mischung - trotzdem wäre es schön gewesen, optional die klassische Möglichkeit mit den Originalvideos als Vollbild-Hintergrund anzubieten. Bei dem einen oder anderen Songs fehlt der Clip allerdings...

Gesangskarriere

Neben üblichen Modi wie Duetten und Party-Wettbewerben für bis zu 16 Teilnehmer hat man sogar an eine Karriere für Solisten gedacht, bei der man bestimmte Ziele erfüllen muss, um neue Auftrittmöglichkeiten freizuschalten. Dazu zählt z.B. eine Trefferquote von mindestens 60 Prozent oder das Erreichen einer Mindestpunktzahl. Dabei kann man sich die Songs oder Medleys meist selbst zusammenstellen - manchmal wird eine Stufe aber auch auf ein bestimmtes Genre eingeschränkt oder man muss einen vorgegebenen Titel meistern. Für Anfänger kann das virtuelle Showbusiness allerdings schnell zum Alptraum werden: Selbst auf dem niedrigsten der vier Schwierigkeitsgrade muss man schon ein gewisses Maß an Gesangstalent mitbringen, um weiter zu kommen. Da hilft auch kein schiefes Summen mehr... Zudem sind einige Aufgaben mit manchen Songs nicht zu erfüllen, auch wenn man durchweg gut singt.

Die Gesangsstimme des Original-Interpreten lässt sich auf Wunsch ausblenden - ein ganz neues Gefühl!
Trotzdem schön, dass man bei Konami einen Karrieremodus integriert hat. Vielleicht sollte auch Sony noch mal darüber nachdenken, dieses Feature zu reaktivieren - immerhin konnte auch das erste SingStar noch mit einer Karriere aufwarten.

Echtes Karaoke

Etwas, das Sony nach der SingStar-Premiere ebenfalls viel zu schnell wieder gestrichen hat, ist die Möglichkeit, die Gesangsstimme des Interpreten auf Wunsch auszublenden, um so für ein authentisches Karaoke-Erlebnis zu sorgen. Es ist nämlich etwas völlig anderes, wenn man plötzlich nicht mehr den Original-Interpreten als stimmliche Unterstützung im Rücken hat. Genau diese Möglichkeit bekommt man Karaoke Revolution (ab 12,86€ bei kaufen) - ein toller Service, den eigentlich jedes Karaoke-Spiel bieten sollte! Auch lassen sich die Lautstärke der Fans und Musik den eigenen Vorlieben anpassen. Schade nur, dass es keine Möglichkeit gibt, sich seine Gesangsleistung im Anschluss in einer Wiederholung erneut zu Gemüte zu führen bzw. diese abzuspeichern. In Sachen Community-Features hinkt man der Sony-Serie deutlich hinterher, denn auch Schnappschüsse via Eye-Toy sind nicht drin. Als Gegenzug kann man allerdings andere Spieler zu Online-Duellen herausfordern - eine Funktion, die wir mangels offener Sessions aber nicht ausprobieren konnten. Komfortabel ist die Option, sich eigene Setlisten und sogar Medleys zu erstellen, auch wenn die Übergänge zwischen den Songs unglücklich und zu abrupt wirkt. Schön ist außerdem, dass man auch eine Jukebox-Funktion integriert hat. Hat man spontan Lust auf einen Song, greift man einfach zum Mikro und fängt an zu singen - kurz darauf erscheinen wieder die Tonhöhenanzeigen im Bild.  

Fazit

Karaoke Revolution macht viele Dinge besser als Sonys Platzhirsch SingStar: Die Möglichkeit, die Original-Gesangsstimmen auszublenden ist genau so erfreulich wie die prall gefüllte Trackliste sowie die Gesangskarriere für Solisten. Die Gesangserkennnung funktioniert - das richtige Mikrofon vorausgesetzt - richtig gut, wenn auch nicht ganz so präzise wie bei den "großen" Mitbewerbern von Sony und Microsoft. Bei der schwachen Präsentation müssen die anfänglichen Jubelszenen aber schnell lauten Buh-Rufen weichen. Warum liefert man nur diese lahmen Bühnenshows? Und warum kann ich nicht optional die Original-Videos im Vollbild genießen? Auch die Art der Darstellung ist vor allem bei flotteren Songs etwas unglücklich, denn neben dem zu klein geratenen Text ist das Scroll-Tempo teilweise zu hoch ausgefallen. Unterm Notenstrich ist Konamis Karaoke-Auftritt aber eine der besseren SingStar-Alternativen, die zum Glück nicht viel mit dem grausigen Rock Revolution gemeinsam hat.

Pro

umfangreiche Songauswahl...
recht gute Gesangserkennung...
z.T. tolle Bühnen
Onlinemodus
erweiterbare Song-Bibliothek (kostenpflichtig)
Mehrspieler-Modi
Gesangsstimme ausblendbar
Playlists erstellbar
Duette möglich (Harmonie-Gesang)

Kontra

...mit einigen (unbekannten) Gurken
… aber nicht perfekt
etwas klobige Figuren
keine klassische Darstellung möglich
keine Wiederholungs-Optionen
Avatar singt nicht lippensynchron
schwache Präsentation
etwas unglückliche Textdarstellung (Tempo & Größe)
demotivierend hoher Schwierigkeitsgrad (Karriere)
Punktziele von Songs unabhängig

Wertung

PlayStation3

Macht vieles besser als SingStar, aber verschenkt auch zu viel Potenzial. Trotzdem insgesamt ein gelungener Karaoke-Vertreter.

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