White Knight Chronicles 221.06.2011, Jens Bischoff
White Knight Chronicles 2

Im Test:

Mit White Knight Chronicles konnte man trotz einiger Mankos monatelang seinen Spaß haben, indem man mit Freunden auf Beutejagd ging, seinen Charakter perfektionierte und sich um den Gedeih seiner eigenen Stadt kümmerte. Mit Teil 2 soll jetzt natürlich alles noch größer und attraktiver werden - sogar eine überarbeitete Version des Vorgängers ist mit an Bord. Doch ist wirklich alles besser?

Fortsetzung folgt...

Nach dem fiesen Cliffhanger am Ende des ersten Teils und einer knapp fünf Gigabyte schweren Zwangsinstallation findet man sich zu Beginn der Fortsetzung in der Rolle eines mysteriösen Leibwächters an einem unbekannten Ort auf der sonst weitestgehend vertrauten Landkarte wieder. Doch keine Sorge, Leonard, Yulie & Co. lassen nicht lange auf sich warten und man zieht ein weiteres Mal gemeinsam gegen Grazel und dessen wieder erstarkte Truppen in den Kampf, trifft andere bekannte Gesichter und kehrt an viele vertraute Orte zurück. Zwar endet auch der zweite Teil mit einem "Fortsetzung folgt" - aber der Abschluss ist dieses Mal wesentlich runder und nicht so abrupt wie im Original.

Wer den Vorgänger gespielt hat, kann sogar Daten wie Aussehen und Besitztümer transferieren, die Charakterstufen werden dabei jedoch auf Level 35 zurückgesetzt. Auch mit White Knight Chronicles: Origins auf der PSP lassen sich Daten austauschen und Bonusobjekte freischalten. Ein Datentransfer aus importierten Fassungen des Originals ist aber leider nicht möglich, obwohl bestimmte Errungenschaften auch hier erkannt und mit einer entsprechenden Trophäe belohnt werden.

Neueinsteiger oder Spieler, die ihren alten Charakter nicht mehr sehen können, dürfen natürlich auch wieder den umfangreichen Editor bemühen, um sich von der Höhe der Wangenknochen bis hin zur Größe der Nasenlöcher ein Alter Ego nach Maß zu basteln. Die finale Bestätigung sollte man sich aber gut überlegen, denn wer nachträgliche Änderungen vornehmen will, wird dafür nach wie vor zur Kasse gebeten. Dasselbe gilt auch für die Neuverteilung von Fertigkeitspunkten abseits von regulären Reinkarnationen, die man wieder bei Erreichen der auf Level 80 hoch gesetzten Maximalstufe vollziehen kann, um zusätzliche Bonuspunkte zu erhalten. Auch Gebrauchtkäufer müssen gegebenenfalls eine neue Lizenz für den Online-Modus erstehen, falls der Vorbesitzer den beiliegenden Code bereits verwendet hat.

Aus alt mach neu

Die meisten Schauplätze und Gegner kennt man bereits aus dem Vorgänger.
Die meisten Schauplätze und Gegner kennt man bereits aus dem Vorgänger.

Doch zurück zum Spiel. Nach der anfänglichen Wiedersehensfreude vor unbekannter Kulisse, stellt sich leider schnell heraus, dass man neben der Stadt Faria und dem darum liegenden Wald fast ausschließlich durch Orte und Gegenden gelotst wird, die man schon im Vorgänger bereist hat - nur diesmal in umgekehrter Reihenfolge und mit nicht ganz so laschem Schwierigkeitsgrad. Erzählerisch ist die Reise trotz Zeitsprüngen, die noch mehr Inhaltsrecycling erlauben, ebenfalls weit weniger interessant und spannend. Man marschiert eigentlich nur den ganzen Weg des ersten Teils zurück, sammelt unterwegs ehemalige Mitstreiter und magische Wappen ein, bevor es zum Finale auf die am Ende des ersten Teils kurz gesehene Rothorninsel geht, die zusammen mit Faria und Umgebung sowie einem Geheimgang unter Schloss Balandor die einzigen neuen Story-Schauplätze darstellen.

Nach Spielende kann man zwar auch noch einen hochstufigen Bonusdungeon sowie eine Reihe generischer Mini-Portalwelten besuchen, aber fast 90 Prozent der Spielwelt wurden einfach aus dem Vorgänger übernommen, der sich in überarbeiteter Form ebenfalls auf der Disc befindet und so auch von Neulingen inhaltlich nachgeholt werden kann. Auch die Gegner, auf die man trifft und Kompositionen, die man zu Ohr bekommt, sind weitestgehend dieselben. Die grafische Präsentation wurde zwar hier und da etwas aufpoliert, wirkt aber nach wie vor alles andere als zeitgemäß. Akute Popups und Bildrateneinrüche sind ebenfalls noch immer mit von der Partie und das Verhalten der sich noch immer nicht automatisch zur Wehr setzenden KI-Kameraden ist vertraut bescheiden.

Nicht mehr allein

Im kooperativen Online-Modus können jetzt bis zu sechs Spieler gemeinsam auf Beutejagd gehen.
Im kooperativen Online-Modus können jetzt bis zu sechs Spieler gemeinsam auf Beutejagd gehen.

Immerhin kann man die computergesteuerten Gefährten neuerdings auch auf Quests mitnehmen, zu denen sich nun auch Botengänge und Kopfgeldanfragen hinzugesellt haben. Allerdings sind maximal zwei KI-Mitstreiter erlaubt, während online teils bis zu fünf Spieler an eurer Seite kämpfen dürfen, die ihr Handwerk in der Regel wesentlich besser beherrschen und die Erfüllung der zahlreichen Aufträge um ein Vielfaches leichter machen. Überhaupt schlägt das Herz von White Knight Chronicles nach wie vor im kooperativen und noch immer kostenlosen Online-Modus, der im Vergleich zur 30 bis 40stündigen Story zuzüglich optionaler, nur allein bestreitbarer Nebenaufgaben, über Woche oder gar Monate bei Laune hält - und das nicht nur als Krieger, Schütze oder Magier, sondern auch als Architekt.

Das seit Dark Cloud von Level-5 gepflegte Errichten und Bevölkern einer eigenen Stadt ist zwar auch offline möglich, erhält aber weit mehr Reize, wenn man sich dort auch online mit Freunden treffen, über den weiteren Ausbau fachsimplen und auf Beutejagd gehen kann. Wer will, kann seine Stadt auch mit spielinternen Fotos oder kostenpflichtigen Download-Elementen aufwerten, entscheidende Vorteile bringt das aber nicht - zumal sich damit verknüpfte Ernte- und Shopangebote auch von anderen Spielern nutzen lassen. Dass man nach wie vor nur sehr beschränkt Tauschhandel betreiben kann, ist zwar schade, verleiht den eigenen Errungenschaften aber auch mehr Wert. Man fertigt immer bessere Ausrüstung, errichtet imposante Bauwerke und lässt seinen Charakter die Fertigkeiten lernen, die man persönlich als wichtig erachtet.

Mehr Dynamik

Neben Caesar und Leonard kann sich neuerdings auch der eigene Charakter in einen riesigen Ritter verwandeln.
Neben Storyfiguren wie Caesar und Leonard kann sich neuerdings auch der eigene Charakter in einen riesigen Ritter verwandeln.

Der Pool an verfügbaren Fertigkeiten hat im Vergleich zum Vorgänger deutlich zugenommen, die Plätze auf der nach wie vor auch mit selbst gebastelten Kombos belegbaren Aktionspalette jedoch nicht, wodurch man nun noch mehr Probleme hat alle relevanten Zauber und Angriffe unter einen Hut zu bringen.

Zwar kann man neuerdings mehrere Paletten anlegen, das Umschalten zwischen Haupt- und Nebenpalette ist während der nun wesentlich schneller ablaufenden Gefechte aber recht zeitraubend und umständlich - zusätzliche Slots oder schnelle Umblendungen auf Knopfdruck wären sicher eleganter gewesen. Ansonsten ist die für mehr Dynamik sorgende Beschleunigung der Kampfabläufe aber sehr lobenswert, auch wenn die kristallförmigen Energieleisten nach wie vor viel zu winzig sind und das Timen von Komboattacken noch immer mit plumpem Button-Mashing bewerkstelligt werden kann.

Dafür kann sich jetzt auch die eigene Spielfigur ab einer bestimmten Stelle in einen überdimensionalen Ritter verwandeln, den man sogar individuell ausrüsten und optisch modifizieren kann. Bei Questeinsätzen sind Verwandlungen zwar nicht immer erlaubt und in der Regel auf einen Spieler begrenzt, aber die Option ist dennoch eine Bereicherung, die auch online neue Teamstrategien ermöglicht.

Stumm, unauffällig, austauschbar sucht

Die eigene Stadt fungiert online als Treffpunkt für Quests und bietet individuelle Einkaufs- und Sammelmöglichkeiten.
Die eigene Stadt fungiert online als Treffpunkt für Quests und bietet individuelle Einkaufs- und Sammelmöglichkeiten.

Schade nur, dass der eigene Spielcharakter im Storymodus nach wie vor nur eine stumme Statistenrolle spielt. Zudem sind Partien mit Spielern des Vorgänger, die in den USA z. B. immer noch auf die Fortsetzung warten, aus Kompatibilitätsgründen nicht möglich. Die neuen Server sind jedenfalls mitunter recht schwach besucht und hätten durchaus noch einige Originalveteranen vertragen können.

Auch das Matchmaking ist alles andere als optimal. Die automatische Suche nach gleichstufigen Mitspielern kann man getrost vergessen und dass die Online-Lobbys trotz gestiegener Gruppengrößen verkleinert wurden, ist auch so eine Schnapsidee. Immerhin kann man sowohl mit anderen Europäern, Japanern und bald auch Amerikanern zusammenspielen sowie USB-Tastaturen und -Headsets verwenden.

Sprachbarrieren kann man versuchen mit vorgefertigten Sätzen und Emotes zu trotzen. Sprachausgabe während des Spiels gibt es hingegen nur auf englisch und das wie gewohnt alles andere als lippensynchron. Auch die langen Speicherzeiten kennt man aus dem Vorgänger, ebenso wie die nicht zoombare, aber nun leichter aufrufbare Kartenfunktion, die sich auch während der Fortbewegung studieren lässt, was angesichts der teils sehr weitläufigen Areale auch durchaus Sinn macht. Schade nur, dass mehrstöckige Schauplätze wie Greedes mit Fallgruben gespickte Unterwelt keine Ebenenwechsel auf der Karte erlauben, was vor allem für Neulinge sehr frustrierend sein kann.

Gewonnene Zeit

Größere gegner kann man nich wie vor zu Fall bringen, um besondere Schwachpunkte bloß zu legen.
Größere Gegner kann man nach wie vor zu Fall bringen, um besondere Schwachpunkte bloß zu legen.

Deutlich verbessert wurde hingegen das Einsammeln von Rohstoffen, wofür man entsprechende Erntestellen nun nur noch einmal absuchen muss, um alle dort verborgenen Objekte zu bergen statt mehrmals hintereinander jeden Gegenstand einzeln aufzuheben. Vor allem in Mehrspielerpartien sinkt dadurch der Nervfaktor, wenn plötzlich jemand meilenweit zurückfiel, weil er unbedingt irgendwelche seltenen Blumen pflücken oder Käfer einfangen wollte. Aber auch offline nimmt man die Zeitersparnis dankend an.

An Erkundungs- und Sammelreizen mangelt es jedenfalls auch dem zweiten White Knight Chronicles nicht und auch die in Echtzeit ablaufenden Kämpfe mit individualisierbaren Skill-Paletten, gewichtsabhängigen Aktionspausen, imposanten Ritterverwandlungen und dynamischen Trefferzonen gigantischer Gegner wissen nach wie vor zu gefallen. Die Gegnervielfalt ist trotz einiger Neuzugänge wie Untoter oder Flugdrachen aber leider recht überschaubar, was auch verschiedene Farb- und Formvarianten nicht kaschieren können. Die geringe Zahl an neuen Einsatzgebieten wiegt aber wesentlich schwerer. Lediglich das Waffen- und Rüstungsarsenal inklusive modischer Accessoires hat deutlich zugenommen, so dass sich die Spieler nun noch individueller kleiden und von anderen abheben können.

Fazit

Auch wenn White Knight Chronicles II vieles besser macht als der Vorgänger, wirkt es doch eher wie ein Add-On als eine echte Fortsetzung. Klar ist es super, dass die Kämpfe und Rohstoffernten flotter, die Aktionsmöglichkeiten und das Questangebot vielfältiger sind. Es ist auch schön, dass man jetzt mit bis fünf Freunden gemeinsam losziehen oder KI-Gefährten auf Missionen mitnehmen kann. Man darf sich sogar endlich auch selbst in einen überdimensionalen Ritter verwandeln. Inhaltlich wird aber einfach zu wenig Neues geboten und stattdessen kräftig recycelt: 90 Prozent der Gegner und Schauplätze kennt man bereits aus Teil 1. Selbst die nur mäßig interessante Fortsetzung der Story schleift einen fast nur durch altbekannte Orte und Gegenden. Zudem leiden viele Elemente wie Technik, KI oder Kombosystem noch immer unter denselben Macken wie letztes Jahr. Nicht falsch verstehen, dank kostenlosem Online-Modus, facettenreicher Charakterentwicklung, motivierender Beutehatz und dynamischem Städtebau ist auch Teil 2 der Weißrittersaga ein Dorado für ambitionierte Jäger und Sammler, das noch immer gut und nun noch länger bei Laune hält. Mehr als ein wenig aufwändig produziertes, wenn auch willkommenes Update ist er aber nicht.

Pro

üppiges Questangebot
motivierender Städtebau
kooperativer Online-Modus
imposante Verwandlungsfunktion
beschleunigtes & erweitertes Kampfsystem
individuelle Kombo- & Charakterentwicklung
riesige Gegner mit dynamischen Trefferzonen
vielfältige Sammel-, Upgrade- & Erkundungsreize

Kontra

mäßige Story
durchwachsene KI
angestaubte Technik
massives Content-Recycling
überschaubare Gegnervielfalt

Wertung

PlayStation3

Aufgrund massiven Recyclings mehr Add-On als Fortsetzung - aber für gesellige Jäger und Sammler nach wie vor ein Dorado.

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