Chime06.04.2011, Jörg Luibl
Chime

Im Test:

Ist das Tetris mit Musik? Wer noch nie Chime gespielt hat, dürfte in den ersten Minuten etwas verwirrt mit geometrischen Formen hantieren. Aus reiner Gewohnheit sortiert man all die Bausteine vielleicht ganz unten nebeneinander, damit sie ja verschwinden und bloß nicht über den Rand steigen! Oder muss man etwa auf den Rhythmus der Beatbox achten? Man lernt sehr schnell, dass es in diesem Puzzler nicht um die Macht der Reihe, sondern um die des perfekten Quaders geht – jetzt auch mit bis zu vier Freunden.

Im Rhythmus von Tetris

Nicht erschrecken lassen, wenn ihr Chime noch nicht kennt: Laut Entwickler soll es darum gehen, tolle Musik über Formen in einer Fläche zu machen. Da steckt zwar auch ein Körnchen Wahrheit drin, aber das ist auch etwas viel akustische Schwärmerei und hört sich für Feinde der Blockflöte nach belangloser Langeweile an. Aber keine Bange, es geht eher um cleveren Quaderbau als um kreative Kompositionen. Chime wurde wie viele andere Puzzler von Tetris inspiriert und überrascht mit einer frischen Spielmechanik, bei der die Akustik zunächst gar keine große Rolle einnimmt.  

Das fängt schon damit an, dass keine Formen von oben in ein Feld fallen, sondern dass man sie einzeln und überall nach eigenen Wünschen platzieren kann. Die sollten sich nach quadratischen Flächen richten: Nur wer Treppchen, Geraden, Rechtecke, Kanten, Klemmen und all die anderen Körper so mit den Schultertasten dreht und arrangiert, dass sie mindestens ein Viereck der Größe drei mal drei bilden, wird erfolgreich innerhalb der drei Zeitlimits von drei, sechs oder neun Minuten spielen.

Über wie viele Quader wird die Tonspur singen? Je mehr man eineckt und abdeckt, desto besser! Für 8,99 Euro kann man loslegen.
Denn zum einen sorgen nur die Quader dafür, dass das Feld unter ihnen als "abgedeckt" gilt. Erst wenn man mindestens fünfzig Prozent der Fläche auf diese Weise einfärbt, schaltet man den nächsten Level frei - das motiviert schon mal. Alle erreichten zehn Prozent bekommt man zudem ein paar Sekunden Spielzeit dazu. Zum anderen läuft eine Uhr für jeden Quader ab, wenn man ihn gerade gebildet hat: Das ist das Zeitfenster, in dem man weitere Teile anbauen kann, um seine Fläche auszuweiten; größere Quader geben natürlich mehr Bonuspunkte und parallele Quader an verschiedenen Stellen treiben den Multiplikator in die Höhe.

Die Macht der Quader

Das akustisch Besondere an Chime: Eine Tonspur läuft langsam über das Feld und sorgt nicht nur für das Einfärben der von ihr berührten Quaderflächen, sondern lässt auch Musik erklingen, wenn sie auf eine Figur trifft. Je nach Form und Perfektion können das ganz andere Akkorde aus dem aktuellen Thema sein, die sich bei verstreuten Fragmenten wie kleine Störungen und bei großen Quaderformen wie akustische Belohnungen anhören. Man bekommt je nach der Geometrie im Feld also eine andere musikalische Resonanz und je perfekter man baut, desto näher kommt man auch der musikalischen Harmonie des laufenden Stücks. Die reichen von Moby, Markus Schulz und Philip Glass bis Sabrehouse - es gibt fünf neue Musikstücke und damit Level.

Was angenehm beginnt und im freien Modus natürlich ganz entspannt im Stile des Zen-Gaming genossen werden kann, entwickelt in der Kampagne durchaus fordernde Situationen - vor allem, wenn man das Zeitlimit auf drei Minuten setzt und den Ehrgeiz besitzt, sowohl alle Level freizuschalten als auch die eigene und evtl. internationale Highscores zu knacken, was

Neu auf  PlayStation 3 gegenüber 360 und Steam:  Lokale Mehrspielermodi für Koop und Kampf mit bis zu vier Leuten - online geht es leider nicht zur Sache.
auch über Xbox Live oder Steam im letzten Jahr funktionierte. Dann muss man ähnlich wie in Tetris nicht nur gezielt auf die kommende Form achten, um sie optimal zu platzieren, sondern in Gedanken an mehreren Stellen gleichzeitig weiter entwickeln, zumal nicht ganz perfekte Quader überall Fragmente hinterlassen. Der Anspruch wächst auch, weil das Hauptfeld immer verschachtelter wird - sprich: Man muss seine Quader um Hindernisse herum, in engen oder gar getrennten Bereichen bauen.

Auf der PlayStation geht es leider nicht online, aber dafür offline mit mehreren Leuten weiter: Nicht nur in Ranglisten, sondern in exklusiven Spielmodi.  Man kann lokal mit oder gegen bis zu vier Leute antreten. Gerade der kooperative Modus bereichert das Erlebnis, denn jetzt kann man sich das Ausfüllen der Fläche und Aufbauen von Quadern clever einteilen, so dass (bei guter Absprache) ganz neue Team-Highscores möglich sind. Auch der kompetitive Modus ist interessant, denn hier kämpft man nicht nur mit den alten Regeln um das Feld, sondern kann als Neuerung auch bereits abgedeckte Bereiche des Gegners erobern, indem man mehr als die Hälfte seiner Fläche löscht bzw. selbst einfärbt.     

Fazit

Auch wenn im Hintergrund mal elektrische, chillige oder sphärische Soundtracks von Philip Glass bis Moby rauschen und man in den ersten Minuten vielleicht an ein abstraktes Rhythmusspiel denkt: Chime Super Deluxe ist kein grafisch beschränktes Experiment für Komponisten, sondern ein akustisch angehauchter Knobler im Stile von Tetris - ein sehr einfacher, aber auch ein sehr guter, weil er lange fordert. Der wurde jetzt nicht nur um fünf weitere Musikstücke und Level, sondern auch um einen Mehrspielermodus bereichert, der clevere Quaderkämpfe mit- oder gegeneinander ermöglicht. Vor einem Jahr machte das Spiel für Xbox 360 und PC mit seinen karitativen Nebenwirkungen auf sich aufmerksam: Wer es erwarb, spendete automatisch an zwei Kinderhilfswerke. Aktuell bemüht sich Publisher OneBigGame um Hilfe für Japan und schart weitere Entwickler von David Perry bis Masaya Matsura  um sich. Allerdings hilft man mit dem Kauf dieser Super Deluxe-Version erstmal nur sich selbst und den talentierten Entwicklern von Zoë Mode.

Pro

cleverer Musik-Knobler
einfach zu lernen, schwer zu meistern
freies Spiel oder Zeitwettbewerb
zwei neue Mehrspielermodi für bis zu vier
toller Soundtrack mit fünf neuen Stücken

Kontra

kein Online-Modus
spartanische Kulisse

Wertung

PlayStation3

Cleverer Musik-Knobler, der für PlayStation 3 um weitere Level und Mehrspielermodi erweitert wurde.

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