PixelJunk Shooter 211.03.2011, Jan Wöbbeking
PixelJunk Shooter 2

Im Test:

Vor gut einem Jahr sorgte Q-Games mit brodelnder Lava, Eis und Wasser für staunende PSN-Kunden: Im von Sony veröffentlichten Pixeljunk Shooter wurde nicht nur geballert, sondern auch mit beeindruckend animierten Flüssigkeiten experimentiert. Nachdem das Schiffchen vom Endboss verschluckt wurde, geht die Reise nun im Bauch der Bestie weiter - inklusive ätzender Verdauungssäfte und spaßigen Internet-Kämpfen.

Gift und Galle

Die Magensäure erweist sich schon zu Beginn als tückisch: Kaum tauche ich durch einen damit gefüllten Tümpel, schwindet meine Energie blitzschnell dahin. Also düse ich zum nächsten Wasser-Bassin, um die tödliche Sauce abzuwaschen. Das Schiffchen wird ganz klassisch mit den zwei Sticks navigiert: Der linke bewegt mein Vehikel, der rechte bestimmt die Schussrichtung. Auf dem Weg zum Becken erledige ich ein paar organische Gegner,  welche mit ihren langen Stielaugen-Kanonen wie fantastische Tiefseefische anmuten. Halte ich den Schussknopf länger gedrückt, zischen ihnen statt der Standard-Munition ein paar zielgelenkte Raketen entgegen.

Die Drüsen sprühen bei Annäherung ätzende Säure auf das Schiff. In der Speiseröhre auf der rechten Seite kann man sich langsam nach oben oder unten schmuggeln.
All zu lange darf ich die praktischen Marschflugkörper aber nicht einsetzen, sonst überhitzten die Kanonen und bringen meinen Gleiter zur Explosion. Auch die vom Biest verschluckte Lava erhitzt mein Vehikel, wenn ich zu nah daran vorbei fliege - Wasser kühlt es dagegen ab.

Ziel des Spiels ist es nach wie vor, die verschütteten Bergarbeiter und Wissenschaftler zu retten. Um zu ihnen zu gelangen, zerballere ich z.B. eine Basaltschicht, so dass der darüber liegende Lava-See nach unten abfließt und einen massiven Eisblock aus dem Weg schmelzt. Die Harpune erweist sich ebenfalls als nützlich: Mit ihr sammle ich Verschüttete ein und schnappe mir einen großen Schwamm, welcher sich mit jeder Menge Wasser vollsaugt, während auch mein Schiff sich am Tümpel abkühlt. Kippe ich das kühle Nass auf die brodelnde Lava, erkaltet sie auf der Stelle und verwandelt sich in Basalt-Gestein.

Finstere Beobachter

Jetzt muss ich nur noch ein Loch in die geschaffene Wand schießen, ohne meine rechts davon wartende Schützlinge zu treffen. Auch als ich durchgebrochen bin, ist Eile gefragt: Ein fieses Elektro-Glubschauge flutscht aus der Wand und deckt uns mit einem Kugelhagel ein. Also schnappe ich mir meinen Wissenschaftler so schnell wie möglich.

In den neuen Licht- und Schatten-Abschnitten lauern zwischen organischen Lampen-Gebilden finstere Kreaturen. 
Mit einem Trick lässt sich auch das Elektro-Auge erlegen; gelingt mir das auch mit den nächsten drei wabbelnden Viechern,  schnellt meine Kombo-Anzeige in die Höhe. Die freigesetzten Sternchen bringen ebenfalls jede Menge Punkte ein und ersetzen verlorene Wissenschaftler-Leben.

Neben den bekannten Stoffen haben auch neue Ideen ins Spiel gefunden. Dazu gehören die Licht- und Schattenrätsel: Verweile ich zu lange in der Finsternis, tauchen um mich immer mehr Augenpaare auf. Sie beobachten mich nicht nur verächtlich, sondern heften sich an meine Außenhaut und saugen in Sekundenschnelle meine Energie aus. In solch einem Fall hilft nur die Flucht ins Licht. Dort kann ich die Biester mit einer Dreh-Attacke abschütteln. Ähnlich wie in LIT für Wiiware schieße ich Löcher in poröse Wände, damit sich die Strahlen der wundersamen Lichtpflanzen ausbreiten. In ihrem Schein verlieren die bedrohlichen Knochenmonster mit spitzen Extremitäten ihren Schrecken: Sobald der Strahl sie erfasst hat, verwandeln sie sich in ein bemitleidenswertes Häufchen Elend, welches sich ohne Gegenwehr besiegen lässt. Die leuchtende Lava spielt hier wieder eine wichtige Rolle. Sie kann den Weg zu zerbrechlichen Laternen-Pflanzen frei schmelzen, welche ich vorsichtig durch die Gänge transportiere - im Slalom durch den Projektilhagel.                   

»Cave-Shooter«

Neue Spezialfähigkeiten sind ebenfalls mit von der Partie: Der »Hunger-Anzug« ist eine Hommage an Boulder Dash und Pac-Man. Mit ihm fresse ich mich ruckartig durch weiches Gestein und lasse Felsbrocken auf meine Widersacher plumpsen. Leider begraben die Brocken regelmäßig die

Rechts oben warten zwei der zu rettenden Bergleute. Die Höhlenwände sind zwar detailarm gestaltet, eine große Bildschirmdiagonale sorgt aber trotzdem für mehr Übersicht.
verschütteten Männchen unter sich,  daher will jeder Biss ins Gestein bestens geplant sein. Bei alten Anzügen wie dem hitzeresistenten Exemplar ist Umdenken angesagt. Trage ich ihn, ist nicht mehr die Hitze, sondern die Kälte des Wassers mein Todfeind. Sein coolstes Extra ist aber, dass Lava anstelle von Projektilen aus meiner Kanone fließt.

Beim Bosskampf gegen die fette, Lava speiende Schildkröte verwandelt sich das Spiel in ein klassisches vertikales Shoot-em-up, das passend zur Höhlen-Kulisse an die Shooter von Kult-Entwickler »Cave« erinnert. Auch hier wird es knifflig, aber bei weitem nicht so happig schwer wie im Vorbild. Das Pixeljunk-Schiffchen kann schließlich mehrere Projektile einstecken und die angeschlagene Außenhaut im kühlen Nass regenerieren.

Packender Höhlen-Sport

Falls ein zweiter Spieler mithelfen will, kann er am Level-Start einsteigen - allerdings wieder nur offline. Neu ist dagegen der Online-Modus: Zwei Kontrahenten treten in einer kurzen aber unheimlich spannenden und dynamischen Katz- und Maus-Jagd gegeneinander an. Ähnlich wie bei Stockpile in Halo: Reach werden mehrere Flaggen in einem kleinen Labyrinth gesammelt und in die eigene Basis gebracht. Anstelle der flatternden Fahnen werden hier allerdings Wissenschaftler gehortet. Ein Spieler fliegt für den anderen unsichtbar durch die Grotte und versucht, die Männchen nach Hause zu bringen - der andere muss ihn aufhalten. Also zischt er mit einem begrenzten Radar über das Spielfeld, spürt den Gegner auf, schießt ihn ab und dreht den Spieß um.

Dann nämlich wechseln die Rollen und der Angreifer wird zum Sammler. Ähnlich wie in einem gut ausbalancierten Sportspiel hatte ich schon nach einigen Runden ein paar wirksame Winkelzüge gelernt.  Gegen einen Neuling gehe ich als Angreifer z.B. gleich aufs Ganze, zische auf seine Seite und decke ihn mit Raketen ein. Der nächste Gegner wirkt schon etwas erfahrener.

Beim Kontakt mit der weichen Magenwand oder auch härteren Oberflächen wird das das Schiff nicht beschädigt. Durch aggressivere Gegner wird es diesmal trotzdem kniffliger als im Vorgänger.
Als Angreifer sollte ich nicht bei seiner Basis campen, denn sonst fliegt er zu meinem Stützpunkt und rupft meine mühsam gesammelten Männchen aus der Wand. Damit der attackierende Spieler nicht zu stark wird, wurde sogar der Rückschlag der Waffe verstärkt - schnelles Verfolgen und gleichzeitiges Ballern ist nicht drin. Für noch mehr Zunder sorgen rund 20 offensive und defensive Extras, welche man sich mit dem verdienten Geld zulegen kann. Dazu gehören ein fetter explodierender Lava-Ball, diverse Trugbilder, das Umdrehen der gegnerischen Steuerung und andere Gemeinheiten. Dank einem Rangsystem und Matchmaking traf ich meist auf gleichwertige Gegner, welche mich noch nicht mit den fiesesten Waffen unter Druck setzen konnten. Neben der Spielersuche gibt es auch private Freundes-Matches ohne Bewertung. Ein dicker Minuspunkt ist natürlich, dass es nur einen einzigen Modus gibt, welcher sich mit nur zwei Spielern bestreiten lässt. Andererseits sorgt diese Konzentration auf das Wesentliche für die ausgeklügelte Balance.            

Fazit

Was Q-Games anfasst, wird zu Gold: Auch Pixeljunk Shooter 2 tanzt nicht aus der Reihe und verdient sich mit seinem cleveren Mix aus Puzzles und Arcade-Action souverän unseren Award. Wenn man den Vorgänger kennt, ist der Aha-Effekt natürlich nicht mehr so groß, trotzdem schauen die Flüssigkeiten wie Wasser und die brodelnde Lava immer noch beeindruckend gut aus. Die physikalisch korrekt berechneten Stoffe dienen nicht nur als Eye-Candy, sondern ermöglichen ideenreiche Puzzles, indem man sie miteinander kombiniert, abfließen lässt oder erkaltetes Vulkangestein zerballert. Zum Glück beweisen die Entwickler mehr Mut zu Neuerungen als Team 17 mit Alien Breed . Im Körper des Biests gibt es neue Stoffe, Anzüge sowie die frischen Licht- und Schatten-Puzzles. Dazu kommen die kleinen, aber süchtig machenden Internet-Duelle und vor allem ein deutlich gestiegener Schwierigkeitsgrad. All das verleiht Pixeljunk Shooter 2 ein Spielgefühl, welches sich erstaunlich stark vom Vorgänger unterscheidet - und das, obwohl die enthaltenen Kapitel 4-6 nahtlos an dessen Endsequenz anschließen. Es gibt allerdings auch ein paar Wermutstropfen: Wer die Story kooperativ übers Netz zocken möchte, schaut schon wieder in die Röhre; stattdessen darf nur lokal ein Freund mithelfen. Außerdem sorgt der knifflige Schwierigkeitsgrad nicht nur für mehr Herausforderung, sondern auch dafür, dass die Reise durch den Bauch der Bestie trotz stimmungsvollen Triphop-Tunes nicht mehr so entspannend ist wie in der ersten Episode. Ein leichterer Einstieg oder ein paar kurze Erholungspausen hätten dem Spielfluss gut getan. Unfair wird es aber zum Glück nie. Falls ihr keine Allergie dagegen besitzt, die kurzen Levels rund zwei bis vier mal anzugehen, solltet ihr also unbedingt zugreifen!

Pro

motivierender Mix aus Puzzle und Arcade-Action
beeindruckend umgesetzte Flüssigkeiten-Physik+ erhöhter Schwierigkeitsgrad sorgt für Spannung...
zahlreiche clever kombinierte Stoffe
urige unterirdische Labyrinthe
exotisch-organische Gegnerwesen
interessante Neuerungen wie Geister im Dunkeln
viele versteckte Höhlen und Bonus-Diamanten
ideal ausbalancierte Online-Duelle mit Suchtgefahr
20 sinnvolle Extras für Internet-Matches
Rang-/Ligen-System mit passender Spieler-Vermittlung
relaxter, dynamisch reagierender Triphop-Soundtrack

Kontra

nur eine einzige Online-Spielvariante für zwei Gegner
detailarme Höhlenwände, Felsen und Maschinen
...lässt aber vor allem am Anfang zu wenig Raum zum Durchatmen
kein Online-Koop-Modus

Wertung

PlayStation3

Neue Ideen, ein gestiegener Schwierigkeitsgrad und kleine, aber feine Online-Duelle machen die Shooter-Puzzles zu einem echten Arcade-Highlight - leider wieder ohne Online-Koop-Modus.

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