Wiederbelebung
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Dollface ist eine von drei Figuren, um die es sich in der kurzen Kampagne dreht.
In den letzten Jahren drehten Autos und Motorräder vornehmlich in klassischen Rennspielen ihre Runden. Sie mit abgedrehten Waffensystemen auszustatten und die Fahrer aufeinander zu hetzen, war nicht mehr angesagt. Höchstens das spaßige Blur von Bizarre Creations griff das Prinzip in leicht veränderter Form auf, doch die Zeiten eines Full Auto oder Carmageddon schienen vorbei zu sein. Lange hat es gedauert, doch nach einigen Verschiebungen meldet sich mit Twisted Metal jetzt eine der Größen des Genres zurück, um erstmals die PS3 zu erschüttern. Psycho-Clown Sweet Tooth, das entstellte Supermodel Dollface und der ehemalige Stuntman Mr.Grimm – diese alten Bekannten stehen mit ihrer jeweils eigenen Geschichte im Mittelpunkt der kurzen Kampagne, die in trashigen aber unterhaltsamen Zwischensequenzen mit realen Schauspielern erzählt wird. Zwischen den Clips geht es hinter dem Steuer in den Arenen zur Sache, in denen die Widersacher mit Hilfsmitteln vom Raketenwerfer über montierte Geschütze bis hin zur Kettensäge und futuristischen Strahlenwaffen zerlegt werden. Auch vor der Umgebung macht die Zerstörungsorgie nicht Halt – allerdings nur dort, wo es von den Entwicklern um God of War-Vater David Jaffe gewollt ist.
Kreative Ansätze
Auch auf Zweirädern wird sich in den chaotischen Kampf gestürzt.
Es wird mehr geboten als nur das klassische Deathmatch, in dem einfach jeder gegen jeden kämpft. So gilt es z.B. in einigen Missionen, innerhalb eines künstlichen Käfigs zu bleiben, der durch Lichtschranken begrenzt wird. Verlässt man die Zone, läuft eine Gnadenfrist ab – ist diese aufgebraucht, geht’s der Lebensleiste des Boliden an den Kragen, die darüber hinaus auch nach jedem Treffer in Mitleidenschaft gezogen wird. Das Problem: Der Käfig befindet sich nicht statisch an einer Stelle, sondern wechselt nach wenigen Minuten immer wieder dynamisch die Position, so dass man praktisch gezwungen wird, sich neben den Gegnern auch der Gnadenfrist zu stellen. Zudem muss man abwägen, ob man das „Gefängnis“ kurz verlässt, um bessere Waffen oder Heilpakete einzusammeln. Nicht zu vergessen die Lastwagen, die die Gesundheit komplett regenerieren, wenn man über ihre Laderampe rast. Auch der Kampf gegen den Juggernaut basiert auf einem interessanten Konzept: Hier rast ein gepanzerter Truck durch die Gegend, der alle paar Minuten einen zusätzlichen Standardgegner auf den Spieler loslässt und nicht auf dem Radar erscheint. Zerstört man ihn nicht schnell genug, kann man sich bald nicht mehr der Übermacht erwehren. Dazu gesellen sich Bosskämpfe gegen XL-Gegner wie eine gigantische Roboterpuppe, in denen die Entwickler ihrer kranken Fantasie freien Lauf gelassen haben.
Umsetzung gescheitert
Ja, in Twisted Metal stecken einige tolle Ideen. Doch die Umsetzung hat das Team von Eat Sleep Play verbockt: Größter Kritikpunkt ist der schwankende Schwierigkeitsgrad, der im Rahmen der Kampagne für viele Frustmomente sorgt. Obwohl auf den Schlachtfeldern eigentlich jeder gegen jeden kämpfen sollte, hat es die KI ausschließlich auf mich abgesehen und attackiert mich im Rudel von allen Seiten. In diesem Chaos aus Raketen, Schüssen und Attacken weiß ich oft gar nicht, wie ich mich überhaupt zur Wehr setzen soll. Kommen Faktoren wie der Juggernaut oder Käfig hinzu, zeigt sich das Spiel endgültig von seiner unfairen Seite – und das schon auf dem niedrigsten der drei Schwierigkeitsgrade. Den Vogel schießen aber die Standardrennen ab, die dank Problemen bei der Wegfindung und der aggressiven Konkurrenz zu einem reinen Glücksspiel werden – und Glück hat man hier nur selten.
Fahrphysik? Nicht vorhanden!
Dazu gesellen sich weitere Vehikel der Kategorie "Abgedreht".
Die grottige (Fahr-)Physik trägt ebenfalls ihren Teil dazu bei, dass ich mit diesem Twisted Metal nicht warm werde, denn sie ist quasi nicht vorhanden. Stattdessen hat man das Gefühl, als würde der fahrbare Untersatz wie von einem Magnet am Boden gehalten. Wenn es kracht, ist es genau andersherum: Ich werde selbst in schweren Fahrzeugen entweder wie eine Feder durch die Luft geschleudert, hüpfe hilflos wie ein Tischtennisball im Kreuzfeuer hin und her oder fahre nach einer heftigen Explosion plötzlich eine Häuserfassade hinauf oder hinab. Ein Großteil des Spielablaufs ist ein hoffnungloses, unfaires Chaos, in dem man ständig die Orientierung verliert – und damit auch die Lust.
Hinzu kommt eine völlig überladene Steuerung, an die man sich selbst nach dem Absolvieren des Tutorials nur schwer gewöhnen kann. Gas geben, bremsen, Nitro, schnelle Drehung, Arsenal nach links oder rechts durchschalten, Haupt- und Sekundärwaffe abfeuern, springen, nach hinten ballern: Hier wird der Dualshock an seine Grenzen getrieben – sogar so weit, dass selbst die Bewegungssteuerung für eine Funktion eingebunden werden musste. Umständlicher geht es kaum… Das automatische Zielsystem hat ebenfalls seine Macken und springt oft willkürlich zwischen Gegnern hin und her. Oft habe ich sogar wertvolle Munition verschwendet, weil die Erfassung genau beim Abfeuern versagt hat.